VwGH vom 26.06.2013, 2009/13/0021
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Mag. Novak, Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des W in K, vertreten durch Mag. Robert Steinacher, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Göglstraße 11 b, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2413-W/08, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wertfortschreibung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte mit weitgehend gleichlautenden Schriftsätzen vom und vom iSd § 193 Abs. 2 BAO, den Einheitswert seiner landwirtschaftlichen Grundstücke (ca. 4 ha) ab " auf Null zu stellen", weil diese seit mehr als 20 Jahren brach lägen. "Es gibt keine Bauern mehr in (E)". Die in Hanglagen befindlichen Grundstücke seien klein, steinig, lägen auseinander und könnten vom Beschwerdeführer schon lange nicht mehr bewirtschaftet werden. Auch ein Verkauf sei unmöglich. Der Beschwerdeführer habe es mit Inseraten versucht, "alles umsonst, nicht einen m2 kauft jemand". Weiters sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer vor zehn Jahren die Hälfte seiner Weingärten gerodet habe.
Das Finanzamt hielt dem Beschwerdeführer daraufhin mit Fragenvorhalt vom Folgendes zur Kenntnis und Stellungnahme vor:
Im Einheitswert seien u.a. landwirtschaftlich und weinbaulich genutzte Grundstücke erfasst. Landwirtschaftlich (weinbaulich) genutzte Grundstücke seien grundsätzlich mit dem Ertragswert (Hektarsatz) zu bewerten. Grundstücke, die keinem landwirtschaftlichen (weinbaulichen) Hauptzweck dienten, seien als Grundvermögen mit dem gemeinen Wert zu bewerten. In der Regel führe die Zuordnung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, auch wenn sie im Flächenwidmungsplan als Grünland gewidmet seien, zu einem wesentlichen höheren Einheitswert und damit zu einer wesentlich höheren jährlichen Grundsteuer, als dies bei der Bewertung als landwirtschaftliches Vermögen der Fall sei. "In ihrem Falle wäre von einem ortsüblichen Grünlandpreis von 0,7267 EUR auszugehen. Die jährlich zu entrichtende Grundsteuer an die Gemeinde würde für die betroffenen Flächen ca. 370 EUR jährlich betragen." Daraus ergebe sich, dass für brachliegende Grundstücke eine Einheitswertfeststellung mit Null nicht möglich sei.
Der amtliche Bodenschätzer habe festgestellt, dass alle bisher landwirtschaftlich bewerteten Grundstücke noch als "vorübergehend brachliegend" zu beurteilen seien. Sie dienten daher einem landwirtschaftlichen (weinbaulichen) Hauptzweck, seien nicht bereits dem Grundvermögen im Sinne des § 52 BewG zuzuordnen und mit dem - im Fragenvorhalt vom im Detail dargestellten - Ertragswert zu bewerten. Für die landwirtschaftlich genutzten Flächen (3,9434 ha) ergebe sich ein Ertragswert von 1.518,56 EUR. Der Ertragswert der Weingartenflächen (0,9575 ha) betrage - unter Berücksichtigung der dem Weinbaukataster angezeigten Rodungen - 1.064,29 EUR. Für die Waldflächen (2,8122 ha) sei ein Ertragswert von 265,68 EUR in Ansatz zu bringen. Insgesamt ergebe sich ein Ertragswert von 2.848,53 EUR. Auf Grund dieses Ergebnisses seien die Wertfortschreibungsgrenzen des § 21 Abs. 1 lit. a BewG 1995 (zum festgestellter Einheitswert: 2.834,24 EUR) nicht überschritten. Ein neuer Einheitswertbescheid könne aufgrund der geringen Wertabweichung nicht ergehen, weshalb der Antrag auf Wertfortschreibung abzuweisen wäre.
Der Beschwerdeführer nahm mit Schriftsatz vom zum Vorhalt Stellung und brachte u.a. vor, dass seine Grundstücke seit über 25 Jahre brach lägen. Es gebe niemanden, der Äcker, Wiesen usw. pachten oder kaufen wolle. Derzeit werde auf der Parzelle 979/1 ein Weingarten von 0,27 ha und auf der Parzelle 979/4 ein Weingarten von 0,26 ha bewirtschaftet. Dass die übrigen Flächen nur vorübergehend brach lägen, stimme nicht.
Das Finanzamt wies die in den Schriftsätzen des Beschwerdeführers vom und vom gestellten Anträge unter Hinweis auf den Fragenvorhalt vom und die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom , die "neben der Wiederholung des Vorbringens vom Jänner 2006 keine weiteren aussagekräftigen Sachargumente" enthalte, als unbegründet ab.
Der Beschwerdeführer berief gegen den Abweisungsbescheid und brachte in der Berufung wiederum vor, dass niemand seine landwirtschaftlichen Grundstücke bewirtschaften würde. Er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr dazu in der Lage und wäre mit einer Herabsetzung des landwirtschaftlichen Einheitswertes um die Hälfte einverstanden. Weiters wies er darauf hin, dass er Anfang September 2007 einen Teil der Weingärten gerodet und dies beim Weinbaukataster auch angezeigt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung - nach einer Berufungsvorentscheidung des Finanzamts und dem Antrag des Beschwerdeführers auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz - als unbegründet ab.
Im Wege einer Wertfortschreibung werde gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 lit. a BewG der Einheitswert neu festgestellt, wenn bei den wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens der gemäß § 25 BewG abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergebe, entweder um mehr als ein Zwanzigstel, mindestens aber um 200 EUR oder mehr als 3.650 EUR von dem zum letzten Feststellungszeitpunkt festgestellten Einheitswert abweiche.
