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VwGH vom 30.03.2017, Ro 2015/03/0036

VwGH vom 30.03.2017, Ro 2015/03/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Landespolizeidirektion Wien gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zlen VGW- 122/008/3408/2015-14, VGW-122/V/008/3409/2015, VGW- 122/V/008/3410/2015, VGW-122/V/008/3411/2015, VGW- 122/V/008/3412/2015, VGW-122/V/008/3413/2015, VGW- 122/V/008/3414/2015, VGW-122/V/008/3415/2015, betreffend eine Angelegenheit nach dem Wiener Prostitutionsgesetz 2011 (WPG 2011) (mitbeteiligte Parteien: 1. Dipl.-Ing. W L in U, 2. MMag. M B,

  1. Dr. C P, beide in W, 4. OStR Mag. H M, 5. Mag. E M, beide in E,

  2. Dr. M C in G, 7. M S 8. Dr. H W, beide in W,Erst- bis Achtmitbeteiligte vertreten durch Mag. Arthur Machac, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/32, 9. I Z in W, 10. P M in W,

  3. 11.E L in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Beschwerde der Erst- bis Achtmitbeteiligten gegen den behördlichen Bescheid zurückgewiesen wird.

Begründung

1 Die Landespolizeidirektion Wien, die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht und nunmehrige Revisionswerberin (iF auch: LPD), hatte am folgenden Bescheid an I Z (die Neuntmitbeteiligte, iF auch: IZ), die am den beabsichtigten Betrieb eines Prostitutionslokals in W, angezeigt hatte, gerichtet:

"SPRUCH

Die Landespolizeidirektion Wien stellt fest, dass die rechtlichen Voraussetzungen zum Betrieb des von Ihnen angezeigten Prostitutionslokals in

W,

erfüllt sind und nimmt Ihre Anzeige vom zur Kenntnis.

Rechtsgrundlage: § 7 Abs. 3 Wiener Prostitutionsgesetz - WPG 2011, idF LGBl. Nr. 33/2013.

BEGRÜNDUNG

Die Kenntnisnahme des Prostitutionslokals erfolgte auf Grund Ihrer Anzeige und des von Ihnen eingebrachten Gutachtens eines Ziviltechnikers und der in dem gegenständlichen Lokal durchgeführten Augenscheinsverhandlung vom ."

2 Dem waren Versuche eines Miteigentümers der Liegenschaft, an der Mit- bzw Wohnungseigentum begründet ist, vorausgegangen, Parteistellung und Akteneinsicht im betreffenden Verwaltungsverfahren zu erlangen, was von der LPD, basierend auf der Auffassung, eine Parteistellung des Genannten nach dem WPG bestehe nicht, abgelehnt wurde.

3 Der Bescheid vom ist denn auch (nur) an die Neuntmitbeteiligte, IZ (als "Betreiberin"), und an die Elftmitbeteiligte (iF auch: EL) sowie den Zehntmitbeteiligten (iF auch: PM) - beide als "Liegenschaftseigentümer" - gerichtet; eine Zustellung an weitere Liegenschafts(mit-)eigentümer unterblieb also.

4 Die an EL und PM als "Liegenschaftseigentümer" gerichtete Ausfertigung des Bescheids wurde der Aktenlage nach mit folgender weiterer "Information" übermittelt:

"Sehr geehrte Liegenschaftseigentümerin,

sehr geehrter Liegenschaftseigentümer,

anbei wird ein Bewilligungsbescheid zur Kenntnisnahme eines Prostitutionslokals im Bereich Ihrer Liegenschaft übermittelt, da gemäß § 2 Abs. 6 WPG 2011 (Wiener Prostitutionsgesetz 2011) die Liegenschaftseigentümerin bzw. der Liegenschaftseigentümer als Verantwortliche für Prostitutionslokale unter bestimmten Voraussetzungen anzusehen sind.

§ 2 Abs. 6 WPG 2011 (Wiener Prostitutionsgesetz 2011)Als Verantwortliche für Prostitutionslokale gelten alle

Personen, die ein Prostitutionslokal betreiben oder in deren Eigentum (Miteigentum) oder faktischer Verfügung die für die Ausübung der Prostitution verwendeten Räume stehen. Als Verantwortliche gelten auch Verwalterinnen und Verwalter im Umfang ihrer Befugnis.

Aus dieser gesetzlichen Bestimmung entstehen für Sie keine unmittelbaren Pflichten als weiterer Verantwortlicher des gegenständlichen Prostitutionslokals, da hierfür der unmittelbare, im Kenntnisnahmebescheid angeführte Lokalbetreiber verantwortlich ist. Allerdings könnte für Sie eine Verpflichtung zur Beendigung einer strafbaren Handlung, z.B. beim fortgesetzten gesetzwidrigen Betrieb des Prostitutionslokals, z.B. im Rahmen eines zivilrechtlichen Kündigungsverfahrens gegen den Betreiber des Prostitutionslokals bestehen. Sollte ein gesetzwidriger Betrieb des gegenständlichen Prostitutionslokals vorliegen, werden wir Sie davon rechtzeitig in Kenntnis setzten, damit Sie die entsprechenden Maßnahmen zur Beendigung der Prostitutionsausübung setzen können.

Einstellung der Prostitutionsausübung

§ 12. (1) Verantwortliche für Prostitutionslokale (§ 2 Abs. 6) haben für die Einstellung der Prostitutionsausübung zu sorgen, wenn dadurch den Bestimmungen des § 4 und des § 9 Abs. 5 zuwidergehandelt wird, wenn die Rechtsfolge des § 11 Abs. 2 eingetreten ist oder wenn eine Untersagung gemäß § 13 erfolgte.

(2) Die Verpflichtung des Abs. 1 beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem Verantwortliche von der gesetzwidrigen Anbahnung oder Ausübung der Prostitution wussten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit hätten wissen müssen."

