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VwGH vom 05.05.2015, Ra 2014/22/0099

VwGH vom 05.05.2015, Ra 2014/22/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision des U N in Wien, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW- 151/007/21592/2014-1, betreffend Abweisung einer Säumnisbeschwerde in einem Verfahren nach dem NAG (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Landeshauptmann von Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wurde die Säumnisbeschwerde des Revisionswerbers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, "über den am gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte" gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG abgewiesen. Weiters erklärte das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision für unzulässig.

Begründend stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, der Revisionswerber habe persönlich bei der Magistratsabteilung 35 den Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte eingebracht und sich auf die Inanspruchnahme des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes seiner slowakischen Ehegattin, die im Besitz einer Anmeldebescheinigung sei, berufen.

Weiters stellte das Verwaltungsgericht fest, dass das mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom gegen den Fremden erlassene Rückkehrverbot mit Bescheid der Landespolizeidirektion Kärnten vom aufgehoben worden sei. Das mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom erlassene Aufenthaltsverbot sei nach wie vor aufrecht und bis gültig. Zumindest bis Ende August 2013 sei der Revisionswerber unbekannten Aufenthaltes gewesen.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, die Verzögerung des Verfahrens sei nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen, zumal ein aufrechtes Aufenthaltsverbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegenstehe.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch das Verwaltungsgericht und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erwogen hat:

Der Revisionswerber macht ua. geltend, das angefochtene Erkenntnis verletze ihn in seinem Recht auf Stattgebung seiner Säumnisbeschwerde und inhaltlicher Entscheidung des Verwaltungsgerichtes über seinen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 54 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

§ 8 VwGVG (samt Überschrift) lautet auszugsweise:

"Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde

§ 8. (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

..."

Über den vom Revisionswerber persönlich bei der Magistratsabteilung 35 gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte vom hat die Behörde nicht entschieden. Am brachte der Revisionswerber eine Säumnisbeschwerde an das Verwaltungsgericht Wien ein.

Der verfahrensgegenständliche Antrag unterlag und unterliegt der Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 1 AVG und es hat die Behörde nicht binnen sechs Monaten nach Einlangen des Antrages über diesen entschieden. Es liegt daher eine zulässige Säumnisbeschwerde gemäß § 8 VwGVG vor. Der Umstand, dass das VwGVG erst mit in Kraft getreten ist, ändert daran nichts (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/22/0106).

Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes, wonach die Verzögerung des Verfahrens nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen sei, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Soweit das Verwaltungsgericht der Ansicht ist, dass das gegen den Revisionswerber aufrechte Aufenthaltsverbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. der Ausstellung einer Aufenthaltskarte entgegenstehe, wäre eine Sachentscheidung dahingehend zu treffen gewesen, den Antrag abzuweisen. Indem eine solche Sachentscheidung unterlassen wurde, ist die Verzögerung des Verfahrens der Behörde zuzurechnen.

Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, wonach die Verzögerung des Verfahrens daraus resultiere, dass der Aufenthalt des Revisionswerbers "zumindest bis Ende August 2013" unbekannt gewesen sei, deckt sich nicht mit der Aktenlage. Es ist nicht ersichtlich, dass die Behörde während der beinahe dreijährigen Verfahrensdauer einen Versuch unternommen hätte, mit dem Revisionswerber in Kontakt zu treten, oder ein solcher fehlgeschlagen sei.

Das angefochtene Erkenntnis war daher schon aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 BGBl. II Nr. 8/2014. Wien, am