VwGH vom 12.05.2010, 2009/12/0076
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde des GH in R, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in 1090 Wien, Garnisongasse 11/1, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom , Zl. 0041B-HÖP/09, betreffend Nebengebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienstbehörde ist die belangte Behörde.
Am richtete der Beschwerdeführer unter dem Betreff "bescheidmäßige Feststellung der Kürzung der Nebengebühren" eine Eingabe an die belangte Behörde. Darin brachte er vor, er sei (jedenfalls) seit bei einer näher genannten Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschäftigt. Auf Grund einer von dieser Gesellschaft auferlegten neuen Pausenregelung erleide er finanzielle Einbußen. Allein im Monat Oktober 2005 habe er gegenüber der sonst gleichen Vorverwendung etwa 5,19 Stunden weniger ausbezahlt erhalten. Auch ursprünglich zugesicherte Sozialleistungen bekomme er bei der genannten GesmbH nicht.
Er beantrage daher, ihn "entsprechend dem Gehaltsgesetz und der Nebengebührenregelung zu entlohnen und ihm seine Ansprüche ab Oktober 2005 bis laufend nachzuzahlen". Im Falle der Ablehnung werde um bescheidmäßige Erledigung ersucht.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom verfügte die belangte Behörde Folgendes (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof; Hervorhebungen im Original) :
"Ihr Antrag vom auf 'bescheidmäßige Feststellung der Kürzung der Nebengebühren' bzw. auf Entlohnung entsprechend dem Gehaltsgesetz und der Nebengebührenregelung und Nachzahlung der Ansprüche ab Oktober 2005 wird abgewiesen."
In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:
" Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest :
Als Bundesbeamter sind Sie gemäß § 17 Abs. 1a Z. 3 des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996 auf Dauer der Österreichischen Postbus AG zur Dienstleistung zugewiesen. Bis wurden Sie gemäß § 17 Abs. 1a Satz 2 PTSG bei der P GmbH verwendet. Mit Schreiben vom der damaligen Leiterin des beim Vorstand der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamts, Frau Dkfm. W, wurden Sie gemäß § 17 Abs. 1a zweiter Satz PTSG angewiesen, Ihren Dienst ab bei der Ö GmbH, nunmehr R GmbH, zu verrichten.
Dieser Dienstanweisung entsprechend versehen Sie seit diesem Zeitpunkt ihren Dienst bei der R GmbH.
In Ihrem Antrag bringen Sie vor, dass Sie einen finanziellen Verlust dadurch erleiden würden, dass Ihnen die R GmbH einerseits eine neue Pausenregelung auferlegt habe (Punkt 1.) sowie bisher gewährte Sozialleistungen vorenthalte (Punkt 2.).
Die Behörde geht davon aus, dass mit der 'neuen Pausenregelung' die Wendezeitenanrechnung und mit 'Sozialleistungen' die sog. Essensbons gemeint sind.
Punkt 1.: Die Wendezeitberechnung erfolgt auf Grundlage der Verordnung der Bundesregierung vom , BGBl Nr. 17/1982. Auf diesen Umstand wird auch in der Lenkerdienstvorschrift A 24 hingewiesen.
Die Verordnung BGBl Nr. 17/1982 und die auf diese Verordnung verweisenden Bestimmungen der Lenkerdienstvorschrift A 24 werden von der R GmbH vollständig eingehalten.
Wendezeiten gemäß § 1 Abs 3 der Verordnung BGBl Nr. 17/1982, die im Einzelfall 30 Minuten nicht überschreiten, werden jedes Mal voll als Dienstzeit angerechnet.
Hinsichtlich der Wendezeiten, die 30 Minuten überschreiten, sieht die Verordnung BGBl Nr. 17/1982 unterschiedliche Rechtsfolgen betreffend Wendezeiten am Dienstort und Wendezeiten außerhalb des Dienstortes (sog. auswärtige Wendezeiten) vor.
