VwGH vom 20.03.2013, 2009/13/0058
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des 1. Dr. D, 2. Ing. R, 3. Dr. B, 4. Dkfm. T 5. Dr. S 6. Ing. M,
7. Dr. L, alle vertreten durch Alta Wirtschaftstreuhandgesellschaft Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1020 Wien, Praterstraße 62- 64, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/3383-W/02, betreffend Nichtfeststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1985 bis 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um sieben der ehemaligen Miteigentümer einer Hausgemeinschaft in Wien, an die im Anschluss an eine Berufungsverhandlung im September 2003 nach einem fehlgeschlagenen ersten Versuch - vgl. insoweit den hg. Beschluss vom , 2003/13/0137 - der angefochtene Bescheid erging. Der Streitpunkt, über den damit entschieden wurde, betrifft den Übergang von der Vermietung des von der Miteigentümergemeinschaft sanierten Gebäudes durch die Miteigentümergemeinschaft zur getrennten Vermietung der nach Begründung von Wohnungseigentum im Jahr 1991 entstandenen Eigentumswohnungen im Gebäude durch die bisherigen Miteigentümer als Wohnungseigentümer.
Die an der Miteigentümergemeinschaft beteiligten Personen hatten sich mit Vertrag vom verpflichtet, das den Assanierungsbestimmungen nach dem Stadterneuerungsgesetz unterliegende Gebäude instandzusetzen, auszubauen und zu verbessern sowie "umgehend" Wohnungseigentum zu begründen und jedem Miteigentümer das Nutzungsrecht an einer bestimmten Wohneinheit einzuräumen. Bis zur Begründung von Wohnungseigentum sollten sämtliche Bestandobjekte von der Miteigentümergemeinschaft gemeinschaftlich vermietet werden.
Aus der Einhaltung dieser Vorgangsweise - die im Jahr 1991 zum Ende der gemeinschaftlichen Vermietung durch die Miteigentumsgemeinschaft führte - leitete das Finanzamt im Rahmen der Prüfung des Einkunftsquellencharakters dieser Vermietungstätigkeit unter dem Gesichtspunkt der Liebhaberei ab, Liebhaberei liege vor, weil es der Miteigentümergemeinschaft nicht mehr möglich sei, die bisher verlustträchtige Tätigkeit fortzusetzen und einen Gesamtüberschuss zu erzielen.
Die Berufung gegen die entsprechenden Erledigungen des Finanzamts vom , in denen die Einkünfte der Miteigentümergemeinschaft für die Streitjahre 1985 bis 1991 jeweils mit S 0,0 festgestellt wurden, wies die Finanzlandesdirektion als damals zuständige Berufungsbehörde mit Bescheid vom als unzulässig zurück, weil die Erledigungen an die bereits beendete Gemeinschaft gerichtet gewesen und damit ins Leere gegangen seien. Gegen entsprechend geänderte neue Bescheide vom , in denen die Einkünfte wieder mit S 0,0 festgestellt wurden, erhoben die ehemaligen Mitglieder der Miteigentumsgemeinschaft im Jänner 2002 die mit dem angefochtenen Bescheid erledigte Berufung. Sie bestritten das Vorliegen eines abgeschlossenen Beobachtungszeitraums infolge Änderung der Bewirtschaftungsart, verwiesen auf vorgelegte Prognoserechnungen und machten in der Berufungsverhandlung ausdrücklich geltend, die Begründung des Wohnungseigentums und der damit verbundene Übergang vom Mietenpool mit Zuweisung von Mieteinnahmen entsprechend dem jeweiligen ideellen Anteil zur Erzielung von Mieteinkünften aus der jeweils zugeordneten Wohnung sei von Anfang an geplant gewesen. In einem solchen Fall sei keine Änderung der Bewirtschaftung anzunehmen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie stützte dies - nach Ausführungen darüber, dass der Streitzeitraum zum Teil im Anwendungsbereich der Liebhabereiverordnung BGBl. Nr. 322/1990, zum Teil noch davor liege - vor allem darauf, dass durch die Begründung von Wohnungseigentum eine "Änderung der Unternehmeridentität" eingetreten sei und sich auch das "Unternehmerrisiko" grundlegend geändert habe. Letzteres stützte die belangte Behörde auch auf das Auslaufen vertraglicher Vereinbarungen vom zwischen der Miteigentümergemeinschaft und einem der Miteigentümer, in denen dieser es übernahm, Mieter namhaft zu machen, und für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Fertigstellung der Instandsetzungsarbeiten gegen Honorar eine Mietgarantie abgab. In diesem Zusammenhang wies die belangte Behörde zur Stützung ihres Standpunktes auch darauf hin, eine Vermietung "durch die Gemeinschaft" sei nach