VwGH vom 29.08.2017, Ro 2014/17/0084

VwGH vom 29.08.2017, Ro 2014/17/0084

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, sowie Hofrat Mag. Brandl und Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des H U in E, vertreten durch die Gheneff - Rami - Sommer Rechtsanwälte OG in 9020 Klagenfurt, Völkermarkter Ring 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , BMLFUW-LE4.1.10/0221- I/7/2013, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Wiederaufnahme iA eines Verfahrens auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird abgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber beantragte im Rahmen eines Mehrfachantrags - Flächen 2005 die Gewährung einer einheitlichen Betriebsprämie.

2 Mit Bescheid vom des Vorstands für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) wurde dem Revisionswerber unter Festsetzung seiner Zahlungsansprüche mit 112,28 FZA (flächenbezogene Zahlungsansprüche) zu einem Wert von je EUR 76,98 eine einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2005 gewährt.

3 Der Revisionswerber erhob dagegen Berufung.

4 Mit "ABÄNDERUNGSBESCHEID - EINHEITLICHE BETRIEBSPRÄMIE 2005" der AMA vom wurde im Rahmen einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 64a Abs 1 AVG unter Erhöhung des Wertes der Zahlungsansprüche auf EUR 90,75 die einheitliche Betriebsprämie 2005 auf EUR 9 238,48 erhöht. Diese Entscheidung blieb unbekämpft.

5 In der Folge wurde mit "ABÄNDERUNGSBESCHEID - EINHEITLICHE BETRIEBSPRÄMIE 2010" der AMA vom ein Bescheid vom dahin abgeändert, dass der Antrag auf Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie 2010 abgewiesen wurde. Weiters wurde der bereits ausbezahlte Betrag von EUR 8 043,21 zurückgefordert. Begründend wurde ausgeführt, anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle am seien Flächenabweichungen von über 20 % (Differenzfläche von 23,19 ha) festgestellt worden, sodass keine Beihilfe gewährt werde.

6 Daraufhin stellte der Revisionswerber den mit datierten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens für seinen Betrieb, der folgenden Inhalt hatte:

"Mit Abänderungsbescheid Einheitliche Betriebsprämie 2010 vom kamen neue Tatsachen und Beweismittel hervor, die bis zur Erlassung des Bescheides II/7-EBP/10-117762230 Abänderungsbescheid - Einheitliche Betriebsprämie 2010 vom nicht bekannt waren.

Gemäß diverser EU Verordnungen, darunter EU Verordnung 3887/92 werden die Flächen der landwirtschaftlich genutzten Parzellen mit geeigneten Mitteln bestimmt, die von der zuständigen Behörde festgelegt werden und eine mindestens gleichwertige Messgenauigkeit wie die amtliche Messung nach den einzelstaatlichen Bestimmungen gewährleisten müssen. Gemäß dieser EU Verordnungen, darunter EU Verordnung EG Nr. 1782/2003 ist geregelt, was Futterfläche bedeutet und was nicht zu Futterfläche gehört.

Die Gesamtzahl der Zahlungsansprüche ist gleich der genannten Hektaranzahl. Die Hektaranzahl umfasst ferner alle Futterflächen im Bezugszeitraum.

Die Festsetzung der Zahlungsansprüche erfolgte unter Missachtung der gesetzlichen Vorgaben, da neben den Flächen des Heimbetriebes auch Flächen aus der Almnutzung mit einbezogen wurden.

Für die Feststellung der Almfutterflächen, welche anteilig in die Berechnung der Zahlungsansprüche mit einbezogen wurden, fehlte es gemäß EU Verordnung, insbesondere EU 3887/92, an geeigneten Mitteln zur Bestimmung der genutzten Parzellen und auch fehlte es an geeigneten Mitteln, die eine Messgenauigkeit ermöglichen.

Bei Beachtung der gesetzlichen Vorgaben hätte die Behörde zu einem anderen Ergebnis bei der Festsetzung und Berechnung der Einheitlichen Betriebsprämie kommen müssen.

Selbst das im Jahr 2012 angewandte Messsystem ist nicht geeignet, um eine genaue Flächenermittlung auf Almen durchzuführen. Dies zeigt die aktuelle Almfutterflächenproblematik, wo es nicht möglich ist, die Almfutterfläche bei zwei aufeinanderfolgenden AMA Kontrollen genau zu ermitteln.

