VwGH vom 18.12.2015, Ra 2015/02/0169

VwGH vom 18.12.2015, Ra 2015/02/0169

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des Magistrates der Stadt Wien gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW- 032/044/34785/2014/VOR-1, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde i.A. einer Übertretung der StVO (mitbeteiligte Partei: E in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom wurde der Mitbeteiligte wegen einer Übertretung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO i. V.m. § 23 Abs. 2 StVO schuldig erkannt. Über ihn wurde gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von EUR 108,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Stunden) verhängt.

Dagegen gab der Mitbeteiligte bei der revisionswerbenden Behörde niederschriftlich eine Beschwerde zu Protokoll.

Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unzulässig zurück. Gleichzeitig erklärte es die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig.

Das Verwaltungsgericht führte aus, es sei keine schriftliche Beschwerde erhoben worden, sondern vor der belangten Behörde sei im Rahmen einer Amtshandlung eine Niederschrift aufgenommen worden, in der der Mitbeteiligte zu Protokoll gegeben habe, Beschwerde zu erheben. Die Beschwerde sei mündlich erhoben bzw. eingebracht und von der belangten Behörde (mit den Gründen des Mitbeteiligten) in Form einer "Niederschrift über die Vernehmung von Beschuldigten" festgehalten worden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, dass durch § 12 VwGVG die Einbringung einer mündlichen Beschwerde ausgeschlossen werde; sämtliche Eingaben im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dürften nur schriftlich (in Schriftsatzform) eingebracht werden. Diese Bestimmung schließe auch die subsidiäre Anwendung des § 13 Abs. 1 AVG im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren aus; die seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2001/20/0195, geänderte Rechtsprechung in Fällen der niederschriftlichen Aufnahme an sich unzulässiger mündlicher Rechtsmittel durch die Behörde (im Regelungsbereich des § 13 Abs. 1 AVG) sei auf den vorliegenden Zusammenhang (Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nach § 7 i.V.m. § 12 VwGVG) daher nicht übertragbar.

Durch die Einführung des Schriftsatzerfordernisses gemäß § 12 VwGVG und das Aufgeben der bis in Geltung gestandenen Sonderregelung des § 51 Abs. 3 VStG sei klargestellt worden, dass Beschwerden (gegen Bescheide) und sonstige Eingaben im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch in Verwaltungsstrafsachen ausnahmslos schriftlich einzubringen seien. Die Beurkundung der bei der Behörde mündlich erhobenen bzw. eingebrachten Beschwerde in einer behördlichen "Niederschrift" mache das mündliche Vorbringen nicht zu einer schriftlichen Eingabe bzw. einem Schriftsatz.

Der belangten Behörde komme im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht, "anders als im früheren Berufungsverfahren", überdies selbst Parteistellung in einem kontradiktorischen Verfahren zu und es scheine sohin auch systemwidrig, dass ein mündlich vorgebrachtes verfahrenseinleitendes Rechtsmittel des Beschwerdeführers vor dem Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde von dieser Behörde als Gegenpartei niederschriftlich zu Protokoll gebracht werde.

Im Hinblick auf die mangelnde Schriftform der Beschwerde sei auch eine Verbesserung im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG nicht in Betracht gekommen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der belangten Behörde mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge den angefochtenen Beschluss wegen Rechtswidrigkeit aufheben. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. §§ 12, 17, 20 und 38 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, lauten:

"Schriftsätze

§ 12. Bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht sind die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen. Dies gilt nicht in Rechtssachen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG.

(...)

Anzuwendendes Recht

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

(...)

Schriftsätze

§ 20. Die Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und die sonstigen Schriftsätze im Verfahren über diese sind unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen. In allen sonstigen Verfahren sind die Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen.

(...)

Anzuwendendes Recht

§ 38. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes - FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."

§ 24 VStG in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 lautet:

"§ 24. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 3, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 57, 68 Abs. 2 und 3, 75 und 78 bis 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden."

§ 13 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2011 lautet auszugsweise:

"Anbringen

§ 13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. (...)

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. (...)"

2. Die revisionswerbende Behörde bringt im Wesentlichen vor, dass § 12 VwGVG lediglich die bereits in § 13 Abs. 1 AVG enthaltene Anordnung der Schriftform von Rechtsmitteln wiederhole und regle, bei welcher Behörde Schriftsätze einzubringen seien. Dementsprechend enthielten auch die Erläuternden Bemerkungen zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 keine Aussage darüber, ob eine im Rahmen einer Niederschrift aufgenommene Beschwerde einen Schriftsatz darstelle oder nicht. Ebenso ließen sich durch den darin enthaltenen Hinweis auf die Bestimmung des § 74 ZPO keine entsprechenden Erkenntnisse gewinnen. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Meinung, dass durch die ersatzlose Aufhebung der Bestimmung des § 51 Abs. 3 VStG eine Beschwerde nur mehr durch einen Schriftsatz der Partei selbst oder eines Vertreters rechtswirksam eingebracht werden könne, lasse das einzige mit der Bestimmung des § 13 Abs. 1 AVG verfolgte Ziel, nämlich die Entlastung der Behörde, völlig außer Acht.

