Suchen Hilfe
VwGH vom 10.04.2014, Ro 2014/22/0012

VwGH vom 10.04.2014, Ro 2014/22/0012

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

Ro 2014/22/0014

Ro 2014/22/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Revisionen

1. der F, 2. der B und 3. des S, alle in G, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Schlegl, Rechtsanwalt in 8054 Graz, Simonygasse 22, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres je vom , 1. Zl. 322.669/3-III/4/13 (betreffend die Erstrevisionswerberin, protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/22/0012), 2. Zl. 322.669/4-III/4/13 (betreffend die Zweitrevisionswerberin, protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/22/0013) und 3. Zl. 322.669/2-III/4/13 (betreffend den Drittrevisionswerber, protokolliert zur hg. Zl. Ro 2014/22/0014), jeweils betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revisionen werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die Bundesministerin für Inneres (in der Folge kurz als "Behörde" bezeichnet) die am eingebrachten Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Erteilung jeweils eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte die Behörde in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen gleichlautend aus:

Die Erstrevisionswerberin und der Drittrevisionswerber, ein Ehepaar mazedonischer Staatsangehörigkeit, seien im Jahr 2008 nach Österreich eingereist, hier sei die Zweitrevisionswerberin als gemeinsame Tochter am geboren worden. Die Asylanträge des Ehepaares seien letztinstanzlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom in Verbindung mit einer Ausweisung als unbegründet abgewiesen worden, der Asylantrag des Kindes mit Erkenntnis vom .

Am seien die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln eingebracht worden.

Der Drittrevisionswerber sei vom bis zum einer geringfügigen Beschäftigung nachgegangen, sei aber am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert. Die Familie habe zum Großteil aus Mitteln der Grundversorgung gelebt. Die Erstrevisionswerberin sei bis zu ihrem 38. Lebensjahr und der Drittrevisionswerber bis zu seinem 40. Lebensjahr in Mazedonien gewesen, wo noch Verwandte lebten. Es hielten sich auch Geschwister in Österreich auf, mit denen die revisionswerbenden Parteien jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt wohnten.

Die revisionswerbenden Parteien hätten vorgebracht, dass das Ehepaar Deutschprüfungen auf dem A2-Niveau abgelegt und der Drittrevisionswerber arbeitsrechtliche Vorverträge abgeschlossen hätte, die gemeinsame Tochter in Österreich geboren wäre und der psychisch instabile Gesundheitszustand des Ehepaares sowie der nunmehrige Freundes- und Bekanntenkreis zu berücksichtigen wären.

Dem sei - so die Behörde - entgegenzuhalten, dass der Aufenthalt bloß auf einer illegalen Einreise beruht habe. Nach den negativen behördlichen Beurteilungen der Asylanträge hätte das Ehepaar von einem nicht gesicherten Aufenthaltsstatus ausgehen müssen. Der nur vorläufig berechtigte Aufenthalt sei lediglich auf unbegründete Asylanträge zurückzuführen. Mit der Abweisung der beantragten Aufenthaltstitel sei ein Eingriff in das Privatleben "und auch in jenes ihrer genannten Familienmitglieder" verbunden. Die angegebenen Sachverhalte erreichten jedoch nicht ein derartiges Gewicht, dass wegen der privaten und familiären Interessen der Verstoß gegen die Fremdenrechtsordnung akzeptiert werden müsste. Die vorgebrachten Faktoren stellten keine derart außergewöhnlichen Umstände dar, die bewirken könnten, dass die persönlichen Interessen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens überwögen. Maßgeblich sei auch der Umstand, dass das Ehepaar den überwiegenden Teil seines Lebens im Ausland und nicht in Österreich verbracht habe. Die persönlichen Interessen des Kindes würden in erster Linie von jenen der Eltern geprägt und es sei auf Grund des jungen Alters der Zweitrevisionswerberin von einer hohen Anpassungsfähigkeit auszugehen.