dem Vertrag zwischen den Miteigentümern vom selben Tag "nur bis zur Intabulierung, nicht aber darüber hinaus geplant" gewesen. Dementsprechend habe die Gemeinschaft - im Gegensatz zu den Wohnungseigentümern in der Folge - meist auch nur kurz befristete Mietverträge abgeschlossen. Das "Unternehmerrisiko" habe sich auch insofern "grundlegend geändert", als das Risiko von Leerstehungen nach der Begründung des Wohnungseigentums nicht mehr auf die Gesamtheit der Eigentümer aufgeteilt werde, sondern den jeweiligen Wohnungseigentümer zur Gänze treffe. Ähnliches gelte, soweit es nicht um Gemeinschaftsanlagen gehe, auch für die Kosten anfallender Reparaturen. Die vorgelegten Prognoserechnungen bezüglich der einzelnen Miteigentümer ließen erkennen, dass diese ab der Intabulierung, wie auch in der Berufungsverhandlung vorgebracht, "nicht mehr prozentuell" an den Mieteinnahmen beteiligt gewesen seien. Somit sei auch aus den vorgelegten Prognoserechnungen "das unterschiedliche Unternehmerrisiko ersichtlich, sodass nach Auffassung des erkennenden Senates von einer Änderung der Unternehmeridentität auszugehen war." Wenn die Berufungswerber vorgebracht hätten, auch Wohnungseigentümer seien Miteigentümer und das Bundesministerium für Finanzen habe eine Anfrage der Miteigentümer im Jahr 1989 dahingehend beantwortet, dass die Begründung von Wohnungseigentum unter bestimmten (nicht strittigen) Voraussetzungen "zu keinen ertragsteuerlichen Auswirkungen" führe, womit die Anfragebeantwortung nach Meinung der belangten Behörde freilich "auf die Liebhabereiproblematik überhaupt nicht" eingehe, so sei ihnen entgegenzuhalten, "dass es, wie oben ausgeführt, zu einer Änderung der Unternehmeridentität kommt und somit zu einem abgeschlossenen Beobachtungszeitraum für die Einkunftsquellenbeurteilung der ehemaligen HG." Die Berufung sei schon deshalb abzuweisen, weshalb sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Vorbringen und den vorgelegten Prognosen erübrige.
"Zur Abrundung" traf die belangte Behörde aber noch "eine kurze Aussage hinsichtlich der Änderung der Bewirtschaftung". Der Beobachtungszeitraum setze nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine im Wesentlichen gleichbleibende Tätigkeit voraus. Ändere sich die Art des wirtschaftlichen Engagements grundlegend und seien deshalb für die Zukunft positive wirtschaftliche Ergebnisse zu erwarten, so könnten die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit der Folge für die Vergangenheit rückprojiziert werden, dass eine bisher notwendigerweise ertraglose Tätigkeit bereits für die Vergangenheit als Einkunftsquelle beurteilt werde. Eine gravierende Veränderung des wirtschaftlichen Engagements, wie dies im vorliegenden Fall die Intabulierung des Wohnungseigentums mit nachfolgender Einzelvermietung sei, gelte als grundlegende Änderung der Bewirtschaftung, die zu einer "neuen Betätigung" führe. Dies deshalb, weil sie "durchaus beachtliche Konsequenzen für die Form der Wirtschaftsführung" habe, wozu die belangte Behörde auf die Änderung des Vertragspartners auf Vermieterseite bei den Vermietungen, auf das Auslaufen der Verträge über die Vermittlung von Mietern und die Mietgarantie und auf den Wegfall von Begrenzungen für die Vermietdauer hinwies. Insgesamt sei "darin durchaus auch eine Änderung in der Wirtschaftsführung zu erblicken". Eine derartige Änderung habe nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Folge, dass die Liebhabereifrage vor und nach der maßgeblichen Änderung eigens neu zu beurteilen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Verwaltungsgerichtshof hat, wie von der belangten Behörde am Beginn ihrer Erwägungen erwähnt, wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass eine Liegenschaftsvermietung sowohl für Zeiträume vor Inkrafttreten der Liebhabereiverordnung BGBl. Nr. 322/1990 als auch für Zeiträume, auf die diese Verordnung anzuwenden ist - somit also für den gesamten hier verfahrensgegenständlichen Streitzeitraum - als Liebhaberei zu qualifizieren ist, wenn nach der konkret ausgeübten Art der Vermietung nicht innerhalb eines Zeitraumes von ca. 20 Jahren ein "Gesamtgewinn" bzw. Gesamteinnahmenüberschuss erzielbar ist (vgl. aus neuerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0343).
