VwGH vom 16.09.2010, 2007/09/0141

VwGH vom 16.09.2010, 2007/09/0141

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des MH in G, vertreten durch Dr. Edmund Kitzler, Rechtsanwalt in 3950 Gmünd, Stadtplatz 43, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission für Landeslehrer an allgemeinen Pflichtschulen beim Bezirksschulrat Zwettl vom , Zl. ZTB1-A-05141/002, betreffend Verhandlungsbeschluss, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als Hauptschuloberlehrer (HOL) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom sprach die belangte Behörde wie folgt aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Verhandlungsbeschluss

Die Disziplinarkommission für Pflichtschullehrer beim Bezirksschulrat Zwettl hat am durch den Vorsitzenden Dr. DE und die weiteren Mitglieder VD HA, HOL OB, VD SI gemäß § 93 Abs. 1 des Landeslehrerdienstrechtsgesetzes (LDG, BGBl Nr. 302/1984 i. d.g.F.) beschlossen eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der Beschwerdeführer wird beschuldigt, er habe in Gmünd

1. in der Zeit von März 2004 bis eine Vielzahl von pornographischen Darstellungen mit Unmündigen sich verschafft und besessen, indem er derartige Fotos von Unmündigen aus dem Internet heruntergeladen und auf der Festplatte seines Computers abgespeichert hat;

und

2. von bis zum zumindest eine Vielzahl pornographischer Darstellung unmündiger Personen dadurch besessen, dass er derartige Fotos auf der Festplatte seines Computers abgespeichert hatte.

Dadurch habe er die Vergehen zu Punkt 1. nach § 207a Abs. 3

2. Satz StGB und zu Punkt 2. nach § 207a Abs. 3 2. Satz StGB begangen, weshalb über ihn vom Landesgericht Krems/Donau mit Urteil vom eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten unter Gewährung einer bedingten Strafnachsicht mit Bestimmungen auf Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verhängt worden ist.

Der Beschwerdeführer habe dadurch seine Dienstpflichten gemäß § 29 Abs. 2 LDG verletzt und damit eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 69 LDG begangen."

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Landesschulrat für Niederösterreich mit Schreiben vom den Bezirksschulrat Zwettl benachrichtigt habe, dass gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes der beschriebenen Vergehen gerichtliche Vorerhebungen eingeleitet worden seien und er habe um disziplinäre Prüfung ersucht. Der Bezirksschulinspektor habe den Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens gestellt. Bei den bisher am , am und am durchgeführten Verhandlungen sei weder dem Beschwerdeführer noch seinem Rechtsvertreter ein bescheidmäßiger Einleitungsbeschluss und ein bescheidmäßiger Verhandlungsbeschluss zugestellt worden und darüber hinaus sei die Disziplinaranwältin sowohl bei den Beratungen als auch bei den Beschlussfassungen der Disziplinarkommission anwesend gewesen, weshalb wesentliche Verfahrensvorschriften des § 93 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 (LDG 1984) nicht eingehalten worden seien, weshalb das Verfahren zur Behebung der Formmängel vertagt worden sei. Am habe die belangte Behörde daher (einen Einleitungsbeschluss) sowie den - mit seinem Spruch oben wiedergegebenen - Verhandlungsbeschluss gefasst. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfenen Handlungen begangen habe, sei dadurch erwiesen, dass er wegen dieser Handlungen mit dem im Spruch zitierten Urteil rechtskräftig bestraft worden sei. Gemäß § 29 Abs. 2 LDG 1984 habe ein Landeslehrer in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Aus der Formulierung "in seinem gesamten Verhalten" sei abzuleiten, dass darunter nicht nur das Verhalten im Dienst zu verstehen sei, sondern auch das Verhalten außer Dienst, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen können. Im vorliegenden Fall handle es sich nach der Art der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden strafbaren Handlungen um eine solche, bei der Unmündige und Minderjährige bzw. pornografische Darstellungen mit diesen Gegenstand des Verhaltens gewesen seien, damit aber gerade diejenige Personengruppe betroffen gewesen sei, die die eigentliche Zielgruppe der Tätigkeit und damit auch der gehobenen Verantwortung eines Landeslehrers sei. Daher könnten hier aus dem prinzipiell privaten Verhalten des Beschwerdeführers Rückwirkungen auf den Dienst entstehen. Die belangte Behörde gab letztlich die personelle Zusammensetzung der Disziplinarkommission im angefochtenen Bescheid bekannt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 93 Abs. 1 bis 3 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 (LDG 1984), BGBl. Nr. 302 i.d.F. BGBl. I Nr. 46/1998, lautet:

