VwGH 30.06.2015, Ra 2015/01/0010
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Nichtstattgebung - Angelegenheit nach dem Asylgesetz 2005 - Mit dem angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen einen Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Durch einen solchen Beschluss werden subjektive Rechte, etwa auf Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde, an welche die Sache verwiesen wurde, oder auf Beachtung der im Beschluss des Verwaltungsgerichtes ausgesprochenen Rechtsansicht gestaltet; auch ein solcher Beschluss ist daher einem Vollzug im Sinne einer Umsetzung in die Wirklichkeit zugänglich und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. etwa die zu § 66 Abs. 2 AVG ergangenen, auf die Rechtslage nach § 28 VwGVG übertragbaren hg. Beschlüsse vom , Zl. AW 2013/07/0037, vom , Zl. AW 2013/07/0002, und vom , Zl. AW 2009/07/0029, mwN). Im vorliegenden Fall hätte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zur Folge, dass die Verwaltungsbehörde die ihr vom Bundesverwaltungsgericht aufgetragenen Verfahrensschritte (im Wesentlichen die Durchführung weiterer Ermittlungen zur behaupteten Zugehörigkeit des Revisionswerbers zu einer näher genannten Minderheitengruppe, zur Frage, ob die erhebliche Verletzung des Revisionswerbers an der Hand mit seinem diesbezüglichen Fluchtvorbringen in Einklang zu bringen ist sowie zur Frage der Behandlungsbedürftigkeit der Verletzung bzw. Behandlungsmöglichkeit im Herkunftsstaat) vorläufig nicht durchführen und einen Ersatzbescheid nicht erlassen dürfte. Das Vorbringen des Revisionswerbers zeigt nicht auf, dass die Fortführung des Verfahrens und gegebenenfalls die Erlassung eines Ersatzbescheides einen unverhältnismäßigen Nachteil für den Revisionswerber mit sich brächten. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben. |
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RS 1 | In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom , Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom , Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom , Ra 2014/20/0029, mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2014/01/0205 E RS 1 |
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RS 2 | Auch wenn das Verwaltungsgericht die beweiswürdigenden Erwägungen einer Verwaltungsbehörde nicht teilt, führt dies allein noch nicht dazu, dass von einem Unterlassen gebotener Ermittlungsschritte iSd § 28 Abs. 3 VwGVG gesprochen werden könnte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/20/0146). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2015/08/0178 E RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des A, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, der gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W168 1427082- 1/15E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Asylgesetz 2005, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom , mit dem sein Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß §§ 3 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z. 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat "Somalia/Somaliland" gemäß §§ 8 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Revisionswerber gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Somalia/Somaliland" ausgewiesen worden war, gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wird dieser Antrag im Wesentlichen damit, dass eine Verfahrensfortführung durch die Verwaltungsbehörde während des anhängigen Revisionsverfahrens drohe, die "auf jeden Fall hintanzuhalten" sei. Dies liege im Interesse des Revisionswerbers, dem andernfalls bei einer "derartigen, zweigleisigen Verfahrensführung" ein "unwiederbringlicher Schaden" drohe.
Gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz VwGG hat die Revision keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Bescheid der Verwaltungsbehörde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Durch einen solchen Beschluss werden subjektive Rechte, etwa auf Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde, an welche die Sache verwiesen wurde, oder auf Beachtung der im Beschluss des Verwaltungsgerichtes ausgesprochenen Rechtsansicht gestaltet; auch ein solcher Beschluss ist daher einem Vollzug im Sinne einer Umsetzung in die Wirklichkeit zugänglich und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. etwa die zu § 66 Abs. 2 AVG ergangenen, auf die Rechtslage nach § 28 VwGVG übertragbaren hg. Beschlüsse vom , Zl. AW 2013/07/0037, vom , Zl. AW 2013/07/0002, und vom , Zl. AW 2009/07/0029, mwN).