5 Die erst- bis achtmitbeteiligten Parteien (weitere Wohnungseigentümer des Hauses) erhoben gegen den Bescheid Beschwerde und brachten dabei im Wesentlichen Folgendes vor:

6 Sie seien (zusammen zu Anteilen von 66,84 %) Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft. Im seinerzeit (Herbst 1997) zwischen den damaligen schlichten Miteigentümern der Liegenschaft geschlossenen Wohnungseigentumsvertrag sei hinsichtlich des Geschäftslokals Top 1, in dem nunmehr das Prostitutionslokal betrieben werden solle, kein Wohnungseigentum begründet worden, weil die damalige Rechtslage gemeinsames Wohnungseigentum an einem Objekt nur für miteinander verheiratete Personen erlaubt habe, die betreffenden Miteigentumsanteile (je 51/564 Liegenschaftsanteile) aber im Eigentum zweier Gesellschaften gestanden seien. Die damaligen Vertragsparteien hätten sich (wenngleich unkonkretisiert und mangelhaft) zur Einräumung des Wohnungseigentums an Top 1 für die beiden Gesellschaften, sobald dies gesetzlich möglich sein würde, verpflichtet. Im Jahr 1998 sei an der Liegenschaft Wohnungseigentum für alle Miteigentümer mit Ausnahme der beiden Gesellschaften, die schlichte Miteigentümer verblieben seien, begründet worden. Die nunmehrigen Zehnt- und Elftmitbeteiligten (PM und EL) seien die Rechtsnachfolger der beiden Gesellschaften und schlichte Miteigentümer verblieben. Die beiden hätten das Geschäftslokal Top 1 wiederholt an unterschiedliche Mieter zur Benützung als Geschäftslokal vermietet. Die nunmehr beabsichtigte Benützung dieses Geschäftslokals als Prostitutionslokal beeinträchtige rechtliche Interessen der Beschwerdeführer (der nunmehrigen Erst- bis Achtmitbeteiligten), denen daher zu Unrecht von der LPD die Parteistellung aberkannt worden sei.

7 Die Beschwerdeführer hätten schon als "Miteigentümer" der Liegenschaft Parteistellung; als Hauseigentümer seien sie iSd § 2 Abs 6 WPG "verantwortlich" (Verweis auf ) und könnten insbesondere wegen Verwaltungsübertretungen belangt werden. Hinzu trete, dass die Vermieter des Geschäftslokals Top 1 lediglich schlichte Miteigentümer seien, daran aber kein Wohnungseigentum begründet sei, welches ihnen das ausschließliche Nutzungsrecht an Top 1 einräume. Vielmehr sei dieses Objekt als allgemeiner Teil des Hauses anzusehen, das im schlichten Miteigentum aller Miteigentümer der Liegenschaft (entsprechend deren Anteilen) stehe. Für die Vermietung dieses Objekts sei daher nach Auffassung der Beschwerdeführer die Zustimmung der Mehrheit der Liegenschaftseigentümer erforderlich, an der es aber fehle. Errichtung und Betrieb eines Prostitutionslokals stellten eine Änderung der (bisherigen) Widmung des Geschäftslokals Top 1 dar, und beeinträchtigten zudem das äußere Erscheinungsbild des Hauses. Eine derartige Änderung bedürfe der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Im Weiteren führten die Beschwerdeführer aus, sie befürchteten - näher dargelegte - Belästigungen und Beeinträchtigungen und eine Wertminderung ihrer Wohnungseigentumsobjekte durch Bewilligung und Betrieb des Prostitutionslokals. Daran knüpften sie - näher ausgeführte - Verfahrensrügen.

8 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 28 Abs 3 VwGVG Folge, behob den angefochtenen Bescheid und verwies das Verfahren zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurück; weiters wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

9 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die Beschwerdeführer zu näher genannten Anteilen, mit denen jeweils Wohnungseigentum an näher genannten Objekten im Haus verbunden sei, die Mehrheit der Miteigentümer bildeten, während EL und PM jeweils zu 51/564 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft seien, ohne dass mit diesen Anteilen Wohnungseigentum an einem bestimmten Objekt verbunden sei. EL und PM seien Rechtsnachfolger der C GmbH und der W GmbH, denen laut Wohnungseigentumsvertrag aus dem Jahr 1997 "ohne weitere Vereinbarungen" an den je 51/564 Anteilen, die auf das Geschäftslokal Top 1 entfielen, Wohnungseigentum an diesem Objekt eingeräumt werden solle, sobald dies rechtlich möglich sei. Bis dato sei Wohnungseigentum am Geschäftslokal Top 1 nicht intabuliert worden.

10 Die "Vermietungsgemeinschaft EL und PM" habe am mit AS ein Mietverhältnis über die in Top 1 befindlichen Geschäftsräumlichkeiten im Ausmaß von ca 115 m2 geschlossen. AS habe mit Benützungsvereinbarung vom die "gesamte Geschäftsräumlichkeit" in Top 1 an IZ (die Neuntmitbeteiligte) "zur Ausübung der Prostitution" überlassen. Laut der im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingereichten Betriebsbeschreibung betrage die Nutzfläche des gesamten Prostitutionslokals 65,07 m2; entsprechend einem der Fertigstellungsanzeige beigelegten Plan solle die hintere Räumlichkeit des Geschäftslokals Top 1, die über einen direkten Zugang zum Hof des Hauses verfüge, nicht Teil des Ziviltechnikergutachtens sein; diese Räumlichkeiten seien durch einen eigenen Brandabschnitt vom Prostitutionslokal getrennt. Diese Unterlagen seien von der MA 36 aus feuerpolizeilicher Sicht als schlüssig beurteilt worden.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wurden zunächst die maßgebenden Bestimmungen des WPG dargelegt.

11 Ob jemand Parteistellung nach § 8 AVG zukomme, sei nach den in den betreffenden Verwaltungsangelegenheiten anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zu entscheiden. Unter Hinweis auf das hg Erkenntnis vom , 2013/01/0161, legte das Verwaltungsgericht dar, im vorliegenden Fall sei entscheidend, ob auch der einzelne Wohnungseigentümer in einem "Mischhaus" - also in einem Haus, in dem nicht an allen Objekten Wohnungseigentum begründet sei - dem das konkrete Objekt nicht zum alleinigen Gebrauch zugewiesen sei, Verantwortlicher im Sinne des § 2 Abs 6 WPG sein könne, mit der Konsequenz, dass ihm Parteistellung im Anzeigeverfahren nach § 7 WPG und Beschwerdelegitimation gegen einen nach dieser Gesetzesstelle erlassenen Feststellungsbescheid zukomme.

12 Das WPG bestimme zwar (in seinem § 2) den Begriff des "Verantwortlichen", nicht aber den in § 2 Abs 6 WPG verwendeten Begriff des "Eigentums (Miteigentums)". Wenn es um die Interpretation des § 6 WPG gehe, sei daher - ausgehend vom Grundsatz der Einheit der Rechtssprache - der zivilrechtliche Begriff des Eigentums maßgeblich.

13 Nach einer Darlegung von Bestimmungen des WEG 2002 führte das Verwaltungsgericht aus, Wohnungseigentum sei das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte dingliche Recht, eine selbstständige Wohnung, eine sonstige selbstständige Räumlichkeit oder einen Kfz-Abstellplatz ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen. Der Wohnungseigentümer sei immer Miteigentümer einer Liegenschaft, verfüge also auch über einen ideellen Anteil an der gesamten Liegenschaft. Im Unterschied zum "schlichten Miteigentümer" habe er, mit seinem Miteigentumsanteil an der Liegenschaft untrennbar verbunden, das Recht zur ausschließlichen Nutzung einer bestimmten Wohnung auf dieser Liegenschaft.

