VwGH vom 26.02.2013, 2011/22/0320

VwGH vom 26.02.2013, 2011/22/0320

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des A, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Salzburg vom , Zl. 1/01-1329/1/1/2011, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines pakistanischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Der Asylgerichtshof habe darüber im Instanzenzug mit Erkenntnis vom rechtskräftig negativ entschieden und die Ausweisung des Beschwerdeführers ausgesprochen. Seit Rechtskraft dieses Erkenntnisses halte sich der Beschwerdeführer, der nicht in Besitz eines Aufenthaltstitels sei, rechtswidrig in Österreich auf.

Die Prüfung der Voraussetzungen gemäß § 43 Abs. 4 NAG habe ergeben, dass der Beschwerdeführer zwischen seiner Einreise im September 2003 und März 2006 weder einer erlaubten unselbständigen, noch einer erlaubten selbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Seit verfüge der Beschwerdeführer über eine Gewerbeberechtigung, welche immer wieder über einige Monate und einmal über ein Jahr lang ruhend gemeldet worden sei. Die aus der selbständigen Tätigkeit erzielten Einkünfte des Beschwerdeführers hätten in keinem einzigen Jahr ausgereicht, um eine Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers annehmen zu können. Er sei nicht in der Lage, seine Rückstände bei der Sozialversicherung, der Wirtschaftskammer und dem Finanzamt zu bedienen, weshalb der Sozialversicherungsträger beabsichtige, die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Beschwerdeführers zu beantragen.

Eine schulische oder berufliche Ausbildung habe der Beschwerdeführer in Österreich nicht absolviert. Zum Nachweis seiner Kenntnisse der deutschen Sprache habe der Beschwerdeführer lediglich eine Teilnahmebestätigung an einem Kurs "Deutsch 3/A2 Niveau" vom vorgelegt, zur Prüfung sei er nicht angetreten.

Ein Familienleben führe der Beschwerdeführer in Österreich nicht. Sein Bruder sei zwar ebenfalls illegal in Österreich eingereist und habe mehrere Asylanträge gestellt, welche ab- oder zurückgewiesen worden seien. Im Heimatstaat des Beschwerdeführers lebten dessen Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern. Einen allfällig bestehenden Freundeskreis habe er nicht angegeben.

Der Beschwerdeführer habe gravierend gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit verstoßen, weil er am eine Körperverletzung mit besonderer Brutalität begangen habe, indem er einem anderen zwei Faustschläge in das Gesicht versetzt habe, wodurch dieser zu Boden gestürzt sei, und ihm danach noch weitere Schläge versetzt habe. Deswegen sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichtes S vom wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von EUR 350,-- verurteilt worden.

Schließlich ging die belangte Behörde davon aus, die Durchführung einer Interessenabwägung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ergebe, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel nicht zu erteilen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:

Der gegenständliche Fall gleicht darin, dass die belangte Behörde verkannt hat, dass es für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 43 Abs. 4 NAG (in der hier maßgeblichen Fassung des BGBl. I Nr. 38/2011) nicht darauf ankommt, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels im Hinblick auf Art. 8 EMRK geboten ist, sondern diese Bestimmung vielmehr gerade dann greifen soll, wenn ein Recht aus Art. 8 EMRK nicht abgeleitet werden kann, jenem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0255 (zur gleichartigen Vorgängerbestimmung in § 44 Abs. 4 NAG idF BGBl. I Nr. 122/2009), zugrunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird daher insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Dies führt fallbezogen aber nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil die belangte Behörde zutreffend auch die Voraussetzungen für das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles im Sinn des § 43 Abs. 4 NAG prüfte. Von den Kriterien, die diese Bestimmung für die Beurteilung des Grades der Integration beispielsweise nennt (nämlich Selbsterhaltungsfähigkeit, schulische und berufliche Ausbildung, Beschäftigung und Deutschkenntnisse), beruft sich der Beschwerdeführer primär darauf, seinen Lebensunterhalt aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu erzielen, der öffentlichen Hand finanziell nur geringfügig zur Last gefallen zu sein und derzeit rund EUR 1.600,-- ins Verdienen zu bringen. Dass schon die belangte Behörde dieses Nettoeinkommen zu berücksichtigen gehabt hätte, macht der Beschwerdeführer ebenso wenig geltend wie er die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach für das Jahr 2010 und 2011 weder Einkommensteuererklärungen noch sonstige Unterlagen vorgelegt worden seien, unbekämpft ließ. Der belangten Behörde ist daher nicht anzulasten, das derzeitige Einkommen des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt zu haben. Angesichts der Feststellungen der Unterbrechungen der Zeiten selbständiger Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers und der erzielten Einkünfte bestehen keine Bedenken gegen die Beurteilung der belangten Behörde und zwar auch dann, wenn er - laut eigenem Vorbringen - der öffentlichen Hand nur geringfügig zur Last gefallen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/22/0092). Auf eine schulische oder berufliche Aus- oder Weiterbildung in Österreich beruft sich der Beschwerdeführer gar nicht. Von daher erreichen die im Beschwerdefall vorliegenden integrationsbegründenden Umstände aber - auch unter Bedachtnahme auf den rund achtjährigen Aufenthalt und selbst bei Vorliegen guter Deutschkenntnisse (ob der Beschwerdeführer eine Prüfung abgelegt hat, ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht entscheidend) - noch keinen solchen Grad, dass von einem besonders berücksichtigungswürdigen Fall auszugehen wäre.

Auf die Bewertung seines Fehlverhaltens kommt es angesichts des geringen Grades der Integration nicht mehr an. Auch soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass er auf Grund der allgemeinen sozio-ökonomischen Verhältnisse in Pakistan nicht mehr in seine Heimat zurückkehren könne, ist dies für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 43 Abs. 4 NAG, deren zentrales Kriterium der erreichte Grad der Integration in Österreich ist, nicht relevant (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0496, mwN zur gleichartigen Vorgängerbestimmung in § 44 Abs. 4 NAG idF BGBl. Nr. 122/2009).

Nach dem Gesagten kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen "Altfalles" im Sinn des § 43 Abs. 4 NAG verneinte.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am