Im vorliegenden Fall hätte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zur Folge, dass die Verwaltungsbehörde die ihr vom Bundesverwaltungsgericht aufgetragenen Verfahrensschritte (im Wesentlichen die Durchführung weiterer Ermittlungen zur behaupteten Zugehörigkeit des Revisionswerbers zu einer näher genannten Minderheitengruppe, zur Frage, ob die erhebliche Verletzung des Revisionswerbers an der Hand mit seinem diesbezüglichen Fluchtvorbringen in Einklang zu bringen ist sowie zur Frage der Behandlungsbedürftigkeit der Verletzung bzw. Behandlungsmöglichkeit im Herkunftsstaat) vorläufig nicht durchführen und einen Ersatzbescheid nicht erlassen dürfte.
Mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen wird allerdings nicht dargelegt, dass die Fortführung des Verfahrens und gegebenenfalls die Erlassung eines Ersatzbescheides einen unverhältnismäßigen Nachteil für den Revisionswerber mit sich brächte. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des A H in G, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W168 1427082-1/15E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Asylgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) diesen Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab und sprach gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 die Ausweisung des Revisionswerbers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Somalia/Somaliland" aus.
3 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde. 4 Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG statt, behob den Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.
5 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensganges (und Hinweis darauf, dass das Bundesasylamt den Angaben des Revisionswerbers, er gehöre der Minderheit der "Boon" an und stamme aus Südsomalia, ebenso wenig Glauben geschenkt habe wie seinem Vorbringen zu den Fluchtgründen) und der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe angegeben, dass er aufgrund der Zugehörigkeit zur Minderheit der "Boon" Probleme habe. Das Bundesasylamt habe "eine umfassende Einvernahme" durchgeführt, es hätten jedoch zu diesem Vorbringen "keine relevanten Nachfragen" stattgefunden. Diesbezügliche Abklärungen wären im "Hinblick auf eine allfällige Rückkehrsituation" erforderlich gewesen. Das Bundesasylamt habe es unterlassen, Länderfeststellungen mit einem ausreichenden Bezug zum Vorbringen des Revisionswerbers zu seiner Zugehörigkeit zur genannten Gruppe zu treffen und sein Vorbringen vor diesem Hintergrund zu würdigen.
6 Weiters vermisse das Bundesverwaltungsgericht eine Auseinandersetzung mit der vom Revisionswerber vorgebrachten Verletzung an der rechten Hand. Diese sei ihm seinen Angaben zufolge von Mitgliedern der Al-Shabaab Miliz zugefügt worden. Die Verwaltungsbehörde werde geeignete Abklärungen vorzunehmen und zu untersuchen haben, ob diese Verletzung sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu ihrer Entstehungsart und ihrem Entstehungszeitpunkt decke. Weiters werde abzuklären sein, ob diese Verletzung einer weiteren Behandlung bedürfe, und ob im Herkunftsstaat des Revisionswerbers Behandlungsmöglichkeiten vorhanden seien und diese ihm zur Verfügung stünden. Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur Gesundheitsversorgung in Somalia seien nicht ausreichend.
7 Ebenso seien zur Frage des subsidiären Schutzes "keine individuellen und einzelfallbezogenen Abklärungen" vorgenommen worden. Es sei erforderlich, die den Revisionswerber "unmittelbar treffenden persönlichen Umstände ergänzend abzuklären und diese einer einzelfallbezogenen Würdigung zu unterziehen". Erst "nach Vorliegen dieser umfassenden Informationen und Abklärungen" könne das Bundesverwaltungsgericht seiner umfassenden Überprüfungsfunktion nachkommen. Eine mündliche Verhandlung habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen können.
8 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht nahm von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Die Revision führt zur Zulässigkeit gemäß § 28 Abs. 3 VwGG (u.a.) aus, das Verwaltungsgericht habe durch seine Entscheidung, die Sache an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen, seine meritorische Entscheidungspflicht verletzt. Das Verwaltungsgericht sei dabei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/03/0063) abgewichen. Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG nicht erfüllt.
11 Die Revision ist zulässig und begründet.
12 Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
13 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt seit seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/03/0063, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann, zu § 28 VwGVG - unter Hinweis auf die einschlägigen Gesetzesmaterialien - die Auffassung, dass in dieser Bestimmung ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert ist, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (vgl. aus der hg. Rechtsprechung das Erkenntnis vom , Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/20/0029, mwN).