Zum Gesundheitszustand der Erstrevisionswerberin und des Drittrevisionswerbers werde angemerkt, aus dem Gutachten vom gehe hervor, dass bei der Erstrevisionswerberin eine akute Belastungsreaktion und der Verdacht einer postpartalen Depression festgestellt worden seien sowie beim Drittrevisionswerber eine posttraumatische Belastungsstörung. Es seien aber keine aktuellen Unterlagen über etwaige weitere Behandlungen vorgelegt worden und es gebe keine Hinweise, weshalb die gesundheitlichen Beschwerden nicht auch in Mazedonien behandelbar wären. Ein Fremder habe im Allgemeinen kein Recht, in seinem aktuellen Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden. Somit sei bei Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens ein Überwiegen der öffentlichen Interessen gegenüber den Interessen der revisionswerbenden Parteien anzunehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen diese Bescheide erhobenen Revisionen wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Da die angefochtenen Bescheide vor Ablauf des erlassen wurden und wegen der Einbringung von Verfahrenshilfeanträgen die Beschwerdefristen mit Ende dieses Tages noch gelaufen sind, gelten gemäß § 4 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, für die Behandlung der Revisionen die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 122/2013) sinngemäß.

Angesichts der Zustellung der angefochtenen Bescheide im Oktober 2013 sind die Bestimmungen des NAG idF BGBl. I Nr. 144/2013 maßgeblich.

Die Zuerkennung der beantragten Aufenthaltstitel nach § 41a Abs. 9 NAG erfordert u.a., dass dies gemäß § 11 Abs. 3 NAG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK geboten ist.

Die Behörde berücksichtigte den ca. fünfjährigen inländischen Aufenthalt des Ehepaares und die Geburt der Tochter in Österreich sowie die geringfügige Beschäftigung des Drittrevisionswerbers und die abgelegten Deutschprüfungen des Ehepaares auf dem Niveau A2. Dem stellte sie das große öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften gegenüber, das grundsätzlich von Fremden nach Abweisung ihrer Asylanträge fordert, den gesetzmäßigen Zustand durch Ausreise wieder herzustellen. Sie berücksichtigte weiters die fehlende Integration von Erstrevisionswerberin und Drittrevisionswerber am Arbeitsmarkt sowie den Umstand, dass diese nach Abweisung ihrer Asylanträge von einem nicht gesicherten Aufenthaltsstatus ausgehen mussten und die teilweise Rechtmäßigkeit des inländischen Aufenthaltes lediglich auf letztlich unbegründeten Asylanträgen beruhte. Die Zweitrevisionswerberin befinde sich in einem Alter mit einer hohen Anpassungsfähigkeit und die gesundheitlichen Probleme der Erstrevisionswerberin und des Drittrevisionswerbers seien in Mazedonien behandelbar.

Entgegen der Meinung in den Revisionen ist die behördliche Ansicht nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass in einer Gesamtbetrachtung die persönlichen Interessen der revisionswerbenden Parteien nicht ein solches Gewicht erreichten, dass das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften in den Hintergrund treten müsste. Soweit in den Revisionen auf die hg. Rechtsprechung verwiesen wird, wonach "bei einem längeren inländischen Aufenthalt des Fremden wiederholt von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich und damit von einer Unverhältnismäßigkeit einer auf einen bloß unrechtmäßigen Aufenthalt gestützten Aufenthaltsbeendigung ausgegangen" worden sei, wird der wesentliche Punkt verschwiegen, dass diese Überlegungen erst bei einer Aufenthaltsdauer von über zehn Jahren zum Tragen kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/22/0151). Ansonsten wird in den Revisionen auf die Unbescholtenheit und die Deutschkenntnisse der Erstrevisionswerberin und des Drittrevisionswerbers, eine geringfügige Beschäftigung des Drittrevisionswerbers und dessen Einstellungszusage sowie den inländischen Aufenthalt von Verwandten verwiesen. Diese Umstände reichen nicht, um die von der Behörde vorgenommene Interessenabwägung als rechtswidrig zu beurteilen.

Da somit bereits der Inhalt der Revisionen erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Revisionen gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-92515