VwGH vom 13.10.2015, Ra 2015/01/0166
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schweda, über die Revision der Landespolizeidirektion Vorarlberg gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom , Zl. LVwG-429-002/R10-2014, betreffend Richtlinienbeschwerde nach § 89 Abs. 4 SPG (Mitbeteiligter: L T in B, vertreten durch Heinzle-Nagel Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
Angefochtenes Erkenntnis
Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde des Mitbeteiligten wegen behaupteter Verletzung von Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 89 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) iVm §§ 28 Abs. 6 und 53 VwGVG Folge gegeben und festgestellt, dass Beamte der Polizeiinspektion B anlässlich der telefonischen Ladung am die Freiwilligkeit des Mitbeteiligten in Anspruch genommen haben, obwohl Zweifel daran bestanden, dass der Mitbeteiligte sich der Freiwilligkeit bewusst war (erster Spruchabschnitt).
Gemäß § 35 iVm § 53 VwGVG wurde der Bund zum Kostenersatz in der Höhe von EUR 1.659,60 an den Mitbeteiligten verpflichtet (zweiter Spruchabschnitt).
Weiters wurde die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt (dritter Spruchabschnitt).
Begründend stellte das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung fest, am habe ein Beamter der Polizeiinspektion B versucht, den Mitbeteiligten telefonisch zu erreichen, um ihn zu einer Beschuldigtenvernehmung vorzuladen. Nach mehreren Anrufversuchen habe der Polizist den Arbeitgeber des Mitbeteiligten kontaktiert und erklärt, er benötige die Zeugenaussage des Mitbeteiligten, dieser solle zur Einvernahme auf den Posten kommen. Der Arbeitgeber habe daraufhin das Telefon dem Mitbeteiligten weitergereicht, worauf der Polizist dem Mitbeteiligten telefonisch mitgeteilt habe, dass er in einer Suchtgiftsache zur Vernehmung kommen solle. Dem Mitbeteiligten sei vermittelt worden, dass die Vernehmung dringlich sei und er rasch kommen solle. Als der Mitbeteiligte zur Polizeiinspektion gekommen sei, sei er dahingehend belehrt worden, dass dies eine Beschuldigteneinvernahme sei. Daraufhin habe der Mitbeteiligte erklärt, dass er einen Rechtsanwalt hinzuziehen wolle. Die Einvernahme sei sodann im Beisein seines Anwalts durchgeführt worden. Bei der Einvernahme habe es sich um die Auswertung von SMS gehandelt, welche im Jahr 2011 an den Mitbeteiligten geschickt worden seien.
In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht nach Zitierung des § 89 Abs. 2 und 4 SPG sowie des § 4 der Richtlinien-Verordnung (RLV) im Wesentlichen aus, in der vorliegenden Rechtssache gehe nicht klar hervor, dass dem Mitbeteiligten wörtlich erklärt worden sei, dass er an der Amtshandlung freiwillig mitwirken würde. Die Aussage des Mitbeteiligten, er sei sich der Freiwilligkeit, dass er zur Einvernahme beim Polizeiposten erscheinen habe müssen, nicht bewusst gewesen, da er ansonsten sofort einen Anwalt kontaktiert hätte und nicht erst, als man ihn mit den konkreten Vorwürfen konfrontiert habe, lasse das Verwaltungsgericht zum Schluss kommen, dass eine Freiwilligkeit des Mitbeteiligten im vorliegenden Fall nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne.
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht ergebe sich aus § 153 StPO, dass Ladungen in der Regel schriftlich zu ergehen hätten. Zwangsmaßnahmen dürften im Fall der Nichtbefolgung einer Ladung nur angewendet werden, wenn diese in der Ladung ausdrücklich angedroht worden seien. Solche Ladungen seien mit Zustellnachweis zuzustellen.