"Verhandlungsbeschluss und

mündliche Verhandlung

§ 93. (1) Ist nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen der Sachverhalt ausreichend geklärt, so hat die Disziplinarkommission die mündliche Verhandlung anzuberaumen (Verhandlungsbeschluss) und zu dieser die Parteien sowie die in Betracht kommenden Zeugen und Sachverständigen zu laden. Die mündliche Verhandlung ist so anzuberaumen, dass zwischen ihr und der Zustellung des Beschlusses ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegt.

(2) Im Verhandlungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Gegen den Verhandlungsbeschluss ist kein Rechtsmittel zulässig.

(3) Im Verhandlungsbeschluss ist dem Beschuldigten die Zusammensetzung des Senates einschließlich allfälliger Ersatzmitglieder bekannt zu geben. Der Beschuldigte hat das Recht, binnen einer Woche nach Zustellung des Verhandlungsbeschlusses ein Mitglied des Senates ohne Angabe von Gründen abzulehnen; sofern der Senat aus mehr als drei Mitgliedern besteht, dürfen jedoch zwei Mitglieder des Senats abgelehnt werden. Auf Verlangen des Beschuldigten dürfen bei der mündlichen Verhandlung bis zu drei Landeslehrer als Vertrauenspersonen anwesend sein. Die mündliche Verhandlung ist ansonsten nicht öffentlich."

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu den Anforderungen von Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss nach dem LDG 1984 in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0326, Folgendes ausgeführt:

"Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage nach dem BDG 1979 und dem LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/09/0243, und vom , Zl. 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten (Landeslehrer) gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf nämlich keine Disziplinarstrafe wegen eines Verdachtes ausgesprochen werden, der nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss aber derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen. Im Spruch des Einleitungsbeschlusses ist das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wird, nur in groben Umrissen zu umschreiben. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d.h. in den für eine Subsumption relevanten Einzelheiten umschrieben werden. Der Spruch eines solchen Bescheides ist nicht für sich allein, sondern in Verbindung mit der Begründung und einer in dieser genannten Disziplinaranzeige, so sie dem Beschuldigten zur Kenntnis gebracht wurde, zu beurteilen, insoweit sich aus diesen der von der Behörde angenommene maßgebende Sachverhalt, der als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung zu dienen hat, ergibt.

Für die Einleitung des Disziplinarverfahrens reicht es aus, wenn genügend Verdachtsgründe gegen den Beamten (Landeslehrer) vorliegen, welche die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. 'Verdacht' ist mehr als eine bloße Vermutung. Es kommt auf die Kenntnis von Tatsachen an, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Vergehen geschlossen werden kann. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen für die Einleitung eines Verfahrens nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0182, mwN).

...

(G)emäß § 93 Abs. 2 LDG 1984 (sind) im Spruch eines Verhandlungsbeschlusses die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen ..., das heißt, dass im Anschuldigungspunkt der vom Beschuldigten gesetzte strafbare Sachverhalt darzustellen ist, wobei alle Umstände anzugeben sind, die zur Bezeichnung der strafbaren Handlung und zur Subsumption unter einem bestimmten gesetzlichen Tatbestand notwendig sind. Insbesondere ist klarzustellen, welche Dienstpflichten der Beschuldigte im Einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird, wobei die endgültige rechtliche Subsumption dem das Disziplinarverfahren beendenden Erkenntnis der Disziplinarbehörde vorbehalten bleibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/09/0246, betreffend die gleichartige Rechtslage nach dem BDG 1979)."

Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtslage und der durch die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargelegten Funktion des Verhandlungsbeschlusses sind die daran zu stellenden Anforderungen im Beschwerdefall als erfüllt anzusehen. Die einzelnen Anschuldigungspunkte werden auf ausreichend nachvollziehbare Weise mit dem Vorwurf der Verletzung der dargestellten Dienstpflichten eines Landeslehrers nach dem LDG 1984 in Verbindung gebracht.

Wenn der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig hält, weil die belangte Behörde nicht darzulegen vermöge, wodurch ein Bezug des privaten Verhaltens des Beschwerdeführers zum Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben hergestellt werden solle, so ist ihm entgegen zu halten, dass sein - wenn auch privates - Verhalten, durch welches der Beschwerdeführer unbestritten auch die Strafrechtsnorm des § 207a StGB verletzt hat, grundsätzlich geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers zu beeinträchtigen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/09/0136, und vom , Zl. 2009/09/0307, welchen entnommen werden kann, dass ein Beamter, der pornographische Darstellungen Minderjähriger besitzt, sehr wohl das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seines Amtes beeinträchtigt). Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer aber keine Disziplinarstrafe verhängt, sondern die gegen ihn erhobenen Vorwürfe für die Durchführung einer mündlichen Disziplinarverhandlung nur ausreichend präzisiert, um ihn in die Lage zu versetzen, sich gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im weiteren Disziplinarverfahren zur Wehr zu setzen.

Der Beschwerdeführer hält den im angefochtenen Verhandlungsbeschluss herangezogenen § 29 Abs. 2 LDG 1984, wonach der Landeslehrer "in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt", im Hinblick auf Art. 8 EMRK und Art. 18 B-VG für verfassungswidrig. Zwar trifft es zu, dass durch diese Vorschrift Berufspflichten auf allgemeine Weise auch für das außerdienstliche Verhalten normiert und auch auf das Privatleben des Landeslehrers ausgedehnt werden. Dazu ist zum einen auf die zu § 43 Abs. 2 BDG 1979, der hinsichtlich der Umschreibung der Dienstpflichten im Wesentlichen dem § 29 Abs. 2 LDG 1984 entspricht, ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen:

"Aus der Bestimmung des § 43 Abs. 2 BDG 1979 ist zu entnehmen, dass sich jeder Beamte auch außerhalb seines Dienstes so zu verhalten hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lassen die Worte im § 43 Abs. 2 BDG 1979 'in seinem gesamten Verhalten' den Schluss zu, dass dadurch nicht nur das Verhalten im Dienst, sondern auch außerdienstliches Verhalten gemeint ist, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen. Eine Rückwirkung des Verhaltens des Beamten auf den Dienst (Dienstbezug) ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, dieser werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen. Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Ob das außerdienstliche Verhalten des Beamten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges keine Rolle. Bei der Prüfung, ob ein außerdienstliches Verhalten des Beamten einen Dienstbezug (Rückwirkung auf den Dienst) aufweist, ist ein strengerer Maßstab (nicht bloß geringfügiges Fehlverhalten) anzulegen als bei dienstlichem Fehlverhalten. Dies folgt aus der mit dem Wortlaut zu vereinbarenden Absicht des Gesetzgebers, die disziplinarrechtliche Verantwortung des Beamten für den außerdienstlichen Bereich (Freizeitverhalten) einzuschränken, was aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 11 Blg NR, 15. GP hervorgehe, wonach nach dem BDG 1979 nur mehr in besonders krassen Fällen auch das außerdienstliche Verhalten zu überprüfen sei, wie etwa bei Trunkenheitsexzessen und Gewalttätigkeiten. Ein besonderer Funktionsbezug kann aber dort dahinstehen, wo durch das Verhalten des Beamten das Vertrauen der Allgemeinheit in die korrekte Erfüllung seiner allgemeinen Dienstpflichten im Sinne des § 43 Abs. 1 BDG 1979 gefährdet erscheint. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass Schutzobjekt der Norm des § 43 Abs. 2 BDG 1979 im weitesten Sinn die Funktionsfähigkeit der Verwaltung ist (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/09/0220 mwN)." (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0041)

