VwGH vom 22.07.2011, 2011/22/0092
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des CE, vertreten durch Dr. Erich Heliczer, Rechtsanwalt in 2540 Bad Vöslau, Anton-Bauer-Straße 2a, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom , Zl. BNS3-F-10, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom rechtskräftig abgewiesen worden sei. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung des Asylgerichtshofes habe der Beschwerdeführer über eine vorläufige asylrechtliche Aufenthaltsberechtigung verfügt.
Bei seiner Vernehmung am habe der Beschwerdeführer u.a. angegeben, er verdiene als Zeitungsverkäufer zwischen EUR 550,-- und EUR 600,--, könne dafür aber keine Belege vorweisen. In seiner Stellungnahme (vom ) zum Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er sei seit 2004 in Österreich und wohne seit Juni 2007 in Bad Vöslau, spreche gut Deutsch und sei in Österreich voll integriert; er verfüge über einen großen Freundes- und Bekanntenkreis und gehe einer Tätigkeit als Zeitungsverkäufer nach. Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde - habe auch Stellungnahmen diverser mit ihm befreundeter bzw. bekannter Personen beigelegt, die seine Arbeit als Zeitungsverkäufer bestätigt und ausgeführt hätten, dass er ein freundlicher, hilfsbereiter und umgänglicher Mensch sei.
In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer im Instanzenzug rechtskräftig gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ausgewiesen worden.
Zum Grad der Integration gemäß § 44 Abs. 4 NAG stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer habe keine schulische oder berufliche Ausbildung in Österreich absolviert. Auch sein Interesse, die deutsche Sprache zu erlernen, sei nicht besonders ausgeprägt, habe er doch erst Anfang März 2010, also nach einem etwa sechsjährigen Aufenthalt, einen Deutschkurs belegt. Aus seiner Tätigkeit als Zeitungskolporteur beziehe er Einkünfte in der Höhe von ca. EUR 600,--, wofür er keine Belege habe vorweisen können. Nach den "einschlägigen Bestimmungen des NAG" müssten einem erwachsenen zuziehenden Fremden mindestens EUR 793,99 als Unterhaltsmittel zur Verfügung stehen. Daher könnte der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen; der Beschwerdeführer habe somit seine Selbsterhaltungsfähigkeit nicht nachgewiesen. Auch einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft auf Dauer (z.B. Mietvertrag) habe der Beschwerdeführer für die von ihm benutzte Unterkunft nicht nachweisen können. Von der Möglichkeit, eine Patenschaftserklärung als Ersatz für fehlende Erteilungsvoraussetzungen vorzulegen, habe er keinen Gebrauch gemacht.
Auch wenn sich der Beschwerdeführer bereits längere Zeit in Österreich aufhalte, sei in Anbetracht der sonstigen Umstände das Ausmaß seiner Integration nicht so weit fortgeschritten, dass ihm eine "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" erteilt werden könne. Besonders berücksichtigungswürdige Gründe habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht; solche seien im Verfahren auch nicht hervorgekommen.
Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid an ihn erhobene Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 575/10-11, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten. Dieser hat über die ergänzte Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer hat - unbestritten - den für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung notwendigen Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z. 2 bis 4 NAG (einen Nachweis über einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft, eine alle Risiken abdeckende Krankenversicherung oder ausreichende Unterhaltsmittel) nicht durch Vorlage einer Patenschaftserklärung erbracht.
Er bringt jedoch vor, es sei zu berücksichtigen, dass er den Nachweis seiner Selbsterhaltungsfähigkeit schon dadurch erbracht habe, dass er seit Antritt seiner selbständigen Tätigkeit als Zeitungsverkäufer nie soziale Hilfe in Anspruch habe nehmen müssen, dass er krankenversichert sei und auch eine Unterkunft habe. Eine ausreichende Leistungsfähigkeit im Sinn des § 11 Abs. 5 NAG sei auch dann gegeben, wenn der Beschwerdeführer auf Grund besonderer Wirtschaftlichkeit das Auslangen finde. Der Beschwerdeführer wohne in einem Gasthof, den er jeweils monatlich im Vorhinein bezahle. Auch Mietverhältnisse könnten - abgesehen von kündigungsgeschützten Objekten - relativ kurzfristig beendet werden.
Die belangte Behörde durfte jedoch dem Umstand maßgebliche Bedeutung beimessen, dass er durch den Zeitschriftenverkauf seinen Lebensunterhalt nicht im ausreichendem Maß im Sinn des § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm Abs. 5 NAG decken kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/22/0024), und zwar auch dann, wenn er - laut eigenem Vorbringen - seit seiner Erwerbstätigkeit keine soziale Hilfe mehr in Anspruch genommen hat. Sofern der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang rügt, ihm sei zu keiner Zeit vorgehalten worden, er müsse seine Einkünfte weiter präzisieren und diese entsprächen nicht dem Richtsatz des ASVG, übersieht er, dass Parteiengehör nach ständiger hg. Rechtsprechung nur zu Tatfragen und nicht auch zu Rechtsfragen, also der rechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhaltes, zu gewähren ist (vgl. etwa die Nachweise bei Walter/Thienel , Verwaltungsverfahren I2 § 45 AVG E 413 ff). Laut Niederschrift vom hat der Beschwerdeführer - unbestritten - selbst angegeben, monatlich ca. EUR 550,-- bis EUR 600,-- zu verdienen. Dass seine Aussage dabei unrichtig wiedergegeben worden wäre, wurde nicht behauptet.
Schon das Fehlen der Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm Abs. 5 NAG steht der Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels nach § 44 Abs. 4 NAG entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/22/0219). Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Integration kommt es daher nicht an (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , 2010/21/0109).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
FAAAE-92249