Eine sofortige Vorführung eines Beschuldigten sei nur unter gewissen Voraussetzungen, wie etwa bei Flucht- und Verdunkelungsgefahr erlaubt. Eine Vorführung sei von der Staatsanwaltschaft oder in den Fällen gerichtlicher Beweisaufnahme (§§ 104, 105 und 107 StPO) vom Gericht anzuordnen, es sei denn, dass eine solche Anordnung wegen Gefahr in Verzug nicht eingeholt werden könne oder der Beschuldigte auf frischer Tat betreten oder unmittelbar danach glaubwürdig der Tatbegehung beschuldigt werde oder mit Gegenständen betreten werde, die auf seine Beteiligung an der Tat hinwiesen; in diesen Fällen könne ihn die Kriminalpolizei von sich aus vorführen. Demnach sei die sofortige Vorführung von Beschuldigten ohne vorangegangene Ladung unzulässig, wenn keine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr bestehe.
Im vorliegenden Fall sei die Vorladung mündlich und damit formlos erfolgt. Zwangsmaßnahmen seien zu diesem Zeitpunkt schon auf Grund der Tatsache, dass es sich um Ermittlungen zu einer Tat aus dem Jahr 2011 gehandelt habe und somit weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr bestanden habe, nicht verhältnismäßig im Sinne des § 29 SPG gewesen. Zwangsmaßnahmen hätten nur angewendet werden dürfen, wenn eine schriftliche Ladung sie angedroht hätte und diese mit Zustellnachweis dem Mitbeteiligten zugestellt worden wäre. Da der Mitbeteiligte lediglich telefonisch - und somit formlos - aufgefordert worden sei, zur Vernehmung zu kommen, sei daher davon auszugehen, dass seine Freiwilligkeit in Anspruch genommen worden sei. Diese habe dem Mitbeteiligten jedoch bewusst sein müssen. Aus der Formulierung des § 4 RLV ("keine Zweifel") ergebe sich, dass in dieser Hinsicht ein strenger Maßstab anzulegen sei. Eine nicht eindeutige Ableitung der Freiwilligkeit gehe zu Lasten der belangten Behörde.
Da das Verwaltungsgericht nicht zweifelsfrei feststellen habe können, dass der Mitbeteiligte an der Amtshandlung der Polizeibeamten freiwillig mitgewirkt habe, sei festzustellen, dass die gegenständliche mündliche Ladung zur Einvernahme nicht mit § 4 RLV in Einklang zu bringen sei.
Sodann begründete das Verwaltungsgericht die Kostenentscheidung und die Unzulässigkeitserklärung der Revision.
Revision
Gegen dieses Erkenntnis erhob die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht (Amtsrevisionswerberin) außerordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde.
In der Revision bringt die Amtsrevisionswerberin in den Zulässigkeitsgründen als grundsätzliche Rechtsfrage vor, die telefonische Vorladung des Mitbeteiligten zur Beschuldigteneinvernehmung wegen des Verdachtes einer Zuwiderhandlung nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) sei durch Organe der Kriminalpolizei in Anwendung des § 153 StPO erfolgt. Zur Frage, ob eine telefonische Vorladung nach § 153 Abs. 2 StPO überhaupt eine Amtshandlung darstellen könne, zu deren Rechtmäßigkeit die freiwillige Mitwirkung oder Duldung des Betroffenen vorliegen müsse, bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Vorgehensweise bei einer Vernehmungsladung durch die Kriminalpolizei sei in § 153 StPO geregelt. Zwar sei nach Abs. 2 dieser Bestimmung die Person, die vernommen werden solle, in der Regel schriftlich zu laden, dies schließe aber eine telefonische Vorladung je nach Dringlichkeit oder aus praktikablen Erwägungen nicht aus. Die Lösung dieser Rechtsfrage sei von grundlegender Bedeutung für die tägliche Arbeit der Sicherheitsbehörden in Österreich.
In den Revisionsgründen führt die Revision unter anderem aus, § 153 Abs. 2 StPO spreche zwar von der schriftlichen Vorladung als Regel, schließe aber den Ausnahmefall einer telefonischen Vorladung nicht aus. Diese Vorgangsweise entspreche dem Gebot der Verhältnismäßigkeit nach § 5 StPO. Ob die telefonische Vorladung im Einzelfall seitens der Kriminalpolizei rechtens erfolgt sei, könne nur durch einen Einspruch nach § 106 StPO an das Gericht abgeklärt werden. Der Befehlscharakter einer solchen telefonischen Vorladung schließe die Freiwilligkeit des Betroffenen aus. Auch dem Wiener Kommentar (Verweis auf Kirchbacher in Fuchs/Ratz , Wiener Kommentar zur Strafprozessordnung,
194. Lieferung (2013) Rz 8 zu § 153 StPO) sei zu entnehmen, dass derjenige seine Vorführung riskiere, der es unterlasse, einen Hinderungsgrund umgehend mitzuteilen. Sofern eine Amtshandlung vorliege, für deren Vornahme eine gesetzliche Ermächtigung bestehe, sei die Freiwilligkeit des Betroffenen nicht Voraussetzung und § 4 RLV nicht anwendbar.
