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VwGH vom 23.10.2013, 2009/13/0084

VwGH vom 23.10.2013, 2009/13/0084

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Dr. W in W, vertreten durch Dr. Herbert Gartner, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Westbahnstraße 5/11, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/3965-W/08, betreffend Einkommensteuer 2007, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer gab 2006 Fruchtgenussrechte an Liegenschaftsanteilen auf, die zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geführt hatten, und machte in der Einkommensteuererklärung 2007 Aufwendungen für Instandhaltungsarbeiten an den Liegenschaftsanteilen der Jahre 1998 bis 2001, die über Antrag auf zehn Jahre verteilt wurden, als negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend.

Das Finanzamt erließ einen Einkommensteuerbescheid 2007, in dem es die geltend gemachten Zehntelabsetzungen nicht berücksichtigte, und begründete dies damit, dass bei der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung eines Gebäudes bzw. einer Einkunftsquelle unter Lebenden die verteilten Absetzungen für Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Herstellungsaufwendungen nicht übergingen. Auch der bisherige Eigentümer dürfe ab dem der Übertragung folgenden Kalenderjahr keine restlichen verteilten Absetzungen mehr geltend machen.

Der Beschwerdeführer berief gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 und brachte vor, es sei nach Ansicht des "BMF" unstrittig, dass die höchstpersönlich und auf freiwilliger Basis nicht sofort abgesetzten, sondern auf zehn Jahre verteilten Instandhaltungsaufwendungen auch nach Übertragung der Einkunftsquelle weitergeführt werden dürften, weil widrigenfalls eine Ungleichbehandlung gegenüber einem Steuerpflichtigen vorliegen würde, der dieselben Aufwendungen steuerlich sofort voll abgesetzt habe.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab, woraufhin der Beschwerdeführer deren Vorlage an die Abgabenbehörde zweiter Instanz sowie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragte.

In der mündlichen Verhandlung vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, die in Rede stehenden Aufwendungen stellten unstrittig nicht regelmäßig wiederkehrende Instandhaltungsaufwendungen dar, die nur über Antrag auf zehn Jahre verteilt werden könnten. Die Aufteilung sei der Ausgleich für den im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht zustehenden Verlustvortrag und werde in der Regel von Steuerpflichtigen beantragt, die im Jahr, in dem der Aufwand getätigt worden sei, über ein niedriges Einkommen verfügten. Die an die Stelle des Verlustvortrages tretenden Zehntelabschreibungen müssten daher beim Steuerpflichtigen nach Übertragung der Einkunftsquelle weiterlaufen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 gingen offene Zehntelabsetzungen im Sinne dieser Gesetzesbestimmung im Falle der Übertragung der Einkunftsquelle unter Lebenden verloren. Dies gelte nach herrschender Auffassung für Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen gleichermaßen. Doralt (EStGa, § 28 Tz 175) erachte die herrschende Auffassung zwar insoweit für problematisch, als Instandhaltungsaufwendungen sofort absetzbar seien und nur dann auf zehn Jahre verteilt würden, wenn der Steuerpflichtige keine ausreichenden anderen Einkünfte habe. Den Bedenken sei aber einerseits die mit der Einkunftsermittlung (Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten) einhergehende Unbeachtlichkeit von in der privaten Sphäre gelegenen Vermögensänderungen entgegenzuhalten. Andererseits "muss ein steuerlicher Nachteil gegenüber der sofortigen Absetzung nicht eintreten. Etwa, wenn hohe Instandhaltungsaufwendungen zu negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und damit zu nicht vortragsfähigen Verlusten führen."

Da bei Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer Vermietungstätigkeit anfielen und über den Betätigungszeitraum hinaus wirkten, keine rückwirkende Aliquotierung erfolge, sei auch der Verlust künftiger Absetzbeträge vertretbar. Abgesehen davon könne die doppelte Absetzung ein und derselben Aufwendungen nicht ausgeschlossen werden. Der Verkäufer erhalte im Falle der Veräußerung ein wirtschaftliches Äquivalent für geleistete Instandhaltungen. Bei der unentgeltlichen Übertragung würden geleistete Instandhaltungen als Vermögensvorteil weitergereicht, der bei Wahl der fiktiven Anschaffungskosten als AfA-Basis auch steuerwirksam werden könne. Dies werde durch die ab dem Veranlagungsjahr 2008 geltende Neuregelung dadurch verhindert, "dass im Schenkungsfall zwar die Zehntelabsetzung vom Rechtsnachfolger fortgesetzt werden kann aber gleichzeitig nach § 16 Absatz 1 Ziffer 8 lit b EStG 1988 eine Aufwertung auf den Ansatz fiktiver Anschaffungskosten ausgeschlossen ist".

