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VwGH vom 30.07.2015, Ra 2014/22/0131

VwGH vom 30.07.2015, Ra 2014/22/0131

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-750188/6/BP/JW, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: B F, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Promenade 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo, reiste am in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom wurde dieser Antrag gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Z 2 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) in Verbindung mit einer Ausweisung rechtskräftig abgewiesen. Am wurde der Mitbeteiligte in den Kosovo abgeschoben.

2. Am stellte der Mitbeteiligte bei der Österreichischen Botschaft in Skopje - im Hinblick auf seine, über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügende Ehefrau S F - einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gemäß § 47 Abs. 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG).

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (BH) Vöcklabruck vom wurde dieser Antrag abgewiesen. Die BH Vöcklabruck erachtete im Hinblick auf die im Asylverfahren ergangene Ausweisung, die gemäß § 75 Abs. 23 AsylG 2005 als aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 1. oder 3. Abschnitt des 8. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) gelte und binnen 18 Monaten ab der Ausreise aufrecht bleibe, den absoluten Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG als gegeben. Gegen den Mitbeteiligten bestehe eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung, ein Aufenthaltstitel könne erst nach Ablauf von 18 Monaten nach der Abschiebung erteilt werden. Eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG sei nicht vorzunehmen.

3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten statt, behob den bekämpften Bescheid und erteilte dem Mitbeteiligten gemäß § 47 Abs. 2 NAG einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" für die Dauer von zwölf Monaten (Spruchpunkt I). Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde gemäß § 25a VwGG für unzulässig erklärt (Spruchpunkt II).

Das Verwaltungsgericht hielt fest, dass sich die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 23 AsylG 2005 auf Sachverhalte beziehe, bei denen eine Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen worden sei. Da die Kundmachung dieses Bundesgesetzes am erfolgt sei, seien von dieser Übergangsbestimmung (nur) Ausweisungen erfasst, die vor dem durchsetzbar erlassen worden seien. Im vorliegenden Fall sei die Ausweisung mit erfolgt. Daher gelte die Rechtsfolge des § 75 Abs. 23 AsylG 2005 nicht, weshalb keine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliege und der absolute Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG nicht gegeben sei. Abschließend legte das Verwaltungsgericht noch dar, dass auch § 11 Abs. 2 NAG der Titelerteilung nicht entgegenstehe.

4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5.1. Die Revisionswerberin wendet sich in der Begründung der Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision allein gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, es liege keine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor. Die gegenständlich zugrunde liegende, vom stammende asylrechtliche Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 bleibe binnen 18 Monaten ab Ausreise des Fremden (am ) aufrecht und gelte als durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Somit sei der absolute Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG erfüllt und die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus diesem Grund nicht möglich. Dieser Versagungsgrund könne "auch nicht mit § 11 Abs. 3 NAG 'geheilt' werden".

Die Revision ist zwar aus nachstehenden Gründen zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

5.2. Unbestritten ist, dass gegen den Mitbeteiligten mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom eine auf § 10 AsylG 2005 gestützte Ausweisung rechtskräftig erlassen und der Mitbeteiligte am aus dem Bundesgebiet abgeschoben wurde.

Gemäß § 10 Abs. 6 und 7 AsylG 2005 in der bis zum geltenden Fassung blieb eine Ausweisung nach § 10 Abs. 1 AsylG 2005 binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht und galt, wenn sie durchsetzbar wurde, als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem FPG. Die Abs. 6 und 7 sind zwar mit der Neufassung des § 10 AsylG 2005 durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 mit entfallen (siehe zur aktuellen Rechtslage die Regelung in § 12a Abs. 6 AsylG 2005, der zufolge Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG - in der Regel - 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht bleiben), allerdings sieht die - fallbezogen insoweit maßgebliche -

Übergangsvorschrift des § 75 Abs. 23 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 144/2013, Folgendes vor:

" Übergangsbestimmungen

§ 75. ...

(23) Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem

1. oder 3. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012."

Entgegen der im angefochtenen Erkenntnis zum Ausdruck gebrachten Auffassung des Verwaltungsgerichtes erfasst der Verweis auf "Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden" nicht bloß Ausweisungen bis zum Tag der Kundmachung der genannten Novelle, sondern alle bis zum Außerkrafttreten des § 10 AsylG 2005 in der Fassung vor BGBl. I Nr. 87/2012 (mit Ablauf des ) nach dieser Bestimmung erlassene Ausweisungen. Es wird nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt abgestellt, sondern darauf, nach welcher Rechtsgrundlage die Ausweisung ausgesprochen wurde. Daher handelt es sich bei der hier zugrunde liegenden Ausweisung um eine von § 75 Abs. 23 AsylG 2005 erfasste Ausweisung.

