VwGH vom 20.11.2009, 2009/12/0179
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde des WP in T, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. BMF-111301/0209-II/5/2007, betreffend Ruhegenussbemessung (§ 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und den vorgelegten Beilagen ergibt sich Folgendes:
Der Beschwerdeführer steht seit in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund.
Mit Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter vom wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer vom an ein Ruhegenuss von monatlich brutto EUR 1.230,90 gebühre.
Dieser Ruhegenussbemessung legte die erstinstanzliche Behörde eine gemäß § 5 Abs. 2 und 5 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 (im Folgenden: PG 1965), gekürzte Ruhegenussbemessungsgrundlage von 62 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage zu Grunde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er die Auffassung vertrat, eine Kürzung gemäß § 5 Abs. 2 PG 1965 hätte aus dem Grunde des Abs. 4 Z. 2 leg. cit. in seinem Fall zu unterbleiben gehabt.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde dieser Berufung nicht stattgegeben.
Begründend führte die belangte Behörde zur fehlenden Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 Folgendes aus (Unterstreichungen im Original):
"Aus der Aktenlage ist jedoch ersichtlich, dass im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges ( =) ein Anspruch auf Versehrtenrente nicht gegeben war. Der Vergleichsausfertigung des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , AZ ..., über den von Ihnen als klagende Partei mit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter als beklagter Partei wegen der Gewährung einer Versehrtenrente bei der Tagsatzung am geschlossenen gerichtlichen Vergleich ist, wie bereits in der Berufungsbegründung angeführt, zu entnehmen, dass sich die beklagte Partei verpflichtet, Ihnen (dem Kläger) für die Folgen der Dienstunfälle vom , sowie ab eine Gesamtrente im Ausmaß von 20 % der Vollrente im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren.
Somit steht eindeutig fest, dass Sie zum Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges keinen Anspruch auf Versehrtenrente hatten. Im Hinblick darauf, dass das Bestehen eines solchen Anspruches zu dem genannten Zeitpunkt ein unabdingbares Tatbestandserfordernis für den Entfall der Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage gemäß § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 darstellt, kann Ihrem Begehren auf Bemessung (Erhalt) eines Ruhegenusses im vollen Ausmaß, ausgehend von der Bemessungsgrundlage von 80 % (der Ruhegenussberechnungsgrundlage), nicht entsprochen werden.
In diesem Zusammenhang ist ergänzend anzumerken, dass der Gesetzgeber dem - auch in der gegenständlichen Berufungsbegründung relevierten - Umstand einer allenfalls längeren Dauer des sozialrechtlichen (-gerichtlichen) Verfahrens durch die im § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 vorgesehene Berücksichtigung einer auf den Anfallstag rückwirkenden Zuerkennung einer Versehrtenrente beim Entfall der Ruhegenussbemessungsgrundlagenkürzung Rechnung getragen hat. Da der in Ihrer Sozialrechtssache vor dem Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht geschlossene gerichtliche Vergleich vom , AZ ..., (lediglich) einen Rentenanspruch ab zum Gegenstand hat, nicht jedoch (spätestens) zum , liegt auch keine auf den Anfallstag rückwirkende Zuerkennung der Versehrtenrente vor."
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Sukzessivbeschwerde. Vor dem Verfassungsgerichtshof erachtete der Beschwerdeführer die Bestimmung des § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 als gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßend verfassungswidrig, weil diese Norm verlange, dass der Anspruch auf Versehrtenrente zum Zeitpunkt des Anfalles des Ruhegenusses bestehen müsse. Hilfsweise erachtete er sich durch eine diesbezügliche denkunmögliche Gesetzesauslegung der belangten Behörde in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
Mit Beschluss vom , B 83/08-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie über Antrag des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof ab.
In der Begründung dieses Beschlusses heißt es (auszugsweise):
"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 4 Z 2 PensionsG 1965, BGBl. Nr. 340/1965, idF BGBl. Nr. 87/2001, behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung zum verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht (vgl. va. VfSlg. 11.193/1986, S 882; 12.154/1989, S 117; ua.) und generell zu § 5 Abs. 4 leg.cit. (vgl. VfSlg. 15.269/1998) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Soweit der Beschwerdeführer meint, dass durch § 5 Abs. 4 Z 2 PensionsG 1965 jene Personen schlechter gestellt werden, denen erst später eine Versehrtenrente zuerkannt wurde, ist darauf hinzuweisen, dass die genannte Rechtsvorschrift einem solchen Umstand insoferne Rechnung trägt, als eine auf den Anfallstag rückwirkende Zuerkennung einer Versehrtenrente bei der Ermittlung der Ruhegenussbemessungsgrundlage zu berücksichtigen ist."