Das angefochtene Erkenntnis sei mit Unzuständigkeit behaftet, weil das Verwaltungsgericht in seine Begründung Rechtsmaterien aufgenommen habe, für deren Prüfung ihm seit der Neufassung des § 106 StPO keine Zuständigkeit zukomme. Auch die Heranziehung des § 29 SPG sei verfehlt, da vorliegend § 5 StPO maßgeblich sei.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Amtsrevision zeigt zutreffend das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
Die Revision ist daher zulässig. Sie ist jedoch nicht
berechtigt.
Zur Richtlinienbeschwerde
Die im Hinblick auf die Richtlinienbeschwerde maßgeblichen
Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991
idF BGBl. I Nr. 161/2013 (SPG), lauten:
" Besorgung des Exekutivdienstes
§ 5. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes versehen für die Sicherheitsbehörden den Exekutivdienst.
(2) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind
1. Angehörige des Wachkörpers Bundespolizei,
...
Richtlinien für das Einschreiten
§ 31. (1) Der Bundesminister für Inneres hat zur Sicherstellung wirkungsvollen einheitlichen Vorgehens und zur Minderung der Gefahr eines Konfliktes mit Betroffenen durch Verordnung Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu erlassen.
...
Beschwerden wegen Verletzung von Richtlinien für das Einschreiten
§ 89. (1) Insoweit mit einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht die Verletzung einer gemäß § 31 festgelegten Richtlinie behauptet wird, hat das Landesverwaltungsgericht sie der zur Behandlung einer Aufsichtsbeschwerde in dieser Sache zuständigen Behörde zuzuleiten.
(2) Menschen, die in einer binnen sechs Wochen, wenn auch beim Landesverwaltungsgericht (Abs. 1), eingebrachten Aufsichtsbeschwerde behaupten, beim Einschreiten eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes, von dem sie betroffen waren, sei eine gemäß § 31 erlassene Richtlinie verletzt worden, haben Anspruch darauf, daß ihnen die Dienstaufsichtsbehörde den von ihr schließlich in diesem Punkte als erwiesen angenommenen Sachverhalt mitteilt und sich hiebei zur Frage äußert, ob eine Verletzung vorliegt.
(3) Wenn dies dem Interesse des Beschwerdeführers dient, einen Vorfall zur Sprache zu bringen, kann die Dienstaufsichtsbehörde eine auf die Behauptung einer Richtlinienverletzung beschränkte Beschwerde zum Anlaß nehmen, eine außerhalb der Dienstaufsicht erfolgende Aussprache des Beschwerdeführers mit dem von der Beschwerde betroffenen Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu ermöglichen. Von einer Mitteilung (Abs. 2) kann insoweit Abstand genommen werden, als der Beschwerdeführer schriftlich oder niederschriftlich erklärt, klaglos gestellt worden zu sein.
(4) Jeder, dem gemäß Abs. 2 mitgeteilt wurde, daß die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, hat das Recht, binnen 14 Tagen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts zu verlangen, in dessen Sprengel das Organ eingeschritten ist; dasselbe gilt, wenn eine solche Mitteilung (Abs. 2) nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergeht. Das Landesverwaltungsgericht hat festzustellen, ob eine Richtlinie verletzt worden ist."
Gegenstand einer Richtlinienbeschwerde ist somit das Verhalten von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (vgl. § 5 SPG), das am Maßstab der gemäß § 31 SPG erlassenen RLV zu messen ist. Damit ist die Richtlinienbeschwerde eine "Verhaltensbeschwerde" nach Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG und hat "typenfreies" Verwaltungshandeln zum Gegenstand (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom , G 193/2014, G 206/2014, G 215/2014 und G 218/2014, (Rz. 42 f).
