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VwGH vom 16.09.2010, 2007/09/0069

VwGH vom 16.09.2010, 2007/09/0069

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2007/09/0090

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, in der Beschwerdesache der Disziplinaranwältin für den Bereich der Österreichischen Post AG in W, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 74/10-DOK/06, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe, sowie über den diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist (mitbeteiligte Partei: AK in S, vertreten durch Dr. Egbert Schmid und Dr. Michael Kutis, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 113),

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag stattgegeben;

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Österreichische Post AG hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom wurde die Mitbeteiligte, die als Kontrollorin im Gesamtschalterdienst in einer näher angeführten Postfiliale tätig war, für schuldig erkannt:

"1. ...

2. am die Kassenprüfung und die damit

verbundene Geldaufstellung nicht ordnungsgemäß durchgeführt zu

haben, sodass ein Kassenabgang in der Höhe von EUR 299,69 nicht

ausgewiesen wurde,

3. in der Wertzeichengebarung in der Zeit vom

bis einen Kassenabgang in der Höhe von EUR 38,95 sowie am einen weiteren Kassenabgang in der Höhe von EUR 68,96 verursacht zu haben."

Folgender Spruchpunkt 1. des Bescheides der Behörde erster Instanz war bereits in Rechtskraft erwachsen:

"1. am einen Betrag in der Höhe von EUR 500,-

- aus der Kassa entnommen zu haben ohne diesen ordnungsgemäß zu verrechnen"

Die Mitbeteiligte habe hinsichtlich des Spruchpunktes 1. nicht nur gegen die einschlägigen Bestimmungen des Handbuches Bargeldbewirtschaftung, Lagerhaltung und Verrechnung, sondern auch gegen die Pflicht des Beamten, die dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 BDG 1979) sowie gegen die Pflicht des Beamten, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 leg. cit.), verstoßen und sich dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 leg. cit. schuldig gemacht.

Hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 3. habe die Mitbeteiligte gegen die einschlägigen Vorschriften des Handbuches BLV, Bargeldbewirtschaftung, Lagerhaltung und Verrechnung (Punkte 2.2. Aufgaben und Verantwortung der Mitarbeiter, S. 11;

3.1. Selbstprüfung der Benutzer, S. 12; 3.1. Abstimmung der Schaltergebarung, S. 21) verstoßen. Sie habe sich damit Dienstpflichtverletzungen gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 iSd § 91 leg. cit. schuldig gemacht.

Über die Mitbeteiligte wurde - in Abänderung des Bescheides der Disziplinarkommission erster Instanz, mit welchem über die Mitbeteiligte die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt worden war - die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.500,-- verhängt.

Hinsichtlich der Strafbemessung begründete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid wie folgt:

"Was die vorschriftswidrige Entnahme eines Bargeldbetrages idHv EUR 500 ohne Verrechnung für private Zwecke betrifft, so waren der Beschuldigten der Verstoß gegen ihre Dienstpflichten und die dienstrechtlichen Folgen ihrer Vorgangsweise ihrer eigenen Aussage zufolge sehr wohl bewusst. Unter Bindung an die Teilrechtskraft dieses Schuldspruches ist daher davon auszugehen, dass dieses pflichtwidrige Verhalten vorsätzlich gesetzt wurde. Würde dieses tatsächlich in die Öffentlichkeit dringen, dann würde jene mit Unverständnis reagieren und wäre der Ansehensverlust enorm.

Wenn in der Berufung vorgebracht wird, die gegenständliche Vorgangsweise der Beschuldigten habe keinerlei Publizitätswirkung gehabt, sodass das Vertrauen der Allgemeinheit in die Korrektheit ihrer Dienstverrichtung in keiner Weise negativ beeinflusst worden sein könne, ist zum einen anzumerken, dass zur Verwirklichung einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erforderlich ist, dass das disziplinäre Fehlverhalten in der Öffentlichkeit tatsächlich bekannt wurde bzw. dass dieses tatsächlich zu einem Ansehens- und Vertrauensverlust geführt hat; in diesem Zusammenhang genügt vielmehr, dass dem betreffenden Verhalten die Eignung innewohnt, eine solche Vertrauensschädigung zu bewirken. Zum anderen ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass der gegenständliche disziplinäre Vorwurf gegen die Beschuldigte - angesichts der Einwohnerzahl von J, dem Dienst- und Wohnort dieser, und der Bedeutung eines Postamtes in Orten vergleichbarer Größenordnung auch als Kommunikationszentrum - spätestens mit Rechtswirksamkeit der Suspendierung der Beamtin vom Dienst der Allgemeinheit keineswegs verborgen geblieben ist.

