VwGH vom 30.06.2015, Ra 2015/03/0016
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des M P in Z, vertreten durch Mag. Hans Exner, Rechtsanwalt in 8750 Judenburg, Friedhofgasse 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 30.30-4040/2014-7, betreffend Übertretung des Gelegenheitsverkehrsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Murtal), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis vom legte die Bezirkshauptmannschaft Murtal dem Revisionswerber zur Last, am , 00.35 Uhr, ein als Taxi zugelassenes Kraftfahrzeug gelenkt zu haben, obwohl er nicht im Besitz eines Taxilenkerausweises gewesen sei.
Dadurch sei § 4 Abs 1 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) verletzt worden. Gemäß § 25 Abs 1 BO 1994 iVm § 15 Abs 5 Z 1 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 (GelVerkG) wurde über den Revisionswerber eine Geldstrafe von EUR 220,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.
In der Begründung des Straferkenntnisses führte die Bezirkshauptmannschaft unter anderem an, dass gemäß § 25 Abs 1 BO 1994 Übertretungen dieser Verordnung nach § 15 Abs 1 Z 6 GelVerkG strafbar seien.
Am um 00:35 sei der Revisionswerber im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle von Beamten der Polizeiinspektion U an einem näher bezeichneten Ort angehalten worden, wobei festgestellt worden sei, dass mit dem - nach dem Kennzeichen bestimmten - Kraftfahrzeug 4 Fahrgäste transportiert worden seien. Am Fahrzeug sei die Beschriftung Taxi zu erkennen gewesen; an der linken und rechten hinteren Seitenscheibe sei nach außen ersichtlich eine Preisliste angebracht gewesen. Im Zulassungsschein des Kraftfahrzeuges scheine unter der Verwendungsbestimmung "zur Verwendung im Rahmen des Taxigewerbes bestimmt" auf. Der Revisionswerber sei nicht im Besitz eines Taxlenkerausweises gewesen.
Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
Das Verwaltungsgericht stellte im angefochtenen Erkenntnis ergänzend unter anderem fest, dass sich im Kraftfahrzeug zum Zeitpunkt der Kontrolle zumindest drei weibliche Fahrgäste befunden hätten, die dem Revisionswerber nach eigenen Angaben nicht persönlich bekannt gewesen seien. Der Revisionswerber habe die Fahrgäste vor einem näher bezeichneten Lokal aufgenommen. Die Fahrgäste hätten das Kraftfahrzeug nicht telefonisch bestellt, sondern es - mit der Aufschrift Taxi - auf der öffentlichen Straße vor der Tür des Lokals wartend vorgefunden.
Nach Erwägungen zur Beweiswürdigung gibt das Verwaltungsgericht in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zunächst die herangezogenen Rechtsnormen wieder, darunter insbesondere (auszugsweise) § 15 Abs 1 GelverkG (nicht jedoch § 15 Abs 5 GelverkG). Zur Strafbemessung hält das Verwaltungsgericht fest, dass Übertretungen (des § 4 Abs 1 BO 1994) gemäß "§ 15 Abs 1 Z 5 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz mit Verwaltungsstrafe bis zu EUR 7.267,00 zu ahnden" seien. Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz habe als Milderungsgrund die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet und als erschwerend nichts angenommen. Sie habe eine Verwaltungsstrafe verhängt, die im unteren Bereich des möglichen Strafrahmens liege.
Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Zur Zulässigkeit der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, dass das Verwaltungsgericht eine falsche Strafnorm herangezogen habe, die ausschließlich auf den (Taxi )Unternehmer, nicht aber den Lenker anwendbar sei.
Die belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Revision ist zulässig; sie ist auch begründet.
Gemäß § 4 Abs 1 der auf Grund des § 10 Abs 1 und 1a GelverkG erlassenen Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) dürfen als Lenker im Fahrdienst (Taxilenker) nur Personen tätig werden, die einen Ausweis nach dem Muster der Anlage 1 besitzen (Taxilenker-Ausweis).
Gemäß § 25 Abs 1 BO 1994 sind Übertretungen von Bestimmungen dieser Verordnung als Verwaltungsübertretungen "nach § 15 Abs 1 Z 6 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes" von der Behörde zu bestrafen.
§ 15 Abs 1 Z 5 und 6 sowie Abs 5 Z 1 GelverkG in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung BGBl I Nr 24/2006 lauten:
"Strafbestimmungen
§ 15. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7 267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer
(...)
5. andere als die in Z 1 bis 4 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält
6. nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1073/09 erforderliche beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz oder das Fahrtenblatt mitgeführt wird;
(...)
(5) Eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu ahnden ist, begeht, wer als Lenker
1. Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält;
(...)"
2. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , Ra 2014/03/0006, näher dargelegt hat, ist der in § 25 Abs 1 BO 1994 vorgesehene Verweis auf § 15 Abs 1 Z 6 GelverkG seit der Novelle zum GelVerkG mit BGBl I Nr 24/2006 (in Kraft getreten am ) nicht mehr richtig, was aber nichts daran ändert, dass sich die Strafbarkeit des dem Revisionswerber vorgeworfenen Verhaltens unmittelbar aus der übertretenen Norm der jeweiligen Betriebsordnung (hier: § 4 Abs 1 BO 1994) und der darauf Bezug nehmenden im Revisionsfall maßgeblichen Strafnorm (hier: des § 15 Abs 5 Z 1 GelVerkG) ergeben könnte. Eines Rückgriffs auf die Verweisnormen in den jeweiligen Betriebsordnungen bedarf es daher nicht.
3. Der Revisionswerber zeigt jedoch zutreffend auf, dass sich die vom Verwaltungsgericht herangezogene Strafnorm des § 15 Abs 1 Z 5 GelverkG auf Übertretungen bezieht, die als Unternehmer begangen werden, während Übertretungen, die als Lenker begangen werden, nach § 15 Abs 5 Z 1 GelverkG zu bestrafen sind.
Zwar hat die Bezirkshauptmannschaft Murau im Straferkenntnis vom im Spruch zutreffend als Strafnorm § 15 Abs 5 Z 1 GelverkG bezeichnet, sich jedoch in der Begründung nicht auf diese Bestimmung, sondern auf § 15 Abs 1 Z 6 GelverkG gestützt. Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde des Revisionswerbers abgewiesen - und damit den Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft bestätigt -, sich jedoch in der Begründung wiederum ausdrücklich auf § 15 Abs 1 GelverkG (wenn auch dessen Z 5) gestützt und dies insbesondere den Erwägungen zur Strafbemessung zugrunde gelegt.
Schon im Hinblick darauf, dass der Strafrahmen in der vom Verwaltungsgericht in der Begründung herangezogenen Strafnorm bis zu EUR 7.267,-- reicht, während die höchste Strafdrohung nach der für den Revisionswerber als Lenker tatsächlich heranzuziehenden, im Spruch auch genannten Strafnorm lediglich ein Zehntel dieses Betrags ausmacht, liegt ein unlösbarer Widerspruch zwischen Spruch und Begründung vor, der zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts führt (vgl das hg Erkenntnis vom , Ra 2014/09/0037).
4. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am