Für Wendezeiten außerhalb des Dienstortes gibt es in der Verordnung BGBl Nr. 17/1982 keine entsprechende explizite Regelung. Hier greift daher die allgemeine Regelung des § 1 Abs 3 der Verordnung BGBl Nr. 17/1982, die für Wendezeiten am Dienstort sowie für Wendezeiten außerhalb des Dienstortes gleichermaßen gilt. Auswärtige Wendezeiten werden daher grundsätzlich bis zur Dauer von 30 Minuten voll auf die Dienstzeit angerechnet. Überschreiten sie eine Dauer von 30 Minuten, sind sie demnach überhaupt nicht mehr auf die Dienstzeit anrechenbar. Aus diesem Grund erhält der Beamte bei auswärtigen Wendezeiten eine Pauschalvergütung, die etwaige Einbußen ausgleicht.
Wendezeiten am Dienstort werden gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung BGBl Nr. 17/1982 wie folgt auf die Dienstzeit angerechnet: eine Stunde voll, ab der zweiten bis zum Ablauf der dritten Stunde zur Hälfte und darüber hinaus nicht mehr, wobei hier sämtliche Wendezeiten eines Tages, die 30 Minuten überschreiten, aufsummiert werden. Die Aufsummierung aller im Einzelfall 30 Minuten überschreitenden Wendezeiten eines Tages durch die R GmbH ist bereits eine für den Beamten besonders günstige Interpretation der grundsätzlich auf die Wochendienstzeit abstellenden Absätze 1 bis 3 des § 1 der Verordnung BGBl Nr. 17/1982. Tatsächlich befände sich eine Aufsummierung aller im Einzelfall 30 Minuten überschreitenden Wendezeiten einer Woche durch die R GmbH auch noch im rechtlich zulässigen Rahmen.
Die Wendezeiten werden von der R GmbH daher nicht unrichtig abgerechnet. Die Abrechnung der Wendezeiten erfolgt auf Grund der rechtlichen Vorgaben. Innerhalb der diesbezüglichen Bestimmungen gibt es keinen Hinweis darauf, dass jede einzelne Wendezeit am Dienstort gesondert abgerechnet werden muss. Obwohl basierend auf der Verordnung BGBl Nr. 17/1982 sogar eine wöchentliche Aufsummierung der Wendezeiten als geboten erscheint, nimmt die R GmbH zu Gunsten der Beamten lediglich eine Aufsummierung der täglichen Wendezeiten vor.
Schließlich ist dazu auszuführen, dass es im öffentlichen Dienst, basierend auf dem in der Verfassung verankerten Legalitätsprinzip, anders als in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis, kein Gewohnheitsrecht und damit auch kein Entstehen einer betrieblichen Übung gibt.
Zu Punkt 2.: Richtig ist, dass die bei der P GmbH verwendeten Beamten viermal jährlich im Nachhinein Essensbons erhalten. In der diesbezüglichen Richtlinie heißt es jedoch, dass die Beteilung mit Essensbons eine freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers ist, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Die bei der R GmbH verwendeten Beamten erhalten seit dem Zeitpunkt ihrer Verwendung ebendort keine Essensbons mehr.
Rechtlich ist dazu auszuführen, dass die Ausgabe von Essensbons bis als freiwillige Sozialleistung erfolgte, auf die kein Rechtsanspruch besteht bzw. jemals bestand. Die Essensbons wurden immer unter dem Vorbehalt der Widerruflichkeit und Freiwilligkeit gewährt. Im Übrigen kann ein Beamter im öffentlichen Dienst auch diesbezüglich keinen durch betriebliche Übung entstandenen Anspruch auf die Ausgabe von Essensbons geltend machen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in Ansehung der Frage der Überstundenvergütung in allen entscheidungserheblichen Umständen jenem, welcher dem hg. Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2010/12/0001, zu Grunde lag. Aus den dort dargelegten Gründen belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid insoweit insbesondere deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil sie es in Verkennung der Rechtslage gemäß § 49 Abs. 1 BDG 1979 unterließ, Feststellungen über die für den Beschwerdeführer geltenden Dienstpläne zu treffen.
Die Ausführungen der belangten Behörde hinsichtlich der Frage der Gebührlichkeit von Essensbons sind zwar nicht zu beanstanden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/12/0188); da der angefochtene Bescheid aber nicht in trennbare Bescheidpunkte gegliedert ist, war er infolge der oben aufgezeigten inhaltlichen Rechtswidrigkeit zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
CAAAE-92276