Durch diese Handlungsweise hat die Beschuldigte das zwischen ihr und ihrem Dienstgeber - insbesondere im Hinblick auf ihren Einsatz als Bedienstete im Geldschalterdienst - unumgänglich notwendige Vertrauensverhältnis in unangemessener Weise ausgenützt und erheblich belastet.

Jeder andere Arbeitnehmer muss seine persönliche Gebarung so planen, dass er sich für private Erwerbungen benötigtes Geld zeitgerecht besorgt.

Abgesehen davon, dass auch eine vom Betrag von EUR 400 abweichende individuelle Festsetzung des Limits von mittels Bankomat-Karte täglich behebbaren Beträgen möglich gewesen wäre, hätte die Beschuldigte zumindest diese EUR 400 auf diese Art beheben können. Die auf den von der Beschuldigten angegebenen Lieferpreis der erwarteten Ware von insgesamt EUR 500 dann noch gefehlt habenden EUR 100 hätte sie wahrscheinlich auch auf andere - legale - Weise bereitstellen können. Es war ihr nämlich zumutbar, ihren kurzfristigen finanziellen Bedarf hinsichtlich eines Betrages in der genannten Höhe durch Ausleihen von Verwandten, Freunden oder Bekannten zu decken, zumal sie nach eigenen Angaben ja im Haus ihrer Eltern wohnt.

Subjektive Bedenken oder Ängste in Bezug auf die Verwendung ihrer Bankomat-Karte sind in diesem Zusammenhang vor allem für eine Schalterbeamtin der Post ohne rechtliche Relevanz und können daher keinen Milderungsgrund darstellen.

Die Beschuldigte hätte sich daher nach Ansicht der Disziplinaroberkommission das kurzfristig benötigte Geld ohne besonderen Aufwand im Wege rechtmäßigen Alternativverhaltens, d.h. auf rechtlich unbedenkliche Weise besorgen können.

Eine Berechtigung zum Griff in die Dienstkassa war keinesfalls gegeben.

Das vom Spruchpunkt 1. umfasste dienstliche Fehlverhalten stellt bei im Kassendienst eingesetzten Beamten eine besonders schwere Dienstpflichtverletzung dar.

Angesichts der Schwere dieser Verfehlung, die als gemäß § 93 Abs. 2 BDG schwerste Dienstpflichtverletzung gewertet wird, wobei die in den Spruchpunkten 2. und 3. angeführten Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgründe gewichtet werden - dem erkennenden Senat erscheint der festgestellte Abgang bei der Wertzeichen-Kassa zudem doch ungewöhnlich hoch; weder bei dem im Spruchpunkt 2. genannten Fehlbetrag von EUR 299,69 noch bei den im Spruchpunkt 3. angeführten Fehlbeträgen von EUR 38,95 und EUR 68,96 in der Wertzeichengebarung kann von geringfügigen Summen gesprochen werden -, ist seitens der Disziplinarbehörden mit einer empfindlichen Strafe vorzugehen.

Die von der Beschuldigten behauptete, durch Überlastung infolge Vertretungstätigkeit wegen Abwesenheit des Vorgesetzten von der Dienststelle und durch die zur Tatzeit gegenüber ihrem sonstigen Dienstplan erhöhte Wochenstundenanzahl (40 statt 30 Wochenstunden) bewirkte Konzentrationsschwäche (Ermüdung) bei der Überprüfung ihrer Kassa schließt ihr Verschulden iSd § 91 BDG (in Form von Fahrlässigkeit) entgegen dem Berufungsvorbringen nicht aus, wird seitens der Disziplinaroberkommission allerdings als Milderungsgrund gewertet.

Weiters wurden im Hinblick auf den vom Spruchpunkt 3. umfassten Sachverhalt die besonders kundenfreundlichen Erwägungen der Beamtin, insbesondere angesichts eines offenbar eher schwierigen, im betreffenden Ort in seiner Eigenschaft als Hotelier bewusst eine gewisse Machtposition ausübenden Kunden, als mildernd gewertet, sodass der zwar bestehende disziplinäre Gehalt (die Vorwerfbarkeit iSd § 91 BDG) der Entgegennahme von Postsendungen ohne gleichzeitige Entrichtung des Entgelts, die zum Vorstrecken von Beförderungsentgelten seitens der Österreichischen Post AG führte, seitens der Disziplinaroberkommission ebenfalls als gering eingeschätzt wird.

