VwGH vom 18.05.2016, Ro 2014/17/0117

VwGH vom 18.05.2016, Ro 2014/17/0117

Spruch

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Dr. B A, Rechtsanwalt in G, als Masseverwalter über das Vermögen der GBV G B- und V GmbH in Leoben, vertreten durch die hba Held Berdnik Astner Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Karmeliterplatz 4, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , ABK-230/2012, betreffend Vergnügungssteuer nach dem Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005 für den Zeitraum März bis Mai 2012, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die GBV G B- und V GmBH (nunmehrige Gemeinschuldnerin) betrieb in Wien 22 eine Diskothek ("Club C").

2 Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gemäß den §§ 1, 3, 8 und 13 des Vergnügungssteuergesetzes 2005 (VGSG), LGBl für Wien Nr 56/2005, in Verbindung mit §§ 184 und 201 Bundesabgabenordnung (BAO), für die im Zeitraum März bis Mai 2012 in diesem Lokal durchgeführten Publikumstanzveranstaltungen und den anlässlich dieser Veranstaltungen erfolgten Verkauf von Getränken eine Vergnügungssteuer in der Höhe von insgesamt EUR 103.508,47 vor. Für den Monat März 2012 berechnete er die Steuer mit 15 % von den Einnahmen der Eintrittsgelder und mit 8 % von den Einnahmen aus dem Verkauf von Getränken. Für die Monate April und Mai 2012 setzte sich die Vergnügungssteuer aus einer Raumpauschsteuer und einer Steuer in der Höhe von 8 % von den Einnahmen für verkaufte "Bonusbänder" und Getränke zusammen. Weiters wurde gemäß § 217 Abs 1 und 2 BAO wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Vergnügungssteuer ein Säumniszuschlag in der Höhe von EUR 1.727,61 auferlegt.

Das Magistrat der Stadt Wien ging in seiner Begründung davon aus, dass für die zu besteuernde Veranstaltung in den Monaten April und Mai 2012 im Gegensatz zum Monat März 2012 kein Eintrittsgeld erhoben worden sei, weshalb gemäß § 3 Abs 7, 8 und 9 VGSG 2005 eine Raumpauschsteuer vorzuschreiben sei. Darüber hinaus seien gemäß § 3 Abs 3 VGSG 2005 die Umsätze aus dem Verkauf der "Bonusbänder" und der Getränke steuerpflichtig. Die Gemeinschuldnerin sei anlässlich der Anmeldung ihrer Veranstaltungen zur Vereinfachung der Berechnung der Vergnügungssteuer einer Vereinbarung gemäß § 18 VGSG 2005 beigetreten und habe sich dadurch verpflichtet, sämtliche anlässlich der Veranstaltung erzielten Losungen aus dem Verkauf von Getränken und der Erbringung sonstiger Leistungen abzüglich der Umsatzsteuer, des Bedienungsgeldes oder Bedienungsäquivalents mit 8 % der Vergnügungssteuer zu unterziehen.

3 In der dagegen erhobenen Berufung führte die Gemeinschuldnerin aus, dass sie seit April 2012 ein neues System eingeführt habe, um den Geschäftsgang zu verbessern. Seit diesem Zeitpunkt sei es möglich, entweder unentgeltlich an den Tanzveranstaltungen teilzunehmen oder ein "Bonusband" um einen bestimmten Betrag zu erwerben. Das "Bonusband" ermögliche dem Gast Getränke um einen ermäßigten Preis zu kaufen. Der Gast könne frei entscheiden, ob er ein "Bonusband" erwerben wolle oder nicht. Da der Erwerb des "Bonusbandes" kein Eintrittsgeld darstelle, dürfe Vergnügungssteuer lediglich als (nach der Größe der Räumlichkeiten berechnete) Pauschsteuer gemäß § 3 Abs 7 VGSG eingehoben werden. Die Heranziehung der Konsumationsumsätze zur Festsetzung der Vergnügungssteuer sowie die Hinzurechnung der "Bonusband-Erlöse" zu den Konsumationsumsätzen in den Monaten April und Mai 2012 sei nicht rechtmäßig.