Somit kamen neue Tatsachen und Beweise hervor, und es wird

der berechtigte

Antrag

gestellt zur Neuberechnung und Neufestsetzung der Einheitlichen Betriebsprämie unter Berücksichtigung von jenen Futterflächen, welche genau bestimmt und mit geeigneten Mitteln einer hohen Messgenauigkeit erfasst werden können."

7 Mit Schreiben vom konkretisierte der Revisionswerber seinen Wiederaufnahmeantrag folgendermaßen:

"Der Antrag vom zur Neuberechnung und Neufestsetzung der Einheitlichen Betriebsprämie unter Berücksichtigung von jenen Futterflächen, welche genau bestimmt und mit geeigneten Mitteln einer hohen Messgenauigkeit erfasst werden könne, wird wie folgt ergänzt und konkretisiert.

Der Bescheid, mit welchem die Erstberechnung und Festsetzung der Zahlungsansprüche erfolgte, ist tatsächlich undurchführbar und leidet an durch gesetzliche Vorschriften ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehlern.

Zur Ausnützung der durch Bescheid festgesetzten Zahlungsansprüche müssten Flächen bewirtschaftet werden (Almfutterflächen), welche nicht genau identifiziert und gemessen werden können. Es ist somit nicht möglich, die Zahlungsansprüche unter Beachtung von Rechtsnormen gesetzeskonform auszunützen.

Es wurden Futterflächen in die Festsetzung mit einbezogen (Almfutterflächen von 74,90 Hektar), welche nie durch ein Messsystem mit hoher Messgenauigkeit ermittelt worden sind. Dass diese Almfutterflächen, welche bei der Festsetzung mit einbezogen wurden, nie genau ermittelt wurden, beweist der Sachverhalt, dass der EU Rechnungshof und die Europäische Kommission das gesamte österreichische Referenzflächenerfassungssystem als nicht zuverlässig eingestuft haben.

Der Antrag vom wird dahingehend konkretisiert, ergänzt und gestellt, dass die Behörde eine Wiederaufnahme und Neuberechnung und/oder Abänderung des Bescheides über die Festsetzung der Zahlungsansprüche vornehmen möge unter Berücksichtigung jener Flächen, die korrekt identifiziert und genau gemessen werden können."

8 Mit Bescheid vom des Vorstandes für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria wurde der Wiederaufnahmeantrag des Revisionswerbers gemäß § 69 Abs 2 AVG als verspätet zurückgewiesen.

9 Nach Darstellung des Verfahrensganges wurde begründend ausgeführt, in § 20 Abs 1 Betriebsprämie-Verordnung, BGBl II Nr 336/2004, sei festgelegt worden, dass die endgültige Festsetzung der Zahlungsansprüche gleichzeitig mit der Auszahlung der einheitlichen Betriebsprämie, spätestens jedoch bis zu erfolgen habe.

10 Gemäß § 69 Abs 2 AVG sei der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen habe. Die Frist beginne mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides könne der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden.

11 Gemäß § 69 Abs 4 AVG stehe die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen habe. Gemäß § 70 Abs 3 AVG stehe dem Antragsteller gegen die Ablehnung eines Antrags auf Wiederaufnahme das Recht der Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde zu.

12 Die AMA habe gemäß § 20 Abs 1 Betriebsprämie-Verordnung mit der erstmaligen Auszahlung der einheitlichen Betriebsprämie gleichzeitig die Zahlungsansprüche endgültig festgesetzt. Im vorliegenden Fall sei mit Bescheid der AMA vom dieses Verfahren rechtskräftig abgeschlossen worden. Mit dieser Bescheiderlassung beginne gemäß § 69 Abs 2 AVG die Drei-Jahres-Frist für die Einbringung eines Antrages auf Wiederaufnahme zu laufen. Der Antrag des Revisionswerbers auf Wiederaufnahme sei am und somit nach Ablauf dieser Frist erhoben worden.

13 Der Antrag des Revisionswerbers vom , ergänzt mit Schreiben vom , sei daher als verspätet zurückzuweisen.

14 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Berufung. Er führte aus, gemäß Verordnung (EG) Nr 73/2009 Art 137 würden Zahlungsansprüche, die dem Betriebsinhaber vor dem zugewiesen worden seien, ab als rechtmäßig und ordnungsgemäß gelten.

15 Wenn im Bescheid vom angeführt sei, dass die 112,28 Zahlungsansprüche mit Bescheid vom endgültig festgesetzt worden seien, so könne das nur eine vorläufige Festsetzung oder Zuweisung sein. Rechtmäßig und ordnungsgemäß würden die Zahlungsansprüche erst ab gelten. Da der Wiederaufnahmeantrag am gestellt worden sei, sei er innerhalb der Frist von drei Jahren gestellt, da die Frist mit zu laufen begonnen habe.