14 Diese Voraussetzungen liegen nicht vor:
15 Das Bundesasylamt hat im vorliegenden Fall eine Sprachanalyse eingeholt. Dem diesbezüglichen Bericht eines schwedischen Instituts vom ist zu entnehmen, dass der sprachliche Hintergrund des Revisionswerbers mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der Region Togdheer und dem nordwestlichen Somalia zuzuordnen sei und der von ihm behauptete Hintergrund (Marka in der unteren Shabeele-Region im südlichen Somalia) einen sehr geringen Wahrscheinlichkeitsgrad aufweise. Das Bundesasylamt hat den Revisionswerber dazu ergänzend einvernommen. Auf das genannten Sprachgutachten sowie (u.a.) auf näher dargestellte Aussagedivergenzen gestützt hat das Bundesasylamt die behauptete Herkunft des Revisionswerbers aus Marka und die darauf bezogenen Fluchtgründe sowie die Zugehörigkeit zur Gruppe der "Boon" als unglaubwürdig angesehen. Das Bundesasylamt ging im Weiteren davon aus, dass der Revisionswerber in Wahrheit aus "Nordsomalia/Somaliland" stamme und traf (u.a.) darauf bezogene Länderfeststellungen.
16 Damit ist nicht ersichtlich, dass die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat, oder dass sie (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
17 Soweit das Bundesverwaltungsgericht die Ansicht vertritt, das Bundesasylamt hätte zur Frage der Zugehörigkeit zur genannten Gruppe "relevante Nachfragen" unterlassen, diesbezügliche "Abklärungen" vornehmen bzw. "Länderfeststellungen mit einem ausreichenden Bezug zum Vorbringen des Revisionswerbers" treffen und sein Vorbringen vor diesem Hintergrund würdigen müssen bzw. zur Frage des subsidiären Schutzes "individuelle und einzelfallbezogene Abklärungen" vornehmen müssen, wird schon nicht dargelegt, welche konkreten Ermittlungsschritte aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes von der Verwaltungsbehörde unterlassen wurden. Davon abgesehen beruht die wiedergegebene Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes - ohne dies offenzulegen - darauf, dass die beweiswürdigenden Überlegungen des Bundesasylamtes nicht geteilt oder nicht als ausreichend angesehen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits ausgesprochen, dass der Umstand allein, dass ein Verwaltungsgericht die beweiswürdigenden Erwägungen einer Verwaltungsbehörde nicht teilt, nicht dazu führt, dass von einem Unterlassen gebotener Ermittlungsschritte iSd § 28 Abs. 3 VwGVG gesprochen werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/20/0146).
18 Soweit das Bundesverwaltungsgericht eine - offenbar gemeint: sachverständige - Auseinandersetzung mit der vom Revisionswerber vorgebrachten Verletzung an der rechten Hand vermisst, ist dazu festzuhalten, dass derartigen Ermittlungen im Asylverfahren besondere Bedeutung zukommen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/01/0355, unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , 95/01/0434). Für den vorliegenden Fall legt das Bundesverwaltungsgericht allerdings nicht dar, warum vor dem Hintergrund der Behauptungen des Revisionswerbers (die Verletzung sei Anfang 2009 in Marka im Zusammenhang mit der von ihm betriebenen Videothek zugefügt worden, der Revisionswerber habe danach sein Geschäft für ein Jahr geschlossen, von 2010 bis Mitte 2011 erneut ein Geschäft für gebrauchte Elektronik in Marka betrieben und sei wegen nicht bezahlter Geldforderungen durch die Al-Shabaab Mitte 2011 ausgereist) von krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken im Sinne der hg. Judikatur auszugehen wäre, steht die in Rede stehende Verletzung doch insofern in keinem zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/19/0459, mwN). Im Übrigen rechtfertigen auch die für den Fall der Behandlungsbedürftigkeit der Verletzung als unzureichend angesehenen Feststellungen des Bundesasylamtes zur Gesundheitsversorgung in Somalia ein Vorgehen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/01/0205, mwN).
19 Der angefochtene Beschluss war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
20 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Da der Revisionswerber von der Entrichtung der Eingabegebühr befreit wurde, war das den Ersatz dieser Gebühr betreffende Mehrbegehren abzuweisen.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015010010.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAE-92334