5.3. Dies allein führt aber noch nicht dazu, dass das Vorliegen des Erteilungshindernisses nach § 11 Abs. 1 Z 1 NAG zu bejahen wäre.

§ 11 NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, lautet auszugsweise:

" Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung

gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

..."

§ 11 Abs. 3 NAG sieht vor, dass ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegen eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 NAG erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK geboten ist. Bei Vorliegen eines Erteilungshindernisses nach § 11 Abs. 1 Z 1 NAG ist § 11 Abs. 3 hingegen nicht anwendbar (siehe etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/22/0262, mwN). Es handelt sich somit um einen absoluten Versagungsgrund.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2012/22/0185, auf dessen Erwägungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, zur Auslegung des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG (noch in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011) festgehalten, dass eine Rückkehrentscheidung im Sinn des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG (nur) dann vorliegt, wenn sie mit einem Einreiseverbot verbunden ist. (Erst) das Einreiseverbot enthalte - im Hinblick auf eine vom Fremden ausgehende, nach fremdenpolizeilichen Vorschriften maßgebliche Gefährdung - die Anweisung, für einen (bestimmten) Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten (der EU) einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, und entspreche daher insoweit den sonst in § 11 Abs. 1 Z 1 NAG genannten Maßnahmen "Aufenthaltsverbot" und "Rückkehrverbot", die (auch) ein Verbot der (Wieder)Einreise in sich tragen. Es sei nicht davon auszugehen, dass eine nicht mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung, die sich in einem Ausreisebefehl erschöpfe, den Tatbestand des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG erfüllen könne.

Weiters führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis folgendermaßen aus:

"Dass aber auch der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG mit dem FrÄG 2011 von einem solchen Verständnis ausging, ergibt sich daraus, dass dieser ursprünglich bei (zeitgleicher) Schaffung der §§ 52 und 53 FPG vor Augen hatte, dass mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung - ohne Ausnahme - immer ein Einreiseverbot einherzugehen hätte (vgl. dazu ausführlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/21/0237). Bei einer solchen Betrachtungsweise war es aber dann auch ausreichend, in § 11 Abs. 1 Z 1 NAG - neben dem Aufenthaltsverbot und dem Rückkehrverbot - allein die Rückkehrentscheidung ohne separate Erwähnung des Einreiseverbotes aufzunehmen (vgl. dazu die Ausführungen zur Novellierung des § 11 NAG in den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum FrÄG 2011, 1078 BlgNR 24. GP 8: 'Die Adaptierungen haben in Reaktion auf die Umsetzung der RückführungsRL im FPG zu erfolgen. So werden die absoluten Versagungsgründe in Abs. 1 Z 1 der neuen Systematik des FPG angepasst (....).')."

An der dieser Auffassung zugrunde liegende Systematik hat sich durch die Änderung des Wortlautes des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG durch BGBl. I Nr. 87/2012 (Entfall der Bezugnahme auf ein Rückkehrverbot) nichts geändert.

5.4. Ausgehend davon ist vorliegend zu prüfen, ob eine - als aufenthaltsbeendende Maßnahme geltende - Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 im Hinblick auf die Anordnung, dass sie "binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht" bleibt, ein Verbot der (Wieder)Einreise beinhaltet oder sich auf einen - zeitlich erstreckten -Ausreisebefehl beschränkt.

Die Erläuterungen zu dem bis zum in Geltung gestandenen - mit der Übergangsregelung des § 75 Abs. 23 AsylG 2005 inhaltlich vergleichbaren - § 10 Abs. 6 AsylG 2005 (RV 330 BlgNR 24. GP 10), führen Folgendes aus:

"Mit dem neu geschaffenen Abs. 6 soll künftig ein zeitliches Element für asylrechtliche Ausweisungen festgelegt werden. Durch die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet wird eine asylrechtliche Ausweisung nicht mehr sofort konsumiert. Damit wird der zielstaatsbezogenen Ausweisung gemäß § 10 mehr Nachdruck verliehen und eine aus systematischen Gründen sachlich gerechtfertigte Abgrenzung zur fremdenpolizeilichen Ausweisung vorgenommen, welche lediglich den Auftrag enthält, das Bundesgebiet zu verlassen und sich auf keinen bestimmten Staat bezieht. Die Ausweisung soll demnach 18 Monate ab Ausreise aufrecht bleiben und erst dann als konsumiert gelten. ..."