16 Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft diese Berufung ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage wurde begründend ausgeführt, der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens beziehe sich erkennbar und vom Revisionswerber unbestritten auf den Bescheid der AMA vom (Berufungsvorentscheidung).

17 Gemäß § 69 Abs 2 AVG sei der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens binnen zwei Wochen ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes bei der Behörde, die den Bescheid in erster Instanz erlassen habe, einzubringen. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides könne der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden.

18 Der Revisionswerber habe in seiner Berufung nicht die Antragsfrist an sich in Frage gestellt, vielmehr vertrete er eine unterschiedliche Auffassung darüber, wann die Frist zu laufen beginne. Während die AMA die Zustellung der Berufungsvorentscheidung vom als fristauslösendes Ereignis herangezogen habe, sehe der Revisionswerber - unter Hinweis auf Art 137 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 - den als Beginn der Antragsfrist.

19 Dass in § 69 AVG von einem "durch Bescheid" abgeschlossenen Verfahren gesprochen wird, bedeute, dass es bei der Wiederaufnahme um die Beseitigung jenes Bescheides gehe, der das Verfahren, das wieder aufgenommen werden solle, beendet habe. Das Gesetz knüpfe somit explizit an den (zu beseitigenden) Bescheid in Bezug auf den Beginn des Fristenlaufes an. Das fristauslösende Ereignis habe somit die Zustellung der Berufungsvorentscheidung vom gebildet, gegen die - vom Revisionswerber unbestritten - kein Vorlageantrag erhoben worden sei. Der am vom Revisionswerber eingebrachte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens sei somit außerhalb der Frist von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides gestellt worden.

20 Ein Zusammenhang mit der vom Revisionswerber angesprochenen Bestimmung des Art 137 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 könne nicht erkannt werden. Die Argumentation, wonach die Zuweisung der Zahlungsansprüche erst mit als rechtmäßig und ordnungsgemäß anzusehen sei und daher die Festsetzung der Zahlungsansprüche mit Bescheid vom nur vorläufig gewesen wäre, lasse den Abs 2 dieser Regelung außer Acht.

21 Danach finde der vom Revisionswerber zitierte Absatz keine Anwendung auf Zahlungsansprüche, die Betriebsinhabern auf Grundlage von sachlich fehlerhaften Anträgen zugewiesen worden seien; hievon ausgenommen seien Fälle, in denen der Fehler für den Betriebsinhaber nach vernünftiger Einschätzung nicht erkennbar gewesen sei.

22 Habe ein Betriebsinhaber somit erkennbar sachlich fehlerhafte Anträge gestellt und auf dieser Grundlage Zahlungsansprüche erhalten, so erfolge keine Bestätigung der Zahlungsansprüche zum . Der Hintergrund dieser Regelung werde im 49. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr 73/2009 dargelegt. Demnach hätten bei der ursprünglichen Zuteilung der Zahlungsansprüche durch die Mitgliedstaaten einige Irrtümer zu besonders hohen Zahlungen für manche Betriebsinhaber geführt. Diese Nichteinhaltung der Vorschriften sei normalerweise Gegenstand einer finanziellen Berichtigung, bis Abhilfemaßnahmen getroffen würden. Die erforderlichen Abhilfemaßnahmen würden jedoch in Anbetracht der Zeit, die seit der ersten Zuteilung der Zahlungsansprüche vergangen sei, zu unverhältnismäßigen rechtlichen und administrativen Zwängen für die Mitgliedstaaten führen. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte daher die Gewährung dieser Zahlungen ordnungsgemäß geregelt werden.

23 Diese Bestimmung diene somit dazu, die (bereits vor Jahren durchgeführte) Zuteilung der Zahlungsansprüche im Regelfall nach dem eben nicht mehr abzuändern, um rechtlichen und administrativen Problemen vorzubeugen. Dass damit - wie der Revisionswerber offenbar annehme - eine neuerliche Aufrollung der Zuteilung der Zahlungsansprüche des Jahres 2005 ermöglicht werden sollte, könne darin nicht erkannt werden. Ziel scheine vielmehr die Gewährleistung wohlerworbener Rechte zu sein.