Lägen die Voraussetzungen für eine Wert-, Art- oder Zurechnungsfortschreibung nach bewertungsrechtlichen Vorschriften vor, sei auf Grund des § 193 Abs. 1 BAO ein Fortschreibungsbescheid zu erlassen. Im Falle eines Antrages auf Wertfortschreibung habe der Antragsteller den Nachweis der Wertänderung zu erbringen.
Das immer wieder vorgebrachte Argument, die hier in Rede stehenden Grundstücke lägen brach, verhelfe dem Beschwerdeführer nicht zum Erfolg, weil dem Einheitswertbescheid zwingend das rechtskräftige Ergebnis der Bodenschätzung und die daraus resultierende Bodenklimazahl zu Grunde zu legen sei. Gegen die in den Schätzungskarten und Schätzungsbüchern getroffenen Feststellungen über die natürlichen Ertragsbedingungen sei vom Beschwerdeführer im Rahmen des Bodenschätzungsverfahrens kein Rechtsmittel ergriffen worden. "Sie sind in Rechtskraft erwachsen und sind auch der Berechnung für die Überprüfung zu Grunde zu legen, ob überhaupt die Grenzen für eine Wertfortschreibung erreicht werden."
Nach der ausführlichen Berechnung im Vorhalt vom , gegen die der Berufungswerber keine sachlich begründeten Argumente vorgebracht habe, seien die Grenzen für eine Wertfortschreibung nicht erreicht, weshalb der Antrag auf Wertfortschreibung als unbegründet abzuweisen sei.
Eine Herabsetzung des Einheitswertes um die Hälfte sei gesetzlich nicht gedeckt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Zum Grundvermögen gehört nach dem ersten Satz des § 51 Abs. 1 BewG der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs. Grundbesitz, der zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört, gehört gemäß § 52 Abs. 1 leg. cit. nicht zum Grundvermögen.
Zum landwirtschaftlichen Vermögen gehören gemäß § 30 Abs. 1 BewG alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient (landwirtschaftlicher Betrieb). Entsprechende Bestimmungen enthalten die §§ 46 Abs. 1 und 48 Abs. 1 BewG für das forstwirtschaftliche Vermögen (forstwirtschaftlicher Betrieb) und das Weinbauvermögen (Weinbaubetrieb).
Der Beschwerdeführer führte in den Anträgen vom und vom u.a. aus, dass seine landwirtschaftlichen Grundstücke seit mehr als 20 Jahren brach lägen. Er gab an, dass es in E "keine Bauern mehr gebe" und ein Verkauf der in Rede stehenden Grundstücke unmöglich sei. In der mit datierten Stellungnahme zum Vorhalt des Finanzamtes vom brachte er vor, dass seine landwirtschaftlichen Grundstücke seit über 25 Jahren brach lägen. Die Feststellung im Vorhalt vom , wonach die in Rede stehenden Grundstücke als "vorübergehend brachliegend" zu beurteilen seien, wies er als unzutreffend zurück. In der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Berufung brachte er vor, dass es niemanden gebe, der seine landwirtschaftlichen Grundstücke bewirtschaften würde und er selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr dazu in der Lage sei.
Voraussetzung für die Zuordnung eines Grundstücks zum landwirtschaftlichen Vermögen ist, dass dieses "dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient". Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 873/63, zu Recht erkannt hat, wäre es zweifellos zu weitgehend, die Tatsache des Brachliegens von Grundstücken bereits als eine Art der landwirtschaftlichen Nutzung ansehen zu wollen. Im Hinblick darauf wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, das wiederholte Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, wonach er die in Rede stehenden Grundstücke aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst bewirtschaften und mangels Interessenten ("Es gibt keine Bauern mehr in (E).") auch nicht verpachten oder verkaufen könne, wobei diese seit über 20 bzw. 25 Jahren brach lägen, entsprechend zu würdigen, und durch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen untermauert zu begründen, weshalb die Grundstücke nach wie vor zum landwirtschaftlichen Vermögen (oder zum Weinbauvermögen) gehörten.
Indem sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen, dass die in Rede stehenden Grundstücke u.a. seit über 20 bzw. 25 Jahre brach lägen - unter Hinweis darauf, dass dem Einheitswertbescheid zwingend das rechtskräftige Ergebnis der Bodenschätzung und die daraus resultierende Bodenklimazahl zu Grunde zu legen seien, wofür allerdings erforderlich ist, dass die Grundstücke überhaupt zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nach den §§ 29 ff BewG gehören - nicht auseinandergesetzt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einem Begründungsmangel belastet. Dieser erweist sich, trotz des Umstandes, dass in der Entscheidung über die Berufung gegen einen Wertfortschreibungsbescheid keine Artfortschreibung vorgenommen werden kann, auch als wesentlich, weil es in einer solchen Berufungsentscheidung gegebenenfalls u. a. dadurch zu einer Änderung des festgestellten Wertes kommen kann, dass ein Teil der vorher erfassten Grundfläche aus dem Einheitswert der wirtschaftlichen Einheit des landwirtschaftlichen Vermögens ausgeschieden wird, weil sie keinem landwirtschaftlichen Hauptzweck mehr dient (vgl. idS die hg. Erkenntnisse vom , 89/15/0011, und vom , 98/15/0168).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am