Der Hinweis darauf, dass die Ausweisung durch die Ausreise nicht mehr konsumiert bzw. erst nach Ablauf von 18 Monaten ab Ausreise konsumiert werden soll, lässt (lediglich) darauf schließen, dass die Ausweisung durch die Ausreise nicht gegenstandslos wurde und somit innerhalb von 18 Monaten mehrere Abschiebungen auf eine Ausweisung gestützt werden konnten. Auch

der Wortlaut der Anordnung ("bleiben ... aufrecht") gibt für sich

genommen keinen Aufschluss darüber, ob lediglich der Ausreisebefehl - ungeachtet einer allenfalls erfolgten Ausreise - aufrecht bleibt oder ob damit die darüber hinausgehende Anordnung verbunden ist, für die Dauer von 18 Monaten keinesfalls in das Bundesgebiet einreisen zu dürfen. Weder aus den Erläuterungen noch aus dem Wortlaut der Bestimmung lässt sich somit zwingend auf eine "absolute Sperrwirkung" dahingehend schließen, dass eine asylrechtliche Ausweisung einer Titelerteilung in jedem Fall entgegenstand und daher der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keiner Abwägung im Sinn des § 11 Abs. 3 NAG zugänglich war. Diese Überlegungen gelten gleichermaßen für die Anordnung des § 75 Abs. 23 AsylG 2005. 5.5. Gegen die Annahme, dass eine als aufenthaltsbeendende Maßnahme geltende asylrechtliche Ausweisung als durchsetzbare Rückkehrentscheidung im Sinn des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG anzusehen ist, sprechen demgegenüber folgende Überlegungen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem zur Rechtslage vor Ablauf des ergangenen Erkenntnis vom , 2011/21/0237, auf dessen Entscheidungsgründe (insbesondere Punkt 2.2.) gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, gestützt auf die Bestimmungen der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger dargelegt, dass unter bestimmten Voraussetzungen mit einer Rückkehrentscheidung kein Einreiseverbot unter einem erlassen werden könne. Durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2013 wurde § 53 FPG nunmehr dahingehend geändert, dass mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden "kann" (und nicht mehr - wie zuvor - erlassen "wird"). In den Erläuterungen dazu (RV 2144 BlgNR 24. GP 23) wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vorgeschlagenen Änderungen in Reaktion auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere) vom , 2011/21/0237, ergehen.

Würde man der Anordnung des § 75 Abs. 23 AsylG 2005 (und damit auch des § 12a Abs. 6 AsylG 2005) die Bedeutung beimessen, dass mit der Anordnung des "Aufrecht-Bleibens" der Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung binnen 18 Monaten ab Ausreise die gleiche Wirkung verbunden ist wie mit einem 18-monatigen Einreiseverbot, stünde dies in einem Spannungsverhältnis zur eben dargestellten Novellierung des § 53 FPG durch BGBl. I Nr. 68/2013, mit der die im Erkenntnis 2011/21/0237 aufgezeigten unionsrechtlichen Probleme offenbar saniert werden sollten. Dieses Spannungsverhältnis lässt sich vermeiden, indem die Anordnung ("bleiben binnen 18 Monaten ... aufrecht") nicht mit einem Einreiseverbot gleichgesetzt wird; diesfalls wird die Rückkehrentscheidung durch eine Ausreise zwar nicht konsumiert, allerdings ist damit keine absolute 18-monatige Sperrwirkung hinsichtlich der Erteilung eines Aufenthaltstitels verbunden.

5.6. Schließlich ist noch auf folgenden Aspekt hinzuweisen:

Der Verwaltungsgerichtshof ist wiederholt mit verfassungsrechtlichen (sowie unionsrechtlichen) Bedenken gegen das - automatische, keine Abwägung im Hinblick auf Art. 8 EMRK ermöglichende - Anknüpfen in § 11 Abs. 1 Z 1 NAG an das Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes oder (früher:) Rückkehrverbotes konfrontiert gewesen. Diesen Bedenken ist er im Wesentlichen deshalb nicht beigetreten, weil gesetzlich ausreichend Vorsorge getroffen worden sei, um - auch bei nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes oder Rückkehrverbotes maßgeblich geänderten Verhältnissen - den Vorgaben des Art. 8 EMRK zu entsprechen (vgl. dazu und zu den weiteren Ausführungen insbesondere das Erkenntnis vom , 2009/22/0262, mwN). In den Verfahren zur Erlassung - ebenso wie zur Aufhebung - dieser fremdenpolizeilichen Maßnahmen sei eine Beurteilung im Sinn des Art. 8 EMRK vorzunehmen, die auch einer Überprüfung durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugeführt werden könne. Dass § 11 Abs. 1 Z 1 NAG, der zur Vermeidung mehrfacher, inhaltlich dasselbe prüfender Verfahren eine Verwaltungsvereinfachung anstrebe, insoweit im Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels an das Ergebnis der im fremdenpolizeilichen Verfahren erfolgten Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK anknüpfe, stelle sich sohin angesichts des engen Zusammenhangs der Berücksichtigung humanitärer Gründe im Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung und im Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels als unbedenklich dar.