14 Die Beschwerdeführer seien den Feststellungen nach Wohnungseigentümer und verfügten sohin über einen ideellen Anteil an der Liegenschaft. Es sei jedoch keinem von ihnen das ausschließliche Recht zur Nutzung hinsichtlich des Geschäftslokals Top 1, in dem das Prostitutionslokal betrieben werden solle, eingeräumt. "Ebensowenig" sei EL und PM das Objekt Top 1 "grundbücherlich zugeordnet". Diese seien lediglich schlichte Miteigentümer der Liegenschaft, ihnen komme ausgehend von den geschlossenen Verträgen lediglich ein Benützungsrecht an Top 1 zu. Das gegenständliche Haus sei daher ein sogenanntes "Mischhaus".

15 Es seien daher nicht nur EL und PM, sondern auch die Beschwerdeführer ideelle Miteigentümer der Liegenschaft; sie seien daher als Eigentümer bzw Miteigentümer iSd § 2 Abs 6 WPG anzusehen.

16 Zudem stünden die für die Ausübung der Prostitution verwendeten Räume "in der faktischen Verfügung der Beschwerdeführer". Das Verwaltungsgericht gab dazu - auszugsweise -

den , wieder und folgerte, EL und PM seien nicht Verwalter der Liegenschaft schlechthin, sondern nur in Bezug auf das ihnen bzw ihren Rechtsvorgängern zur Verfügung überlassene Geschäftslokal Top 1. Werde einem Miteigentümer der physische Besitz eines Teils der Liegenschaft eingeräumt, so beinhalte dies nach dem genannten Beschluss des OGH eine entsprechend eingeschränkte Verwaltungsvollmacht. Dies bedeute, dass der Miteigentümer (nur) hinsichtlich des ihm zur alleinigen Benützung zugewiesenen Teils der Liegenschaft Verwaltungsvollmacht habe. Im Hinblick auf den zitierten Beschluss des OGH sei daher davon auszugehen, dass die "Eigentümergemeinschaft" im gegenständlichen Mischhaus zur Aufkündigung des Prostitutionslokals berechtigt sei. Demnach stünden die diesbezüglichen Räume in der Verfügungsmacht der "Eigentümergemeinschaft".

17 "Unter Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu baupolizeilichen Aufträgen" (Verweis auf und vom , 2005/05/0330), so das Verwaltungsgericht weiter, wären Aufträge im Sinne des § 11 WPG iVm § 2 Abs 6 WPG jedoch an die einzelnen Miteigentümer zu richten. Diesen komme das Recht zu, dass eine bescheidmäßige Kenntnisnahme der Anzeige eines Prostitutionslokals nur bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen erfolge.

18 Ausgehend davon sei die Parteistellung der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Anzeigeverfahren nach § 7 WPG zu bejahen. Damit bestehe auch die Beschwerdelegitimation gegen den Feststellungsbescheid vom , zumal in einem Mehrparteienverfahren wie dem gegenständlichen eine Beschwerde gemäß § 7 Abs 3 VwGVG bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden könne, in dem der Beschwerdeführer vom Bescheid Kenntnis erlange.

19 Im Weiteren legte das Verwaltungsgericht dar, dass - anders als von den Beschwerdeführern vermeint - ihre Zustimmung als (Mehrheit der Mit- und) Wohnungseigentümer der Liegenschaft für die Kenntnisnahme der Anzeige des Betriebs des Prostitutionslokals nach dem WPG nicht erforderlich sei.

20 Schließlich begründete das Verwaltungsgericht, warum seiner Auffassung nach die vorgenommene Zurückverweisung im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ro 2014/03/0063, zulässig sei:

21 Der relevante Sachverhalt in Bezug auf die zu schützenden Rechte der Beschwerdeführer sei im behördlichen Verfahren nämlich nicht geklärt worden, weil sich die belangte Behörde nicht mit den Argumenten der Beschwerdeführer, insbesondere im Hinblick auf Gestaltung und Beleuchtung der Fassade des Prostitutionslokals sowie bezüglich von Belästigungen durch Sexarbeiterinnen und ihren Freiern, die den Ausgang des baulich abgetrennten Lokalteils in den Innenhof nützten, auseinandergesetzt habe. Die belangte Behörde habe sich vielmehr in ihrer Begründung mit einem Hinweis auf die Anzeige, das Ziviltechniker-Gutachten und die Augenscheinverhandlung, zu der allerdings die Beschwerdeführer nicht geladen worden seien, begnügt. Die Anzeige erweise sich allerdings nicht als schlüssig. Während nämlich laut Benützungsvereinbarung vom der Mieter der Geschäftsräumlichkeiten in Top 1 die gesamten Räumlichkeiten, die ein Ausmaß von etwa 115 m2 aufwiesen, an IZ "ausschließlich zur Prostitution" überlassen habe, wiesen die Prostitutionsräumlichkeiten laut der Anzeige vom in Verbindung mit der Betriebsbeschreibung vom Dezember 2014 ein Ausmaß von 65,07 m2 auf. Dass der hintere, nunmehr laut Fertigstellungsanzeige baulich abgetrennte Teil der Geschäftsräumlichkeit Top 1 für Wohnzwecke genutzt werden solle, stehe "im glatten Widerspruch" zur Benützungsvereinbarung, welche die Betreiberin (IZ) mit dem Vermieter (AS) geschlossen habe.

22 Zudem habe sich die belangte Behörde nur ungenügend mit den "zwingend zu lösenden zivilrechtlichen Vorfragen" auseinandergesetzt: EL und PM stehe als schlichten Miteigentümern ein Änderungsrecht nach § 16 WEG nicht zu; für bauliche Abtrennungen in Form der Errichtung eigener Brandabschnitte im Objekt Top 1 wäre aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichts die Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer einzuholen gewesen, weil es "ansonsten zu einer Nutzwertänderung und zur Entstehung eines neuen sachenrechtlichen Objekts käme" und das Geschäftslokal Top 1 noch immer im ideellen Miteigentum der Miteigentümer stehe. Dieser Umstand sei auch baurechtlich beachtlich. Im gegebenen Zusammenhang sei auch die Schlüssigkeit der Ziviltechnikerbestätigung zu hinterfragen gewesen. Weiters werde die belangte Behörde im fortzusetzenden Verfahren unter Heranziehung eines Sachverständigen zu prüfen haben, ob und inwieweit Belästigungen durch die Fassadengestaltung und - beleuchtung vorlägen.

23 Es fehlten also - sachverhaltsbezogen - auf Verwaltungsebene die "entscheidenden Schritte für die Klärung des rechtlich relevanten Sachverhalts". Der maßgebliche Sachverhalt stehe demnach nicht fest, weil die belangte Behörde die notwendigen Ermittlungen unterlassen habe bzw bloß ansatzweise ermittelt habe. Derart lägen besonders gravierende Ermittlungslücken in Bezug auf die entscheidende Frage der Rechte der Beschwerdeführer und deren mögliche Beeinträchtigung vor.