Nachdem gerade das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2001/20/0195, dies durch teleologische und rechtsschutzfreundliche Interpretation mit ausführlicher Begründung darlege und sich die diesbezügliche Rechtslage nicht geändert habe, sei die in der Begründung des Beschlusses aufgestellte Behauptung der mangelnden Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Sachverhalt nicht nachvollziehbar. Die ersatzlose Aufhebung des § 51 Abs. 3 VStG sei in diesem Sinne dahingehend zu deuten, dass der Gesetzgeber die Verwaltungsinstanz durch die Entbindung von der Verpflichtung zur Aufnahme einer Niederschrift im Rahmen der Einbringung einer Beschwerde entlasten habe wollen.

Durch die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss vertretene Rechtsauffassung würde für unvertretene Rechtsunterworfene gerade im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes der Zugang zu Gericht erschwert und dadurch die inhaltliche Befassung mit einem Rechtsmittel verweigert werden.

3. Die Revision ist - entgegen dem nur formelhaft begründeten Ausspruch des Verwaltungsgerichtes - zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einbringung einer von der Behörde niederschriftlich festgehaltenen Beschwerde an das Verwaltungsgericht fehlt und die zu entscheidende Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Sie ist auch berechtigt.

4. Nach dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 2001/20/0195, VwSlg 165356 A) regelt § 13 Abs. 2 AVG (nunmehr § 13 Abs. 1 zweiter Satz AVG), dass für die schriftliche Dokumentation des bescheidmäßig zu erledigenden Anbringens unter anderem bei Rechtsmitteln die Partei selbst zu sorgen hat. Auf schriftlichem Anbringen aber auch noch zu beharren, wenn die Behörde schon eine Niederschrift aufgenommen hat, fände im Zweck der Vorschrift keine Deckung mehr. Der Verstoß der Partei gegen das Gebot des § 13 Abs. 2 AVG muss durch das Verhalten der Behörde in einem solchen Fall sanktionslos werden.

Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass Rechtsmittel, für die (nunmehr) § 13 Abs. 1 zweiter Satz AVG ein Schriftformgebot enthält, auch dann rechtswirksam eingebracht wurden, wenn die Behörde mit dem Rechtsmittelwerber eine von diesem unterfertigte Niederschrift über den Inhalt des Rechtsmittels aufgenommen hat.

Im Revisionsfall ist zu klären, ob diese zu § 13 Abs. 1 zweiter Satz AVG ergangene Rechtsprechung auf den hier zu beurteilenden Fall übertragbar ist, in dem eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde mündlich zu Protokoll gegeben und von der Behörde in einer vom Beschwerdeführer unterfertigten Niederschrift festgehalten wurde.

5. Das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) enthält zwar - vor allem in seinem § 9 - ausdrückliche Regelungen zum Inhalt der Beschwerde, nicht jedoch zur Form der Beschwerdeerhebung. § 12 VwGVG bestimmt, dass bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen sind (vgl. ebenso § 20 VwGVG), und hat damit vorrangig eine Regelung des Einbringungsorts für Schriftsätze im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Blick.

Unter Berücksichtigung der Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013, mit dem unter anderem das VwGVG erlassen wurde, ist aus dieser Bestimmung jedoch abzuleiten, dass Beschwerden schriftlich einzubringen sind. Die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, S. 4) gehen nämlich davon aus, dass durch die Verwendung des Begriffs "Schriftsatz" - einem in der ZPO, dem VwGG und dem VfGG gebräuchlichen Begriff - "auch klargestellt (wird), dass die Anträge, Gesuche, Beschwerden und sonstigen Mitteilungen schriftlich einzubringen sind."

Im Hinblick darauf, dass die Erläuterungen nicht bloß auf Beschwerden abstellen, sondern unter anderem auch auf "sonstige Mitteilungen" (und damit nicht nur auf Rechtsmittel und sonstige fristgebundene bzw. fristauslösende Anbringen im Sinne des § 13 Abs. 1 zweiter Satz AVG) ist § 12 VwGVG in diesem Sinne nicht bloß als Klarstellung der Rechtslage zu verstehen, wie sie auch auf der Grundlage des § 17 VwGVG in Verbindung mit § 13 Abs. 1 zweiter Satz AVG (bzw. wie im hier vorliegenden Fall einer Verwaltungsstrafsache auf der Grundlage des § 38 VwGVG in Verbindung mit § 24 VStG und § 13 Abs. 1 zweiter Satz AVG) gegeben wäre, sondern als Anordnung, dass sämtliche Anbringen (im Verständnis des § 13 AVG) in verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach dem VwGVG schriftlich (als "Schriftsatz") einzubringen sind. Damit ist insoweit im VwGVG im Sinne des § 17 bzw. § 38 VwGVG formal "anderes bestimmt", sodass für die Anwendung nicht nur des ersten, sondern auch des zweiten Satzes des § 13 Abs. 1 AVG kein Raum bleibt.

