VwGH vom 15.12.2016, Ro 2014/17/0113
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Dr. Leonhartsberger und Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des F J W in F, vertreten durch die Greiml Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft in 8010 Graz, Conrad-von-Hötzendorf-Straße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , BMLFUW-LE./1292- I/7/2012, betreffend einheitliche Betriebsprämie für die Jahre 2006 bis 2009, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheiden vom und vom änderte der Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) bereits früher erlassene Bescheide über die Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie für 2006 und 2007 dahingehend ab, dass dem Revisionswerber keine Betriebsprämie für diese Jahre gewährt werde und bereits überwiesene Beträge in näher genannter Höhe zurückgefordert würden.
2 Mit Abänderungsbescheid vom gewährte die AMA dem Revisionswerber für 2008 eine einheitliche Betriebsprämie in näher genannter Höhe und forderte gleichzeitig die Differenz zur bereits ausbezahlten Betriebsprämie für dieses Jahr zurück.
3 Mit weiterem Abänderungsbescheid vom gewährte die AMA dem Revisionswerber für 2009 eine einheitliche Betriebsprämie in näher genannter Höhe.
4 Gegen diese Abänderungsbescheide erhob der Revisionswerber jeweils Berufung.
5 Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen betreffend die Antragsjahre 2006 und 2008 als unbegründet ab. Hinsichtlich der Antragsjahre 2007 und 2009 wurden die Berufungen unter Änderung der in den Sprüchen der erstinstanzlichen Bescheide enthaltenen Tabellen ebenfalls abgewiesen.
6 Zur Flächenermittlung führte die belangte Behörde begründend aus, am 27. August und am habe auf der O-Alm eine Vor-Ort-Kontrolle (VOK) stattgefunden. Dabei seien folgende Futterflächen ermittelt worden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr | Beantragte Fläche | Ermittelte Fläche |
2005 | 49,44 ha | 25,90 ha |
2006 | 49,44 ha | 24,66 ha |
2007 | 49,44 ha | 23,48 ha |
2008 | 49,44 ha | 22,37 ha |
2009 | 49,44 ha | 21,30 ha |
Von den ermittelnden Futterflächen (insgesamt 42,36 ha) befänden sich lediglich 21,30 ha auf den in den jeweiligen Flächenbögen beantragten Grundstücken. Die übrigen Futterflächen befänden sich auf anderen, nicht beantragten Grundstücken. Diese könnten im Rahmen der einheitlichen Betriebsprämie nicht berücksichtigt werden, zumal das Nichtanführen auf keinen offenkundigen Irrtum zurückzuführen sei.
Auf der L-Alm habe am eine VOK zur Ermittlung der beihilfefähigen Flächen stattgefunden. Dabei hätten sich folgende Abweichungen zwischen der beantragten und der ermittelten Fläche ergeben:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr | Beantragte Futterfläche | Ermittelte Futterfläche | VOK vom |
2008 | 118,69 ha | 94,64 ha | |
2009 | 118,69 ha | 86,64 ha | |
7 Auf Grund des festgestellten Ausmaßes der Futterflächen (O-Alm: 42,06 ha, L-Alm: 86,64 ha) und des GVE-Besatzes (O-Alm: 46,41 bis 56,35 GVE, L-Alm: 30 bis 33 GVE) sei von einer eher extensiven Beweidung und einer kontinuierlichen Abnahme der Futterfläche über die Jahre auszugehen. Mit einem geringeren Viehbesatz einher gehe das vermehrte Aufkommen von nicht als Futter geeigneten Pflanzen und eine Verbuschung ehemals genutzter Flächen. Es erfolge auch eine zunehmende Überschirmung bei mit Bäumen bestandenen Flächen. Die vom Kontrollorgan zu Grunde gelegte Abnahme der beihilfefähigen Fläche erscheine der Berufungsbehörde schlüssig und decke sich mit allgemeinen Erfahrungswerten und näher genannten Untersuchungen. Warum im vorliegenden Fall von keiner jährlichen Abnahme der beihilfefähigen Almflächen auszugehen wäre, sei seitens des Revisionswerbers nicht vorgebracht worden. Ende August sei eine umfassende Überprüfung der Alm(futter)flächen auch noch möglich gewesen. Die belangte Behörde habe die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen mit den auf eGIS zur Verfügung stehenden Hofkarten abgeglichen und erachte sowohl die Einteilung der Teilstücke als auch deren Bewertung als nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Bei den Vor-Ort-Kontrollen seien einzelne Schläge gebildet, unter Außerachtlassung der unproduktiven Flächen(-teile) digital vermessen, die Überschirmungsgrade festgestellt und anhand derer die Futterfläche ermittelt worden. Der Berufungsbehörde lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das jeweilige Messergebnis und die Feststellungen des Kontrollorganes nicht korrekt wären. Auf Grund der genauen Vermessung und einer fachlich kompetenten Überprüfung durch den Prüfer vor Ort bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit der Kontrolle. Der Revisionswerber habe nicht vorgebracht, auf Grund welcher Messungen bzw Berechnungen man zu welchen konkreten anderen Ergebnissen hätte kommen können. Ein gerichtlich beeideter Sachverständiger sei mangels Hinweisen, dass der Prüfbericht nicht korrekt gewesen wäre, nicht beizuziehen gewesen.