24 Ausgehend davon, dass den Beschwerdeführern Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zukomme und die Beschwerdeeinbringung gemäß § 7 Abs 3 VwGVG aufgrund der bloßen Kenntnis des bekämpften Bescheides zulässig gewesen sei, sei der belangten Behörde die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens aufzutragen gewesen.

25 Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob auch der einzelne Wohnungseigentümer in einem "Mischhaus", dem das konkrete Objekt, in dem das Prostitutionslokal betrieben werden solle, nicht zum alleinigen Gebrauch zugewiesen sei, Verantwortlicher im Sinne des § 2 Abs 6 WPG sein könne, Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs fehle.

26 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende ordentliche Revision der belangten Behörde.

27 Die Erst- bis Achtmitbeteiligten (die Beschwerdeführer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) haben eine Revisionsbeantwortung erstattet, nicht aber die weiteren Mitbeteiligten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

28 Die Revision ist aus den vom Verwaltungsgericht ins

Treffen geführten Gründen zulässig; sie ist auch begründet.

29 Die Revision macht - zusammengefasst - Folgendes geltend:

30 Den Beschwerdeführern des verwaltungsgerichtlichen

Verfahrens (Erst- bis Achtmitbeteiligte) komme keine Parteistellung im Verfahren nach dem WPG zu. Vor dem Hintergrund der Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu den abgeschlossenen Verträgen sei nämlich davon auszugehen, dass die über das Geschäftslokal Top 1 Verfügungsberechtigten (EL und PM) keine andere Rechtsposition als die übrigen Miteigentümer der Liegenschaft haben sollten, auch wenn ihnen nur obligatorische Rechte an Top 1 zustünden. Wohnungseigentümer eines ausschließlich aus Wohnungseigentumsobjekten bestehenden Hauses könnten nicht generell als Verantwortliche im Sinne des § 2 Abs 6 WPG zu betrachten sein. Ein Wohnungseigentümer sei nämlich rechtlich gar nicht in der Lage, für eine Einstellung der Prostitution zu sorgen, wenn diese in Gebäudeteilen ausgeübt werde, die ihm nicht zur alleinigen Nutzung überlassen seien. Er könne daher auch nicht zur Einhaltung von Aufträgen (§ 11 WPG) verpflichtet werden. Anders wäre nur die Konstellation zu beurteilen, wenn sich in einem derartigen Haus ein "echtes" im gemeinschaftlichen Miteigentum und somit im gemeinschaftlichen Nutzungsrecht stehendes Objekt befinde, das auch rechtlich und faktisch bewusst von der Wohnungseigentümergemeinschaft vermietet werde. Diesfalls wäre zu beurteilen, ob tatsächlich jeder einzelne Wohnungseigentümer als Verantwortlicher iSd § 2 Abs 6 WPG oder nicht doch die Wohnungseigentümergemeinschaft in ihrer Gesamtheit als solcher Verantwortlicher zu betrachten wäre. Im vorliegenden Fall hingegen sei davon auszugehen, dass eine ausschließliche Verantwortlichkeit für das Prostitutionslokal "nur bis zu EL und PM" bestehe, nicht aber auch im Hinblick auf die Beschwerdeführer. Die Wohnungseigentümer des gegenständlichen Hauses seien daher keine Parteien im Sinne des WPG, weil sie nicht als Verantwortliche iSd § 2 Abs 6 WPG herangezogen werden könnten.

31 Weiters wendet sich die Revision mit näherer Begründung gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es fehlten notwendige Ermittlungen in einem zur Zurückverweisung berechtigendem Ausmaß. Die Beschwerdeführer hätten zudem keine im Sinne des WPG relevanten Einwendungen erhoben (was ebenfalls näher dargelegt wurde).

32 Die Beschwerdeführer, denen - wie erwähnt - der behördliche Bescheid nicht zugestellt worden war, haben unter Berufung auf § 7 Abs 3 VwGVG dennoch Beschwerde erhoben, die vom Verwaltungsgericht mit dem nun angefochtenen Beschluss inhaltlich behandelt worden ist.

33 Gemäß § 7 Abs 3 VwGVG kann, wenn der Bescheid bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden ist, die Beschwerde bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.

34 Diese Bestimmung ist erkennbar dem § 26 Abs 2 VwGG (idF vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51/2012) nachgebildet, der lautete: "Die Beschwerde kann auch erhoben werden, bevor der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt oder verkündet worden ist. Für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gilt in diesem Falle der Bescheid als an dem Tag zugestellt, an dem der Beschwerdeführer von seinem Inhalt Kenntnis erlangt hat."

35 Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass danach nur derjenige beschwerdelegitimiert ist, dessen Parteistellung im Verwaltungsverfahren unstrittig war, und der auch tatsächlich dem Verfahren zugezogen wurde (vgl nur etwa , und vom , 2013/03/0085). Diese Judikatur wurde auch zu § 26 Abs 2 VwGG idF seit der genannten Novelle fortgeschrieben (vgl etwa , und vom , Ra 2015/07/0006).

36 Wollte man annehmen, dass dieser für § 26 Abs 2 VwGG maßgebliche Grundsatz auch für die Zulässigkeit der Bescheidbeschwerde nach § 7 Abs 3 VwGVG gilt (dafür Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, 53f; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, S 415, Rz 711; Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts2, S 48, Rz 161; dagegen:

Grabenwarter/Fister, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit5, S 28f; Leeb, Die Bescheidbeschwerdelegitimation "übergangener Parteien", ÖJZ 2015/129; unklar: Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, § 7 VwGVG Anmerkungen 9 bis 11), wäre die von den Erst- bis Achtmitbeteiligten, deren Parteistellung im anhängigen Verfahren nach dem WPG strittig war und denen der Bescheid nicht zugestellt worden ist, erhobene Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen; der nun in Revision gezogene Beschluss wäre also schon deshalb verfehlt.

37 Anders wäre zu entscheiden, wenn man § 7 Abs 3 VwGVG als Kodifikation der Rechtsprechung zur (im Verwaltungsverfahren) übergangenen Partei ansieht. Diese Rechtsprechung eröffnete der übergangenen Partei - neben dem Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung bzw auf Zustellung des Bescheids - auch die sofortige Berufung, und damit die Klärung der strittigen Parteistellung, ohne den "Umweg" über Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung bzw Zustellung des Bescheids gehen zu müssen (vgl nur etwa , mwN).

38 Die Materialien zu § 7 VwGVG (RV 2009 BlgNR 24. GP, 3) tragen zur Beantwortung der aufgeworfenen Frage wenig bei. Dort heißt es zu § 7 Abs 3 bloß, es würden damit "Vorkehrungen für den Fall (getroffen), dass in einem Mehrparteienverfahren der Bescheid bereits einer Partei, nicht aber dem Beschwerdeführer zugestellt worden ist."

