VwGH vom 13.10.2011, 2011/22/0262
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der M, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 317.743/2- III/4/07, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die Mutter der Beschwerdeführerin, eine österreichische Staatsbürgerin, die Zusammenführende im Sinn des § 47 Abs. 3 NAG sei. Von der Mutter werde somit der angestrebte Aufenthaltstitel abgeleitet und es seien "von ihr" eine tragfähige Haftungserklärung sowie ein entsprechender Einkommensnachweis zu erbringen. Die Mutter habe zwar eine Haftungserklärung für fünf Jahre abgegeben, jedoch sei diese weder datiert noch unterschrieben und weder von einem österreichischen Notar noch einem inländischen Gericht beglaubigt. Bei der Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten sei dessen pfändungsfreies Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung zu berücksichtigen. Für den Antragsteller müsse, wenn er den Titel "Angehöriger" begehre, ein Betrag von EUR 747,-- "frei" vorhanden sein. Die Mutter beziehe ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.497,45 inklusive Sonderzahlungen und einem Pensionsbezug aus Serbien. Das pfändungsfreie Existenzminimum betrage bei diesem monatlichen Nettoeinkommen EUR 966,90. Ohne sonstige Belastungen mit zu berücksichtigen, verblieben daher lediglich EUR 530,55 im Monat, die die Zusammenführende für Unterhaltsleistungen an die Beschwerdeführerin aufbringen könnte. Somit dürfe gemäß § 47 Abs. 3 NAG kein Aufenthaltstitel erteilt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zur erforderlichen Unterhaltsberechnung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2008/22/0632, ausgesprochen, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden ein Unterhalt des Nachziehenden in Höhe des (einfachen) Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 ASVG nachzuweisen ist, wobei dem Zusammenführenden Unterhaltsmittel in Höhe des Existenzminimums, dessen Grundbetrag dem einfachen Richtsatz entspricht, zu verbleiben haben. Es müssen somit Unterhaltsmittel in Höhe des doppelten Ausgleichszulagenrichtsatzes insgesamt zur Verfügung stehen. Fallbezogen wäre diesfalls ein monatliches Nettoeinkommen der Mutter der Beschwerdeführerin von 2 x EUR 747,--, somit EUR 1.494,-
- zu fordern. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses verwiesen.
Da dem entgegen die belangte Behörde das Nettoeinkommen der Mutter der Beschwerdeführerin von EUR 1.497,45 als nicht ausreichend beurteilte, ist der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig.
Soweit die belangte Behörde darauf verweist, dass die vorgelegte Haftungserklärung nicht unterschrieben sei, ist dem zu entgegnen, dass dieser Umstand nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war und auch im Berufungsverfahren nicht releviert wurde. Indem die belangte Behörde dies als Grund für die Abweisung der Berufung herangezogen hat, ohne der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einem Verfahrensmangel belastet.
Wegen des vorgehenden Rechtsirrtums war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Bei diesem Ergebnis musste auf die im hg. Beschluss vom , EU 2011/0004 bis 0008, aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen nicht Bedacht genommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im Pauschalbetrag von EUR 1.106,40 die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
Wien, am
Fundstelle(n):
VAAAE-92569