VwGH vom 05.05.2017, Ra 2015/02/0108
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und den Hofrat Mag. Dr. Köller sowie die Hofrätin
Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des P in E, vertreten durch Dr. Alexander Pflaum, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rechte Bahngasse 10/19D, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-S-468/001-2014, betreffend Übertretung des Tierschutzgesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe am "gegen 13.00 Uhr bis gegen 20.00 Uhr" auf einer bestimmten Weidefläche eines näher bezeichneten landwirtschaftlichen Anwesens gemäß der Bestimmung des § 7 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begehe, weil er den namentlich näher genannten Jagdaufseher dazu veranlasst habe, dass dieser ein Wirbeltier, nämlich eine näher bezeichnete Kuh, "die nicht aufstehen wollte und eine vermeintliche Schussverletzung an der linken Seite sichtbar war" mit seiner Jagdwaffe durch einen Schuss getötet habe, obwohl dieser kein Tierarzt sei "und dies den Tierärzten vorbehalten ist und die Ausnahmeregelungen des § 6 Tierschutzgesetz (welche wären: fachgerechte Tötung von ldw. Nutz- und Futtertieren, fachgerechte Tötung im Rahmen der Aus-Fort- und Weiterbildung; fachgerechte Schädlingsbekämpfung, rasche Tötung unbedingt erforderlich um dem Tier nicht behebbare Qualen zu ersparen)" nicht zugetroffen hätten. Wegen Übertretung des § 6 Abs. 4 iVm § 38 Abs. 1 Z 2 Tierschutzgesetz (TSchG) iVm § 7 VStG wurde über den Revisionswerber eine Strafe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt und er zum Kostenbeitrag im Verwaltungsstrafverfahren verpflichtet.
2 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gab der gegen diesen Strafbescheid erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom keine Folge, verpflichtete den Revisionswerber zum Kostenbeitrag im Beschwerdeverfahren und sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis kostenpflichtig dahingehend abändern, dass der Beschwerde Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde, in eventu möge er das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufheben.
4 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete ein als Revisionsbeantwortung bezeichnetes Schreiben, in welchem sie auf den bisherigen Aktenlauf sowie auf den bezughabenden Verfahrensakt des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich verwies.
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Der Revisionswerber bringt zum Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG unter anderem vor, zu § 6 Abs. 4 Z 4 TSchG liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
7 Die Revision ist aus diesem Grund zulässig. Sie ist auch
berechtigt.
8 § 7 VStG, BGBl. 52/1991, lautet:
"Anstiftung und Beihilfe
§ 7. Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist."
9 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung zu § 7 VStG setzen die Tatbestände der Anstiftung und der Beihilfe voraus, dass die vom unmittelbaren Täter begangene Verwaltungsübertretung wenigstens den objektiven Tatbestand des betreffenden Deliktes erfüllt und rechtswidrig ist (vgl. etwa , vom , 2003/05/0157, oder vom , 2012/03/0167, jeweils mwN).
10 Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2015/02/0107, hob der Verwaltungsgerichtshof im den unmittelbaren Täter betreffenden Verfahren das dort angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil der dortige Revisionswerber die ihm angelastete Übertretung des § 6 Abs. 4 TSchG nicht verwirklicht hat. Da somit die dem unmittelbaren Täter zur Last gelegte Tat den objektiven Tatbestand des § 6 Abs. 4 TSchG nicht erfüllt, war nach der oben genannten hg. Rechtsprechung auch das vorliegend angefochtene Erkenntnis betreffend die dem Revisionswerber als Beitragstäter angelastete Anstiftung des unmittelbaren Täters zur Verwirklichung einer Verwaltungsübertretung des § 6 Abs. 4 TSchG schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
11 Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigen sich ein weiteres Eingehen auf die rechtliche Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Erkenntnis, aufgrund der Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung liege im vorliegenden Fall eine Strafbarkeit des Revisionswerbers gemäß § 7 VStG iVm § 6 Abs. 4 TSchG vor, sowie ein weiteres Eingehen auf das sonstige Revisionsvorbringen.
12 Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Fundstelle(n):
EAAAE-92459