39 Wesentlich für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage erscheint aber die Bedachtnahme auf die den Verwaltungsgerichten durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 zugeschriebene Funktion: Das Verwaltungsgericht hat grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und somit nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war; bei Parteibeschwerden iSd Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG von Parteien mit nur einzelnen subjektivöffentlichen Rechten - wie etwa Nachbarn im Baubewilligungsverfahren - aber stets nur im Rahmen dieser Bestimmung, also nur insoweit, als die Frage einer Verletzung derartiger subjektiv-öffentlicher Rechte Gegenstand ist. Das Verwaltungsgericht kann daher etwa nicht auf Grund der Beschwerde einer auf bestimmte subjektive Rechte beschränkten Partei eine Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheids aus öffentlichen Interessen vornehmen; zu beachten ist vom Verwaltungsgericht auch ein (Teil-)Verlust der Parteistellung. Die Prüfbefugnis der Verwaltungsgerichte ist keine unbegrenzte. Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis ist die "Sache" des bekämpften Bescheides. Dieser Rahmen wird in den Fällen einer Trennbarkeit der behördlichen Entscheidung weiter eingeschränkt, wenn in der Beschwerde von mehreren trennbaren Absprüchen nur ein Teil bekämpft wird. Wenn das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheidet, hat es seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten; allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage sind also zu berücksichtigen.

40 Die Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst besteht nicht nur dann, wenn der maßgebliche Sachverhalt (schon) feststeht (§ 28 Abs 2 Z 1 VwGVG), sondern auch dann, wenn dessen Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 28 Abs 2 Z 2 VwGVG), und nach Maßgabe des § 28 Abs 3 VwGVG grundsätzlich auch dann, wenn trotz Fehlens dieser Voraussetzungen die Verwaltungsbehörde dem nicht unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Ferner sieht § 28 Abs 4 VwGVG auch für den Fall der Ermessensübung durch die Verwaltungsbehörde lediglich dann eine bloße Aufhebung des angefochtenen Bescheides samt Zurückverweisung der Angelegenheit an die Verwaltungsbehörde zur Erlassung eines neuen Bescheids vor, wenn die Voraussetzungen der Z 1 oder Z 2 des § 28 Abs 2 VwGVG nicht vorliegen. Mit der Zuständigkeit und der prinzipiellen Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst ist eine volle Tatsachenkognition der Verwaltungsgerichte verbunden (vgl zum Ganzen etwa , vom , Ro 2014/05/0062, vom , Ro 2014/03/0076, vom , Ro 2014/03/0066, und vom , Ra 2014/07/0077).

41 Der Verwaltungsgerichtshof hat betont, dass mit dem dargelegten (engen) Verständnis der Ausnahmen von der den Verwaltungsgerichten grundsätzlich zukommenden Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache selbst der der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 insofern zu Grunde gelegten normsetzerischen Zielsetzung entsprochen wurde, einen Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung vorzunehmen (vgl insbesondere ).

42 Sind es aber gerade Rechtsschutzerwägungen, die der prinzipiellen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung in der Sache selbst zu Grunde liegen, ist Zweck der Neuregelung "ein Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne der Verfahrensbeschleunigung und eines verstärken Bürgerservices sowie die Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes" (vgl RV 1618 BlgNR XXII. GP, 3), liegt es nahe, diese Maßstäbe auch bei Beantwortung der im vorliegenden Fall aufgeworfenen Frage anzulegen: Die Bejahung der Beschwerdelegitimation der übergangenen Partei verhindert, dass die Klärung der "Sache" erst über den oben angesprochenen "Umweg" (also nach einem eigenen Verfahren über einen Antrag auf Zustellung des Bescheids bzw auf Zuerkennung der Parteistellung) möglich würde, und vermeidet den damit notwendigerweise verbundenen Mehraufwand an Zeit und Kosten für den betroffenen Bürger. Ein solches Verständnis des § 7 Abs 3 VwGVG wird also der mit der Einrichtung der Verwaltungsgerichte verfolgten, eben aufgezeigten gesetzgeberischen Zielsetzung deutlich besser gerecht als die gegenteilige Auffassung.

43 Der Umstand, dass den Verwaltungsgerichten, die funktionell an die Stelle der Berufungsbehörde getreten sind, die sie insofern abgelöst haben, volle Kognitionsbefugnis (auch) in tatsächlicher Hinsicht zukommt, begründet zudem einen wesentlichen Unterschied zur Stellung des - unter Berufung auf § 26 Abs 2 VwGG (alt) mit der Beschwerde einer übergangenen Partei konfrontierten -

Verwaltungsgerichtshofs. Dieser war (schon vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) im Wesentlichen zur Rechtskontrolle, nicht aber als Tatsacheninstanz berufen. Ausgehend davon, dass Parteistellung regelmäßig demjenigen zuzubilligen ist, dessen Rechte verletzt werden oder verletzt zu werden drohen, erfordert die Bejahung der Parteistellung grundsätzlich diesbezügliche Feststellungen. Fehlt es - etwa wegen Nichteinbeziehung der dann "übergangenen" Partei - daran, fehlt es auch an tragfähigen Grundlagen für eine entsprechende Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof (in diesem Sinn auch Leeb, aaO, C.3.a). Auch die unterschiedliche Kognitionsbefugnis von Verwaltungsgerichtshof und Verwaltungsgericht spricht daher gegen eine Übertragung der zu § 26 Abs 2 VwGG (alt) ergangenen Judikatur auf § 7 Abs 3 VwGVG.

44 Nach dem Gesagten ist daher der Auslegung der Vorzug zu geben, wonach Beschwerdelegitimation nach § 7 Abs 3 VwGVG auch dann besteht, wenn die Parteistellung des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren strittig war und er diesem nicht beigezogen worden ist.

45 Zwischenergebnis: Die Beschwerde der erst- bis achtmitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid der LPD war also nicht etwa (schon) deshalb unzulässig, weil sie im verwaltungsbehördlichen Verfahren "übergangen" worden sind.

46 Es ist daher erforderlich, zu klären, ob den Genannten in dem über die Anzeige der IZ geführten Verfahren nach dem Wiener Prostitutionsgesetz 2011 Parteistellung zukam. Vor diesem Hintergrund sind im Revisionsverfahren folgende Bestimmungen des Wiener Prostitutionsgesetzes 2011, LGBl Nr 24/2011 idF LGBl Nr 33/2013 (WPG 2011), von Bedeutung:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. ...