In der vorliegenden Rechtssache war Gegenstand der Richtlinienbeschwerde die telefonische Vorladung des Mitbeteiligten durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Dienste der Strafjustiz. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass dieses Verhalten § 4 RLV verletzte.
§ 4 der Verordnung des Bundesministers für Inneres, mit der Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erlassen werden (Richtlinien-Verordnung - RLV), BGBl. Nr. 266/1993 in der Fassung BGBl. II Nr. 155/2012, lautet:
" Freiwillige Mitwirkung oder Duldung
§ 4. Soll ein Mensch an einer Amtshandlung freiwillig mitwirken oder sie freiwillig dulden, so dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes diese Freiwilligkeit nur in Anspruch nehmen, wenn nach den Umständen des Falles kein Zweifel daran besteht, daß der Betroffene sich der Freiwilligkeit bewußt ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass sich die Rechtsfrage, ob der Betroffene von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei einer Blutabnahme nach § 5 Abs. 10 StVO über die Freiwilligkeit seiner Mitwirkung aufgeklärt wurde, schon deshalb nicht stellt, weil eine Amtshandlung im Sinne von § 4 RLV nicht vorgenommen wurde (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2014/01/0028). Dieser Rechtsprechung liegt zugrunde, dass eine Inanspruchnahme der Freiwilligkeit nach § 4 RLV nicht vorliegt, wenn sich die Amtshandlung bereits auf eine andere gesetzliche Ermächtigung stützen kann.
Die Amtsrevision bringt vor, eine freiwillige Mitwirkung nach § 4 RLV sei im vorliegenden Fall nicht erfolgt, da sich die telefonische Vorladung des Mitbeteiligten auf § 153 Abs. 2 StPO habe stützen können.
Dies ist aus folgenden Erwägungen zu verneinen:
Telefonische Vorladung und § 153 Abs. 2 StPO § 153 der Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 (StPO), lautet:
" Vernehmungen
§ 153. (1) Vernehmungen dienen der Aufklärung einer Straftat und der Beweisaufnahme.
(2) Eine Person, die vernommen werden soll, ist in der Regel schriftlich vorzuladen. Die Ladung muss den Gegenstand des Verfahrens und der Vernehmung sowie den Ort, den Tag und die Stunde ihres Beginns enthalten. Der Beschuldigte und das Opfer sind darin über ihre wesentlichen Rechte im Verfahren (§§ 50 und 70) zu informieren, soweit dies nicht bereits zuvor geschehen ist. Jedermann ist verpflichtet, eine solche Ladung zu befolgen und kann im Fall seines ungerechtfertigten Ausbleibens vorgeführt werden, wenn dies in der Ladung ausdrücklich angedroht wurde.
(3) Die Staatsanwaltschaft, in den Fällen der §§ 104, 105 und 107 das Gericht, kann die Vorführung des Beschuldigten zur sofortigen Vernehmung anordnen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass der Beschuldigte sich andernfalls dem Verfahren entziehen oder Beweismittel beeinträchtigen werde. Wenn eine solche Anordnung wegen Gefahr im Verzug nicht eingeholt werden kann oder wenn der Beschuldigte auf frischer Tat betreten oder unmittelbar danach glaubwürdig der Tatbegehung beschuldigt wird oder mit Gegenständen betreten wird, die auf seine Beteiligung an der Tat hinweisen, kann die Kriminalpolizei ihn von sich aus vorführen.
..."
Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Ladung im Verwaltungsstrafverfahren ausgesprochen, es müsse nachträglich überprüfbar sein, ob die Ladung die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben des § 41 Abs. 1 und 2 VStG enthalten habe; diese Möglichkeit bestehe aber in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nur im Falle der schriftlichen Ladung. Somit entspreche die bloß telefonische Ladung nicht den gesetzlichen Vorschriften (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/02/0088, mwN).
