VwGH vom 16.12.2014, Ra 2014/22/0075

VwGH vom 16.12.2014, Ra 2014/22/0075

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lechner, über die Revision des Landeshauptmannes von Wien gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW- 151/083/10656/2014-1, (mitbeteiligte Partei: A in W, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher u.a., Rechtsanwälte in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8), betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit Bescheid vom wies der Landeshauptmann von Wien (die nunmehrige revisionswerbende Partei) den Antrag des Mitbeteiligten, eines Staatsangehörigen von Bangladesch, vom "auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz für den Zweck 'Rot-Weiß-Rot - Karte plus (§ 41a/9)'" gemäß § 44a Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, zurück.

Die Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Mitbeteiligte am einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 47 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 (FrG) eingebracht und diesen Antrag mit Eingabe vom dahin modifiziert habe, dass er einen Aufenthaltstitel gemäß § 41a Abs. 9 NAG begehre. Der Mitbeteiligte sei in Kenntnis gesetzt worden, dass die Beantragung eines Titels gemäß § 41a Abs. 9 NAG im Zusammenhang mit einer Zweckänderung unzulässig wäre und zur Zurückweisung des Antrages führte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss gab das Verwaltungsgericht Wien der Beschwerde Folge, behob den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Durchführung des weiteren Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurück. Weiters erklärte es die ordentliche Revision für unzulässig.

Das Verwaltungsgericht Wien stellte - soweit im Revisionsverfahren relevant - fest, dass der Mitbeteiligte erstmalig am eine bis gültige Aufenthaltsbewilligung erhalten hätte, welche am bis und am bis verlängert worden sei. Am habe er den Aufenthaltstitel für den Zweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger" begehrt, weil er am die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen habe. Diese Ehe sei in der Folge mit Urteil vom geschieden worden.

Der Mitbeteiligte habe eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 FrG besessen. Im Hinblick auf die nunmehr nicht mehr aufrechte Ehe habe der Mitbeteiligte den Antrag im Jahr 2013 auf einen solchen gemäß § 41a Abs. 9 NAG modifiziert. Dem Mitbeteiligten sei es im gegenständlichen Verfahren nur möglich gewesen, seinen Antrag in Beachtung seiner tatsächlichen Lebensumstände nach einer erstinstanzlichen Verfahrensdauer von mehr als acht Jahren zu modifizieren. Über diesen Antrag hätte die Behörde inhaltlich absprechen müssen. Diese habe allerdings zur formalen Zurückweisung des Antrages die Bestimmung des § 44a Abs. 2 NAG herangezogen. Würde der Mitbeteiligte seinen ursprünglichen Antrag zum Zweck der Familiengemeinschaft, die nachweislich nicht mehr bestehe, aufrechterhalten müssen, wäre das Antragsprinzip insofern verletzt, als die Anträge im Aufenthaltsrecht auch im engen Konnex zu den tatsächlichen Lebenssachverhalten stünden. Gerade deswegen sei eine Antragsmodifikation wie im vorliegenden Fall nicht nur erlaubt, sondern geradezu geboten. Der Mitbeteiligte habe seinen Antrag an die geltende Rechtslage und an seine mittlerweile geänderten familiären Verhältnisse angepasst. Nach der Ehescheidung im Jahr 2007 sei der beantragte Aufenthaltszweck sicherlich nicht mehr gegeben. Die Behörde sei auf das Privat- und Familienleben des Mitbeteiligten nicht eingegangen. Im fortgesetzten Verfahren werde sie sich vor allem mit der Integration des Mitbeteiligten auseinanderzusetzen haben.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch das Verwaltungsgericht Wien und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch den Mitbeteiligten erwogen hat:

Gemäß § 81 Abs. 26 NAG idF BGBl. I Nr. 68/2013 ist vorliegend die Rechtslage des NAG idF vor dem BGBl. I Nr. 87/2012 maßgeblich.

Der Mitbeteiligte besaß bis eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 FrG. Auf Grund seiner damals eingegangenen Ehe beantragte er am eine Niederlassungsbewilligung als Angehöriger einer Österreicherin gemäß § 49 Abs. 1 FrG. Nach seiner Scheidung modifizierte er diesen Antrag auf einen solchen gemäß § 41a Abs. 9 NAG, somit auf die Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels, und hielt in der Stellungnahme vom ausdrücklich fest, den "Verlängerungs- und Zweckänderungsantrag" zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 9 NAG aufrecht zu erhalten.

Gemäß § 44a Abs. 2 NAG idF BGBl. I Nr. 38/2011 sind in einem Verfahren gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 leg. cit. gestellte Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels u.a. nach § 41a Abs. 9 NAG unzulässig. Damit wird - worauf die revisionswerbende Behörde hinweist - ein Wechsel u.a. von einem Aufenthaltstitel "Studierender" zu einem "humanitären" Aufenthaltstitel unzulässig. Aus diesem Grund hat die Behörde zutreffend den auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 41a Abs. 9 NAG gerichteten Zweckänderungsantrag des Mitbeteiligten zurückgewiesen. Dem Verwaltungsgericht ist insofern Recht zu geben, dass der Mitbeteiligte seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger nicht mehr mit Erfolg hätte aufrechterhalten können. Weshalb aber deswegen im Rahmen des Verlängerungsverfahrens ein Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen geprüft werden müsste, ist nicht nachvollziehbar. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass ein Wechsel auf einen humanitären Aufenthaltstitel nicht zulässig ist. Dabei handelt es sich nicht um eine im Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Formalvoraussetzung (wie etwa nach § 19 Abs. 1 NAG), sondern um die Zulässigkeit der Erteilung eines solchen Titels im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung. Aus diesem Grund ist es nicht von Relevanz, wann der Mitbeteiligte seinen Antrag modifiziert hat.

Da somit das Verwaltungsgericht Wien die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Beschluss gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Bei diesem Ergebnis waren dem Mitbeteiligten keine Kosten zuzusprechen.

Wien, am