VwGH vom 26.01.2011, 2009/12/0125

VwGH vom 26.01.2011, 2009/12/0125

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des AD in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom , Zl. BMVIT-1.872/0008-I/PR1/2009, betreffend Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Ministerialrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Im Zeitraum zwischen und war er mit einem Arbeitsplatz als "Referent ohne ESB in der Abteilung ST 3" betraut.

Mit Eingaben vom bzw. begehrte er die bescheidförmige Feststellung der Wertigkeit dieses Arbeitsplatzes.

Zum weiteren Verfahrensgang wird - zur Vermeidung von Wiederholungen - auch auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/12/0090, verwiesen.

Mit dem genannten Erkenntnis wurde ein Bescheid der belangten Behörde vom , mit welchem gleichfalls festgestellt worden war, dass dem Beschwerdeführer die besoldungsrechtliche Stellung der Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 3, zukam, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Dem damals angefochtenen Bescheid lag ein Gutachten eines Bewertungsreferenten des Bundeskanzleramtes vom zugrunde. Dieses beruhte auf einem Vergleich des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers mit der Richtverwendung gemäß Punkt . der Anlage 1 zum Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979) idF der Dienstrechtsnovelle 2005, BGBl. I Nr. 80, "im Bundesministerium für Landesverteidigung der stellvertretende Leiter der Abteilung Revision C und Referatsleiter in der Zentralstelle", welche der Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe A 1 zugeordnet ist. Mit eingehender Begründung gelangte dieses Gutachten zum Ergebnis, dass sich aus den Bewertungszeilen beider bewerteter Arbeitsplätze jeweils ein Analyseergebnis von 536 Stellenwertpunkten errechne. Der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers sei daher - ebenso wie die zitierte Richtverwendung - der Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe A 1 zuzuordnen. Darüber hinaus enthielt das zitierte Gutachten den Versuch einen entsprechenden Nachweis durch Vergleiche mit Arbeitsplätzen, die keine Richtverwendungen sind (und daraus abgeleitete hierarchische Abstufungen) zu führen. Schließlich enthielt das Gutachten auch die nicht durch Analyse von Richtverwendungen untermauerte Behauptung, wonach die obere Punktewertgrenze der Funktionsgruppe 3 bei 609 Punkten liege.

In dem zitierten Erkenntnis vom legte der Verwaltungsgerichtshof dar, dass die beiden zuletzt genannten Ansätze des Sachverständigen von vornherein nicht zielführend seien. Der - grundsätzlich taugliche - Richtverwendungsvergleich kranke jedoch an einer Fehlerhaftigkeit der Ermittlung des Punktewertes für die Richtverwendung gemäß Punkt . der Anlage 1 zum BDG 1979. Aus dem Sachverständigengutachten ergebe sich nämlich, dass die mit diesem Richtverwendungsarbeitsplatz verknüpfte Funktion der Vertretung des Leiters der Revision C sich auf eine bloße Abwesenheitsvertretung beschränkte und insofern keine ständige Beteiligung an den Leitungsgeschäften der Gruppe Revision beinhaltete. Unter Hinweis auf § 37 Abs. 10 Z 2 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), in der Fassung der wiedergegebenen Teile nach dem Besoldungsreform-Gesetz, BGBl. Nr. 550/1994, sowie auf seine Vorjudikatur gelangte der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis zur Auffassung, dass die Stellung des Inhabers des Richtverwendungsarbeitsplatzes als Stellvertreter des Leiters der Abteilung Revision C bei der Bewertung der Richtverwendung völlig außer Betracht zu bleiben gehabt hätte.

Die belangte Behörde ersuchte im zweiten Rechtsgang des Verwaltungsverfahrens den Bewertungsreferenten des Bundeskanzleramtes um die Erstattung eines neuen Gutachtens.

Dieses wurde seitens des Bewertungsreferenten des Bundeskanzleramtes am erstellt. Es enthält zum einen umfangreiche Ausführungen, weshalb der Gutachtenserstatter die der belangten Behörde mit Erkenntnis vom überbundene Rechtsauffassung für unzutreffend hält. Ausgehend von der vom Sachverständigen (weiterhin) als richtig angesehenen Rechtsauffassung, wonach im Zusammenhang mit der Bewertung des Richtverwendungsarbeitsplatzes die Stellvertreterfunktion jedenfalls - also auch bei einer bloßen Beschränkung auf eine Abwesenheitsvertretung - zu berücksichtigen sei, erstattete er im Übrigen ein dem Gutachten vom entsprechendes Gutachten, welches mit gleichen Argumenten wie das Vorgutachten zu identen Punktewerten des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers und des Richtverwendungsarbeitsplatzes gelangte.

