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VwGH vom 05.05.2015, Ro 2014/22/0008

VwGH vom 05.05.2015, Ro 2014/22/0008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision des Dr. S M A in T, vertreten durch Dr. Georg Rihs, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kramergasse 9/3/13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA35-9/2895257-01, betreffend Aufenthaltstitel (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Libyen, brachte am bei der Österreichischen Botschaft in T einen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" ein.

Mit Schriftsatz vom stützte der Revisionswerber seinen Antrag auf Erteilung einer quotenfreien "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" ausdrücklich auf § 44 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) und brachte dazu vor, dass er von 1997 bis 2002 als Sekretär des Libyschen Volksbüros ranghöchster Vertreter Libyens in Österreich gewesen sei. Die Republik Libyen habe ihn in diesem Zeitraum mit der Vertretung der libyschen Interessen in Österreich als außerordentlicher Botschafter beauftragt und bevollmächtigt. Zu diesem Zweck habe er einen entsprechenden Diplomatenpass der Republik Libyen innegehabt. Das österreichische Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (nunmehr: Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres) habe diese Funktion des Revisionswerbers bestätigt und ihm eine entsprechende "rote Legitimationskarte gemäß § 95 FPG" ausgestellt.

Im Jahr 2002 sei der Revisionswerber von der Republik Libyen aus Österreich abberufen und nach Deutschland entsandt worden. Im Jahr 2007 sei er in den Ruhestand versetzt worden. Auf Grund seiner langjährigen Funktion als ehemaliger hochrangiger Diplomat beziehe der Revisionswerber von der Republik Libyen einen staatlichen Ruhegenuss.

Der Revisionswerber erfüllte die Voraussetzungen des 1. Teiles des NAG, spreche sehr gut Deutsch und schätze Österreich als sein ehemaliges Gastland.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien wurde der Antrag vom gemäß § 12 Abs. 4 iVm § 13 Abs. 1 und Abs. 2 Z 4 NAG iVm § 3 Abs. 9 Z 4 Niederlassungsverordnung 2011 (NLV) zurückgewiesen.

Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass für das Quotenjahr 2011 gemäß § 3 Abs. 9 Z 4 NLV insgesamt 60 Plätze zur Verfügung gestanden seien. Der Antrag des Revisionswerbers sei an Quotenplatz Nr. 62 gereiht gewesen. Es seien somit für das Quotenjahr 2011 keine Quotenplätze mehr zur Verfügung gestanden, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen wäre.

Die Behörde führte in ihrer Rechtsmittelbelehrung aus, dass gegen diesen Bescheid kein ordentliches Rechtsmittel zulässig sei.

Weiters wies die Behörde unter Anführung des § 81 Abs. 25 NAG darauf hin, dass gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Verwaltungsgericht Wien erhoben werden könne, wenn dem Revisionswerber der Bescheid vor Ablauf des zugestellt worden sei und die Berufungsfrist mit Ende des noch gelaufen sei.

Gegen diesen, dem Revisionswerber am zugestellten, Bescheid richtet sich die vorliegende Revision vom , über die der Verwaltungsgerichtshof nach

Aktenvorlage durch die Behörde erwogen hat:

Zur Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ist auszuführen:

§ 4 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, lautet auszugsweise:

"§ 4. (1) Ist ein Bescheid, gegen den eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung beim Verwaltungsgerichtshof zulässig ist, vor Ablauf des erlassen worden, läuft die Beschwerdefrist mit Ende des noch und wurde gegen diesen Bescheid nicht bereits bis zum Ablauf des Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann gegen ihn vom 1. Jänner bis zum Ablauf des in sinngemäßer Anwendung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

...

(5) Die Revision gemäß den Abs. 1 bis 3 ist unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

..."

Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 25 NAG lautet:

"Ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz, gegen die eine Berufung zulässig ist, vor Ablauf des erlassen worden, läuft die Berufungsfrist mit Ablauf des noch und wurde gegen diese Entscheidung nicht bereits bis zum Ablauf des Berufung erhoben, so kann gegen diese vom 1. Jänner bis zum Ablauf des Beschwerde beim jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht erhoben werden. Das Landesverwaltungsgericht hat in diesen Fällen dieses Bundesgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden. Eine gegen eine solche Entscheidung bis zum Ablauf des erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG."

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Dezember 2013 sind die Bestimmungen des NAG in der Fassung vor BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden.

§ 12 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 lautete auszugsweise:

"§ 12. ...

(4) Steht zum Zeitpunkt der Antragstellung oder zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag in diesem Quotenjahr kein Quotenplatz im Register nach Abs. 2 mehr zur Verfügung, so ist - ausgenommen in Fällen der Familienzusammenführung nach § 46 Abs. 1 Z 2 oder Abs. 4 - der Antrag ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen, wobei die Zurückweisungsentscheidung Angaben über die Reihung und die Gesamtzahl der bis zum Entscheidungszeitpunkt gestellten Anträge im Quotenjahr und der zur Verfügung stehenden Quotenplätze zu enthalten hat; gegen diese Entscheidung ist keine Berufung zulässig.

..."

Die Behörde stützte ihre zurückweisende Entscheidung auf § 12 Abs. 4 NAG. Gegen diesen Bescheid war gemäß § 12 Abs. 4 letzter Satz NAG keine Berufung zulässig.

Der Hinweis der Behörde, wonach gemäß § 81 Abs. 25 NAG im gegenständlichen Fall eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig wäre, ist somit unzutreffend.

Die gegenständliche Revision gemäß § 4 Abs. 1 VwGbk-ÜG erweist sich als zulässig. Sie ist auch berechtigt.

§ 44 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 (samt Überschrift) lautete:

"'Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit'

§ 44. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine 'Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit' erteilt werden, wenn


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1.
sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen,
2.
ein Quotenplatz vorhanden ist und
3.
deren feste und regelmäßige monatliche Einkünfte der Höhe nach dem Zweifachen der Richtsätze des § 293 ASVG entsprechen.

(2) Drittstaatsangehörigen, die Träger von Privilegien und Immunitäten waren (§ 95 FPG), kann eine 'Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit' erteilt werden, wenn sie


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1.
die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
2.
in den Ruhestand versetzt worden sind."
Der Revisionswerber stellte einen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit" nach § 44 Abs. 2 NAG. Die Behörde hat den Antrag mangels Vorliegen eines Quotenplatzes zurückgewiesen. Für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 44 Abs. 2 NAG war jedoch - wie die Revision zutreffend aufzeigt - das Vorliegen eines freien Quotenplatzes nicht Voraussetzung. Die übrigen Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 NAG hat die Behörde nicht geprüft.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 sowie § 4 und § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am