VwGH vom 04.09.2012, 2009/12/0171
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, den Hofrat Dr. Zens, die Hofrätin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Dr. Thoma und die Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des A L in O, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom , Zl. 1-1-0058742/40-2009, betreffend Versetzung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Burgenland. Vor Erlassung des mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Bescheides war seine Dienststelle das Landeswasserbaubezirksamt O.
Der angefochtene Bescheid vom hat folgenden
Inhalt:
" Bescheid
Spruch
Mit der Organisationsverfügung LAD-GB-I 720-10001-2-2008 v. wurde beim Amt der Bgld. Landesregierung, Abteilung 8 - Straßen-, Maschinen- und Hochbau, das Hauptreferat Rechnungswesen, Finanzen, Controlling und allgemeine Dienste mit dem Referat 'Rechnungswesen Abt. 9' neu geschaffen. Das Landeswasserbaubezirksamt O wurde aufgelöst.
Sie werden daher gem. § 39 des Landesbeamten-Dienstrechtsgesetzes 1997 (LBDG 1997), LGBl. Nr. 17/1998 i.d.g.F, mit sofortiger Wirksamkeit der Abteilung 8, Hauptreferat Rechnungswesen, Finanzen, Controlling und allgemeine Dienste - Referat 'Rechnungswesen Abt. 9' - mit Dienstort O zur dauernden Dienstleistung zugewiesen.
Begründung
Gem. § 39 Abs. 2 LBDG 1997 ist eine Versetzung von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht.
Das wichtige dienstliche Interesse wird durch die Organisationsverfügung des Landesamtsdirektors vom , LAD-GS.I 720-10001-2-2008, mit der das Referat 'Rechnungswesen Abt. 9' des Hauptreferates Rechnungswesen, Finanzen, Controlling und allgemeine Dienste in der Abteilung 8 als zentraler Dienstleister für die Abteilungen 4b, 8 und 9 geschaffen wurde, begründet. Durch die Organisationsverfügung wurde gleichzeitig auch Ihre bisherige Dienststelle, das Landeswasserbaubezirksamt O, aufgelöst.
Das Hauptreferat Rechnungswesen, Finanzen, Controlling und allgemeine Dienste hat die Aufgabe, als Organisationseinheit die finanzielle Gebarung und Kreditverwaltung sowie die Rechnungsabwicklung aller technischen Abteilungen zu vereinheitlichen.
Gem. § 39 Abs. 4 LBDG 1997 wurde ihnen mit Schreiben Zl. 1-1- 0058742/39-09 vom die Versetzungsabsicht mitgeteilt und gleichzeitig die Gelegenheit eingeräumt Einwendungen vorzubringen.
Mit Schreiben, Zl. 1-1-0058742/40,09 vom , haben Sie daraufhin folgende Einwendungen vorgebracht:
'Vor Inkrafttreten der Organisationsverfügung Zahl LAD-GS- 1 720-10001-2-2008 v. wurde seitens der aufzulösenden Dienststelle Landeswasserbaubezirksamt O und der Abt. 9 bei der Zuteilung der einzelnen Agenden zu den neu zu schaffenden Organisationseinheiten immer wieder darauf verwiesen, dass meine Tätigkeit die nachstehenden Agenden umfasst
Siedlungswasserwirtschaft.
Förderungsverwaltung (UFG,GIF)
Beratung von Gemeinden und Verbänden Förderungsmäßige Begleitung von Projekten Förderungsabwicklung EU-geförderter Maßnahmen Flussbau:
Förderungsverwaltung (BWV, WL V)
Beratung von Gemeinde und Verbänden Förderungsmäßige Begleitung von Projekten Förderungsabwicklung der gewässerökologischen Maßnahmen
nach UFG-FRL,
Überprüfung der Bau. und Interessentenabrechnungen,
Feststellung der Förderfähigkeit
Allgemeine Verwaltung
und ich aus. diesem Grund auch bei der Abteilung 9 Außenstelle O, Wasser- und Abfallwirtschaft, zugeteilt werden soll.
