VwGH vom 02.07.2010, 2007/09/0149
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des HB in T, vertreten durch Dr. Gerhard Stranzinger, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Schwanthalergasse 10, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten vom , Zl. 41.550/438-9/07, betreffend Beschädigtenrente nach dem Heeresversorgungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde am geboren und absolvierte in der Zeit vom bis zum eine Lehre zum Elektroinstallateur. Am legte er die Lehrabschlussprüfung ab. Vom bis zum leistete er den Präsenzdienst bzw. den Wehrdienst als Zeitsoldat ab.
Mit Bescheid des Militärkommandos Salzburg vom wurde ihm die berufliche Bildung gemäß § 69b des Wehrgesetzes bewilligt. Am begann der Beschwerdeführer eine Diplomausbildung für den radiologischtechnischen Dienst.
Während dieser Ausbildung zog sich der Beschwerdeführer am die als Dienstbeschädigung nach dem HVG anerkannte Gesundheitsschädigung (nach der Aktenlage: Fraktur des rechten Radiusköpfchens) zu.
Mit Diplomprüfung vom schloss der Beschwerdeführer die Ausbildung an der medizinisch-technischen Akademie für den radiologisch-technischen Dienst mit ab.
Mit Antrag auf Versorgung nach dem Heeresversorgungsgesetz (in der Folge: HVG) vom begehrte der Beschwerdeführer eine Beschädigtenrente ab dem . Am stellte er den Antrag auf Änderung des Zeitraums zur Berechnung der Bemessungsgrundlage gemäß § 24 Abs. 8 HVG und verzichtete auf eine Vergleichsberechnung des kollektivvertraglichen Arbeitslohnes gemäß § 24 Abs. 8 HVG für den Zeitraum bis .
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Bundessozialamt), Landesstelle Oberösterreich, sprach mit Bescheid vom dem Beschwerdeführer die Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vH ab in der Höhe von EUR 295,80 zu und wies den Antrag auf Rentenbemessung entsprechend der Bestimmung des § 24 Abs. 8 HVG auf der Basis der mit abgeschlossenen beruflichen Ausbildung für den radiologischtechnischen Dienst ab.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen.
Begründend führte sie aus, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom bis Präsenzdienst bzw. Wehrdienst als Zeitsoldat geleistet habe. Das schädigende Ereignis sei am eingetreten und bedinge zum Antragszeitpunkt aus medizinischer Sicht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vH. Im Jahr vor dem schädigenden Ereignis habe der Beschwerdeführer über kein für die Berechnung der Bemessungsgrundlage verwertbares Einkommen verfügt. Aus dem Einkommen im Jahr vor der militärischen Dienstleistung errechne sich eine Bemessungsgrundlage von EUR 20.702,65.
Nach der Bestimmung des § 24 Abs. 8 HVG sei dieser Bemessungsgrundlage die fiktiv auf die Berufsausbildung abgestellte Bemessungsgrundlage gegenüberzustellen. Für die Beurteilung nach dieser Gesetzespassage sei grundsätzlich jene Berufsausbildung maßgeblich, die durch den Präsenzdienst unterbrochen worden bzw. während der das schädigende Ereignis eingetreten sei.
Eine Einschränkung erfahre diese Berechnungsvariante durch die Bestimmung "hierbei sind solche Erhöhungen des Einkommens nicht zu berücksichtigen, die der Beschädigte erst nach Vollendung seines 30. Lebensjahres erreicht hätte".
Daraus sei abzuleiten, dass nur die berufsbedingten Steigerungen bis zum 30. Lebensjahr der Rentenberechnung zu Grunde zu legen seien, die Ausbildung selbst jedoch bereits vor dem Erreichen des 30. Lebensjahres abgeschlossen sein müsse, um eine entsprechende Berücksichtigung zu finden. Diese Grenze sei auch aus dem Wortlaut des § 24 Abs. 8 HVG "... Diese Bestimmung ist entsprechend für Beschädigte anzuwenden, die zur Zeit des Eintrittes des schädigenden Ereignisses noch nicht 30 Jahre alt waren; ..." ersichtlich.
Für den Fall, dass eine berufliche Ausbildung nicht rechtzeitig vor dem 30. Lebensjahr abgeschlossen worden sei, könne der Rentenberechnung jene Bemessungsgrundlage zu Grunde gelegt werden, die sich auf Grund der Ausbildung ergebe, die bereits vor dem 30. Lebensjahr abgeschlossen werden habe können.
Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer vor dem 30. Lebensjahr in der Zeit vom bis eine Lehre zum Elektroinstallateur absolviert und am die Lehrabschlussprüfung abgelegt. Auf eine Vergleichsberechnung unter Zugrundelegung dieser Ausbildung habe der Beschwerdeführer ausdrücklich verzichtet, da die Errechnung der Bemessungsgrundlage auf diese Art für ihn nicht günstiger sei.
In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer im Rahmen der beruflichen Bildung beim Bundesheer in der Zeit vom bis die medizinisch-technische Akademie für den radiologisch-technischen Dienst besucht und diese Ausbildung erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres am mit Ablegung der vorgeschriebenen Diplomprüfung abgeschlossen. Eine Neubemessung der Rente unter Heranziehung der abgeschlossenen Diplomausbildung sei somit nicht möglich. Die erstinstanzliche Berechnung der Beschädigtenrente entspreche somit den gesetzlichen Bestimmungen, die rechnerische Richtigkeit sei ebenfalls gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde, in der die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Fall wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vH festgestellt und dem Beschwerdeführer eine Beschädigtenrente zuerkannt. Sowohl in der Berufung, als auch nunmehr in der Beschwerde hat sich der Beschwerdeführer gegen die Berechnung dieser Beschädigtenrente gewendet und vorgebracht, die Bemessungsgrundlage sei nicht anhand des in den Jahren 1991 und 1992 erzielten sozialversicherungspflichtigen Einkommens (zuzüglich des Aufwertungsfaktors für diese Jahre) zu errechnen gewesen. Vielmehr wäre jenes Einkommen heranzuziehen gewesen, das für Personen gleicher Ausbildung (Ausbildung zum radiologischtechnischen Dienst) durch Kollektivvertrag festgesetzt sei oder sonst von ihnen im Durchschnitt erreicht werde, da er sich zum Eintritt des schädigenden Ereignisses noch in einer Berufsausbildung befunden habe.