Bezogen auf den hier vorliegenden Fall einer asylrechtlichen Ausweisung, die als aufenthaltsbeendende Maßnahme gilt, hätte die Annahme, dass die Anordnung ihres "Aufrecht-Bleibens" für 18 Monate in § 75 Abs. 23 AsylG 2005 einem Einreiseverbot gleichzusetzen ist und damit einer Titelerteilung absolut - somit ungeachtet einer allenfalls im Hinblick auf die Beurteilung nach Art. 8 EMRK maßgeblichen Änderung der persönlichen Umstände des Fremden - entgegensteht, zur Folge, dass die dargestellten Überlegungen zur Verfassungskonformität des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG auf diese Konstellation nicht übertragbar wären. Somit sprechen auch verfassungsrechtliche Erwägungen gegen eine Einbeziehung einer asylrechtlichen Ausweisung, die binnen 18 Monaten ab Ausreise aufrecht bleibt, in den einen absoluten Versagungsgrund darstellenden Tatbestand des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG (siehe zu verfassungsrechtlichen Überlegungen bei der Auslegung - wenn auch anderer Bestimmungen - des NAG das hg. Erkenntnis vom , 2010/21/0494). Würde man eine als aufenthaltsbeendende Maßnahme geltende asylrechtliche Ausweisung nämlich auf Grund der Anordnung des "Aufrecht-Bleibens" binnen 18 Monaten ab Ausreise als eine mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung ansehen, hätte dies zur Folge, dass auch bei einer allfälligen Sachverhaltsänderung eine Beurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht vorgenommen werden könnte, weil ein absolutes (auch durch eine allenfalls positive Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG nicht zu durchbrechendes) Erteilungshindernis gegeben wäre.

5.7. An der dargestellten Sichtweise vermag auch der Entfall des früheren § 11 Abs. 1 Z 3 NAG (der ein - allerdings einer Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG zugängliches - Erteilungshindernis bei Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung vorsah) durch BGBl. I Nr. 87/2012 nichts zu ändern. Wie sich den Erläuterungen zu BGBl. I Nr. 70/2015 entnehmen lässt, ging der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG durch das FrÄG 2011 davon aus, dass mit der (darin genannten) Rückkehrentscheidung immer ein Einreiseverbot einherzugehen habe (siehe RV 582 BlgNR 25. GP 27 f). Mit der zitierten Novelle BGBl. I Nr. 70/2015 wurde - da eine Rückkehrentscheidung nicht notwendigerweise mit einem Einreiseverbot verbunden ist (siehe dazu die Ausführungen in Punkt 5.5.) und der Grund für die Aufhebung des § 11 Abs. 1 Z 3 NAG somit weggefallen ist - ein (wiederum einer Abwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG zugänglicher) Versagungsgrund auf Grund des Vorliegens einer (bloßen) Rückkehrentscheidung wieder eingeführt und damit die Rechtslage vor BGBl. I Nr. 87/2012 "wieder hergestellt" (siehe RV 582 BlgNR 25. GP 28). Dieser Umstand ändert aber nichts daran, dass vor Wiederherstellung der alten Rechtslage ein gesonderter Versagungsgrund für eine bloße aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht bestand und einer Einordnung der asylrechtlichen Ausweisung in das absolute Erteilungshindernis nach § 11 Abs. 1 Z 1 NAG die oben dargestellten Überlegungen entgegenstanden.

6. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die hier zugrunde liegende asylrechtliche Ausweisung - ungeachtet dessen, dass sie als aufenthaltsbeendende Maßnahme nach dem 8. Abschnitt des FPG gilt und binnen 18 Monaten nach Ausreise aufrecht bleibt - nicht einer mit einem Einreiseverbot verbundenen Rückkehrentscheidung gleichzusetzen ist und somit den Tatbestand des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG nicht erfüllt.

7. Da das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung somit im Ergebnis zutreffend zugrunde gelegt hat, dass der Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG nicht vorlag, war die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am