(5) Prostitutionslokale sind zur Anbahnung oder Ausübung der Prostitution bestimmte oder verwendete Gebäude, Gebäudeteile oder andere geschlossene Räume. Die Regeln für Prostitutionslokale gelten bis zum Beweis des Gegenteils auch für Gebäude oder Gebäudeteile, von denen mit Grund vermutet werden kann, dass sie der Anbahnung oder der Ausübung der Prostitution dienen sollen. Insbesondere wird dies auf Grund der äußeren Gestaltung der Räume (wie zB Lichtreklame, bildliche Darstellungen, Bezeichnungen und Schriftzüge) oder weil sich darin eine oder mehrere Personen aufhalten, die ein Verhalten gemäß Abs. 2 setzen oder ein der Prostitutionsausübung zuordenbares äußeres Erscheinungsbild (Bekleidung) aufweisen, zu vermuten sein.

(6) Als Verantwortliche für Prostitutionslokale gelten alle Personen, die ein Prostitutionslokal betreiben oder in deren Eigentum (Miteigentum) oder faktischer Verfügung die für die Ausübung der Prostitution verwendeten Räume stehen. Als Verantwortliche gelten auch Verwalterinnen und Verwalter im Umfang ihrer Befugnis.

...

Prostitutionslokale

§ 6. (1) Gebäude oder Gebäudeteile dürfen zur Ausübung

der Prostitution als Prostitutionslokale (§ 2 Abs. 5) nur

verwendet werden, wenn

a) sie einen unmittelbaren und gesonderten Zugang zur

öffentlichen Fläche aufweisen;

b) über sämtliche zugehörenden Räume Personen

Verfügungsgewalt haben, die Prostitution ausüben;

c) es sich dabei nicht um Bahnhöfe oder Stationsgebäude

handelt;

d) sie über ausreichende Einrichtungen und

Sicherheitsvorkehrungen verfügen, die einer Gefährdung des Lebens

oder der Gesundheit von Menschen sowie dem Entstehen von Bränden

vorbeugen und dem Schutz der Prostituierten dienen;

e) sie so ausgestaltet sind, dass der Schutz von

Jugendlichen gewahrt bleibt und Anrainerinnen und Anrainer keinen unzumutbaren Belästigungen ausgesetzt sind. Dies gilt insbesondere für die Gestaltung der Kennzeichnung als Prostitutionslokal sowie jener Bereiche des Gebäudes, die für Anrainerinnen und Anrainer einsehbar sind.

(2) Die Ausübung der Prostitution in Gebäuden, die nicht die Bedingungen des Abs. 1 erfüllen, ist nur in den Räumen derjenigen Person zulässig, welche die Dienstleistung einer die Prostitution ausübenden Person in Anspruch nimmt.

...

Meldepflichten für Betreiberinnen und Betreiber von

Prostitutionslokalen

§ 7. (1) Natürliche und juristische Personen, die beabsichtigen, ein Prostitutionslokal zu betreiben, haben vorher der Behörde den Betrieb anzuzeigen. Der Anzeige sind in zweifacher Ausfertigung anzuschließen:

a) Unterlagen, aus denen sich Vor- und Familiennamen oder

Nachnamen, frühere Namen, Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft und

Wohnadresse der betreibenden Person, bei juristischen Personen der

vertretungsbefugten Organe ergeben;

b) Pläne und Beschreibungen des Prostitutionslokals, die

mit einer im Rahmen ihrer bzw. seiner Befugnis ausgestellten

Bestätigung einer Ziviltechnikerin oder eines Ziviltechnikers über

die bewilligungsgemäße und der Bauordnung für Wien entsprechende

Bauausführung versehen sind, aus denen hervorgeht, dass das

Prostitutionslokal den Anforderungen dieses Gesetzes und der

Verordnung gemäß § 6 Abs. 3 entspricht;

c) einen nicht mehr als drei Monate alten

Strafregisterauszug für alle im § 8 Abs. 1 genannten natürlichen

Personen.

(2) Die im Abs. 1 genannten Personen haben folgende Umstände

der Behörde anzuzeigen:

a) binnen drei Wochen Änderungen des Namens oder der

Wohnadresse des Betreibers und der in § 8 Abs. 1 genannten Personen;

b) binnen drei Wochen Änderungen der in § 8 Abs. 1

genannten Personen;

c) beabsichtigte wesentliche Änderungen des

Prostitutionslokals vor deren Vornahme unter Anschluss der in Abs. 1 lit. b) genannten Unterlagen.

(3) Die Behörde hat Anzeigen gemäß Abs. 1 oder 2 lit. c) bescheidmäßig zur Kenntnis zu nehmen, wenn alle rechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb des Prostitutionslokales erfüllt sind. Im Bescheid über die Kenntnisnahme der Anzeige können erforderlichenfalls zur Erfüllung der in § 6 genannten Voraussetzungen Aufträge für den Betrieb des Prostitutionslokals erteilt werden. Mit dem Betrieb des Prostitutionslokals oder des veränderten Prostitutionslokals darf erst ab der rechtskräftigen Kenntnisnahme der Anzeige begonnen werden.

...

Ausübung von Prostitution

§ 9. ...

(5) Die Ausübung von Prostitution in einem Gebäude ist nur zulässig, wenn dieses als Prostitutionslokal den Vorgaben des § 6 entspricht.

...

Aufträge an Verantwortliche

§ 11. (1) Die Behörde kann Verantwortlichen für Prostitutionslokale (§ 2 Abs. 6) mit Bescheid die Schaffung von Einrichtungen und Vorkehrungen gemäß § 6 Abs. 1 lit. d) und e) unter Gewährung einer angemessenen Frist auftragen. Beschwerden gegen Aufträge, die einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen vorbeugen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Wird dem Auftrag der Behörde gemäß Abs. 1 nicht fristgerecht entsprochen, ist die weitere Verwendung des Gebäudes oder Gebäudeteiles zur Ausübung der Prostitution ab diesem Zeitpunkt unzulässig.

Einstellung der Prostitutionsausübung

§ 12. (1) Verantwortliche für Prostitutionslokale (§ 2 Abs. 6) haben für die Einstellung der Prostitutionsausübung zu sorgen, wenn dadurch den Bestimmungen des § 4 und des § 9 Abs. 5 zuwidergehandelt wird, wenn die Rechtsfolge des § 11 Abs. 2 eingetreten ist oder wenn eine Untersagung gemäß § 13 erfolgte.

(2) Die Verpflichtung des Abs. 1 beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem Verantwortliche von der gesetzwidrigen Anbahnung oder Ausübung der Prostitution wussten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit hätten wissen müssen.

Untersagung des Betriebes

§ 13. (1) Sind die in diesem Gesetz genannten Voraussetzungen nachträglich weggefallen, hat die Behörde dies mit Bescheid festzustellen und den Betrieb des Prostitutionslokals zu untersagen. Dasselbe gilt, wenn eine Verantwortliche oder ein Verantwortlicher wiederholt ihrer bzw. seiner Verpflichtung gemäß § 12 Abs. 1 nicht nachkommt.

