VwGH vom 02.07.2010, 2007/09/0276
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des AM in S, vertreten durch Mag. Brunner Mag. Stummvoll Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Opernring 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 33.12-6/2006-10, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien:
Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung in Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Z für schuldig erkannt, er habe es "als Verantwortlicher der Firma" in seiner Funktion als Arbeitgeber zu verantworten, dass am , um 23.00 Uhr am Tatort einer näher angeführten Adresse in EI, Restaurant HU, "die Firma nachstehende ausländische Staatsbürgerinnen ohne das Vorliegen einer Bewilligung oder einer Erlaubnis beschäftigt hat", obwohl ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt sei, eine Ausländerin nur beschäftigen dürfe, wenn ihm für diese eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitze. Der Tatvorwuf beziehe sich auf die slowakische Staatsangehörige A.P. und auf die ungarische Staatsangehörige G.S. (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) jeweils mit dem Beschäftigungsort T-Zelt auf dem Veranstaltungsgelände F der X Bike Week 2005 in D. am F.-See.
Der Beschwerdeführer habe dadurch § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verletzt, weshalb er wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. zu zwei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils zwei Tagen und 19 Stunden) bestraft und ihm ein Beitrag zu den Verfahrenskosten auferlegt wurde.
Die belangte Behörde traf dazu im angefochtenen Bescheid zusammengefasst folgende Feststellungen:
Der Beschwerdeführer sei bei einer Versicherung als Angestellter beschäftigt und ein Jugendfreund des Inhabers (B.S.) eines Gastgewerbelokals in EI, das bis zum September 2005 die Bezeichnung HU getragen habe. An diesem Lokal sei der Beschwerdeführer nicht beteiligt. Der Beschwerdeführer und B.S. hätten mündlich vereinbart, je die Hälfte der Kosten im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Festzeltes bei der Bike Week am F.-See zu tragen und auch einen allfälligen Gewinn zu gleichen Teilen aufzuteilen. Mit einer Agentur sei ein Auftrittsvertrag für Girls "Oben ohne - Bedienung" abgeschlossen worden, wobei die Kommunikation über den Laptop und das Faxgerät des Beschwerdeführers erfolgt und auch der Vertrag an diesen übermittelt worden sei. Der Vertrag trage den Stempel des Restaurants HU. Der Beschwerdeführer habe das Wechselgeld verwaltet und habe sich für die Dauer der Bike Week Urlaub genommen. Der Beschwerdeführer sei am 7. und jeweils von 20.00 Uhr bis 4.00 Uhr im Zelt anwesend gewesen. Zur Nachtzeit seien auch die Ausländerinnen A.P. und G.S. tätig gewesen, wobei die Damen leicht bekleidet, aber nicht "oben ohne" als Kellnerinnen mit Inkasso bedient hätten. Der Beschwerdeführer habe ihnen Anweisungen erteilt und ihnen Geld ausbezahlt. Der Beschwerdeführer sei im Rahmen eines "joint venture" mit seinem Freund tätig gewesen und habe mit diesem vereinbart, sich Kosten und Gewinn aufzuteilen. Der Beschwerdeführer sei - ebenso wie sein Freund - als Kontrahent der Agentur anzusehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sinngemäß Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 28/2004 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 AuslBG einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis zu 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis zu 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis zu 50 000 Euro.
Nach § 2 Abs. 4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil er die Beschäftigung der Ausländerinnen schon deswegen nicht zu verantworten habe, weil er seinem Freund nur Geld geliehen und ihm bei der Veranstaltung geholfen habe. Weiters für rechtswidrig hält er den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des von der belangten Behörde angenommenen Tatortes und der von ihr angenommenen Tatzeit. Es liege ein Widerspruch zwischen Tatort und Tatzeit vor, weil Ort der Beschäftigung der Ausländerinnen das Festzelt am F.-See gewesen sei, dort und nicht in EI habe sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Tat aufgehalten.
Der Beschwerdeführer zeigt im Ergebnis die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Einerseits liegt im angefochtenen Bescheid ein Widerspruch zwischen dessen - vom Spruch des Bescheides der Behörde erster Instanz übernommenen - Spruch und seiner Begründung vor: Mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides wird dem Beschwerdeführer nämlich einerseits vorgeworfen, er habe es "als Verantwortlicher der Firma" des Lokals HU zu verantworten, "dass die Firma", also das von seinem Freund Lokal HU, die Ausländerinnen beschäftigt habe. Das Lokal HU ist jedoch der Begründung des angefochtenen Bescheides zufolge nur vom Freund des Beschwerdeführers B.S. betrieben worden, der Beschwerdeführer selbst war den Feststellungen der belangten Behörde zufolge an diesem weder beteiligt noch für dieses verantwortlich. Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist anderseits die Auffassung der belangten Behörde zu entnehmen, der Beschwerdeführer habe die Beschäftigung der Ausländerinnen im Rahmen eines "joint venture", also im eigenen Namen zu verantworten.
In der Tatumschreibung des Bescheidspruches muss im Sinne des § 44a Z. 1 VStG zum Ausdruck kommen, ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch andere strafrechtlich Verantwortlicher begangen hat (siehe Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage 2003, § 9 VStG, E 3b, S. 1285). Dies kann aus der im gegenständlichen Spruch verwendeten Ausführung nicht nachvollziehbar abgeleitet werden, wodurch der Spruch nicht den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG entspricht (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0278). Es liegt auch ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung vor, der den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/02/0264, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/09/0105).
Die belangte Behörde wirft dem Beschwerdeführer vor, er habe die Tat am Sitz des Lokals HU in der Steiermark begangen und meint offensichtlich, der Beschwerdeführer habe die Übertretung bei Abschluss des Vertrages mit der Agentur zu verantworten (nach dem angefochtenen Bescheid wurde ihm dieser am gefaxt). Diesbezüglich bringt der Beschwerdeführer vor, dass zum Zeitpunkt des Kontaktes mit der Agentur nicht bekannt gewesen sei, dass diese beschäftigungsbewilligungspflichtige Ausländerinnen vermittle. Der angefochtene Bescheid enthält keine diesbezüglichen Feststellungen und auch keine Ausführungen dahingehend, weshalb den Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung mit der Agentur ein ausländerbeschäftigungsrechtliches Verschulden treffe, weshalb er also bei der gebotenen Sorgfalt damit rechnen hätte müssen, dass Ausländerinnen zum Einsatz kommen werden. Der Vorwurf eines Verschuldens ist dem angefochtenen Bescheid erst für den Zeitpunkt des tatsächlichen Einsatzes der Ausländerinnen, also den zu entnehmen. Zu diesem Zeitpunkt hätte der Beschwerdeführer - bei Annahme einer Beschäftigung durch den Beschwerdeführer - von der Verwendung der Ausländerinnen Abstand nehmen müssen. Der Vorwurf dieser Verwendung der Ausländerinnen ohne die erforderlichen ausländerbeschäftigungsrechtlichen Papiere wird dem Beschwerdeführer jedoch nicht auf einen im Sprengel der Behörde erster Instanz gelegenen Tatort, sondern nur bezogen auf den Verwendungsort des T-Zeltes am F.-See gemacht.
Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Dies hat die belangte Behörde verkannt, sie hätte den bei ihr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z. - da auch ein Fall eines der §§ 28, 29 oder 29a VStG nicht vorliegt - wegen deren Unzuständigkeit gemäß § 66 Abs. 4 AVG beheben müssen.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am
Fundstelle(n):
TAAAE-92603