4 Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Vergnügungssteuer für die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum durchgeführten Publikumstanzveranstaltungen sowie den anlässlich dieser steuerpflichtigen Veranstaltungen erfolgten Verkauf von Speisen und Getränken mit insgesamt EUR 105.941,43 fest. Der Säumniszuschlag wurde gemäß § 217 Abs 1 und 2 BAO auf EUR 1.776,27 angehoben. Im Übrigen wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die ab April 2012 von den Besuchern für die "Bonusbänder" zu bezahlenden Entgelte seien Entgelte im Sinne des § 8 Abs 1 VGSG 2005 und als Eintrittsgelder, die einer Berechnung als Pauschsteuer gemäß § 3 Abs 7 VGSG 2005 entgegenstünden, zu qualifizieren. Nur der Erwerb eines "Bonusbandes" habe den Konsum von Getränken zu regional branchenüblichen Preisen ermöglicht. Gäste ohne "Bonusband" hätten die doppelten Getränkepreise zu zahlen gehabt. Da der Besuch einer Diskothek die Konsumation von - mehr oder weniger - Getränken einschließe, sei diese Preisgestaltung die Fortführung des zuvor bestandenen Eintrittskartensystems. Die Wahlfreiheit der Besucher sei gering. Bei einer solchen Preisgestaltung werde der Kunde schon aus wirtschaftlichen Überlegungen ein "Bonusband" erwerben. Dies belege die Praxis, wonach kaum Besucher vom Erwerb einer "Bonuskarte" abgesehen hätten. Sei kein "Bonusband" erworben worden, sei der Eintritt faktisch beim Kauf der Getränke zum erhöhten Preis zu bezahlen gewesen. Die Gestaltung der Eintrittsmodalitäten und der Getränkepreise stelle im Vergleich zum "klassischen" Verkauf von Eintrittskarten ein komplexeres Eintrittsmodell dar. Bei Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts dieses Modells sei von einer Entgeltlichkeit der Veranstaltung iSd § 8 Abs 1 VGSG 2005 auszugehen. Die Entgelte für die "Bonusbänder" unterlägen der Vergnügungssteuer in der Höhe von 15 %, die Einnahmen aus dem Verkauf der Getränke gemäß § 3 Abs 3 VGSG 2005 in der Höhe von 8 %.

Da die Vergnügungssteuer nicht fristgerecht entrichtet worden sei, sei gemäß § 217 Abs 1 und 2 BAO ein Säumniszuschlag von 2 % aufzuerlegen. Die Verwirklichung von Säumniszuschlägen setze kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus.

5 Mit Beschluss vom , B 230/2014, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde der Gemeinschuldnerin ab und trat über deren nachträglichen Antrag iSd § 87 Abs 3 VfGG gemäß Art 144 Abs 3 B-VG die Beschwerde mit Beschluss vom an den Verwaltungsgerichtshof ab.

6 In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde (nunmehr Revision) beantragte die Gemeinschuldnerin, den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass ihrer Berufung Folge gegeben und für den Zeitraum März bis Mai 2012 keine Vergnügungssteuer vorgeschrieben werde und der in diesem Zusammenhang verhängte Säumniszuschlag entfalle; hilfsweise wird beantragt den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

7 In der Folge legte das gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) in Verbindung mit Art 151 Abs 51 Z 9 B-VG mit zuständig gewordene Bundesfinanzgericht die Verwaltungsakten vor, nahm unter Verweis auf die Stellungnahme der Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, von der Erstattung einer gesonderten Gegenschrift Abstand und beantragte, die Beschwerde (Revision) kostenpflichtig abzuweisen.

8 Während des Revisionsverfahrens wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom , 18 S 12/15p, über das Vermögen der GBV G B- u. V GmbH zunächst ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Bernhard Astner zum Masseverwalter bestellt. Mit Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom wurde die Schließung des Unternehmens angeordnet und nach Zurückziehung des Sanierungsplanvorschlages die Bezeichnung des Verfahrens mit Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom auf Konkursverfahren abgeändert.

Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes hat der Masseverwalter mit Schriftsatz vom erklärt, in das anhängige Revisionsverfahren einzutreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Auf eine vom Verfassungsgerichtshof nach dem gemäß Art 144 Abs 3 B-VG abgetretene Bescheidbeschwerde ist § 4 VwGbk-ÜG sinngemäß anzuwenden (vgl ). Die abgetretene Beschwerde gilt daher als Revision, für die die Regelung des § 4 Abs 5 VwGbk-ÜG Anwendung findet. Demnach gelten für die Behandlung der Revision die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß.

10 Die - soweit hier - maßgeblichen Bestimmungen des Vergnügungssteuergesetzes 2005 (VGSG) lauten in der Stammfassung, LGBl Nr 56/2005, auszugsweise wie folgt:

" Steuergegenstand

§ 1. (1) Folgende im Gebiet der Stadt Wien

veranstaltete Vergnügungen unterliegen einer Steuer nach Maßgabe

dieses Gesetzes:

...

5. Publikumstanz, Masken- und Kostümfeste (§ 8);

...

Erhebungsformen, Besteuerungsgrundsätze und Bemessungsgrundlagen

§ 3. (1) Wird die Steuer vom Entgelt erhoben, so unterliegen ihr auch Spenden, Sonderzahlungen (wie zB Einnahmen aus Logen-, Tisch- und Sitzplatzreservierungen) und Beiträge, die anlässlich der Veranstaltung entgegengenommen werden. Als Spenden gelten insbesondere Beträge, die vom Veranstalter vor, während oder nach der Veranstaltung durch Sammlung an Hand von Zeichnungslisten und dergleichen entgegengenommen werden.

(2) Soweit nach diesem Gesetz die Steuer vom Entgelt zu bemessen ist, gehört die Umsatzsteuer nicht zur Bemessungsgrundlage.

(3) Die Steuer vom Entgelt wird weiters von der Differenz zwischen dem Einkaufspreis und Verkaufspreis (Bruttonutzen) beim Verkauf von Speisen, Getränken, Blumen, Juxartikeln u. dgl. und aus der Erbringung sonstiger Leistungen anlässlich steuerpflichtiger Veranstaltungen berechnet. Der Steuer unterliegen dabei sieben Zehntel der Bruttonutzenbeträge ausschließlich des Bedienungsgeldes (bei Anwendung des Garantielohnsystems) oder des Bedienungsäquivalentes bis maximal 15 vH (bei Anwendung des Festlohnsystems) und der Umsatzsteuer.

(4) Als Eintrittsgeld gilt der für die Eintrittskarte verlangte Preis einschließlich der Steuer. Berechtigt die Eintrittskarte nicht nur zum Eintritt, sondern auch zum Bezug sonstiger Leistungen, wie zB Konsumation, Bücher, Damenspende, oder müssen, um an der Veranstaltung teilnehmen zu können, neben der Eintrittskarte auch sonstige Leistungen entgeltlich bezogen werden, so gilt als Eintrittsgeld der Gesamtpreis für die Eintrittskarte und die sonstigen Leistungen; eine Steuer nach Abs. 3 kommt insoweit nicht in Betracht.

(5) Werden mehr als 5 vH der Besucher unentgeltlich eingelassen, so ist für diese Besucher die Steuer nach dem höchsten verlangten Eintrittsgeld zu bemessen.

...

(7) Wird für eine nach dem Entgelt zu besteuernde Veranstaltung kein Eintrittsgeld eingehoben, so ist die Steuer als Pauschsteuer zu entrichten, sofern die einzelnen Tatbestände dies vorsehen. Sie wird nach der Größe des Raumes berechnet, der für die steuerpflichtige Veranstaltung benutzt wird. Die Größe des Raumes wird nach dem Flächeninhalt der für die Veranstaltung bestimmten Räume einschließlich der Ränge, Logen und Galerien, Gänge, Wandelgänge und Erfrischungsräume, aber ausschließlich der Bühnen- und Kassenräume, der Kleiderablagen und Toiletten festgestellt. Findet die Veranstaltung ganz oder teilweise im Freien statt, so sind von den im Freien gelegenen Flächen nur die für die Zuschauer bestimmten Flächen einschließlich der dazwischen befindlichen Wege und der angrenzenden Veranden, Zelte und ähnlichen Einrichtungen anzurechnen.