Angesichts der Tatsache, dass es sich insbesondere beim Vorfall vom (Spruchpunkt 1.) um ein Erstdelikt handelte und der beschuldigten Beamtin Schädigungs- bzw. Bereicherungsabsicht nicht nachgewiesen werden kann - den Ersatzscheck hat sie blanko in die Geldlade hineingelegt, wobei ein präsenter Deckungsfonds vorhanden war, und hatte am nächsten Arbeitstag in der Folge gar nicht mehr die Möglichkeit der ordnungsgemäßen Verbuchung, d.h. der Wiedergutmachung vor Entdeckung, weil zu diesem Zeitpunkt bereits eine unvermutete Kassenprüfung durch die Geldrevision stattfand -, geht der erkennende Berufungssenat - auch im Hinblick auf die in jüngster Zeit offenbar erfolgte generelle Änderung in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in vergleichbaren Fällen (vgl. das zu einem nahezu identen Sachverhalt ergangene Erkenntnis ) - trotz des beachtlichen Verstoßes der Beschuldigten gegen das Treuegebot - davon aus, dass das zwischen dem Dienstgeber und ihr bestehende Vertrauensverhältnis noch nicht vollständig, nachhaltig und unwiederbringlich zerstört ist, sodass von Untragbarkeit der Beamtin für eine Fortsetzung des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses noch nicht gesprochen werden kann.

Der Beschuldigten kommt zudem ihre disziplinäre Unbescholtenheit zugute; frühere einschlägige Beanstandungen sind nicht aktenkundig, wobei in diesem Zusammenhang zu bedenken ist, dass Filialleiter gemäß Punkt 2.1. Aufgaben und Verantwortung der Filialleiter, S. 11 des Handbuches BLV, Bargeldbewirtschaftung, Lagerhaltung und Verrechnung, laufend Kassenprüfungen bei den Postamtsmitarbeitern durchzuführen haben.

Auch das teilweise Schuldeingeständnis der Beschuldigten war als mildernd zu werten.

Darüber hinaus wird berücksichtigt, dass die Beschuldigte den von ihr verursachten und verschuldeten monetären Schaden - wenn auch erst nach Tatentdeckung - zur Gänze ersetzt hat.

Insbesondere aus spezialpräventiven Erwägungen ist davon auszugehen, dass die Verhängung einer Geldstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG idHv EUR 2.500 (dabei handelt es sich immerhin um das Fünffache des von der Beamtin der Geldlade rechtswidrig und schuldhaft entnommenen Bargeldbetrages) ausreichen wird, die Beschuldigte von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Bei Bemessung dieser Disziplinarstrafe wurde auch auf die persönlichen (Sorgepflichten treffen sie nicht; ihr Sohn ist bereits 26 Jahre alt, ihr Ehemann ist erwerbstätig) und wirtschaftlichen Verhältnisse (sie wohnt im Haus der Eltern, wobei nur die Betriebskosten aus dem Familienbudget zu tragen sind, es bestehen keine Kreditbelastungen) der Beschuldigten Bedacht genommen."

Der angefochtene Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am zugestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde der Disziplinaranwältin für den Bereich der Österreichischen Post AG wurde bei der Einlaufstelle des Verwaltungsgerichtshofes am eingebracht.