8 Auf Grund der festgestellten Differenzen zwischen den beantragten Flächen und den ermittelten Flächen würden sich folgende Abweichungsprozentsätze ergeben:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Antragsjahr | Beantragte Fläche | Davon O-Alm | Davon L-Alm | Differenzfläche |
2006 | 104,98 ha | 41,56 ha | 18,86 ha | |
Anzahl ZA | Ermittelte Fläche | Davon O-Alm | Davon L-Alm | Abweichung in % |
102,29 | 83,43 ha | 20,73 ha | 22,6058% | |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Antragsjahr | Beantragte Fläche | Davon O-Alm | Davon L-Alm | Differenzfläche |
2007 | 103,82 ha | 44,40 ha | 23,32 ha | |
Anzahl ZA | Ermittelte Fläche | Davon O-Alm | Davon L-Alm | Abweichung in % |
105,99 | 80,50 ha | 21,08 ha | 28,9689% | |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Antragsjahr | Beantragte Fläche | Davon O-Alm | Davon L-Alm | Differenzfläche |
2008 | 128,71 ha | 44,78 ha | 23,88 ha | 6,64 ha |
Anzahl ZA | Ermittelte Fläche | Davon O-Alm | Davon L-Alm | Abweichung in % |
105,99 | 99,35 ha | 20,26 ha | 19,04 ha | 6,8017% |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Antragsjahr | Beantragte Fläche | Davon O-Alm | Davon L-Alm | Differenzfläche |
2009 | 110,92 ha | 41,76 ha | 9,13 ha | 21,31 ha |
Anzahl ZA | Ermittelte Fläche | Davon O-Alm | Davon L- Alm | Abweichung in % |
105,99 | 84,68 ha | 17,99 ha | 6,66 ha | 25,6699% |
Kürzungen bzw Ausschlüsse könnten nach Art 68 der Verordnung (EG) Nr 796/2004 dann unterbleiben, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben gemacht habe oder ihn auf eine andere Weise keine Schuld treffe, wobei diesbezüglich eine Beweislastumkehr stattfinde. Im vorliegenden Fall sei es dem Revisionswerber nicht gelungen darzutun, dass ihn keine Schuld an der Falschbeantragung treffe. Der Einwand, es sei mangels Hofkarte nicht möglich gewesen, eine exakte Futterfläche zu ermitteln, gehe ins Leere, da die korrekte Angabe zu jedem Zeitpunkt und somit auch vor der Einführung von Hofkarten Voraussetzung der Erlangung der einheitlichen Betriebsprämie gewesen sei. Die Hofkarte sei lediglich ein Hilfsmittel zur Ermittlung beihilferelevanter Flächen. Selbst bei allfälligen Mängeln der Hilfsmittel könne die unkorrekte Angabe der Fläche nicht sanktionsfrei bleiben. Ausgehend vom Grundsatz, dass die Verantwortung für die Richtigkeit der beantragten Flächenausmaße den jeweiligen Antragsteller treffe, wäre es am Revisionswerber gelegen gewesen, den Überschirmungsgrad selbst, allenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen zu ermitteln. Die Sanktion erweise sich unter Berücksichtigung der Judikatur des EuGH auch nicht als unverhältnismäßig.
9 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom , B 21/2013-19, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
10 In dieser Konstellation kann - analog § 4 Abs 1 erster Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) - in sinngemäßer Anwendung des Art 133 Abs 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden (vgl etwa den hg Beschluss vom , Ro 2014/08/0079, oder das hg Erkenntnis vom , Ro 2014/21/0079). Davon wurde nach Abtretung der Beschwerde in Befolgung des dann erteilten Verbesserungsauftrages Gebrauch gemacht.