Ein solcher besonderer Funktionszusammenhang lässt sich - wie dargelegt - im vorliegenden Fall grundsätzlich nicht verneinen. Die Vorschrift des § 29 Abs. 2 LDG 1984 erscheint vor diesem Hintergrund und angesichts der im Disziplinarverfahren vorgesehenen Verfahrensschritte nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts der durch die Wirkung der darin normierten Dienstpflichten und der damit bewirkten Einschränkung des in Art. 8 EMRK garantierten Rechts auf Privat- und Familienleben ausreichend genau und nicht als verfassungswidrig, weshalb der Verwaltungsgerichtshof von der Stellung eines - vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen - Gesetzesaufhebungsantrages beim Verfassungsgerichtshof Abstand nimmt. Hinzuweisen ist darauf, dass die Bestimmung angesichts ihrer relativen Unbestimmtheit in jedem einzelnen Fall auf grundrechtskonforme Weise auszulegen und anzuwenden ist (vgl. Kneihs, Dienstrecht und Privatleben, ZfV 1998, 119 ff, und Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht der Beamten, 3. Auflage 2003, 125 f). Daher kann im vorliegenden Fall die disziplinarrechtliche Sanktionierung des Verhaltens des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 EMRK und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht grundsätzlich als nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig erachtet werden (vgl. zur Rechtsprechung des EGMR auch Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Auflage 2008, 207 ff; vgl. auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur ausreichenden Bestimmtheit des § 43 Abs. 2 BDG 1979 unter dem Gesichtspunkt des Art. 10 EMRK und des Art. 18 B-VG die Erkenntnisse dieses Gerichtshofes VfSlg. 13.978/1994 und VfSlg. 17.374).

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht von Amts wegen ausreichend ermittelt, um zu beurteilen, ob eine Verhängung einer Disziplinarstrafe überhaupt erforderlich sei, so kann ihr dies angesichts der dargestellten hg. Rechtsprechung und auch deswegen nicht vorgeworfen werden, weil die Disziplinarkommission gemäß § 73 Abs. 2 LDG 1984 an die dem Spruch des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichts Krems vom zu Grunde gelegten Tatsachenfeststellungen gebunden war.

Dadurch, dass im angefochtenen Bescheid kein Termin der mündlichen Disziplinarverhandlung angeführt ist, wurde der Beschwerdeführer nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Mit dem im vorliegenden Fall angefochtenen Verhandlungsbeschluss gemäß § 93 Abs. 1 LDG 1984 hat die belangte Behörde nämlich weder über eine strafrechtliche Anklage noch über eine zivilrechtliche Streitigkeit im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK entschieden. Mit dem Verhandlungsbeschluss im Disziplinarverfahren werden - wie oben ausgeführt - nur die gegen den Beschuldigten bestehenden Anschuldigungspunkte bestimmt und näher determiniert, welche Dienstpflichten der Beschuldigte im Einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, um ihm zu ermöglichen, sich gegen die derart präzisierten Vorwürfe in der sodann auf Grund der Abs. 5 bis 15 des § 93 LDG 1984 durchzuführenden Disziplinarverhandlung vor der Disziplinarkommission zur Wehr zu setzen. Es ging daher nur um die Frage, ob eine Disziplinarverhandlung durchgeführt wird, zivile Rechte im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurden durch den angefochtenen Bescheid nicht verändert oder gestaltet. Erst mit der auf der Grundlage der Disziplinarverhandlung mit dem Disziplinarerkenntnis getroffenen Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe wird in der Regel eine Entscheidung über eine zivilrechtliche Streitigkeit im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK getroffen (zur Anwendung des Art. 6 Abs. 1 EMRK auf das Disziplinarverfahren der Beamten vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0053, sowie nunmehr auch mit ausführlichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1008/07), und in diesem Stadium des Disziplinarverfahrens besteht das in Art. 6 Abs. 1 EMRK garantierte Recht auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am