Da wirtschaftlich annähernd gleiche Sachverhalte in Bezug auf Finanzbedarf, Umfang und Art der Wirtschaftsgüter bzw. der nachgefragten Fremdleistung vorlägen, wäre die unterschiedliche Behandlung von Instandsetzungs- und Instandhaltungsaufwendungen auch unverständlich. Bereits das EStG 1972, in dessen § 28 Abs. 2 auf den Begriff Großreparaturen abgestellt worden sei, habe die gleichen Rechtsfolgen für den Übertragungsfall vorgesehen. Die Übergangsbestimmung des § 119 Abs. 2 EStG 1988 "enthielt für alle von § 28 Abs. 2 EStG 1988 (Anm: gemeint wohl § 28 Abs. 2 EStG 1972) umfassten Zehntelabsetzungen beim Erwerb von Todes wegen die gleiche Rechtsfolge, nämlich Fortführung der Absetzung beim Erwerber, sofern die AfA vom Einheitswert berechnet wurde".

In den Materialien zu § 28 Abs. 2 EStG 1988, in der Fassung des Schenkungsmeldegesetzes, BGBl. I Nr. 85/2008, werde unter Bezugnahme auf die bis dahin geltende Rechtslage klargestellt, "dass die Gesetzesbestimmung für offene Verteilungen von Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen gleichermaßen zur Anwendung gelangt". Diese Aussage sei auch in den Erläuterungen zum Entwurf des Einkommensteuergesetzes 1988 getroffen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

§ 28 Abs. 2 EStG 1988 in der im Streitfall noch anzuwendenden Fassung vor dem Schenkungsmeldegesetz 2008, BGBl. I Nr. 85/2008, lautete:

"Aufwendungen für nicht regelmäßig jährlich anfallende Instandhaltungsarbeiten sind über Antrag gleichmäßig auf zehn Jahre zu verteilen. Bei Gebäuden, die Wohnzwecken dienen, gilt hinsichtlich der Instandsetzungsaufwendungen folgendes:

- Instandsetzungsaufwendungen, die unter Verwendung

von entsprechend gewidmeten steuerfreien Subventionen aus

öffentlichen Mitteln getätigt werden, scheiden insoweit aus der

Ermittlung der Einkünfte aus.

- Soweit Instandsetzungsaufwendungen nicht durch

steuerfreie Subventionen gedeckt sind, sind sie gleichmäßig auf zehn Jahre verteilt abzusetzen.

Instandsetzungsaufwendungen sind jene Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören und allein oder zusammen mit Herstellungsaufwand den Nutzungswert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern. Wird das Gebäude auf eine andere Person übertragen, dann können ab dem der Übertragung folgenden Kalenderjahr restliche Zehntelbeträge nicht mehr abgezogen werden. Nur bei Erwerb von Todes wegen kann der Rechtsnachfolger die Zehntelabsetzungen weiter geltend machen, wenn er die Absetzung für Abnutzung für das erworbene Gebäude vom Einheitswert (§ 16 Abs. 1 Z 8) berechnet."

Aus dem vorletzten und letzten Satz des § 28 Abs. 2 EStG 1988 ergibt sich, dass im Falle der Veräußerung oder unentgeltlichen Übertragung eines der Vermietung dienenden Gebäudes während einer laufenden Zehntelabsetzung allgemein weder der bisherige Absetzberechtigte noch der Erwerber des Gebäudes die nicht verbrauchten Zehntelbeträge geltend machen kann (vgl. z.B. Quantschnigg/Schuch , Einkommensteuerhandbuch, § 28 Tz 52.1; Büsser in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 48. Lfg. (Mai 2011), § 28 Tz 21.5, zur Rechtslage vor und nach dem Schenkungsmeldegesetz 2008; Doralt , EStG9, § 28 Tz 172; sowie Jakom/Laudacher EStG, 2013, § 28 Rz 109, wiederum zur Rechtslage vor und nach dem Schenkungsmeldegesetz 2008). Dafür, dass der Verlust der Zehntelabsetzung nur für Instandsetzungsaufwendungen, nicht aber für die in demselben Gesetzeskontext genannten Instandhaltungsaufwendungen gilt, ergibt sich nach der Gesetzeslage kein Anhaltspunkt. Eine derartige Differenzierung zwischen den werterhaltenden Instandhaltungs- und den werterhöhenden Instandsetzungsaufwendungen war auch vom Gesetzgeber nicht intendiert, zumal in den parlamentarischen Materialien zum Einkommensteuergesetz 1988 (621 BlgNR, 17. GP, 81) zur hier in Rede stehenden Bestimmung ausgeführt wird: "Wird das Gebäude auf eine andere Person übertragen, dann geht eine Zehntelabsetzung für Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten bei Erwerb von Todes wegen auf den Rechtsnachfolger über, wenn die AfA nicht von den fiktiven Anschaffungskosten geltend gemacht wird."

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am