Die belangte Behörde ist dieser Sichtweise mit dem Argument entgegen getreten, dass der Beschwerdeführer diese Ausbildung erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres mit Ablegung der vorgeschriebenen Diplomprüfung abgeschlossen habe. Um die fiktive auf die Berufsausbildung abgestellte Bemessungsgrundlage heranziehen zu können, hätte die Ausbildung selbst bereits vor dem Erreichen des 30. Lebensjahres abgeschlossen sein müssen.
Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen des § 24 Heeresversorgungsgesetz, BGBl. Nr. 27/1964, in der Fassung BGBl. Nr. 209/1985, lauten auszugsweise:
"§ 24.
(1) Bemessungsgrundlage bildet bei einem Beschädigten, der unselbständig erwerbstätig ist, ein Vierzehntel des Jahreseinkommens, das der Beschädigte vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses oder - wenn dies für ihn günstiger ist - vor dem Antritt der militärischen Dienstleistung erzielt hat. Fallen in den Zeitraum des letzten Jahres vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses oder vor dem Antritt der militärischen Dienstleistung Zeiten, in denen der Beschädigte infolge Erkrankung, Unfalls, Arbeitslosigkeit, Teilnahme an Förderungsmaßnahmen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, oder vorübergehender Kurzarbeit kein oder nicht das volle Arbeitseinkommen bezogen hat, so verlängert sich der Zeitraum um diese Zeiten; bei der Festsetzung der Bemessungsgrundlage bleiben diese Zeiten außer Betracht. Zeiten, in denen ein Beschädigter Grundwehrdienst oder Truppenübungen oder die ersten sechs Monate des Ausbildungsdienstes geleistet hat, haben bei der Feststellung des Bemessungszeitraumes zur Gänze unberücksichtigt zu bleiben. Ergeben sich für den Beschädigten dadurch Härten, dass eine erstmalig aufgenommene Erwerbstätigkeit vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses oder vor dem Antritt der militärischen Dienstleistung noch nicht ein Jahr gedauert hat, so ist die Bemessungsgrundlage nach dem Jahresdurchschnittseinkommen festzusetzen, das eine Person gleichen Berufes unter gleichen Voraussetzungen üblicherweise erzielt.
…
(8) Befand sich der Beschädigte zur Zeit des Eintrittes des schädigenden Ereignisses noch in einer Berufs- oder Schulausbildung, so wird von dem Zeitpunkt ab, in dem die begonnene Ausbildung voraussichtlich abgeschlossen gewesen wäre, die Bemessungsgrundlage jeweils nach dem Einkommen errechnet, das für Personen gleicher Ausbildung durch Kollektivvertrag festgesetzt ist oder sonst von ihnen im Durchschnitt erreicht wird; hiebei sind solche Erhöhungen des Einkommens nicht zu berücksichtigen, die der Beschädigte erst nach Vollendung seines 30. Lebensjahres erreicht hätte. Diese Bestimmung ist entsprechend für Beschädigte anzuwenden, die zur Zeit des Eintrittes des schädigenden Ereignisses noch nicht 30 Jahre alt waren, sofern die Errechnung der Bemessungsgrundlage auf diese Art für den Beschädigten günstiger ist. Erfolgte eine berufliche Ausbildung gemäß § 17, so ist von dem hiedurch erlernten Beruf auszugehen, sofern dies für den Beschädigten günstiger ist."
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 84/09/0103, ausgesprochen hat, ist die Bestimmung des § 24 Abs. 8 HVG auf Beschädigte anzuwenden, welche - wie der Beschwerdeführer - die Schädigung vor dem Abschluss einer Berufs- oder Schulausbildung erlitten haben. Grundsätzlich ist - abgesehen vom Falle der beruflichen Ausbildung des § 17 HVG - nicht vom tatsächlich erlernten Beruf auszugehen, sondern es ist der Beruf zu ermitteln, den der Beschädigte ohne die Schädigung ausgeübt hätte. Als Vergleichseinkommen ist hiebei das durch Kollektivvertrag festgesetzte oder sonst zu ermittelnde monatliche Durchschnittseinkommen einer höchstens 30-jährigen Person jener Berufs- oder Wirtschaftsgruppe zu ermitteln, der der Beschädigte nach seinem im Zeitpunkt des Schadeneintrittes gezeigten Ausbildungsstand wahrscheinlich (arg.: ..."so wird von dem Zeitpunkt ab, in dem die begonnene Ausbildung voraussichtlich abgeschlossen gewesen wäre, …") angehört hätte.
Dies hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall außer Acht gelassen, indem sie nur auf solche Ausbildungen abstellte, die vor dem 30. Lebensjahr abgeschlossen wurden, und als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Beschädigtenrente das sozialversicherungspflichtige Einkommen des Beschwerdeführers in den Jahren 1991 und 1992 und nicht das durch Kollektivvertrag festgesetzte (oder sonst zu ermittelnde) monatliche Durchschnittseinkommen einer höchstens 30-jährigen Person mit der Ausbildung zum radiologisch-technischen Dienst heranzog.
Dadurch hat sie den bekämpften Bescheid jedoch mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-92319