(8) Die Pauschsteuer beträgt, soweit nicht anderes bestimmt ist, 1 Euro je angefangene 10 m2 Veranstaltungsfläche.

(9) Die Pauschsteuer wird nach der Größe der benutzten Räume für jede Veranstaltung gesondert erhoben, auch wenn in den Räumen an einem Tage mehrere Veranstaltungen stattfinden. Bei längerer Dauer oder fortlaufender Aufeinanderfolge der Veranstaltungen gilt jeder angefangene Zeitraum von drei Stunden als eine Veranstaltung. Bei Veranstaltungen, die mehrere Tage dauern, wird die Steuer für jeden angefangenen Tag gesondert erhoben.

...

Publikumstanz, Masken- und Kostümfeste § 8. (1) Die Steuer beträgt 15 vH des Entgeltes, mindestens jedoch 0,10 Euro je Eintrittskarte. Die Pauschsteuer nach § 3 Abs. 8 ist mit der Hälfte des dort genannten Satzes zu entrichten.

...

(3) Als Publikumstanz gelten die auf einer vom Veranstalter bereitgestellten Tanzfläche getanzten Gesellschaftstänze.

(4) Von der Steuer befreit sind Veranstaltungen, bei denen bereits die Eignung als Veranstaltungsstätte mit einem behördlich genehmigten Fassungsraum unter 200 Personen festgestellt wurde oder bei denen auf Grund einer Teilnehmerzahl unter 100 Personen die veranstaltungsrechtliche Eignungsvermutung gilt. Die Befreiung entfällt, wenn die Teilnehmerzahl den behördlich genehmigten Fassungsraum während der Veranstaltung überschreitet, ebenso bei Nichtvorliegen oder Wegfall der Voraussetzungen für die Eignungsvermutung.

...

Vereinbarungen

§ 18. Der Magistrat kann Vereinbarungen über die zu entrichtende Steuer treffen, soweit diese die Besteuerung vereinfachen und das steuerliche Ergebnis bei den Steuerpflichtigen nicht wesentlich verändern.

..."

11 In der Revision wird in der Vorschreibung von Vergnügungssteuer gemäß VGSG 2005 als verbrauchsabhängige Steuer ohne Zweckwidmung ein Verstoß gegen die Verbrauchsteuerrichtlinie, 2008/118/EG, erblickt. Diese Richtlinie fände unter anderem auf Alkohol und alkoholische Getränke Anwendung. Neben den Verbrauchsteuern dürften gemäß der Verbrauchsteuerrichtlinie auch andere indirekte Steuern ohne Verbrauchsteuercharakter eingeführt werden, sofern diese besonderen Zielsetzungen dienten. Da es für die nach dem VGSG 2005 eingehobenen Beträge keine Zweckwidmung gebe, sei das VGSG unionsrechtswidrig.

12 Der - soweit hier - maßgebliche Artikel 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG lautet:

"Artikel 1

(1) Diese Richtlinie legt ein allgemeines System für die Verbrauchsteuern fest, die mittelbar oder unmittelbar auf den Verbrauch folgender Waren (nachstehend ‚verbrauchsteuerpflichtige Waren' genannt) erhoben werden:

a) Energieerzeugnisse und elektrischer Strom gemäß der Richtlinie 2003/96/EG;

b) Alkohol und alkoholische Getränke gemäß den Richtlinien 92/83/EWG und 92/84/EWG;

c) Tabakwaren gemäß den Richtlinien 95/59/EG, 92/79/EWG und 92/80/EWG.

(2) Die Mitgliedstaaten können für besondere Zwecke auf verbrauchsteuerpflichtige Waren andere indirekte Steuern erheben, sofern diese Steuern in Bezug auf die Bestimmung der Bemessungsgrundlage, die Berechnung der Steuer, die Entstehung des Steueranspruchs und die steuerliche Überwachung mit den gemeinschaftlichen Vorschriften für die Verbrauchsteuer oder die Mehrwertsteuer vereinbar sind, wobei die Bestimmungen über die Steuerbefreiungen ausgenommen sind.

