VwGH vom 09.09.2014, Ro 2014/22/0009

VwGH vom 09.09.2014, Ro 2014/22/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Revision der Z, vertreten durch Dr. Martin Leitner und Dr. Ralph Trischler, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Lindengasse 38/3, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Teheran vom , betreffend Visum, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Österreichische Botschaft Teheran (in der Folge kurz "Behörde") den am eingelangten Antrag der Revisionswerberin auf Ausstellung eines Schengen-Visums unter Verwendung eines Formblattes - durch Ankreuzen der entsprechenden Textbausteine - ohne Angabe einer gesetzlichen oder unionsrechtlichen Bestimmung ab. Auf dem Formblatt wurden die Felder "Der Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts wurden nicht nachgewiesen." und "Sie haben nicht den Nachweis erbracht, dass Sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts oder für die Rückkehr in Ihren Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat verfügen, in dem Ihre Zulassung gewährleistet ist, oder Sie sind nicht in der Lage, diese Mittel rechtmäßig zu erlangen." angekreuzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Revision nach Aktenvorlage samt Gegenschrift und Ergänzung durch die Behörde erwogen:

Da der angefochtene Bescheid vor Ablauf des erlassen wurde und die Beschwerdefrist mit Ende dieses Tages noch gelaufen ist, gelten gemäß § 4 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsbarkeit-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, für die Behandlung der Revision die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß.

Grundsätzlich ist anzumerken, dass ein Bescheid der Österreichischen Botschaft betreffend die Erteilung eines Visums nicht schon deshalb an einem Begründungsmangel leidet, wenn er sich auf das Ankreuzen von Textbausteinen beschränkt, ohne auf den konkreten Fall Bezug zu nehmen und Feststellungen dazu zu treffen. Diese Vorgangsweise entspricht nämlich den besonderen Regeln für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden (vgl. § 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG) sowie dem seit geltenden Visakodex (Verordnung Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom - insbesondere Art. 32 Abs. 2 iVm Anhang VI). Der für eine Entscheidung maßgebliche Sachverhalt muss aber im Akt nachvollziehbar sein und es ist die Behörde in einem solchen Verfahren gehalten, dem Antragsteller vor der Abweisung seines Antrages Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/21/0344, sowie jüngst jenes vom , Ro 2014/22/0006). Gewährt die Behörde zu den Verweigerungsgründen des Art. 32 Visakodex zwar formal Parteiengehör, ohne die Fremde allerdings davon in Kenntnis zu setzen, auf Grund welcher konkreten Umstände sie diese Tatbestände verwirklicht sieht, erweist sich die Gewährung des Parteiengehörs als unzureichend (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Ro 2014/22/0006).

Aus dem Verwaltungsakt ist zu ersehen, dass die Behörde noch am Tag der Einbringung des Antrages die Revisionswerberin mittels Formblatt aufforderte, den Nachweis eigener finanzieller Mittel durch Kontoauszüge der letzten drei Monate und zusätzliche Kontoauszüge nachzuweisen und eine Ticketreservierung für eine nicht mehr als 90 Tage dauernde Reise nachzubringen. (Im Antrag wurde nämlich ein Visum für die Zeit vom bis , also für 92 Tage, begehrt.)

Nachdem die Revisionswerberin weitere Unterlagen vorgelegt hatte, forderte die Behörde nochmals zu einer Stellungnahme auf, wobei im Vordruck Folgendes angekreuzt wurde:

"Der Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts

wurden nicht nachgewiesen.

....

Sie haben nicht den Nachweis erbracht, dass Sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts oder für die Rückkehr in Ihren Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die die Durchreise in einen Drittstaat verfügen, in dem Ihre Zulassung gewährleistet ist, oder Sie sind nicht in der Lage, diese Mittel rechtmäßig zu erlangen.

Da die nachgewiesenen Unterhaltsmittel nicht ausreichend sind.

Da keine tragfähige Verpflichtungserklärung nachgewiesen werden konnte."

Auf welche Weise die Behörde zu diesen Schlussfolgerungen gekommen ist, lässt sich dem Akteninhalt nicht entnehmen.

In der Revision macht die Revisionswerberin geltend, sie habe bereits im Zeitraum von 2004 bis 2008 viermal ein Schengen-Visum erhalten, habe ihre Familie in Wien besucht und sei wieder in den Iran zurück gereist. Sie habe ein Pensionsschreiben und Sparbuchguthaben "vorgelegt" sowie darüber hinaus Immobilienbesitz nachgewiesen. Die pauschale Begründung, dass der Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthaltes nicht nachgewiesen werden könnten, stelle kein geeignetes "Vorbehaltskriterium" dar.

In der Gegenschrift geht die Behörde nicht mehr darauf ein, dass der Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthaltes nicht nachgewiesen worden seien.

Aber auch in Bezug auf den Vorhalt nicht ausreichender Unterhaltsmittel leidet der angefochtene Bescheid an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

In der Gegenschrift legt die Behörde selbst dar, dass die Revisionswerberin nach Aufforderung wieder Kontoauszüge vorgelegt habe und diesen Auszügen jeweils ein Bankstatement beigelegt worden sei, in dem diese als Inhaberin des Kontos bezeichnet werde. Es habe aber die Echtheit dieses Statements nicht überprüft werden können, weil die Bank hierzu keine Auskünfte erteilt habe. Dass die Behörde diesbezügliche Ermittlungen vorgenommen habe, geht aus dem Verwaltungsakt jedoch nicht hervor. Außerdem hätte die Behörde der Revisionswerberin konkret und nicht bloß allgemein ihre Bedenken vorhalten müssen, um die Revisionswerberin in die Lage zu versetzen, den Nachweis zu erbringen, dass diese tatsächlich über dieses Konto verfügungsberechtigt sei (vgl. auch dazu sinngemäß das zitierte Erkenntnis Ro 2014/22/0006).

Davon abgesehen räumt die Behörde in der Gegenschrift weiters ein, dass auch ein Statement einer anderen Bank betreffend die Revisionswerberin über einen Betrag von umgerechnet EUR 2.171,19 zusammen mit einer neuen Ticketreservierung über 89 Tage vorgelegt worden sei. Die Nichtberücksichtigung dieses Betrages begründet die Behörde damit, dass die Revisionswerberin nicht habe erklären können, wie sie die auf den Bankstatements angeführten Beträge erlangt habe. Die Beträge ließen sich schwer aus ihren monatlichen Pensionseinkünften erklären.

Da die Revisionswerberin nicht konkret aufgefordert wurde, die Herkunft der Mittel darzulegen, leidet auch diesbezüglich der angefochtene Bescheid an einem relevanten Verfahrensmangel. Die Behörde war nicht ermächtigt, ohne eigene Ermittlungen, jedenfalls aber eines entsprechend konkreten Vorhaltes an die Revisionswerberin anzunehmen, dass die auf einem Konto der Revisionswerberin vorhandenen Mittel in Wahrheit nicht dieser zustünden oder nicht aus legalen Quellen stammten.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 und § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am