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VwGH vom 26.02.2014, 2009/13/0009

VwGH vom 26.02.2014, 2009/13/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der P Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Dietrich, Wirtschaftsprüfer Steuerberater in 1220 Wien, Wagramerstraße 4, Bürohaus Top 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0705-W/08, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1994 bis 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Gefolge einer bei der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung hielten die Prüfer fest, die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin habe mit Schreiben vom dem Finanzamt den Zusammenschluss dieser Gesellschaft ("Geschäftsherr") mit der zum Teil als Treuhänder für nicht näher genannte Anleger auftretenden S GmbH ("atypisch stiller Gesellschafter") zu einer Mitunternehmerschaft gemeldet. Auf Grund von im Prüfbericht näher angeführten Umständen (vgl. hiezu die Schilderung im hg. Erkenntnis vom , 2005/13/0050) liege aber eine Mitunternehmerstellung der Beteiligten an der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin nicht vor.

Gegen die dem Prüferbericht folgenden Bescheide des Finanzamtes, mit denen es feststellte, dass für die Streitjahre 1994 bis 1998 eine einheitliche und gesonderte Feststellung gemäß § 188 BAO zu unterbleiben habe, erhob die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin Berufung.

Zum darauf folgenden Verfahrensgang wird wiederum auf das hg. Erkenntnis vom , 2005/13/0050, verwiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde - nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung -

die Berufung neuerlich als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde, zu welcher die beschwerdeführende Partei eine Gegenäußerung erstattet hat, erwogen hat:

Strittig ist im Beschwerdefall, ob eine unechte stille Gesellschaft und damit eine Mitunternehmerschaft vorliegt.

Im Vorerkenntnis (2005/13/0050) wurde - unter Hinweis auf die ständige hg. Rechtsprechung - ausgeführt, dass eine unechte stille Gesellschaft vorliegt, wenn der stille Gesellschafter gesellschaftsrechtlich so gestellt wird, als wäre er Kommanditist. Es muss also im Innenverhältnis insbesondere vereinbart sein, dass der stille Gesellschafter an den stillen Reserven und am Firmenwert beteiligt ist; diese Beteiligung muss jedenfalls für den Fall der Auflösung der Gesellschaft bestehen.

Der - in den Verwaltungsakten erliegende - Gesellschaftsvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen:

"Gesellschaftsvertrag

über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft zwischen (...)

§ 2 Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter (...) Der atypisch stille Gesellschafter ist schuldrechtlich

auch am Vermögen einschließlich der stillen Reserven und des Firmenwertes des Geschäftsherrn beteiligt (atypisch stille Gesellschaft). Bei Ausscheiden aus dem Gesellschaftsverhältnis stehen ihm die Ansprüche nach § 13 zu.

§ 10 Dauer der Gesellschaft, ordentliche Kündigung

Die Gesellschaft wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Geschäftsherr und atypisch stiller Gesellschafter können den Vertrag über die Errichtung der atypisch stillen Gesellschaft frühestens zum unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist auch teilweise aufkündigen. Danach kann das Gesellschaftsverhältnis von beiden Seiten jeweils zum 31.12. eines jeden Jahres bzw. zum jeweiligen Bilanzstichtag des Geschäftsherrn bei Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist mittels eingeschriebenen Briefes aufgekündigt werden.

(...)

§ 11 Ausscheiden des stillen Gesellschafters, Aufnahme

weiterer Gesellschafter

Außer durch Kündigung gemäß § 10 scheidet der stille Gesellschafter auch durch Ausschluss gemäß gesetzlichen Regelungen und bei Eröffnung eines über sein Vermögen rechtskräftig abgeschlossenen Konkurs- oder Ausgleichsverfahrens oder bei Abweisung eines Konkursantrages mangels eines die Konkurskosten deckenden Vermögens und bei Exekutionsführung auf die Einlage oder den Anspruch aus der Einlage durch einen Privatgläubiger aus.

(...)

§ 13 Ansprüche des stillen Gesellschafters bei der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses

Scheidet der atypisch stille Gesellschafter (ganz oder teilweise) durch Kündigung gem. § 10 aus, so hat er Anspruch auf ein Abfindungsguthaben.