(3) Die Mitgliedstaaten können Steuern erheben auf:


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a)
andere als verbrauchsteuerpflichtige Waren;
b)
Dienstleistungen, auch im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren, sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt.
Die Erhebung solcher Steuern darf jedoch im grenzüberschreitenden Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen."
13 Besteuerungsgegenstand der verfahrensgegenständlichen Steuer sind gemäß § 1 Abs 1 VGSG 2005 ausschließlich die im Gebiet der Stadt Wien veranstalteten Vergnügungen, im vorliegenden Fall Publikumstanzveranstaltungen (Z 5). Solcherart handelt es sich um eine Steuer auf Dienstleistungen. Wenn auch eine der Bemessungsgrundlagen der Steuer an den Bruttonutzen (Differenz zwischen dem Einkaufspreis und Verkaufspreis) aus der Darreichung von diversen Produkten, unter anderem von (alkoholischen) Getränken, anknüpft (§ 3 Abs 3 VGSG 2005) und dadurch ein Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren hergestellt sein mag, ist ein Verstoß gegen Art 1 der Verbrauchsteuerrichtlinie 2008/118/EG jedenfalls durch deren Art 1 Abs 3 lit b ausgeschlossen, weil es sich diesfalls auch um eine Dienstleistung im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren handelt. Gemäß dieser Bestimmung der Richtlinie 2008/118/EG sind Steuern auf Dienstleistungen auch im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren erlaubt, sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt. Die in § 3 Abs 3 VGSG 2005 normierte Bemessungsgrundlage ist auch nicht umsatzbezogen. Gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung unterliegen der Steuer sieben Zehntel der Bruttonutzenbeträge ausschließlich des Bedienungsgeldes (bei Anwendung des Garantielohnsystems) oder des Bedienungsäquivalentes bis maximal 15 vH (bei Anwendung des Festlohnsystems) und der Umsatzsteuer. Somit bezieht sich die Steuer nur auf einen Teil des Rohaufschlages der beim Veranstalter einer Vergnügung dargebotenen Produkte, weshalb es sich nicht um eine umsatzbezogene Steuer im Sinne des Art 1 Abs 3 lit b der Verbrauchsteuerrichtlinie 2008/118/EG handelt (vgl , zur Verbrauchsteuerrichtlinie 92/12/EWG sowie zum Wiener Vergnügungssteuergesetz 1987). Insofern entspricht die Vergnügungssteuer gemäß § 3 Abs 3 VGSG 2005 nicht der Steuer auf die entgeltliche Lieferung von alkoholhaltigen Getränken, in deren Zusammenhang der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu C-437/97,
Evangelischer Krankenhausverein , eine Frage zur Auslegung von Art 3 Abs 2 und 3 der Richtlinie 92/12/EWG vorgelegt hat und der EuGH in seinem Urteil vom aussprach, dass der Beibehaltung einer solchen auf alkoholische Getränke erhobenen Steuer Art 3 Abs 2 der Richtlinie 92/12/EWG entgegen steht. Soweit die Revision auf das genannte , Evangelischer Krankenhausverein , verweist, lässt sich daher daraus keine Unionsrechtswidrigkeit der Vergnügungssteuer nach VGSG 2005 ableiten. Im Übrigen hat der EuGH in seinem Urteil vom , C-491/03, klargestellt, dass eine Steuer, die auf die entgeltliche Abgabe alkoholhaltiger Getränke zum unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit erhoben wird, als Steuer auf Dienstleistungen, die keine umsatzbezogene Steuer ist, im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne von Art 3 Abs 3 Unterabsatz 2 der (damals noch anzuwendenden Verbrauchsteuer )Richtlinie 92/12/EWG anzusehen ist.
14 Des Weiteren wird in der Revision moniert, dass die Befreiungsbestimmung des § 8 Abs 4 VGSG 2005 eine unionsrechtswidrige staatliche Beihilfe im Sinne des Artikel 107 AEUV darstelle. Die Steuerbefreiung von Tanzveranstaltungen in kleineren Lokalen führe zu einem Wettbewerbsvorteil für "kleinere Tanzveranstalter". Es komme zu einer nicht nachvollziehbaren, rechtswidrigen Differenzierung.