Als Stellungnahme zur Organisationsverfügung wurde dies ebenfalls über den Dienststellenleiter und dem Abteilungsvorstand der LAD bzw. der Abt. 1 mitgeteilt,
Auch aus einer aktuellen Arbeitsplatzbeschreibung ist ersichtlich, dass meine Tätigkeit die Förderverwaltung in der Abt
9 - Außenstelle O Wasser- und Abfallwirtschaft beinhaltet und ich
somit zum strategischen Teil der Abt9 - Außenstelle O zuzuordnen bin.
Der Aufgabenbereich der Außenstelle O der Abt. 9 hat sich gegenüber dem ehem. Landeswasserbaubezirksamt O inhaltlich nur durch den Wegfall des handwerklichen Bereiches geändert.
Ich beantrage daher meine Versetzung dahingehend abzuändern, dass ich der Abteilung 9 - Außenstelle O, Wasser- und Abfallwirtschaft mit Dienstort O, zugeteilt werde.'
Dem wird wie folgt entgegnet:
Alle abgehaltenen Besprechungen vor Inkrafttreten der Organisationsverfügung führten dazu, dass die Organisationsverfügung des Landesamtsdirektors LAD-GS-I 720-10001- 2-2008 mit erlassen wurde.
Das Ziel war, nach dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit alle technischen Abteilungen im Amt der Bgld. Landesregierung neu zu organisieren und ein einheitliches gemeinsames Rechnungswesen zu schaffen, wobei eine technische Abteilung als Supporter auftreten soll.
Deshalb wurden im neu geschaffenen Hauptreferat Rechnungswesen, Finanzen, Controlling und allgemeine Dienste die beiden Rechnungswesenreferate installiert und ein einheitliches Verrechnungssystem eingeführt, um die Rechnungswesenprozesse zu optimieren.
Weiters wurden die Abteilungen 4b, 8 und 9 beauftragt, projektkonform umgehend eine Aufgabenreform vorzubereiten. Durch gemeinsame interne Diskussionen und bereits eingesetzte Projektgruppen ist ein Leistungskatalog zu erstellen, welcher Umfang und Qualität der technischen Abteilung zu beinhalten hat und die Grundlagen für die Quantifizierung der Leistungen der technischen Abteilungen liefert.
Mit der Organisationsverfügung wurden gleichzeitig auch für die einzelnen Organisationseinheiten der Abteilungen der hiefür erforderliche Personalbedarf und die Personalzuordnungen festgelegt.
Mit Ihrer Versetzung zur Abteilung 8, Referat 'Rechnungswesen Abt. 9 üben Sie zum Teil weiterhin Aufgaben aus Ihrer Verwendung beim ehem. Landeswasserbaubezirksamt O aus und in weiterer Folge Tätigkeiten, welche sich aufgrund der Organisationsverfügung ergeben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt eine sachlich begründete organisatorische Änderung der Verwaltung, die bewirkt, dass ein von einem Beamten ausgeübter Aufgabenbereich nicht mehr oder in einer veränderten Form weiter besteht, ein wichtiges dienstliches Interesse im Sinne des § 39 Abs. 2 LBDG 1987 dar. Selbst wenn die Organisationsänderung unzweckmäßig sein sollte, ist darin noch keine Unsachlichkeit der Organisationsänderung zu erkennen, Unsachlich wäre die Organisationsänderung dann, wenn die Organisationsänderung ausschließlich den Zweck verfolgt hätte, die betreffende Personalmaßnahme aus unsachlichen Gründen zu setzen, also dem Beamten persönlich einen Nachteil im Sinne des § 42 Abs. 2 LBDG 1997 zuzufügen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 39 Burgenländisches Landesbeamten-Dienstrechtsgesetz 1997, LGBl. Nr. 17/1998 - LBDG 1997, lautet auszugsweise:
" Versetzung
§ 39 (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.
(2) Eine Versetzung von Amts wegen ist zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne ein wichtiges dienstliches Interesse zulässig.
…
(4) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.
(5) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen."
