VwGH vom 20.04.2016, Ro 2014/17/0102
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revisionen des LS in L, vertreten durch Dr. Michael Kaufmann, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, gegen die Bescheide der Vorarlberger Landesregierung 1. vom , IIIa-
206.232 betreffend Gästetaxe nach dem Vorarlberger Tourismusgesetz (hg Ro 2014/17/0102) sowie 2. gleichfalls vom , IIIa- 206.231, betreffend Tourismusabgabe nach dem Vorarlberger Tourismusgesetz (hg Ro 2014/17/0116) (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Schwarzenberg in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revisionen werden als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.221,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom zog die Abgabenberufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde im Instanzenzug den Revisionswerber für den Zeitraum 1. März bis zur Haftung für die Gästetaxe nach dem Vorarlberger Tourismusgesetz (in Folge: Vlbg TourismusG) in der Höhe von EUR 945,40 heran.
2 Mit einem weiteren Bescheid vom schrieb die Abgabenberufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde dem Revisionswerber im Instanzenzug Tourismusbeitrag für das Jahr 2012 nach dem Vlbg TourismusG in der Höhe von EUR 175,98 vor.
3 Mit dem erstangefochtenen Bescheid gab die Vorarlberger Landesregierung der Vorstellung des Revisionswerbers gegen die Haftungsinanspruchnahme betreffend die Gästetaxe keine Folge. Der Revisionswerber habe zwar für jene Gäste, an die er seine Unterkunft "X Hütte" in der mitbeteiligten Gemeinde tageweise oder wochenweise zu Erholungs- bzw Ferienzwecken vermietet habe, regelmäßig die Meldezettel der Gemeinde per Fax übermittelt, aber keine Gästetaxe abgeführt. Er sei zu Recht zur Haftung als Unterkunftgeber gemäß § 17 Abs 4 Vlbg TourismusG herangezogen worden. Die im konkreten Fall anwendbaren Verordnungen der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom sowie vom seien ordnungsgemäß durch Anschlag an die Amtstafel kundgemacht worden.
4 Mit dem zweitangefochtenen Bescheid gab die Vorarlberger Landesregierung der Vorstellung des Revisionswerbers gegen die Vorschreibung des Tourismusbeitrages für das Jahr 2012 keine Folge. Zum Einwand des Revisionswerbers, er übe in der mitbeteiligten Gemeinde keine selbstständige Tätigkeit im Sinne des Vlbg TourismusG aus, da er eine bloße Raumüberlassung betreibe, führte die Vorarlberger Landesregierung aus, die Erwerbstätigkeit des Revisionswerbers sei korrekt dem Erwerbszweig der "Vermietung von Ferienwohnungen und -häusern aller Art" im Sinne der Abgabengruppenverordnung zugeordnet worden. Es handle sich um keine Dauervermietung iSd § 10 Abs 1 lit e Vlbg TourismusG.
5 Gegen diese Bescheide erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschlüssen vom , B 990/2013, sowie vom , B 991/2013, ablehnte und mit Beschlüssen vom bzw vom dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
6 Mit seinen vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Schriftsätzen macht der Revisionswerber Rechtswidrigkeit des Inhalts, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw wegen Unzuständigkeit der Vorarlberger Landesregierung geltend.
7 Das gemäß Art 151 Abs 51 Z 9 B-VG iVm § 9 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) anstelle der Vorarlberger Landesregierung in das Verfahren eingetretene Landesverwaltungsgericht Vorarlberg legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der es die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Revisionen zur gemeinsamen Entscheidung erwogen:
9 Die nach dem an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 144 Abs 3 B-VG abgetretenen Beschwerden gelten als Revisionen, für deren Behandlung die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden sind (vgl zB ).
10 Gästetaxe (Ro 2014/17/0102)
Das gegen den erstangefochtenen Bescheid erstattete Revisionsvorbringen entspricht im Wesentlichen jenem, das auch in der unter 2013/17/0589 protokollierten Beschwerde, die ebenfalls die Haftungsinanspruchnahme des nunmehrigen Revisionswerbers betreffend Gästetaxe durch die mitbeteiligte Gemeinde betrifft, vorgebracht wurde. Es kann daher gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf die Begründung des diesbezüglichen hg Erkenntnisses vom heutigen Tag verwiesen werden.
11 Tourismusbeitrag (Ro 2014/17/0116)
12 Die im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des Vorarlberger Tourismusgesetzes (Vlbg TourismusG), LGBl Nr 86/1997
idF LGBl Nr 25/2011, lauten wie folgt:
" I. Abschnitt
...
§ 2
Erklärung zur Tourismusgemeinde
Gemeinden, in denen der Tourismus von besonderer Bedeutung ist oder die sich die Förderung des Tourismus in besonderem Maße zur Aufgabe machen, können durch Beschluss der Gemeindevertretung zu Tourismusgemeinden erklärt werden.
...
II. Abschnitt
Tourismusbeiträge
§ 6
Ermächtigung zur Einhebung
Gemeinden, die sich gemäß § 2 zu Tourismusgemeinden erklärt haben, sind ermächtigt, zur Deckung ihres Aufwandes für tourismusfördernde Maßnahmen und Einrichtungen Tourismusbeiträge einzuheben.
