zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 22.07.2011, 2011/22/0114

VwGH vom 22.07.2011, 2011/22/0114

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. Josef Habersack, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Roseggerkai 5/III, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom , Zl. FA7C-2-9.D/3799-2009, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung beschränkt" gemäß § 44 Abs. 4 und § 11 Abs. 2 und 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer sei am illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am folgenden Tag einen Asylantrag gestellt, der "am zweitinstanzlich rechtskräftig negativ entschieden und mit einer Ausweisung verbunden" worden sei. Der Antrag gemäß § 44 Abs. 4 NAG sei dahingehend begründet worden, dass der Beschwerdeführer sich seit 2004 im Bundesgebiet befände und sich in die österreichische Kultur integriert hätte; er wäre kurdischer Alevite und würde daher in seinem Heimatland unter Druck gesetzt werden. Er wollte in Österreich bleiben, weil ihn die Menschenrechte, der Lebensstandard und die österreichische Kultur faszinierten. Dem Antrag seien die Kopie eines Reisedokuments, eine Geburtsurkunde, ein Versicherungsdatenauszug, eine Beschäftigungsbewilligung für die Zeit von Juli 2009 bis Oktober 2009 sowie Abrechnungsbelege für Juli 2009 bis September 2009, Teilnahmebestätigungen an Deutschkursen in den Jahren 2004 und 2005 sowie der Mietvertrag des Onkels des Beschwerdeführers mit der Bestätigung, dass der Beschwerdeführer bei ihm wohne, beigelegen.

Der Akt sei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark übermittelt worden, welche mit Stellungnahme vom ausgeführt habe, dass eine rechtskräftige Ausweisung vorliege und die Effektuierung dieser Ausweisung "im Sinne von § 11 Abs. 3 NAG und aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK" nach wie vor zulässig sei.

Dies sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden. Im Rahmen des Parteiengehörs sei er auch auf die "erforderliche Absicherung in unterhaltsrechtlicher Hinsicht" und die übrigen nach § 44 Abs. 4 NAG zu berücksichtigenden Kriterien hingewiesen worden. Mit Stellungnahme vom habe er im Wesentlichen die Antragsbegründung wiederholt und eine Kopie seines türkischen Maturazeugnisses vorgelegt. Weiters habe er auf seine Tätigkeit als Bäcker und Fliesenleger in der Türkei und auf seine (beruflichen) Integrationsbemühungen in Österreich hingewiesen, wobei er jedoch lediglich im Jahr 2009 eine "Saisonniersbewilligung" erhalten hätte. Er habe auf "Zusicherungsbestätigungen" von zwei Unternehmen sowie auf eine am stattfindende "Modul 2-Prüfung" hingewiesen.

In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde zunächst aus, dass die gemäß § 44 Abs. 4 NAG geforderten (legalen) Aufenthaltszeiten vorlägen. Für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 4 NAG müsse aber die erforderliche Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben sein, wobei der Antragsteller initiativ zu untermauern habe, dass die entsprechenden Voraussetzungen vorlägen.

Bei der Selbsterhaltungsfähigkeit handle es sich um eine allgemeine Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG, bei deren Nichtvorliegen die Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung von vornherein ausgeschlossen sei. Dem Antrag des Beschwerdeführers sei aber nur eine "kurzfristige Saisonbewilligung" mit drei Lohnzetteln von Juli bis September 2009 beigelegt gewesen, weiters seien im Februar 2011 zwei "Zusicherungsbestätigungen" mit einem voraussichtlichen Nettogehalt von EUR 900,-- vorgelegt worden. Für den Nachweis des gesicherten Unterhalts sei aber nicht nur eine allfällige Einstellungszusage erforderlich, sondern auch der Nachweis des Zuganges zum Arbeitsmarkt.

Auch die allgemeine Erteilungsvoraussetzung eines aufrechten Krankenversicherungsschutzes sei nicht erfüllt.