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 in der Fassung der wiedergegebenen Ziffer nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2001, lautet:
"(4) Eine Kürzung nach Abs. 2 findet nicht statt, wenn
...
2. wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit überwiegend auf einen Dienstunfall oder mehrere Dienstunfälle (§§ 90 und 91 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (B-KUVG), BGBl. Nr. 200/1967) oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist und dem Beamten auf Grund dieses Dienstunfalls oder dieser Dienstunfälle oder dieser Berufskrankheit vom zuständigen Unfallversicherungsträger rechtskräftig eine Versehrtenrente oder die Anhebung einer bereits bestehenden Versehrtenrente nach dem B-KUVG zugesprochen wurde. Der rechtskräftig festgestellte Anspruch auf Versehrtenrente muss - allenfalls auch auf Grund rückwirkender Zuerkennung - zum Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges bestehen. Fällt der Anspruch auf Versehrtenrente (Anhebung der Versehrtenrente) spätestens mit Wirkung vom Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges rückwirkend weg, so ist die Kürzung nach Abs. 2 rückwirkend vorzunehmen und die sich daraus unter Bedachtnahme auf § 40 ergebende Bundesforderung gegen künftige wiederkehrende Leistungen aufzurechnen. Gebührt dem Beamten deswegen keine (erhöhte) Versehrtenrente auf Grund des die Dienstunfähigkeit verursachenden Dienstunfalls (Dienstunfälle) oder der die Dienstunfähigkeit verursachenden Berufskrankheit, weil er bereits Anspruch auf Vollrente hat, so findet dennoch keine Kürzung nach Abs. 2 statt, wenn die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter der Pensionsbehörde bescheinigt, dass dieser Dienstunfall (Dienstunfälle) oder diese Berufskrankheit für sich allein eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von mindestens 10% bewirkt hat."
Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof beharrt der Beschwerdeführer darauf, dass die Bestimmung des § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 in seinem Fall anzuwenden sei, obwohl - unstrittig - zum Zeitpunkt des Anfalles des Ruhebezuges ein rechtskräftig festgestellter Anspruch auf Versehrtenrente nicht bestand. Zum einen habe das sozialgerichtliche Verfahren, welches zu dem von der Behörde zitierten Vergleich geführt habe, klar gezeigt, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers im Ausmaß von 20 % auf Dienstunfälle zurückzuführen gewesen sei. § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 könne keinesfalls darauf abzielen, seine begünstigende Wirkung nicht zu entfalten, wenn die Versehrtenrente offensichtlich auf einen oder mehrere Dienstunfälle zurückzuführen sei und lediglich im gerichtlichen Vergleich ein Zeitpunkt für die Gewährung der Versehrtenrente festgelegt worden sei, welcher eineinhalb Monate nach dem Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand liege. Eine derartige Auslegung sei gleichheitswidrig.
Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer jedoch den klaren Wortlaut des zweiten Satzes des § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965, wonach der rechtskräftig festgestellte Anspruch auf Versehrtenrente - allenfalls auch auf Grund rückwirkender Zuerkennung - zum Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges bestehen muss (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/12/0166).
Aus den vom Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss vom dargelegten Gründen bestehen gegen die genannte Gesetzesbestimmung in dem (vom klaren Gesetzeswortlaut vorgegebenen) Verständnis der belangten Behörde auch beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes.
Insbesondere wäre es dem Beschwerdeführer freigestanden, den Abschluss eines Vergleiches, welcher den Anfall der Versehrtenrente erst nach dem Zeitpunkt des Anfalles des Ruhegenusses vorsieht, zu unterlassen.
Da es schon an der Voraussetzung nach dem zweiten Satz des § 5 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 fehlt, kommt es auf die Frage, ob die zusätzliche Voraussetzung der überwiegenden Rückführbarkeit der Ruhestandsversetzung auf die genannten Dienstunfälle vorliegt nicht an. Die diesbezügliche Rüge eines Feststellungsmangels geht daher ins Leere.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am