Berechnungsgrundlage für dieses Guthaben ist der dem Verhältnis der Einlage des Gesellschafters zum Stammkapital entsprechende Anteil am Verkehrswert des Unternehmens des Geschäftsherrn. Dieser errechnet sich aus der Summe der Verkehrswerte des bilanzmäßig ausgewiesenen Vermögens zzgl. eines allfälligen Firmenwertes abzüglich sämtlicher offener Verbindlichkeiten.

(...)

Bei Ausscheiden des Gesellschafters (ganz oder teilweise) aus anderen als in Abs. 1 angeführten Gründen wird er mit dem Betrag abgefunden, der dem saldierten Wert seiner Kapital- und Verrechnungskonten entspricht. Ergibt sich aufgrund der Verrechnung der Konten des atypisch stillen Gesellschafters ein negativer Wert, so entfällt eine etwaige Nachschussverpflichtung insofern, als der atypisch stille Gesellschafter seine bedungene Einlage in bar geleistet hat.

§ 14 Freiwillige Auflösung der Gesellschaft, Insolvenzverfahren beim Geschäftsherrn

Im Falle der freiwilligen Auflösung oder Liquidation der Gesellschaft, in welcher Form auch immer, nimmt der atypisch stille Gesellschafter am Vermögen inklusive der Reserven und dem Firmenwert im Verhältnis der stillen Gesellschaftereinlage zum Stammkapital des Geschäftsherrn teil.

Wird über das Vermögen des Geschäftsherrn der Konkurs eröffnet, so kann der stille Gesellschafter wegen seiner Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Verlustanteils übersteigt, seine Forderung als Konkursgläubiger geltend machen.

(...)"

Ob eine unechte stille Gesellschaft vorliegt, ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, insbesondere aus den vertraglichen Vereinbarungen für den Fall der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/15/0163). Einer Anerkennung als Mitunternehmerschaft steht der Umstand nicht entgegen, dass eine Beteiligung am Firmenwert und an den stillen Reserven nicht in jedem Fall einer Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses besteht. So steht es einer Beurteilung als Mitunternehmerschaft nicht entgegen, wenn eine Auseinandersetzung (bloß) nach Buchwerten dann erfolgt, wenn der stille Gesellschafter kündigt oder die stille Gesellschaft aus einem vom stillen Gesellschafter zu vertretenden wichtigen Grund vorzeitig aufgelöst wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 3122/79). Ein derartiger Ausschluss einer Beteiligung am Firmenwert und an den stillen Reserven muss aber auf Fälle beschränkt bleiben, in denen der Gesellschafter zur Unzeit oder aus einem von ihm zu vertretenden Grund vorzeitig aus der Gesellschaft ausscheidet und damit ein für die Gesellschaft schädliches Verhalten an den Tag legt ("Abfindung zu Buchwerten mit Pönalcharakter"; vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/13/0048).

Der hier zu beurteilende Gesellschaftsvertrag normiert zwar allgemein eine Beteiligung des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven und am Firmenwert des Geschäftsherrn (§ 2 des Gesellschaftsvertrages). § 13 des Gesellschaftsvertrages sieht aber nur für den Fall der ordentlichen Kündigung (§ 10 des Gesellschaftsvertrages) vor, dass sich das Abfindungsguthaben nach "Verkehrswerten" (also unter Einrechnung von stillen Reserven) zuzüglich eines allfälligen Firmenwertes errechnet. Auch für den Fall einer freiwilligen Auflösung oder "Liquidation der Gesellschaft" sind nach dem Gesellschaftsvertrag (§ 14) die "Reserven" und der Firmenwert zu berücksichtigen. Im Falle eines Ausscheidens des Gesellschafters aus anderen Gründen beschränkt hingegen § 13 des Gesellschaftsvertrages die Abfindung des stillen Gesellschafters auf den saldierten Wert seiner Kapital- und Verrechnungskonten.

