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VwGH vom 26.06.2013, 2011/22/0321

VwGH vom 26.06.2013, 2011/22/0321

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des T, vertreten durch Mag. Sonja Scheed, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Brachelligasse 16, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 155.575/2- III/4/10, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung gemäß § 63 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sowie § 8 Z 6 lit. c Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) abgewiesen wurde (Spruchpunkt II.), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen, somit hinsichtlich der Abweisung des Zweckänderungsantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 60 und § 24 Abs. 1 und Abs. 4 NAG (Spruchpunkt I.), wird der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde unter Spruchpunkt I. den am eingebrachten Zweckänderungsantrag des Beschwerdeführers, eines bolivianischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Selbständiger" gemäß § 60 iVm § 24 Abs. 4 NAG ab. Unter Spruchpunkt II. wies die belangte Behörde den Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels für den Zweck "Schüler" gemäß § 63 Abs. 1 Z 1 und 2 und § 24 Abs. 1 iVm Abs. 4 NAG ab.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei bis im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung für Schüler gewesen. Am habe er die Verlängerung dieses Aufenthaltstitels beantragt. Gleichzeitig habe er einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "Selbständiger" gestellt. Diesbezüglich habe er einen Werkvertrag über Leistungen in der Personenbetreuung vorgelegt. Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien habe festgestellt, dass diese Personenbetreuung weder aus wirtschaftlicher noch aus arbeitsmarktpolitischer Betrachtung im Interesse Österreichs liege und daher die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Z 3 NAG nicht gegeben seien.

Die Abweisung des Verlängerungsantrages begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer nach seiner Behauptung in der Berufung aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, einen Nachweis über den Schulerfolg zu erbringen. Einer vorgelegten Bestätigung sei zu entnehmen, dass er im Studienjahr 2008/2009 wegen Krankheit vom Unterricht beurlaubt gewesen sei. In der Folge sei ihm eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme und zur Vorlage eines schriftlichen Nachweises über den Schulerfolg eingeräumt worden. Für die belangte Behörde sei "nicht feststellbar", ob im Fall des Beschwerdeführers die besonderen Voraussetzungen zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels gemäß § 63 NAG erfüllt seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides im Juli 2011 die Bestimmungen des NAG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011 anzuwenden sind.

In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid führte der Beschwerdeführer u.a. aus:

"Nach Darlegung der rechtlichen Einschätzung durch die belangte Behörde und das AMS halte ich den Zweckänderungsantrag ausdrücklich nicht aufrecht."

In diesem Sinn beantragte der Beschwerdeführer in Stattgebung der Berufung auch (nur) die Verlängerung seines Aufenthaltstitels. Somit liegt keine Berufung gegen die erstinstanzliche Abweisung des Zweckänderungsantrags vor, woran der allgemein gehaltene Aufhebungsantrag nichts ändert.

Die belangte Behörde war somit wegen des Fehlens einer diesbezüglichen Berufung zu einer Berufungsentscheidung über den Zweckänderungsantrag nicht zuständig (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/19/1776).

Gemäß § 63 Abs. 1 NAG kann Drittstaatsangehörigen unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufenthaltsbewilligung für Schüler ausgestellt werden. Gemäß § 63 Abs. 3 leg. cit. ist die Verlängerung einer solchen Aufenthaltsbewilligung nur zulässig, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis über den Schulerfolg erbringt. Auch § 8 Z 6 lit. c NAG-DV nennt als erforderliche Urkunde im Falle eines Verlängerungsantrages einen schriftlichen Nachweis u.a. der Schule über den Schulerfolg im vorangegangenen Schuljahr.

Vorerst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde den Verlängerungsantrag nicht in diese Richtung geprüft und nicht deshalb abgewiesen hat, weil die vom Beschwerdeführer besuchte "Schule" keine solche im Sinn des § 63 Abs. 1 NAG sei.

Ihre Ansicht, dass der Beschwerdeführer keinen Schulerfolg aufgewiesen habe, stützt die belangte Behörde auf die Bestätigung des Konservatoriums P vom , der zufolge der Beschwerdeführer im Studienjahr 2008/2009 auf Grund seiner Krankheit vom Unterricht beurlaubt gewesen sei. Sie lässt aber die Bestätigung des Lehrers des Beschwerdeführers vom außer Acht, der zufolge der Beschwerdeführer "weiter an meiner Lehrveranstaltung aktiv teilnimmt und gute Erfolge zu beobachten sind". Mit dieser Bestätigung hätte sich die belangte Behörde in einem mängelfreien Verfahren auseinandersetzen müssen. Ein "Schulerfolg" im genannten Sinn könnte nämlich auch dann zu bejahen sein, wenn ein Schüler berechtigt ist, aufzusteigen und sich einer abschließenden Prüfung zu nähern (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/22/0205). Ob dies vorliegend zutrifft, ist wegen des Fehlens nachvollziehbarer Feststellungen ebenso wenig überprüfbar wie der Umstand, ob der Beschwerdeführer überhaupt eine Schule iSd § 63 Abs. 1 NAG besucht.

Wegen des aufgezeigten Verfahrensmangels war der angefochtene Bescheid, soweit damit der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung abgewiesen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2009.

Wien, am