Die belangte Behörde gewährte dem Beschwerdeführer sodann zu diesem Gutachten rechtliches Gehör, worauf dieser am eine Stellungnahme abgab und seinerseits ein Gutachten eines berufskundigen Sachverständigen vorlegte. Dieses Gutachten gelangte zum Ergebnis, dass die Wertigkeit des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers höher sei als jene der untersuchten Richtverwendung und kritisierte darüber hinaus, dass die Umrechnung der Bewertungspunkte in Stellenwertpunkte im Gutachten des Bewertungssachverständigen auf keiner allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methode beruhe.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde (neuerlich) festgestellt, dass dem Beschwerdeführer auf seinem Arbeitsplatz als Referent ohne ESB in der Abteilung ST 3 im Zeitraum vom bis einschließlich die besoldungsrechtliche Stellung der Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 3, zukam.

In der Begründung dieses Bescheides wird zunächst der Verfahrensgang geschildert, insbesondere werden das Gutachten des Bewertungssachverständigen vom sowie die Darlegungen in dem vom Beschwerdeführer vorgelegten berufskundlichen Gutachten wiedergegeben.

Mit eingehender Begründung folgte die belangte Behörde in Ansehung der für den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers vergebenen Punktezahl den Ausführungen des Amtssachverständigen entgegen den Darlegungen in dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen. Schließlich heißt es, auf das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom habe "nach Angaben des BKA" bei der Erstellung des neuen Gutachtens nicht Bezug genommen werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides standen § 137 Abs. 1 bis 3 BDG 1979, Ziffer . der Anlage 1 zum BDG 1979 sowie § 37 Abs. 10 Z 2 GehG in den gleichen Fassungen in Kraft wie schon bei Erlassung des im ersten Rechtsgang ergangenen Bescheides der belangten Behörde vom . Insofern kann daher auf die Wiedergabe dieser Bestimmungen in dem bereits mehrfach zitierten hg. Erkenntnis vom verwiesen werden.

Mit dem am ausgegebenem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 153 wurde § 37 Abs. 10 Z 2 GehG mit Rückwirkung zum geändert.

Freilich wird der Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes durch die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Rechtslage gebildet. Wenn der Gesetzgeber zwischen der Erlassung des angefochtenen Bescheides und der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof das Gesetz rückwirkend ändert, hat dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtlich zu bleiben (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/13/0061). Eine gezielte gegenteilige Anordnung des Materiengesetzgebers wäre im Übrigen verfassungswidrig (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/14/0086, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).

Nach dem Vorgesagten war daher für die Überprüfung des angefochtenen Bescheides die Novellierung des § 37 Abs. 10 Z 2 GehG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 153/2009 ungeachtet ihrer rückwirkenden Erlassung unbeachtlich.

§ 63 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofsgesetzes 1985, in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 470/1995, lautet:

"§ 63. (1) Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen."

Die Behörde ist gemäß § 63 Abs. 1 VwGG bei Erlassung des Ersatzbescheides an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes im aufhebenden Erkenntnis gebunden. Die Bindung ist jedoch nicht mehr aufrecht, wenn der Sachverhalt in einer für die Entscheidung erheblichen Weise von jenem abweicht, den der Verwaltungsgerichtshof zunächst rechtlich beurteilt hat, oder wenn sich die Rechtslage durch das Inkrafttreten eines neuen Gesetzes geändert hat und das Gesetz rückwirkend zu beachten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0137).

Vorliegendenfalls hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnis vom im Rahmen der rechtlichen Beurteilung aus § 37 Abs. 10 Z 2 GehG idF BGBl. Nr. 550/1994 abgeleitet, dass die nicht mit ständigen Leitungsaufgaben verbundene Funktion der stellvertretenden Leitung der Abteilung Revision C beim Richtverwendungsarbeitsplatz nach Z der Anlage 1 zum BDG 1979 idF BGBl. I Nr. 80/2005 in die Bewertung nicht Eingang zu finden hat. An diese rechtliche Beurteilung war die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden, ohne dass ihr die Befugnis zugekommen wäre, von dieser Beurteilung - sei es auch mit ihres Erachtens besseren Gründen - abzuweichen. Da - wie oben dargelegt - das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 153/2009 im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht bekannt gemacht war, konnte die damit verfügte rückwirkende Gesetzesänderung in diesem Rechtsgang (noch) keine Durchbrechung der Rechtskraftwirkung des Erkenntnisses vom bewirken. An der oben geschilderten Bindungswirkung ändert selbstverständlich auch der Umstand, dass der Bewertungssachverständige beim Bundeskanzleramt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes für unzutreffend erachtete, nichts.

Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aus diesem Grunde aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am