15 Art 107 Abs 1 AEUV enthält ein grundsätzliches Verbot von Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind. Dadurch soll verhindert werden, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten durch von staatlichen Stellen gewährte Vergünstigungen beeinträchtigt wird, die in verschiedenartiger Weise durch die Bevorzugung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen. Voraussetzungen für die Qualifizierung einer nationalen Maßnahme als staatliche Beihilfe gemäß Art 107 AEUV sind die Finanzierung dieser Maßnahme durch den Staat oder aus staatlichen Mitteln, das Vorliegen eines Vorteils für ein Unternehmen, die Selektivität dieser Maßnahme und die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten und eine daraus resultierende Verfälschung des Wettbewerbs (vgl und C-41/05,
Air Liquide ).
Der Begriff der Beihilfe umfasst nicht nur positive Leistungen, sondern auch staatliche Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen regelmäßig zu tragen hat, und die somit, obwohl sie keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen nach Art und Wirkung gleichstehen (vgl EuGH aaO, Rn 29).
Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH kann ein Unternehmer in einem seine Abgabenschuld betreffenden Abgabenverfahren nicht erfolgreich geltend machen, dass die Befreiung eines anderen Unternehmers (oder dessen niedrigere Besteuerung) eine unionsrechtswidrige Beihilfe sei. Der Schuldner einer Abgabe kann sich also nicht mit der Begründung, die Befreiung (oder niedrigere Besteuerung) anderer Unternehmer stelle eine staatliche Beihilfe dar, der Zahlung der Abgabe entziehen. Ein Abgabenschuldner könnte sich nur dann ausnahmsweise auf der Grundlage des Beihilfenverbotes seiner Zahlungspflicht entziehen, wenn eine Regelung vorläge, nach welcher der Abgabenertrag unmittelbar einer Verwendung zugeführt werden müsste, die ihrerseits die Beihilfenmaßnahme darstellte (vgl , mwN).
Ein solcher Ausnahmefall, bei welchem nach der zu Grunde liegenden Regelung das Aufkommen aus der Abgabe notwendig für die Finanzierung einer Beihilfe verwendet würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Es besteht kein zwingender Zusammenhang zwischen der Vergnügungssteuer und einer allfälligen beihilfenrelevanten Verwendung des Steuerertrages.
Dem Einwand, die Steuerbefreiung des § 8 Abs 4 VGSG stelle eine unionsrechtswidrige Beihilfengewährung iSd Art 107 Abs 1 AEUV dar, mangelt es bereits insofern in Bezug auf die der Gemeinschuldnerin vorgeschriebene Vergnügungssteuer an rechtlicher Relevanz.
16 Soweit sich die Revision gegen die rechtliche Qualifikation des Verkaufs von "Bonusbändern" als Eintrittsgeld richtet und vermeint, die Vergnügungssteuer sei deshalb nur als Raumpauschsteuer vorzuschreiben und daneben seien nicht auch die Erlöse aus der Konsumation zu besteuern gewesen, gleicht der Revisionsfall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, welcher vom Verwaltungsgerichtshof mit hg Erkenntnis vom , Ro 2014/17/0039, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen.