Die Beschwerde macht unter dem Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend, eine amtswegige Versetzung sei nach § 39 Abs. 2 LBDG 1997 nur unter der Voraussetzung des Vorliegens eines wichtigen dienstlichen Interesses zulässig. Hinsichtlich dieser grundsätzlichen Regelung bestehe Übereinstimmung mit dem Bundesrecht, es könne daher auch die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes herangezogen werden. Nach dieser sei schon vor Schaffung einer diesbezüglichen näheren Gesetzesregelung innerhalb des § 38 BDG 1979 klar gewesen, dass Organisationsänderungen einen solchen wichtigen dienstlichen Grund darstellen könnten. Hiebei müsse jedoch gemäß dieser Judikatur davon ausgegangen werden, dass ein Arbeitsplatz durch eine Organisationsänderung unabhängig von Bezeichnungsänderungen und auch unabhängig von seiner Zuordnung zu einer bestimmten Organisationseinheit nur dann als weggefallen angesehen werden dürfe, wenn sich in Bezug auf ihn die Agenden mindestens im Ausmaß von 25 % geändert hätten. Tatsächlich sei eine Änderung dieses Ausmaßes in concreto hinsichtlich des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers nicht eingetreten, sondern es sei entsprechend den Ausführungen im vorausgehenden Beschwerdeabschnitt nur eine geringfügige Änderung hinsichtlich des Aufgaben eingetreten - mit weit weniger als 25 % - und im Übrigen sei nur die Zuordnung des Arbeitsplatzes innerhalb der Gesamtorganisation eine andere geworden.
Im angefochtenen Bescheid geht die belangte Behörde von einer neuen Organisation der Dienststelle aus. Sie unterlässt es allerdings, die Auswirkungen der erfolgten Organisationsänderung auf das Landeswasserbaubezirksamt und den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers darzustellen. So ist nicht ersichtlich, worin sich die neu geschaffene Behördenstruktur von der bisherigen unterscheidet, insbesondere kann auf Grund der bislang getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden, ob eine neue Dienststelle entstanden ist. Sollte sich der durch die erfolgte Versetzung dem Beschwerdeführer zugewiesene neue Arbeitsplatz an einer neu geschaffenen Dienststelle befinden, läge jedenfalls (selbst bei Aufgabenidentität) keine Identität des Arbeitsplatzes vor. Bei der Versetzung des Beschwerdeführers wäre diesfalls die schonendste Variante zu wählen.
Auf Grund Verkennens der Rechtslage hat es die belangte Behörde unterlassen, Feststellungen hinsichtlich der durch die Neuorganisation erfolgten Änderungen der Behördenstruktur zu treffen, aus denen abgeleitet werden könnte, ob eine neue Dienststelle entstanden ist, wodurch sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastete.
Läge allerdings nach wie vor dieselbe Dienststelle vor, wäre dem Beschwerdeführer zuzustimmen, dass dann, wenn trotz der erfolgten Organisationsänderung der Arbeitsplatz in seinem wesentlichen Inhalt unverändert erhalten geblieben sein sollte, kein "wichtiges dienstliches Interesse" aus dem Titel der Organisationsänderung für eine Versetzung gegeben wäre (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/12/0205).
Die Beantwortung der Frage der Identität des Arbeitsplatzes setzt nicht bloß die Aufzählung verschiedener Tätigkeiten, sondern auch deren Gewichtung nach Arbeitsumfang voraus. Sollte lediglich ein unerheblicher Teil der Aufgaben des alten Arbeitsplatzes (weniger als etwa ein Viertel des Arbeitsumfanges) geändert worden sein, so wird von der im Wesentlichen gegebenen Identität mit dem neuen Arbeitsplatz auszugehen sein. Sollte hingegen eine Identität des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers nach der Organisationsverfügung vom - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht gegeben sein, was insbesondere auch Erhebungen über den jeweiligen Arbeitsumfang voraussetzt, hätte der Beschwerdeführer kein Recht darauf, künftig auf dem von ihm angestrebten Arbeitsplatz verwendet zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/12/0256).
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannte, hat sie die im Sinne der obigen Ausführungen erforderlichen Feststellungen nicht getroffen und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.
Die Versetzung könnte auch nicht mit einer erst beabsichtigten Aufgabenreform begründet werden. Soweit im angefochtenen Bescheid ausgeführt wurde, die Abteilungen 4b, 8 und 9 der Burgenländischen Landesregierung seien beauftragt worden, projektkonform umgehend eine Aufgabenreform vorzubereiten, kann daraus jedenfalls kein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung des Beschwerdeführers abgeleitet werden.
Der angefochtene Bescheid war somit im Sinne obiger Ausführungen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am