(2) Die Behörde hat die Ausübung der Prostitution in Gebäuden oder Gebäudeteilen und den Betrieb eines Prostitutionslokales zu untersagen, wenn dies zum Schutz der Anrainerinnen und Anrainer vor unzumutbarer Belästigung oder aus wichtigen öffentlichen Interessen, insbesondere auch im Sinne des Jugendschutzes, erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit sind Schutzobjekte gemäß § 2 Abs. 10 besonders zu berücksichtigen.

(3) Das gleiche gilt, wenn die äußere Kennzeichnung eines Prostitutionslokales entgegen § 6 Abs. 1 lit. e) in aufdringlicher Weise erfolgt und trotz behördlicher Aufforderung nicht auf ein für die örtlichen Verhältnisse zumutbares Ausmaß abgeändert wird.

(4) Richtet sich die Untersagung gemäß Abs. 2 gegen eine Person, die Prostitution in einem Prostitutionslokal ausübt, so hat die Behörde eine Gleichschrift des rechtskräftigen Untersagungsbescheides auch einer Verantwortlichen oder einem Verantwortlichen (§ 2 Abs. 6) zuzustellen.

Schließung von Prostitutionslokalen

§ 14. (1) Besteht auf Grund konkreter Tatsachen der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs. 1, 2 oder 4 lit. c), und ist anzunehmen, dass der gesetz- oder bescheidwidrige Betrieb des Prostitutionslokals fortgesetzt wird, so hat die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides das gesamte der Rechtsordnung nicht entsprechende Prostitutionslokal an Ort und Stelle zu schließen.

(2) Über die Schließung gemäß Abs. 1 ist binnen einem Monat ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Dieser Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist. Der Beschwerde gegen diesen Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(3) Der Bescheid über die Schließung des Prostitutionslokals ist sofort vollstreckbar. Durch einen Wechsel in der Person der oder des Verantwortlichen oder der Betreiberin oder des Betreibers des von der Schließung betroffenen Prostitutionslokals wird die Wirksamkeit eines solchen Bescheids nicht berührt.

...

Strafbestimmungen

§ 17. (1) Wer es als Verantwortliche oder Verantwortlicher für ein Prostitutionslokal gemäß § 2 Abs. 6, unterlässt,

a) die gemäß § 11 Abs. 1 ergangenen rechtskräftigen behördlichen Aufträge zu erfüllen;

b) für die Einstellung der Prostitutionsausübung gemäß § 12 Abs. 1 zu sorgen,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 3.500 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu drei Wochen, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe von 350 Euro bis 7.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.

(2) Wer als Verantwortliche oder Verantwortlicher gemäß § 2

Abs. 6 ein Prostitutionslokal

a) vor der rechtskräftigen Kenntnisnahme der Anzeige durch

die Behörde gemäß § 7 Abs. 3;

b) trotz einer rechtskräftigen Untersagung gemäß § 13;

c) unter Nichteinhaltung der Verordnung über die

erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen der zur Ausübung der

Prostitution verwendeten Gebäude, Gebäudeteile und Räume;

d) während der Dauer einer rechtswirksamen behördlichen

Schließung gemäß § 14 Abs. 1,

betreibt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer

Geldstrafe von 1.000 Euro bis 7.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit

mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.

...

(6) Wer es als Verpflichtete oder Verpflichteter unterlässt,

a) die Anzeigen gemäß § 5 Abs. 3 oder § 7 Abs. 2 lit. a) oder b) fristgerecht zu erstatten;

b) Organen der Behörde oder Organen des öffentlichen

Sicherheitsdienstes entgegen § 15 Abs. 1, den Zutritt zu Grundstücken, Gebäuden, Containern und Fahrzeugen und allen ihren Teilen zu gewähren;

c) entgegen § 15 Abs. 2 auf Verlangen ihre oder seine Identität nachzuweisen oder die erforderlichen Auskünfte zu erteilen;

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 500 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Tagen, zu bestrafen.

..."

47 "Verantwortliche" eines Prostitutionslokals (§ 2 Abs 6 WPG) können Adressaten eines Bescheids nach § 11 Abs 1 WPG sein, also zur Schaffung bestimmter Einrichtungen bzw Vorkehrungen verpflichtet werden, sie haben gegebenenfalls, unter den in § 12 Abs 1 WPG genannten Voraussetzungen, für die Einstellung der Prostitutionsausübung zu sorgen, und sie sind Adressaten der Strafbestimmung nach § 17 Abs 1 und 2 WPG (wobei sich Abs 2 inhaltlich, ungeachtet seines umfassenden Wortlauts, nicht an alle Verantwortliche iSd § 2 Abs 6 WPG richtet, sondern nur an Betreiber von Prostitutionslokalen).

48 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2013/01/0161, ausgeführt hat, besteht in einem Verfahren nach § 7 WPG Parteistellung des Eigentümers des Hauses, in dem die Prostitution ausgeübt werden soll, weil er als Verantwortlicher mit Aufträgen nach § 11 WPG belastet und wegen Verwaltungsübertretungen verwaltungsstrafrechtlich belangt werden könnte.

49 Das Haus, in dem das von IZ geplante Prostitutionslokal betrieben werden soll, steht nicht in Alleineigentum. Vielmehr steht die Liegenschaft im Miteigentum mehrerer Personen. Die Mehrheit der Miteigentumsanteile (also nicht deren Gesamtheit) ist untrennbar mit Wohnungseigentum an bestimmt bezeichneten Objekten verbunden. Die auf das Objekt Top 1 entfallenden Minderheitsanteile sind in schlichtem Miteigentum verblieben. Jene beiden (schlichten) Miteigentümer, denen dieses Objekt zugeordnet ist, haben es schon in der Vergangenheit wiederholt vermietet und nunmehr mit AS einen Mietvertrag über das Objekt geschlossen, aufgrund dessen AS seinerseits das Objekt an IZ zur Ausübung der Prostitution überlassen (untervermietet) hat.

50 Das Verwaltungsgericht hat diese von ihm so festgestellte Konstellation dahin beurteilt, dass die Erst- bis Achtmitbeteiligten (die Beschwerdeführer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) als Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft, an der sie über einen ideellen Anteil verfügten, als "Eigentümer (Miteigentümer)" iSd § 2 Abs 6 WPG anzusehen seien, auch wenn keinem von ihnen das ausschließliche Recht zur Nutzung des Geschäftslokals Top 1 eingeräumt sei, zumal diese Räume in ihrer "faktischen Verfügung" stünden.

51 Diese - im Wesentlichen aus dem zitierten Beschluss des OGH abzuleiten versuchte - Auffassung ist verfehlt.

52 Gemäß § 2 Abs 1 WEG 2002 ist Wohnungseigentum das dem Miteigentümer einer Liegenschaft oder einer Eigentümerpartnerschaft eingeräumte dingliche Recht, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen.