24 Was das Verhältnis dieser Bestimmung zur innerstaatlichen Regelung des § 69 AVG - konkret zur Frist für das Einbringen eines Antrages auf Wiederaufnahme - anbelange, so könne im vorliegenden Fall keine Verdrängung der nationalen Regelung durch Art 137 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 erkannt werden. Der Revisionswerber selbst habe im vorliegenden Verfahren damit argumentiert, dass eine Almfutterfläche bei der Festsetzung der Zahlungsansprüche miteinbezogen worden sei, die (mangels Messsystems mit hoher Messgenauigkeit) nie genau ermittelt worden sei. Da der Revisionswerber selbst für die korrekte Antragstellung verantwortlich gewesen sei, habe die sachliche Fehlerhaftigkeit der Anträge, die die Basis der Festsetzung der Zahlungsansprüche gebildet hätten, nach vernünftiger Einschätzung für den Revisionswerber (bzw für den Almobmann) erkennbar sein müssen.

25 In diesem Zusammenhang sei auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. In § 1029 ABGB werde die Vermutung aufgestellt, dass demjenigen, welchem eine Verwaltung anvertraut worden sei, auch die Macht eingeräumt worden sei, alles zu tun, was die Verwaltung selbst gewöhnlich erfordere und was gewöhnlich damit verbunden sei, zumal aufgrund der oben dargelegten praktischen Handhabung die mit dem Almauftrieb verbundenen finanziellen Vorteile nur genutzt werden könnten, wenn der Verwalter (Almobmann) die entsprechenden Meldungen mache. In diesem Sinne habe auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2008/17/0224, ausgeführt, dass, wenn die Behörde vom Vorliegen einer Prozessvollmacht bei der Abgabe bezughabender Erklärungen durch den Almobmann habe ausgehen können, auch die unrichtige Angabe hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Fläche dem jeweiligen Auftreiber zuzurechnen sei.

26 Zum Vorwurf der unzureichenden Mittel bei der Flächenfeststellung sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2011/17/0145, zu verweisen, wonach - ausgehend vom Grundsatz, dass den Antragsteller die Verantwortung für die Richtigkeit der von ihm beantragten Flächenausmaße treffe - es an ihm gelegen wäre, in Zweifelsfällen den Überschirmungsgrad selbst (oder durch Beauftragte), allenfalls auch unter Beiziehung von Sachverständigen zu ermitteln.

27 Art 137 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 finde aufgrund des Vorliegens eines Falles nach Abs 2 dieser Bestimmung somit keine Anwendung.

28 Mangels entgegenstehendem EU-Recht sei der Fristenlauf des § 69 AVG daher nach innerstaatlichem Recht zu beurteilen, sodass die Rechtskraft des Bescheides vom mit dessen Zustellung eingetreten sei. Dieser Zeitpunkt sei als Beginn der Frist von drei Jahren heranzuziehen. Der Antrag auf Wiederaufnahme vom sei somit zu Recht als verspätet zurückzuweisen gewesen.

29 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom , B 736/2013-7, ablehnte und sie gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes eingebrachten Revision wurde beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden und vorab einen Antrag auf Vorabentscheidung an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) stellen; in eventu: den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften zur Gänze aufheben.

30 Das gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) in Verbindung mit Art 151 Abs 51 Z 9 B-VG eingetretene Bundesverwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor und verwies auf die Stellungnahme des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Ein Antrag auf Aufwandersatz wurde nicht gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

31 Art 137 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 des Rates vom mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr 1290/2005, (EG) Nr 247/2006, (EG) Nr 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr 1782/2003 lautet:

"Artikel 137

Bestätigung von Zahlungsansprüchen

(1) Zahlungsansprüche, die den Betriebsinhabern vor dem zugewiesen wurden, gelten ab dem als rechtmäßig und ordnungsgemäß.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf Zahlungsansprüche, die Betriebsinhabern auf der Grundlage von sachlich fehlerhaften Anträgen zugewiesen wurden; hiervon ausgenommen sind Fälle, in denen der Fehler für den Betriebsinhaber nach vernünftiger Einschätzung nicht erkennbar war.

(3) Absatz 1 des vorliegenden Artikels greift nicht der Befugnis der Kommission vor, Entscheidungen gemäß Artikel 31 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 hinsichtlich von Ausgaben zu treffen, die für Zahlungen getätigt wurden, die für Kalenderjahre bis einschließlich 2009 gewährt worden sind."