Gleiches gilt für eine Vorladung nach § 153 Abs. 2 StPO: Nach dieser Bestimmung sind Beschuldigte und Zeugen zu ihrer Vernehmung in der Regel schriftlich vorzuladen (vgl. § 153 Abs. 2 erster Satz StPO). Eine solche schriftliche Ladung entfällt lediglich bei sofortiger Vorführung des Beschuldigten nach § 153 Abs. 3 erster Satz StPO (Flucht- oder Verdunkelungsgefahr) sowie dann, wenn der Befragende anwesend und nach förmlicher Information über seine Stellung im Verfahren zur sofortigen Vernehmung bereit ist (vgl. Kirchbacher in Fuchs/Ratz , Wiener Kommentar zur Strafprozessordnung,
194. Lieferung (2013) Rz 2, 6 und 14 zu § 153 StPO, mwN).
Eine bloß telefonische Ladung des Beschuldigten kann sich dagegen nicht auf § 153 Abs. 2 StPO stützen. Vielmehr schließt § 153 StPO entgegen der Auffassung der Amtsrevisionswerberin eine telefonische Ladung aus und sieht neben der schriftlichen Ladung die Vorführung des Beschuldigten in den vom Gesetz genannten (dringlichen) Fällen vor.
Verletzung des § 4 RLV
Da sich die telefonische Ladung des Mitbeteiligten somit nicht auf § 153 Abs. 2 StPO stützen konnte und eine andere Rechtsgrundlage nicht zu sehen ist, kommt für die gewählte Vorgangsweise nur die freiwillige Mitwirkung nach § 4 RLV in Frage.
In dieser Hinsicht hat das Verwaltungsgericht in vertretbarer Beurteilung des Einzelfalles festgehalten, dass § 4 RLV verletzt worden ist, weil nicht festgestellt werden konnte, dass der Mitbeteiligte über die Freiwilligkeit seiner Mitwirkung aufgeklärt wurde.
Der Feststellung einer Verletzung des § 4 RLV durch das Verwaltungsgericht steht auch nicht der von der Amtsrevisionswerberin erhobene Einwand der Unzuständigkeit entgegen. Zwar richtet sich nach der neuen Rechtslage mit der Rechtsschutz gegen sicherheitsbehördliche Maßnahmen (Befehls- und Zwangsakte) nicht mehr danach, ob eine gerichtliche Ermächtigung oder staatsanwaltschaftliche Anordnung vorliegt oder nicht, sondern nach der Rechtsgrundlage, auf Grund derer die Sicherheitsbehörde bzw. die Organe der öffentlichen Sicherheit eingeschritten sind. Bei dieser Zuständigkeitsabgrenzung ist maßgeblich, ob die Sicherheitsbehörden bzw. deren Exekutivorgane strafprozessuale oder sicherheits- bzw. verwaltungspolizeiliche Befugnisse ausüben, maW ob sich diese in concreto - bei objektiver Betrachtungsweise - rechtens auf die StPO oder auf andere gesetzliche Bestimmungen stützen bzw. - bei subjektiver Betrachtungsweise - zumindest stützen zu können glauben (vgl. zu allem das Erkenntnis des , G 5/2015, mit dem die Wortfolge "Kriminalpolizei oder" im § 106 Abs. 1 StPO mit Ablauf des als verfassungswidrig aufgehoben wurde; Rzen. 64 bis 66).
Diese Rechtsprechung betrifft die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Einspruch wegen Rechtsverletzung an die ordentlichen Gerichte gemäß § 106 Abs. 1 StPO einerseits und der Maßnahmenbeschwerde an die Verwaltungsgerichte gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG andererseits (vgl. das zitierte Erkenntnis des Rzen. 60 und 61).
Die Richtlinienbeschwerde ist als Verhaltensbeschwerde (vgl. das zitierte Erkenntnis des Rz. 43, vgl. weiter das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/01/0032, wonach die RLV keine subjektiven Rechte gewährt) daher auch bei Amtshandlungen im Dienste der Strafjustiz zulässig (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/01/0325, zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012).
Dass das somit zuständige Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung der vorliegenden Richtlinienbeschwerde nach § 89 Abs. 4 SPG vorfragenweise auch prüfte, ob sich die gerügte Amtshandlung der Kriminalpolizei (telefonische Vorladung) auf § 153 StPO stützen konnte, begegnet keinen Bedenken.
Ergebnis
Der Inhalt der vorliegenden Revision lässt somit erkennen, dass die von der Amtsrevisionswerberin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am