53 Wohnungseigentumsobjekte sind Wohnungen, sonstige selbständige Räumlichkeiten und Abstellplätze für Kraftfahrzeuge (wohnungseigentumstaugliche Objekte), an denen Wohnungseigentum begründet wurde (§ 2 Abs 2 WEG 2002).

54 Allgemeine Teile der Liegenschaft sind solche, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht (§ 2 Abs 4 WEG 2002).

55 Wohnungseigentümer ist ein Miteigentümer der Liegenschaft, dem Wohnungseigentum an einem darauf befindlichen Wohnungseigentumsobjekt zukommt. Alle Wohnungseigentümer bilden zur Verwaltung der Liegenschaft die Eigentümergemeinschaft (§ 2 Abs 5 WEG 2002).

56 Während nach § 3 Abs 2 WEG 2002 die Begründung von Wohnungseigentum nur zulässig ist, wenn sie sich auf alle wohnungseigentumstauglichen Objekte bezieht, die nach der Widmung der Miteigentümer als Wohnungseigentumsobjekte vorgesehen sind, erlaubte das (bis in Geltung gestandene) WEG 1975 grundsätzlich auch die Begründung von Wohnungseigentum bloß an einzelnen der wohnungseigentumsfähigen Objekte, während weitere Anteile in schlichtem Miteigentum verbleiben konnten (sogenanntes "Mischhaus").

57 Die Übergangsbestimmung des § 56 Abs 4 WEG 2002 sieht vor, dass dann, wenn vor dem nicht an allen wohnungseigentumstauglichen Objekten der Liegenschaft Wohnungseigentum begründet wurde, nach dem die weitere Begründung von Wohnungseigentum nur zulässig ist, wenn sie sich auf alle restlichen Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten der Liegenschaft sowie auf alle restlichen Abstellplätze für Kraftfahrzeuge bezieht, die nach der Widmung der Miteigentümer als Wohnungseigentumsobjekte vorgesehen sind (vgl dazu auch den ).

58 Wie der OGH ua in der vom Verwaltungsgericht berufenen Entscheidung (2 Ob 109/14i) ausgeführt hat, ist der zum Gebrauch bestimmter Räumlichkeiten der gemeinsamen Liegenschaft berechtigte Miteigentümer zum Abschluss eines Bestandvertrags im Namen aller Miteigentümer gleich einem Verwalter legitimiert. Er handelt, auch wenn er dies nicht zum Ausdruck bringt, im Zweifel als Vertreter sämtlicher Miteigentümer und begründet durch Vermietung des ihm zur Benutzung zugewiesenen Objekts ein Mietverhältnis mit allen Miteigentümern. Er ist als gemeinsam bestellter Verwalter insofern auch berechtigt, allein Verwaltungshandlungen vorzunehmen. Die Verwaltungsvollmacht des Miteigentümers deckt aber nur Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung. Sie berechtigt ihn auch, das von ihm eingegangene Mietverhältnis ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer aufzukündigen, wobei als Partei des Kündigungsstreits nicht der Minderheitseigentümer, sondern alle Miteigentümer als Bestandgeber anzusehen sind, als deren Vertreter bzw Verwalter der Nutzungsberechtigte auftritt. Werden Teile der Liegenschaft, seien es allgemeine Teile im herkömmlichen Sinn, seien es Objekte im Mischhaus, einem einzelnen (meist schlichten) Miteigentümer durch Benützungsregelung zur ausschließlichen Nutzung überlassen, liegt darin nach herrschender Ansicht im Zweifel die Bevollmächtigung zum Abschluss eines Mietvertrags auf eigene Rechnung, aber namens sämtlicher Miteigentümer.

59 Vor dem dargestellten Hintergrund durfte das Verwaltungsgericht zwar davon ausgehen, dass in einem allfälligen Kündigungsverfahren gegen AS (der seinerseits Top 1 an IZ untervermietet hatte) auf Aktivseite, also als Kläger, alle Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft einzubeziehen wären (sei es als Gesamtheit der Mit- und Wohnungseigentümer, sei es als Wohnungseigentümergemeinschaft), die insoweit eine einheitliche Streitpartei bilden (weil sich die Wirkung des über die Kündigung ergehenden Urteils notwendigerweise auf alle Vermieter erstreckt). Es übersieht aber, dass zu einer solchen Kündigung (als Ausfluss seiner diesbezüglichen Verwaltungsvollmacht) allein derjenige Miteigentümer berechtigt ist, dem das betreffende Objekt (zur ausschließlichen Nutzung) überlassen wurde. Dieser ist es, der auch ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer das von ihm (auf eigene Rechnung, wenngleich im Namen sämtlicher Miteigentümer) geschlossene Mietverhältnis aufkündigen kann. Es kann daher - entgegen der nicht weiter begründeten Annahme des Verwaltungsgerichts - auch nicht gesehen werden, dass die betreffenden Räume "in der faktischen Verfügung" der Beschwerdeführer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gestanden seien. Ihnen kommt auch als Vermieter kein direkter Räumungsanspruch gegen IZ, die ihr Benützungsrecht vom Mieter AS ableitet, zu (vgl den , mwN).

60 Die Frage, ob die Beschwerdeführer als "Verantwortliche" iSd § 2 Abs 6 WPG anzusehen sind, ist daher zu verneinen: § 2 Abs 6 WPG bestimmt nicht schlechthin alle Eigentümer bzw Miteigentümer von Häusern, in denen ein Prostitutionslokal betrieben wird, zu "Verantwortlichen" mit den daran geknüpften, oben unter Rz 47 zusammengefasst dargestellten Konsequenzen, sondern nur jene, in deren Eigentum, Miteigentum oder (zumindest) faktischer Verfügung die Räume stehen, die für die Ausübung der Prostitution verwendet werden (sollen). In der zu beurteilenden Konstellation kommt den Beschwerdeführern nach dem Gesagten aber weder eine rechtliche noch eine faktische Verfügungsmöglichkeit über die betreffenden Räume zu.

61 Eine allfällige zivilrechtliche Unzulässigkeit der geplanten Verwendung des Lokals Top 1 wäre in einem zivilgerichtlichen Verfahren geltend zu machen (gewesen). Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der Aktenlage nach dieser Weg von den Beschwerdeführern ohnehin beschritten wurde und mit Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom die Neunt- bis Elftmitbeteiligten sowie AS (ua) zur Unterlassung des Betriebs des Prostitutionslokals verpflichtet wurden.

62 Da den Beschwerdeführern also keine Parteistellung im behördlichen Verfahren zukam, wäre die von ihnen erhobene Beschwerde zurückzuweisen gewesen.

63 Der angefochtene Beschluss erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig.

64 Gemäß § 42 Abs 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie - wie im vorliegenden Fall -

entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt.

65 Es war daher der angefochtene Beschluss dahin abzuändern, dass die Beschwerde zurückgewiesen wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2017:RO2015030036.J00
Schlagworte:
Trennbarkeit gesonderter Abspruch Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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