32 Der 49. Erwägungsgrund dieser Verordnung lautet:

"Bei der ursprünglichen Zuteilung der Zahlungsansprüche durch die Mitgliedstaaten haben einige Irrtümer zu besonders hohen Zahlungen für manche Betriebsinhaber geführt. Diese Nichteinhaltung der Vorschriften ist normalerweise Gegenstand einer finanziellen Berichtigung, bis Abhilfemaßnahmen getroffen werden. Die erforderlichen Abhilfemaßnahmen würden jedoch in Anbetracht der Zeit, die seit der ersten Zuteilung der Zahlungsansprüche vergangen ist, zu unverhältnismäßigen rechtlichen und administrativen Zwängen für die Mitgliedstaaten führen. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte daher die Gewährung dieser Zahlungen ordnungsgemäß geregelt werden."

33 § 69 Abs 2 und 3 AVG, BGBl Nr 51/1991 in der Fassung BGBl I Nr 158/1998, lauten:

"§ 69

...

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

..."

34 Da im Beschwerdefall die Beschwerdefrist mit Ablauf des bereits abgelaufen war, sind in sinngemäßer Anwendung des § 8 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des B-VG und des VwGG jeweils in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiter anzuwenden (vgl ).

35 In der Revision wird zur Einhaltung der Fristen zur Erhebung des Wiederaufnahmeantrages ausgeführt, es bedürfe keiner weiteren Begründung, dass durch die Einhaltung der subjektiven Zwei-Wochen-Frist auch die "objektive Drei-Jahres-Frist des § 69 Abs 3 AVG" eingehalten worden sei.

36 Zunächst ist festzuhalten, dass § 69 Abs 3 AVG nur die amtswegige Verfügung einer Wiederaufnahme des Verfahrens betrifft. Im vorliegenden Fall wurde jedoch vom Revisionswerber unbestritten ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt, sodass im angefochtenen Bescheid von der Behörde zutreffend § 69 Abs 2 AVG angewendet wurde. Nach dem dritten Satz dieser Bestimmung kann nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden.

37 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließt es der klare Wortlaut des § 69 Abs 2 AVG aus, die objektive Befristung des Wiederaufnahmeantrages mit drei Jahren von einem anderen Zeitpunkt zu berechnen als jenem, in welchem der das wieder aufzunehmende Verfahren abschließende Bescheid erlassen wurde. Wird der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht innerhalb der im Gesetz bestimmten Frist gestellt, so ist er als verspätet zurückzuweisen (vgl zB , mwN). Dass der Wiederaufnahmeantrag nicht innerhalb der Frist von drei Jahren ab Erlassung des Bescheides der AMA vom gestellt wurde, wurde niemals bestritten.

38 Die Revision vertritt weiters den Standpunkt, durch die Verordnung (EG) Nr 73/2009 sei die österreichische Rechtslage in Bezug auf § 69 Abs 3 AVG (gemeint wohl: "Drei-Jahres-Frist" nach Erlassung des Bescheides im Sinne des § 69 Abs 3 AVG) abgeändert worden. Mit dieser Bestimmung sei ein "Schnitt" gezogen worden, um alle davor zugewiesenen Zahlungsansprüche von Gesetzes wegen als "rechtmäßig und ordnungsgemäß" zu definieren - sohin auch die Zahlungsansprüche des Revisionswerbers vor dem . Es werde dem Revisionswerber auch zu Unrecht und ohne ein Ermittlungsverfahren durchgeführt bzw Parteiengehör gewährt zu haben, unterstellt, dass sachlich fehlerhafte Anträge des Revisionswerbers vorgelegen seien und diese Fehler für ihn nach vernünftiger Einschätzung erkennbar gewesen seien.

39 Der Revisionswerber hat seinen Antrag auf Wiederaufnahme mit Schreiben vom dahin konkretisiert, dass "die Behörde eine Wiederaufnahme und Neuberechnung und/oder Abänderung des Bescheides über die Festsetzung der Zahlungsansprüche vornehmen möge unter Berücksichtigung jener Flächen, die korrekt identifiziert und genau gemessen werden können". Er führte in diesem Schreiben aus, der Bescheid, mit welchem die Erstberechnung und Festsetzung der Zahlungsansprüche erfolgt sei, sei tatsächlich undurchführbar und leide an durch gesetzliche Vorschriften ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehlern. Zur Ausnützung der durch Bescheid festgesetzten Zahlungsansprüche müssten Flächen bewirtschaftet werden (Almfutterflächen), welche nicht genau identifiziert und gemessen werden könnten. Es sei somit nicht möglich, die Zahlungsansprüche unter Beachtung von Rechtsnormen gesetzeskonform auszunützen.