Darüber hinaus könne auch keine besondere Berücksichtigungswürdigkeit des Falles erkannt werden. Die Probleme im Heimatland, auf die im Antrag verwiesen werde, seien bereits im Asylverfahren eingehend gewürdigt worden und im gegenständlichen Verfahren nicht von Belang. Der Beschwerdeführer habe lediglich Nachweise über den Besuch von Deutschkursen in den Jahren 2004 und 2005 beigelegt, jedoch kein entsprechendes Prüfungszeugnis. Zwar sei auf eine am stattfindende "Modul 2-Prüfung" hingewiesen worden, deren Ausgang jedoch für die belangte Behörde "nicht von besonderer Relevanz" sei, da der Beschwerdeführer auf Grund des "primär beschäftigungslosen Zustandes in Österreich" ausreichend Zeit gehabt hätte, den entsprechenden Nachweis rechtzeitig zu erbringen.

In einer Gesamtbetrachtung zeige sich, dass weder die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 und 5 NAG vorlägen noch eine besondere Berücksichtigungswürdigkeit des Falles erkannt werden könne.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hat den Antrag unter anderem deshalb abgewiesen, weil sie die Voraussetzungen für das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles im Sinn des § 44 Abs. 4 erster Satz NAG verneint hat. Damit ist sie im Ergebnis im Recht:

Von den Kriterien, die § 44 Abs. 4 NAG für die Beurteilung des Grades der Integration nennt (nämlich Selbsterhaltungsfähigkeit, schulische und berufliche Ausbildung, Beschäftigung, Deutschkenntnisse), kann der Beschwerdeführer nur Deutschkenntnisse - auf dem Niveau "A 2" - für sich ins Treffen führen. Die nach der Aktenlage noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides vorgelegte Prüfungsbestätigung hätte die belangte Behörde berücksichtigen müssen; auch das hätte aber - und insofern ist die belangte Behörde im Recht - zu keinem anderen Ergebnis geführt, weil sich allein aus den solcherart nachgewiesenen Deutschkenntnissen nicht das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles im Sinn des § 44 Abs. 4 NAG ableiten lässt. In die diesbezügliche Beurteilung war insbesondere mit einzubeziehen, dass der Beschwerdeführer über keine wesentlichen familiären Bindungen im Bundesgebiet verfügt, hier keine spezifische schulische oder berufliche Ausbildung genossen hat und nur wenige Monate lang einer Beschäftigung nachgegangen ist. Daraus, dass er, wie die Beschwerde vorbringt, mangels Aufenthaltsberechtigung "naturgemäß" über keine Arbeitserlaubnis verfüge und dies daher kein Hinderungsgrund sein könne, ist im gegebenen Zusammenhang nichts für ihn zu gewinnen, weil § 44 Abs. 4 NAG gerade am Boden der geltenden Gesetzeslage auf eine - rechtlich nicht unmögliche (vgl. § 4 Abs. 3 Z 7 - seit : § 4 Abs. 1 Z 1 - AuslBG, wonach Asylwerber, die seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügen - Verfahrenskarte nach § 50 AsylG 2005 oder Aufenthaltsberechtigungskarte nach § 51 AsylG 2005 - die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllen) - (bisherige) Berufstätigkeit abstellt (vgl. in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0270).

Soweit der Beschwerdeführer - wie schon im Verwaltungsverfahren - darauf hinweist, dass er aus den in seinem Asylverfahren geschilderten Gründen nicht in die Türkei zurückkehren könne, ist dies - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 44 Abs. 4 NAG, deren zentrales Kriterium der erreichte Grad der Integration in Österreich ist (vgl. dazu allgemein etwa das bereits zitierte Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0270, sowie das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0255), nicht relevant.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich als Verfahrensmangel rügt, die belangte Behörde habe nicht den von ihm "genannten Cousin" (gemeint wohl: Onkel) geladen und befragt, unterlässt er es, konkret darzulegen, welche für den Verfahrensausgang relevanten Aussagen dieser hätte machen können.

Da somit die behauptete Rechtsverletzung schon mangels auseichender Integration nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am