VwGH vom 16.12.2014, Ro 2014/22/0034

VwGH vom 16.12.2014, Ro 2014/22/0034

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl und die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lechner, über die Revision der M, vertreten durch Dr. Thomas Neugschwendtner, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom , Zl. Islamabad-OB/KONS/0275/2013, betreffend Visum, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Österreichische Botschaft Islamabad (in der Folge: Behörde) den von der Revisionswerberin, einer Staatsangehörigen von Afghanistan, eingebrachten Antrag auf Erteilung eines Visums unter Verwendung eines formularmäßigen Vordrucks ab.

Dabei wurde durch Ankreuzen einer Ziffer des wiedergegebenen § 21 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) zum Ausdruck gebracht, dass die dort normierte Voraussetzung für eine Visumserteilung, dass nämlich die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheine, nicht vorliege.

Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 808/2013-15, abgelehnt und sie über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die aufforderungsgemäß ergänzte Beschwerde nach Aktenvorlage durch die Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eingangs ist anzumerken, dass in der vorliegenden Konstellation § 4 VwGbk-ÜG sinngemäß anzuwenden ist (vgl. den hg. Beschluss vom , Ro 2014/22/0033, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Die Revisionswerberin bringt vor, sie habe vor rund 18 Jahren einen afghanischen Staatsangehörigen geheiratet und mit ihm im gemeinsamen Haushalt in Pakistan gelebt. Der Ehemann sei nach Österreich geflüchtet und habe den Status des subsidiär Schutzberechtigten erhalten. Um mit ihrem Ehemann wieder ein gemeinsames Familienleben führen zu können, habe die Revisionswerberin bei der Österreichischen Botschaft Islamabad einen Einreisetitel beantragt. In der Zwischenzeit seien den vier gemeinsamen minderjährigen Kindern Einreisetitel im Rahmen des Familienverfahrens erteilt worden.

Gemäß § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 122/2009 kann der sich im Ausland befindende Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, zwecks Stellung eines Antrages auf Gewährung von internationalem Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Asylgesetz 2005 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Berufsvertretungsbehörde im Ausland stellen. Gemäß § 35 Abs. 4 leg. cit. hat die Berufsvertretungsbehörde dem Fremden dann ohne Weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen, wenn das Bundesasylamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland ist an die Mitteilung des Bundesasylamtes über die Prognose einer Asylgewährung oder die Gewährung von subsidiärem Schutz gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , 2013/21/0152, mwN).

Es ist unstrittig, dass die Revisionswerberin einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinn des § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005 gestellt hat, um in Österreich die Gewährung von internationalem Schutz, wie er ihrem Ehemann zuerkannt worden war, zu beantragen.

Ein solcher Antrag nach § 35 Abs. 1 leg. cit. ist streng zweckgebunden. Er kann daher nicht auch als Antrag auf Erteilung eines "allgemeinen" Visums angesehen werden, dessen Voraussetzungen an den Bestimmungen des FPG zu messen seien. Als allein tragender Grund für die Abweisung des von der Revisionswerberin gestellten Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005 wäre in Betracht gekommen, dass nach der Mitteilung des Bundesasylamtes die Erfolgsaussichten eines Antrags auf Gewährung desselben Schutzes als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Eine solche Mitteilung ist zwar im vorliegenden Fall ergangen, im angefochtenen Bescheid wurde darauf jedoch in keiner Weise Bezug genommen. Dessen ausschließliche Begründung mit der Nichterfüllung einer in § 21 FPG normierten Voraussetzung erweist sich als verfehlt (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Im Übrigen weist die Revisionswerberin zu Recht darauf hin, dass Anträge nach § 35 Asylgesetz 2005 den Zweck haben, die Familieneinheit im Bundesgebiet herzustellen, weshalb der Frage der Wiederausreise aus dem Bundesgebiet in diesem Stadium keine Bedeutung zukommt.

Demnach war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 und § 3 Z 1 und § 4 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am