40 Parteierklärungen und Anbringen der Partei sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist es der Behörde verwehrt, diesem eine abweichende, eigene Deutung zu geben, selbst wenn das Begehren, so wie es gestellt wurde, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig wäre (vgl mwN). Der vom Revisionswerber konkretisierte Wiederaufnahmeantrag ist dahin so zu verstehen, dass der Revisionswerber begehrte, die Zahlungsansprüche derart neu festzusetzen, dass es ihm möglich ist, alle ihm zugewiesenen Zahlungsansprüche auch auszunützen. Von dieser Auslegung geht auch die Revision aus.

41 Art 137 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 73/2009, wonach Zahlungsansprüche, die den Betriebsinhabern vor dem zugewiesen wurden, ab dem als ordnungsgemäß gelten, ist jedoch betreffend den vom Revisionswerber gestellten Wiederaufnahmeantrag nicht anzuwenden.

42 Wie aus dem 49. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr 73/2009 hervorgeht, soll Art 137 Abs 1 dieser Verordnung es den Mitgliedstaaten nämlich erlauben, auf die Rückforderung von unrechtmäßig erfolgten Zahlungen an bestimmte Betriebsinhaber angesichts der mit den erforderlichen Abhilfemaßnahme verbundenen unverhältnismäßigen rechtlichen und administrativen Zwängen zu verzichten.

43 Das Ziel dieser Bestimmung besteht darin, aus Gründen, die mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit zusammenhängen, gutgläubige Betriebsinhaber, die rechtsgrundlose Zahlungen erhalten haben, zu schützen (vgl , P.J. Vonk Noordegraaf).

44 Diese Bestimmung ist daher in jenen Verfahren heranzuziehen, in denen es um die Rückforderung von erfolgten rechtsgrundlosen Zahlungen an Betriebsinhaber geht. Die Rechtsfolge der Heranziehung des Art 137 Abs 1 der genannten Verordnung ist, dass die Zahlungsansprüche, die den Betriebsinhabern vor dem zugewiesen wurden, ab dem als rechtmäßig und ordnungsgemäß gelten.

45 Der Revisionswerber beantragte hingegen die Wiederaufnahme des Verfahrens, in dem die Zahlungsansprüche festgesetzt wurden (und nicht die Wiederaufnahme eines Verfahrens betreffend die Rückforderung von rechtsgrundlosen Zahlungen). Gerade mit den in Art 137 der genannten Verordnung vorgesehenen Rechtsfolgen wäre dem Revisionswerber im vorliegenden Fall nicht geholfen. Seine Zahlungsansprüche wurden nämlich mit dem Bescheid vom festgesetzt und diese Festsetzung würde unter Anwendung des Art 137 Abs 1 der genannten Verordnung weiter gelten. Der Revisionswerber beantragte aber gerade die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Festsetzung der Zahlungsansprüche, um eine (geringere) Anzahl an Zahlungsansprüchen zugewiesen zu erhalten, die er dann auch ausnützen kann.

46 Die Bestimmung des Art 137 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 ist im vorliegenden Verfahren daher nicht anwendbar, sodass sie jedenfalls hier schon aus diesem Grund keinen Einfluss auf die Wiederaufnahmefrist des § 69 Abs 2 AVG haben kann.

47 Die Verwaltungsbehörden sind daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Wiederaufnahmeantrag des Revisionswerbers aufgrund Versäumens der objektiven Frist des § 69 Abs 2 3. Satz AVG verspätet erhoben wurde.

48 Soweit in der Revision angeregt wird, bestimmte Fragen an den EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens zu richten, ist festzuhalten, dass sich diese Fragen im vorliegenden Verfahren nicht stellen.

49 Festgehalten sei, dass die Neuberechnung der Zahlungsansprüche eines Betriebsinhabers, in dem Fall, dass sein Referenzbetrag im Rahmen der ursprünglichen Bestimmung seiner Zahlungsansprüche auf eine zu große Hektar-Zahl umgelegt wurde, bei Vorliegen bestimmter weiterer Voraussetzungen gemäß Art 73a Abs 2a der Verordnung (EG) Nr 796/2004 der Kommission vom zu erfolgen hat (vgl das bereits zitierte ) bzw Art 81 Abs 3 der VO (EG) Nr 1122/2009.

50 Die Revision war im Sinne obiger Ausführungen gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

51 Ein Ausspruch über Aufwandersatz hatte schon mangels Vorliegens eines entsprechenden Antrages nicht zu erfolgen.

Wien, am