VwGH vom 27.03.2015, Ra 2015/02/0009

VwGH vom 27.03.2015, Ra 2015/02/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Amstetten in 3300 Amstetten, Preinsbacher Straße 11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-S-205/001-2014, betreffend Übertretung der StVO (mitbeteiligte Partei: F in M, vertreten durch Mag. Martina Gaspar, Rechtsanwältin in 3300 Amstetten, Preinsbacher Straße 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der BH Amstetten vom wurde über den Mitbeteiligten wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 480 Stunden) verhängt, weil er am um 16:50 Uhr im Gemeindegebiet S. als Lenker eines näher bestimmten Fahrzeuges das angeführte Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, wobei der Test am geeichten Alkomaten einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,8 mg/l ergeben habe.

Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Verwaltungsgericht, wobei er das Straferkenntnis ausdrücklich nur hinsichtlich der Höhe der Strafe bekämpfte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde insofern statt, als die von der BH festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 480 Stunden) auf den Betrag von EUR 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 240 Stunden) herabgesetzt wurde.

Das Landesverwaltungsgericht führte begründend aus, dass mit dem Lenken des Kraftfahrzeuges durch den Mitbeteiligten unter Alkoholeinfluss zweifelsohne "die Sicherstellung der Sicherheit

auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ... nicht unerheblich

beeinträchtigt" worden sei.

In weiterer Folge wurden die Unbescholtenheit und die reumütige Schuldeinsicht als mildernde Umstände angeführt. Zudem wurde festgehalten, dass aus der Aktenlage keine Erschwerungsgründe ersichtlich und keine sonstigen nachteiligen Folgen der Tat hervorgekommen seien.

Im Zusammenhang mit der reumütigen Schuldeinsicht sei festzuhalten, dass der Mitbeteiligte von Anbeginn des gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens die Verwaltungsübertretung zugestanden habe (vgl. die Niederschrift über die Vernehmung des Mitbeteiligten am nach Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung im Verfahren vor der BH). Das Geständnis sei somit nicht erst im Zuge des Beschwerdeverfahrens erfolgt. Erschwerungsgründe seien nicht ersichtlich. Sonstige nachteilige Folgen der Tat seien nicht hervorgekommen.

Im Hinblick darauf, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe, welche gar nicht vorlägen, bei weitem überwiegen würden, sei die Voraussetzung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG gegeben.

Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gegen sein Erkenntnis eine ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der BH Amstetten als der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht, die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Abweisung der Revision.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Überwiegen gemäß § 20 VStG die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) setzt voraus, dass die vorliegenden Milderungsgründe - und zwar nicht der Zahl nach, sondern - dem Gewicht nach die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/09/0058).

Bei einer Übertretung wie der vorliegenden nach § 5 Abs. 1 StVO kann dem alleinigen Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kein solches Gewicht beigemessen werden, dass deshalb - auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen - § 20 VStG anzuwenden wäre, weil keine Rede davon sein kann, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen würden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/02/0125).

Entscheidend ist somit, ob im vorliegenden Fall der Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z. 17 StGB (Ablegung eines "reumütigen Geständnisses") zur Anwendung kommen kann.

Das Verwaltungsgericht bejaht diese Frage. Die Einschränkung der Beschwerde auf die Strafhöhe sei im Sinne einer "reumütigen Schuldeinsicht" als mildernder Umstand zu werten. Der Mitbeteiligte habe von Anbeginn des gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens die Verwaltungsübertretung zugestanden. Dies sei nicht erst im Zuge des Beschwerdeverfahrens erfolgt, wie sich aus der Niederschrift über die Vernehmung des Mitbeteiligten am nach Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung im Verfahren vor der BH Amstetten ergebe.

Der Niederschrift der BH Amstetten vom lässt sich folgende Aussage des Mitbeteiligten entnehmen:

"Ich gebe die Verwaltungsübertretung zu."

Dabei übersieht das Verwaltungsgericht, dass der Mitbeteiligte im Zuge seiner Anhaltung auf frischer Tat betreten wurde. Damit kommt dem vor der BH abgegebenen Geständnis des Mitbeteiligten keine Bedeutung zu. Denn selbst ein beim Betretenwerden auf frischer Tat abgegebenes reines Tatsachengeständnis ist nicht als Milderungsgrund im Sinne des § 34 Abs. 1 Z. 17 StGB zu werten (vgl. unter vielen anderen die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/02/0086, vom , Zl. 2006/09/0031, und vom , Zl. 2013/09/0144).

Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Wien, am