In der Beschwerde wird hiezu geltend gemacht, die unternehmensrechtlichen Bestimmungen zum Abfindungsanspruch (§ 137 UGB) seien dispositiv; es bestehe aber die Möglichkeit, dass gesellschaftsvertragliche Klauseln gegen die guten Sitten verstießen und somit nichtig seien. Wenn man davon ausgehe, dass die Buchwertklausel sittenwidrig sei, habe dies zur Folge, dass auch bei außerordentlicher Kündigung durch den Gesellschafter § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages und somit die Abfindung mit dem anteiligen Verkehrswert zur Anwendung komme. Auch für den Fall der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters sei die Buchwertklausel wegen Sittenwidrigkeit nicht anzuwenden. Betreffend Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Geschäftsherrn stimme der Gesellschaftsvertrag mit der gesetzlichen Regelung (§ 187 UGB) überein.

Gemäß § 186 Abs. 1 HGB (vgl. nunmehr § 186 Abs. 1 UGB) hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts nach der Auflösung der Gesellschaft mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen.

Diese Regelung ist dispositiv (vgl. Straube/V. Appl in Straube, Wiener Kommentar zum Unternehmensgesetzbuch,§ 186 Rz 8). Vertragliche Abfindungsregelungen können aber - insbesondere wegen Gläubigerbeeinträchtigung - sittenwidrig und damit unwirksam sein (vgl. ), so etwa dann, wenn der Auseinandersetzungsanspruch im Fall der Insolvenz des stillen Gesellschafters geringer sein soll als in den übrigen Auseinandersetzungsfällen (vgl. ).

Eine Abfindungsregelung könnte auch (wiederum wegen Gläubigerbeeinträchtigung) deshalb unzulässig sein, weil sie dem ausscheidenden Gesellschafter mehr zubilligt, als ihm nach der gesetzlichen Regelung zustünde (vgl. ).

Dass eine Einschränkung des Abfindungsbetrages auf Buchwerte im Falle einer außerordentlichen Kündigung einer stillen Gesellschaft im Allgemeinen sittenwidrig sei, ist aber nicht erkennbar. Zunächst ist zu bemerken, dass die Abfindung des stillen Gesellschafters nach der gesetzlichen Grundkonzeption im Wesentlichen nichts anderes als eine Buchwertabfindung ist (vgl. Hochedlinger in Jabornegg/Artmann, Kommentar zum UGB2, § 186 Rz 9). Selbst bei Gesellschaftern einer offenen Gesellschaft ist aber eine Beschränkung der Abfindung auf Buchwerte nach der herrschenden Meinung zulässig (vgl. Koppensteiner/Auer in Straube, Wiener Kommentar zum Unternehmensgesetzbuch,§§ 137, 138 Rz 22). Sittenwidrig wäre eine derartige Einschränkung (außer wegen Gläubigerbeeinträchtigung) bei einem Gesellschafter einer OG nur allenfalls im Falle eines Ausschlusses des Gesellschafters durch Mehrheitsbeschluss ohne wichtigen Grund (vgl. Koppensteiner/Auer , aaO Rz 23).

Damit ist aber davon auszugehen, dass die im Gesellschaftsvertrag - in Übereinstimmung mit der dispositiven gesetzlichen Regelung - vorgenommene Beschränkung des Abfindungsbetrages auf den Buchwert für den Fall der außerordentlichen Kündigung der stillen Gesellschaft nicht sittenwidrig ist. Die für diesen Fall vorgesehene Beschränkung des Abfindungsbetrages steht damit aber schon deshalb einer Beurteilung der stillen Gesellschaft als Mitunternehmerschaft entgegen.

Lediglich ergänzend ist darauf zu verweisen, dass gemäß § 187 Abs. 1 HGB (vgl. nunmehr § 187 Abs. 1 UGB) der stille Gesellschafter, wenn über das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts der Konkurs eröffnet wurde, wegen der Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn fallenden Anteils am Verlust übersteigt, seine Forderung als Konkursgläubiger geltend machen kann. Wurde dem stillen Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrages aber auch eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmenwert eingeräumt, wird ein Gläubigerrecht, aufgrund dessen ein Konkursteilnahmeanspruch als Konkursgläubiger gewährt würde, ausgeschlossen (vgl. ). Wenn der Gesellschaftsvertrag (§ 14 Abs. 2) sohin vorsieht, dass der stille Gesellschafter seine Forderung als Konkursgläubiger geltend machen könne, so setzt auch dies voraus, dass er nicht an den stillen Reserven und am Firmenwert beteiligt ist.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am