Dieser Zeitraum von ca. 20 Jahren kommt nur zur Anwendung, wenn der Plan des Steuerpflichtigen dahin geht, die Vermietung zumindest bis zum Erreichen eines gesamtpositiven Ergebnisses fortzusetzen. Enthält der Plan hingegen das Vermieten auf einen begrenzten Zeitraum, so muss das positive Ergebnis innerhalb dieses Zeitraums erzielbar sein (vgl. auch dazu das schon zitierte Erkenntnis).
Die belangte Behörde ist im vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass die Miteigentümergemeinschaft von vornherein nicht plante, die Vermietung im Anschluss an die mit entsprechenden Aufwendungen verbundene Sanierung über die von Anfang an geplante Begründung von Wohnungseigentum hinaus fortzuführen. Daraus leitete die belangte Behörde im Sinne der zitierten Judikatur ab, es komme darauf an, ob in der Zeit bis dahin ein Überschuss erzielbar gewesen sei, was unstrittig nicht der Fall war. Die Ausklammerung der - wenn auch anders organisierten - Fortführung der Vermietung durch dieselben Personen und die Verneinung der Relevanz diese Weiterführung einschließender Prognoserechnungen begründete die belangte Behörde einerseits mit dem Argument, es sei "zu einer Änderung in der Unternehmeridentität" gekommen, und andererseits auch damit, dass sich die Bewirtschaftung geändert habe.
Dem zuletzt erwähnten Argument steht die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen, wonach das Vorliegen einer solchen Änderung anhand des ursprünglichen Planes zu prüfen ist (vgl. etwa Fuchs in Hofstätter/Reichel , EStG Kommentar (48. Lieferung, Mai 2011), § 2, Tz 208; Jakom / Laudacher EStG, 2012, § 2 Rz 244; zuletzt etwa das Erkenntnis vom , 2009/15/0192). Im vorliegenden Fall war der Übergang zur Vermietung von Eigentumswohnungen schon im Vertrag vom vorgesehen. Die Verwirklichung dieses Planes - samt den damit verbundenen Änderungen in Details der Risikostruktur - war daher keine Änderung der Bewirtschaftungsart.
Dem verbleibenden Argument der geänderten "Unternehmeridentität" hält die Beschwerde entgegen, dass sich die belangte Behörde hier einer umsatzsteuerlichen Betrachtung bediene und einkommensteuerlich die Einkünfte auch nach der Parifizierung denselben Personen zuzurechnen gewesen seien. Diesen zutreffenden Hinweisen ist hinzuzufügen, dass der Verwaltungsgerichtshof eine einheitliche Prüfung eines von denselben Personen ausgeübten gleichen wirtschaftlichen Engagements unter dem Gesichtspunkt der Liebhaberei auch schon in Fällen als geboten erachtete, in denen in zeitlicher Reihenfolge etwa eine KG und eine GmbH tätig wurden. Es wäre, meinte er dazu, mit dem Begriff der Liebhaberei als einer auf Dauer gesehen ertraglosen Tätigkeit nicht vereinbar, ihm auch Tätigkeiten zuzuordnen, die, wenn auch vorübergehend verlustbringend und in anderer Rechtsform ausgeübt, darauf abzielen, einem wirtschaftlichen Engagement desselben (derselben) Steuerpflichtigen auf Dauer gesehen die Ertragsfähigkeit zu verschaffen (Erkenntnis vom , 89/13/0272-0275, VwSlg 6503/F, m.w.N.). Diesem Wertungsgesichtspunkt wäre, soweit es dessen noch bedürfte, auch im vorliegenden Fall der planmäßig vorübergehenden Vermietung durch die Miteigentümergemeinschaft im Zeitraum zwischen dem Abschluss der Sanierungsarbeiten und der angestrebten Begründung von Wohnungseigentum Rechnung zu tragen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am