11 In der gegenständlichen Revision wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der Entscheidung beantragt.
12 Das gemäß § 9 Abs 1 VwGbk-ÜG iVm Art 151 Abs 51 Z 9 B-VG an die Stelle des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft getretene Bundesverwaltungsgericht (BVwG) übermittelte die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie eine Stellungnahme des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
13 Für die Behandlung der vorliegenden Revision gelten die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß mit einer nur für Revisionen gegen Bescheide unabhängiger Behörden geltenden und daher hier nicht relevanten Maßgabe (§ 4 Abs 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG). Es war daher im vorliegenden Fall nicht zu prüfen, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (vgl ).
14 Hinsichtlich der im Revisionsverfahren anzuwendenden Rechtslage betreffend die Direktzahlungen (Betriebsprämien) kann auf deren Darstellung in den hg Erkenntnissen vom , 2011/17/0123, und vom , 2011/17/0143, verwiesen werden.
15 Der Revisionswerber wendet sich gegen die Zugrundelegung der Messergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen sowie die Rückrechnung dieser Ergebnisse durch die belangte Behörde auf zurückliegende Antragsjahre. Dabei ist er auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu ähnlich gelagerten Fällen zu verweisen, wonach ein Betriebsinhaber ausreichend konkret darlegen muss, auf Grund welcher Umstände die im Rahmen von Vor-Ort-Kontrollen gewonnenen Ergebnisse nicht hätten herangezogen werden dürfen (vgl ua , und vom , 2011/17/0145). Die sehr allgemein gehaltenen Ausführungen des Revisionswerbers, wonach die von den sachverständigen Prüfern der AMA angewendete Schätzmethode falsch und ungenau gewesen, die Futterflächenermittlung schwierig und komplex und die im Almleitfaden beschriebene Methode der Ermittlung ungeeignet sei, was die sehr unterschiedlichen Ergebnisse von nicht näher bezeichneten Vor-Ort-Kontrollen in den Jahren 2006 bis 2010 beweisen würden, sind jedenfalls nicht geeignet, begründete Zweifel an den von der belangten Behörde zu Grunde gelegten Feststellungen zu erwecken.
16 Wenn der Revisionswerber die in den Berufungsverfahren unterbliebene Einholung eines Sachverständigengutachtens rügt, ist anzumerken, dass er in seinen diesbezüglichen Anträgen als Beweisthema lediglich ausgeführt hat, dass die Flächen falsch ermittelt worden seien und das Verfahren der Almfutterflächenermittlung immer wieder zu unterschiedlichen Ergebnissen führe. Worin er konkret die Mangelhaftigkeit der vorgenommenen Flächenermittlung erblickt hat, war diesen Anträgen aber nicht zu entnehmen. Der Beweisantrag war sohin auf einen Erkundungsbeweis gerichtet, zu dessen Aufnahme die belangte Behörde nicht verpflichtet war (vgl ). Der ebenfalls als Beweisthema angeführten Frage, welcher Flächenanteil sich bei Berücksichtigung der nicht beantragten Flächen ergeben würde, fehlt es hingegen an Relevanz. Dem Revisionswerber wäre es im Übrigen unbenommen gewesen, im Berufungsverfahren den Feststellungen im Prüfbericht auf gleicher fachlicher Ebene etwa durch Vorlage eines eigenen Gutachtens entgegenzutreten.
17 Der Revisionswerber bestreitet, dass ihn ein Verschulden an den Flächenabweichungen trifft. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, liegt es im Sinne der Beweislastumkehr des Art 68 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 796/2004 am Revisionswerber zu belegen, dass ihn keine Schuld an einer Übererklärung trifft. Der Revisionswerber verweist darauf, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, die Flächen exakt zu ermitteln, da die AMA ihm keine Hofkarten mit aktuellen Farb-Luftbildern zur Verfügung gestellt habe und die Almen bis 2009 nicht digitalisiert gewesen seien. Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Revisionswerber nach der angesprochenen Beweislastumkehr nicht darzutun, welchen Sachverstandes er sich bedient habe, um das korrekte Flächenausmaß für seine Beihilfeanträge zu ermitteln (vgl ). Die korrekte Angabe des konkreten Ausmaßes der Flächen, die dem Antrag auf Betriebsprämie zugrunde gelegt werden, ist der revisionswerbenden Partei durchaus zumutbar (vgl , mwN). Es ist somit nicht ersichtlich, dass die belangte Behörde zu Unrecht vom Verschulden des Revisionswerbers ausgegangen wäre.
18 Da dem Revisionswerber nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Revision gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
19 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Revisionsfall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455 (§ 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl II Nr 8/2014).
Wien, am