Vorliegend war einem Gast der Besuch der von der Gemeinschuldnerin betriebenen Diskothek ohne Entrichtung eines dafür von vornherein festgelegten Entgelts möglich. Er musste in diesem Fall jedoch für Getränke den doppelt so hohen Preis zahlen als Gäste, die beim Eintritt ein "Bonusband" entgeltlich erwarben, wodurch sie Getränke zu in etwa regional branchenüblichen Preisen konsumieren konnten. Entsprechend den rechtlichen Erwägungen im bereits zitierten hg Erkenntnis vom , Ro 2014/17/0039, ist dieses mit eingeführte Entgeltsystem nicht als entgeltliche Gestaltung des Eintritts zu qualifizieren, weshalb das für die "Bonusbänder" vereinnahmte Entgelt nicht als Eintrittsgeld zu besteuern ist, sondern gemäß § 3 Abs 7 iVm § 8 Abs 1 VGSG 2005 an Stelle der Besteuerung des Eintrittsgeldes die Raumpauschsteuer vorzuschreiben war. Die Vorschreibung von Raumpauschsteuer mangels Einhebung von Eintrittsgeld schließt jedoch die gleichzeitige Besteuerung der Erlöse aus der Konsumation - konkret von Getränken - anlässlich steuerpflichtiger Veranstaltungen nicht aus. Das Entgelt für die "Bonusbänder" stellt dabei einen Bestandteil des Entgelts für die Getränkekonsumation dar. Trotz Vorliegens der Voraussetzungen für eine Pauschbesteuerung gemäß § 3 Abs 7 VGSG 2005 unterliegen die Einnahmen der Gemeinschuldnerin aus dem Getränkeverkauf und der "Bonusbänder" gemäß § 3 Abs 3 iVm - im vorliegenden Fall - § 18 VGSG 2005 der Vergnügungssteuer.
17 Demgegenüber hat die belangte Behörde ausgehend von der unrichtigen Rechtsansicht, das Entgelt für die "Bonusbänder" sei als Eintrittsgeld zu qualifizieren, dieses mit 15 vH besteuert. Richtigerweise wäre die Vergnügungssteuer in den Monaten April und Mai 2012 als Raumpauschsteuer sowie als Besteuerung des Entgelts für die "Bonusbänder" als Bestandteil des Entgelts für die Getränkekonsumation, gemäß § 3 Abs 3 iVm - im vorliegenden Fall -
§ 18 VGSG 2005 mit einem Steuersatz von 8 vH, vorzuschreiben gewesen. Der Revision kommt insofern Berechtigung zu.
18 Als "Verfahrensmangel" werden unter Bezugnahme auf
§ 8 Abs 3 VGSG 2005 erstmals in der Revision fehlende Feststellungen dazu moniert, dass die Gemeinschuldnerin "Tanzflächen" bereitgestellt habe und darauf näher zu beschreibende "Gesellschaftstänze" getanzt worden seien. Ebenso erstmals im Revisionsverfahren werden im Hinblick auf § 8 Abs 4 VGSG 2005 fehlende Feststellungen zum behördlich bewilligten Fassungsvermögen der von der Gemeinschuldnerin betriebenen Diskothek sowie zu der Teilnehmerzahl der einzelnen Veranstaltungen geltend gemacht.
19 Im Hinblick darauf, dass die Gemeinschuldnerin unstrittig eine Diskothek in Wien 22 betrieben hat und sie weder in ihren Vergnügungssteuererklärungen noch im verwaltungsbehördlichen Verfahren den Steuerbefreiungstatbestand des § 8 Abs 4 VGSG 2005 geltend gemacht hat, waren die Abgabenbehörden ohne entsprechendes Vorbringen nicht verpflichtet, diesbezügliche Feststellungen zu treffen. Soweit mit diesen Ausführungen erstmals in der Revision die Veranstaltung von Publikumstanz iSd § 8 Abs 3 VGSG 2005 bestritten bzw das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gemäß § 8 Abs 4 VGSG 2005 behauptet wird, steht einem solchen Vorbringen das Neuerungsverbot entgegen. Vom Neuerungsverbot erfasst sind nämlich auch Rechtsausführungen, deren Wahrnehmung zusätzliche Sachverhaltsfeststellungen erfordert. Rechtsausführungen, die nur unter Einbeziehung von Sachverhaltselementen stichhältig sind, die im Verwaltungsverfahren nicht einbezogen wurden, müssen daher kraft Neuerungsverbotes vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtlich bleiben (vgl , mwN).
20 Indem die belangte Behörde die Besteuerung der Entgelte für die "Bonusbänder" unrichtig beurteilte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, wobei es sich erübrigt, auf das weitere Revisionsvorbringen zu fehlenden Feststellungen über die Größe des für die steuerpflichtigen Veranstaltungen benutzten Raumes und die Dauer dieser Veranstaltungen näher einzugehen.
21 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG aF iVm der (auf "Übergangsfälle" gemäß § 4 iVm § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am