§ 7
Abgabenschuldner
(1) Abgabepflichtig sind alle Personen, die von einem in der Gemeinde gelegenen Standort aus eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben.
(2) Als Erwerbstätigkeit im Sinne dieses Gesetzes gilt das auf einen wirtschaftlichen Vorteil zielende Verhalten.
(3) Standort im Sinne dieses Gesetzes ist jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit dient. Als Standorte gelten insbesondere auch Warenlager, Taxistandplätze und Baustellen, an denen mehr als zwölf Monate gearbeitet wurde oder voraussichtlich gearbeitet wird.
..."
13 Der Revisionswerber behauptet im Zusammenhang mit der Vorschreibung des Tourismusbeitrages, er übe durch die Überlassung von Räumlichkeiten auf dem Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde keine selbstständige Tätigkeit im Sinne des § 7 Abs 1 Vlbg TourismusG aus, weil der "Ort der Verwaltung und Leitung" (seines Unternehmens) in einem anderen Gemeindegebiet liege.
14 Gemäß § 6 Vlbg TourismusG soll durch die Einhebung der Tourismusbeiträge der Aufwand, der den Tourismusgemeinden durch tourismusfördernde Maßnahmen sowie durch tourismusfördernde Einrichtungen erwächst, gedeckt werden. Gemäß § 7 Abs 1 iVm Abs 3 leg cit sind Beitragsschuldner alle jene, die von einem im Gemeindegebiet gelegenen Standort aus eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, wobei unter einem Standort jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung der Erwerbstätigkeit dient, zu verstehen ist. Als Beispiele für derartige Standorte werden in § 7 Abs 3 leg cit Warenlager, Taxistandplätze oder auch Baustellen, an denen mehr als zwölf Monate gearbeitet wurde oder voraussichtlich gearbeitet wird, exemplarisch aufgezählt.
15 Aus dieser Aufzählung ergibt sich aber eindeutig, dass nach der Intention des Gesetzgebers unter einem Standort, an den die Beitragspflicht anknüpft, eben auch Anlagen bzw Einrichtungen gemeint sind, die nicht mit dem Sitz der Geschäftsleitung eines Unternehmens zusammenfallen (vgl dazu auch die Materialen zur Novelle des Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl Nr 5/1991, ErläutRV 36 BlgVlbgLT 25. GP 6), weshalb den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen nicht zu folgen war.
16 Wenn der Revisionswerber die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verwaltungsverfahren rügt, kann gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf die Begründung des hg Erkenntnisses vom , 2010/17/0078, verwiesen werden. Darin hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die (auch im Beschwerdefall anzuwendende) BAO keine verfahrensrechtlichen Regelungen über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren betreffend Landes- und Gemeindeabgaben enthält.
17 Hinsichtlich der vom Revisionswerber bereits in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken ist auf den diesbezüglichen Ablehnungsbeschluss des , zu verweisen. Die Ausführungen in der Revision vermögen auch beim Verwaltungsgerichtshof keine diesbezüglichen Bedenken zu erwecken.
18 Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch nicht die zusätzlich geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 2 Vlbg TourismusG, wonach sich die Gemeinde selbst zur Tourismusgemeinde erklären kann. Dem Landesgesetzgeber steht es aus dem Grunde des § 8 Abs 5 F-VG nämlich frei, einer Gemeinde das Recht zur Erhebung einer Abgabe einzuräumen, ohne dass er sie dazu verpflichten müsste ().
19 Der Revisionswerber erachtet es auch als unsachlich, dass nach § 8 Vlbg TourismusG der Tourismusbeitrag für 2012 nach dem Umsatz des Jahres 2010 und nicht nach "einem bestimmten positiven Betriebsergebnis" bemessen wird, unterlässt es aber, diese Auffassung zu begründen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch in diesem Zusammenhang nicht zur Stellung eines entsprechenden Gesetzesprüfungsantrages nach Art 140 B-VG veranlasst.
20 Der Revisionswerber behauptet auch die Verletzung von durch die Grundrechtecharta gewährten Rechten, unterlässt es aber anzuführen, inwiefern seiner Auffassung nach die Erhebung des Tourismusbeitrages nach dem Vorarlberger Tourismusgesetz in Durchführung des Unionsrechts erfolgt und somit der Anwendungsbereich der Grundrechtecharta eröffnet wäre. Im Übrigen genügt es auf die ausführliche Begründung im (zum Wr VergnügungssteuerG ergangenen) hg Erkenntnis vom , 2013/17/0217, zu verweisen. Auch im vorliegenden Fall ist ein direkter Bezug zum Unionsrecht nicht zu erkennen. Aus diesen Erwägungen gehen auch hier die Revisionsausführungen zur Unzuständigkeit der belangten Behörde ins Leere.
21 Die Revisionen waren daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
22 Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte trotz eines entsprechenden Antrags des Revisionswerbers gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und einem Entfall der Verhandlung im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Art 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten 1958 nicht entgegenstand.
23 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am