6. Damit ist allerdings noch nicht die Frage beantwortet, ob das aus § 12 VwGVG abzuleitende Schriftformgebot für Anbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren materiell einen anderen Inhalt aufweist als das in § 13 Abs. 1 zweiter Satz AVG enthaltene Schriftformgebot für Rechtsmittel und andere fristgebundene Anbringen, und ob daher die zu dieser Bestimmung ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, mit der im Ergebnis ein niederschriftlich aufgenommenes Rechtsmittel einem von der Partei selbst schriftlich verfassten und eingebrachten Rechtsmittel gleichgestellt ist, auch für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht von Bedeutung ist.

Den bereits zitierten Materialien lässt sich entnehmen, dass § 12 VwGVG (ebenso wie § 20 VwGVG) "klarstellen" sollte, dass unter anderem Beschwerden schriftlich einzubringen sind. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass dies einschränkend dahin zu verstehen wäre, dass die Formanforderungen an schriftliche Rechtsmittel gegenüber den Anforderungen des AVG verschärft werden sollten. Auch wenn das Verwaltungsgericht darauf hinweist, dass die Bestimmung des § 51 Abs. 3 VStG, die eine mündliche Einbringung der Berufung in Verwaltungsstrafsachen zuließ, aufgehoben wurde, zeigt dies lediglich, dass nun auch in Verwaltungsstrafsachen das Rechtsmittel schriftlich einzubringen ist, nicht aber, dass die Anforderungen an ein "schriftlich" einzubringendes Rechtsmittel gegenüber dem bisherigen Verständnis verschärft werden sollten.

Schließlich ist darauf zu verweisen, dass wesentlicher Zweck der Einführung einer mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit der "Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung und eines verstärkten Bürgerservice" war (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, 1618 BlgNR 24. GP, S. 3); auch dies legt ein Verständnis nahe, nach dem die - als Bürgerservice der Behörde gegenüber dem unvertretenen Rechtsmittelwerber zu verstehende - niederschriftliche Aufnahme einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht nicht eingeschränkt werden sollte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem bereits zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom auch festgehalten, dass mit der Protokollierung des mündlichen Anbringens dieses - in der Regel besser als in der schriftlichen Eingabe einer unvertretenen Partei - für das weitere Verfahren festgehalten ist und seine schriftliche Wiederholung, etwa unter Verwendung einer Kopie der Niederschrift oder in einem inhaltsgleichen Schriftsatz, zur Dokumentation des Vorbringens überflüssig wäre und zur Erreichung des Gesetzeszweckes nichts mehr beitragen könnte.

Diese Überlegungen gelten in vergleichbarer Weise für die hier gegenständliche Aufnahme einer Niederschrift über eine Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht. Auch hier gilt, dass die Behörde zwar nicht verpflichtet ist, eine Beschwerde niederschriftlich aufzunehmen. Errichtet sie aber eine Niederschrift, die den Inhalt der Beschwerde schriftlich festhält und vom Beschwerdeführer unterfertigt wird, so liegt eine vom Verwaltungsgericht als wirksam schriftlich eingebracht zu behandelnde Beschwerde vor (vgl. in diesem Sinne auch Gruber in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler , Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2015) § 7 Rz 2).

7. Dem Verwaltungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, dass es systemwidrig sei, wenn ein mündlich vorgebrachtes verfahrenseinleitendes Rechtsmittel des Beschwerdeführers vor dem Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde von dieser Behörde als Gegenpartei niederschriftlich zu Protokoll gebracht werde. Wie bereits festgehalten, besteht keine Verpflichtung der Behörde, eine derartige Niederschrift aufzunehmen; umgekehrt besteht natürlich auch dann, wenn die Behörde dies anbietet, keine Verpflichtung des Beschwerdeführers, seine Beschwerde der Behörde gegenüber zu Protokoll zu geben. Nimmt aber die Behörde eine Niederschrift auf, so hat sie den Inhalt der Beschwerde richtig und verständlich wiederzugeben (vgl. § 14 Abs. 1 AVG). Da eine Beschwerde zudem, auch wenn sie vom Beschwerdeführer selbst schriftlich verfasst wird, bei der Behörde einzubringen ist, ergibt sich durch die allfällige Aufnahme einer Niederschrift über eine Beschwerdeerhebung auch keine systemwidrige Verbesserung des der Behörde zurechenbaren Wissens oder ihrer Rechtsposition im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Schließlich trifft es entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes auch nicht zu, dass der Verwaltungsbehörde im Berufungsverfahren in Verwaltungsstrafsachen erst seit Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit Parteistellung zukommt (vgl. § 51d VStG in der bis zum geltenden Fassung).

8. Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

Wien, am