VwGH 16.09.2009, 2007/09/0266
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Ein funktionierendes Kontrollsystem liegt etwa dann vor, wenn bei ineinandergreifenden täglichen Identitätsüberprüfungen aller an der Baustelle eingesetzten Arbeiter durch die jeweiligen Kontrollbeauftragten vor Arbeitsaufnahme die Prüfung der arbeitsrechtlichen Papiere aller - bereits zu Beginn der Bauarbeiten und auch später hinzukommender - neu eingesetzter Arbeitskräfte gewährleistet ist (Hinweis E vom , Zl. 2001/09/0222) und durch den Verantwortlichen die lückenlose Anwendung des Kontrollsystems auf effektive Weise überwacht wird. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2002/09/0207 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der A P in W, vertreten durch Biel & Partner KEG, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rauhensteingasse 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/A/52/9227/2003-10, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als zur Vertretung nach außen Berufene der K. GmbH in Wien zwei näher bezeichnete polnische Staatsbürger zumindest am als Hilfsarbeiter beschäftigt, ohne dass für diese Ausländer eine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung vorgelegen wäre. Sie habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG verletzt, weswegen über sie gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zwei Geldstrafen zu je EUR 1.750,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je eine Woche, fünf Tage und zwölf Stunden) verhängt wurden. Ferner wurde der Beschwerdeführerin ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von EUR 700,-- auferlegt.
In der Begründung traf die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung die Feststellung, dass es für die belangte Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung erwiesen sei, dass die beiden polnischen Staatsbürger (zumindest) am Tattag, dem , auf der Baustelle unter den der Beschwerdeführerin bekannten und von ihr gebilligten Umständen beschäftigt gewesen seien, nämlich dass diese für das von der Beschwerdeführerin geleitete Unternehmen die inkriminierten Abbrucharbeiten zu einem vereinbarten Stundenlohn von EUR 6,-- bei einer geplanten täglichen Arbeitszeit von acht Stunden durchgeführt hätten.
Dadurch sei auch klargestellt, dass ein Beschäftigungsverhältnis nach § 2 Abs. 2 AuslBG vorgelegen sei, zumal für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff nach dieser Gesetzesstelle maßgeblich sei, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeführt werde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/09/0085 mit Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 91/09/0038, und die dort zitierte Vorjudikatur). Da im vorliegenden Fall die Regelmäßigkeit der Arbeitsleistungen im Rahmen eines normalen (geplanten) Arbeitstages gegeben gewesen sei und dadurch die wirtschaftliche Abhängigkeit ebenso wie die Entgeltlichkeit des Arbeitsverhältnisses nachgewiesen sei, stehe im verfahrensgegenständlichen Fall fest, dass hinsichtlich beider vom Straferkenntnis erfasster Ausländer (zumindest) am Tattag eine Beschäftigung entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG vorgelegen und der objektive Tatbestand somit zweifelsfrei verwirklicht worden sei. Zur subjektiven Tatseite sei auszuführen, dass es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass sie an der Verletzung der in Rede stehenden Verwaltungsvorschriften im Rahmen ihrer besonderen Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs. 1 VStG kein Verschulden treffe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 160/2002, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer ohne eine Beschäftigungsbewilligung oder ein sonstiges in dieser Bestimmung angeführtes Papier beschäftigt, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von EUR 1.000,-- bis zu EUR 5.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von EUR 2.000,-- bis EUR 10.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von EUR 2.000,-- bis EUR 10.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von EUR 4.000,-- bis zu EUR 25.000,--.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Feststellungen der belangten Behörde, dass sie zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt Vertreterin der K. GmbH war und dass die im angefochtenen Bescheid angeführten ausländischen Staatsangehörigen auf der Baustelle dieser GmbH zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt Arbeitsleistungen erbracht haben, und mit Abbrucharbeiten, insbesondere dem Wegräumen von Schutt, beschäftigt waren.
Die Beschwerdeführerin bringt aber vor, dass die belangte Behörde nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (materielle Wahrheitsforschung) diese Feststellungen nicht treffen hätte dürfen. Die Arbeitskräfte seien weder durch ihre Kontakte noch durch die Kontakte ihres Ehegatten auf die Baustelle gekommen. Es liege somit keine Beschäftigung der beiden Ausländer am durch die K. GmbH vor.
Damit zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde hat nämlich schlüssig festgestellt, dass die verfahrensgegenständlichen Ausländer zum Tatzeitpunkt (zumindest) am , auf der Baustelle unter den der Beschwerdeführerin bekannten und von ihr gebilligten Umständen beschäftigt waren und für diese Arbeitsleistungen, insbesondere Abbrucharbeiten, durchgeführt haben. Den in den Akten einliegenden anlässlich der Betretung der Ausländer aufgenommener "Personenblättern" ist nämlich zu entnehmen, dass die beiden Ausländer nach ihren Aussagen vor der Bundespolizeidirektion Wien für einen zugesagten Stundenlohn in der Höhe von EUR 6,-- bei einer geplanten täglichen Arbeitszeit von acht Stunden gearbeitet haben.
Die Beschwerdeführerin hat weder vorgebracht, dass die Ausländer ohne ein Zutun der von ihr vertretenen GmbH zu arbeiten begonnen hätten oder behauptet, dass deren Arbeitsleistungen nicht dieser GmbH zuzurechnen wären. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass dann, wenn in einem Unternehmen andere Personen mit der Einstellung und Beschäftigung von Arbeitnehmern betraut werden, es dem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen obliegt, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen, ein funktionierendes Kontrollsystem aber nur dann angenommen werden könne, wenn etwa bei ineinandergreifenden täglichen Identitätsüberprüfungen aller auf der Baustelle eingesetzten Arbeiter durch die jeweiligen Kontrollbeauftragten vor Arbeitsaufnahme die Prüfung der arbeitsrechtlichen Papiere aller - bereits zu Beginn der Bauarbeiten und auch später hinzukommend - neu eingesetzten Arbeiter des Beschäftigers gewährleistet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/09/0080, mwN). Das Bestehen eines solchen Kontrollsystems hat die Beschwerdeführerin aber nicht einmal ansatzweise behauptet.
Die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen sind vor diesem Hintergrund schlüssig und mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht in Widerspruch und die daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen nicht als rechtswidrig zu erachten.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Schlagworte | Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2009:2007090266.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAE-92576