Nachdem die Beschwerdeführerin vom Verwaltungsgerichtshof aufgefordert worden war, zur Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde Stellung zu nehmen, führte sie mit Schreiben vom aus, dass sie sich im März 2007 auf Dienstreise befunden habe und die gegenständliche Beschwerde von ihr am , somit innerhalb der Beschwerdefrist, in K an die für die Abfertigung von Postsendungen der Österreichischen Post AG zuständigen Mitarbeiterin der Tochterfirma der Österreichischen Post AG, der Firma PM GmbH, welche für die Österreichische Post AG u. a. als zentrale Einlauf- und Abfertigungsstelle fungiere, übergeben worden sei. Im Beisein des zweiten Disziplinaranwaltes der Österreichischen Post AG, Herrn Dr. N (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof), habe die Beschwerdeführerin diese Mitarbeiterin, Frau GA, eindringlich darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um eine dringende Sendung handle, die noch am selben Tag an den Verwaltungsgerichtshof abgefertigt werden müsse. Die Adresse sei aus der Beschwerde ersichtlich (in der Beschwerde ist der Verwaltungsgerichtshof als Adressat einschließlich der Adresse angeführt). Frau GA habe der Beschwerdeführerin und dem stellvertretenden Disziplinaranwalt der Österreichischen Post AG versichert, dass dies so durchgeführt werde, worauf die beiden Disziplinaranwälte den Raum verlassen hätten. In der Folge seien die gegenständliche Beschwerde noch am selben Tag kuvertiert und zur Postaufgabe gebracht worden, infolge des Zeitdruckes habe Frau GA das Kuvert jedoch irrtümlich an die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt adressiert. Dies ergebe sich aus einem beiliegenden Auszug aus dem Post-Aufgabebuch der Firma PM GmbH sowie aus einem E-Mail, das Frau GA am an den stellvertretenden Disziplinaranwalt der Österreichischen Post AG abgesendet habe. Die PM GmbH bzw. deren MitarbeiterInnen in K, insbesondere Frau GA, hätten sich bisher immer als äußerst zuverlässig erwiesen, dies werde auch in einem E-Mail von Herrn KO vom bestätigt. Die nunmehrige irrtümliche falsche Adressierung des Kuverts durch Frau GA sei eine nicht vorhersehbare Fehlleistung und beruhe auf einem minderen Grad eines Versehens infolge Zeitdruckes. Aus diesem Grunde beantragte die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und halte die Beschwerde aufrecht.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Die Wiedereinsetzung ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung auch zu bewilligen, wenn eine Frist durch ein Verhalten von Vertretern des Bevollmächtigten der Partei versäumt wurde, es sei denn, es läge ein Verschulden der Partei vor. Dem Verschulden der Partei selbst ist das Verschulden ihres Vertreters gleichzustellen. Ein Versehen etwa einer Kanzleibediensteten stellt für einen Rechtsanwalt und damit für die von diesem vertretene Partei nur dann ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Angestellten hinreichend nachgekommen ist. Zu prüfen ist also, ob ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden des einschreitenden Rechtsanwaltes im Hinblick auf seine Aufsichts- und Kontrollpflichten vorliegt (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , Zl. 2003/03/0164, mwN).

In seiner Rechtsprechung hat es der Verwaltungsgerichtshof nicht als zweckmäßige und zumutbare Kontrollmaßnahme angesehen, dass sich der Rechtsanwalt nach Übergabe sämtlicher Schriftstücke an die bisher bewährte Kanzleikraft in jedem Fall noch von der tatsächlichen Durchführung der Expedierung der Sendung überzeugt. Die Überwachungspflicht des Parteienvertreters geht also nicht so weit, dass jede einzelne einfache Arbeitsverrichtung wie die Kuvertierung und Aufgabe von Postsendungen zu kontrollieren wäre.

Einem manipulativen Vorgang dieser Art ist es nach der hg. Rechtsprechung gleichzuhalten, wenn der von einem Anwalt kontrollierte Schriftsatz den richtigen Adressaten aufweist, jedoch der bislang verlässlichen Kanzleikraft ein Versehen bei der Beschriftung des Kuverts passiert. Auch in einem solchen Fall liegt dem Rechtsanwalt - unter dem Gesichtspunkt einer rationellen und arbeitsteiligen, die Besorgung abgegrenzter Aufgabenbereiche delegierenden Betriebsführung - keine Verletzung der Sorgfaltspflicht dadurch zur Last, dass er nach Kontrolle des Schriftstückes und seiner Adressierung sich nicht in jedem Fall auch von der richtigen Adressierung auf dem Kuvert, etwa durch nochmalige Vorlage des Schriftsatzes mit dem Kuvert, überzeugt (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom , Zl. 2007/08/0054, mwN).

Im vorliegenden Fall war die Mitarbeiterin der PM GmbH als Kanzleikraft der beschwerdeführenden Disziplinaranwältin für den Bereich der Österreichischen Post AG anzusehen, sie war nicht nur mit der Postaufgabe (vgl. dazu den hg. Beschluss vom , Zl. 2005/09/0173), sondern auch mit der Adressierung des Kuverts beauftragt. Die in dem hg. Beschluss vom , Zl. 2007/08/0054 angeführten Überlegungen treffen daher auch auf den vorliegenden Fall zu. Im Beschwerdefall wurde der Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig binnen der Frist des § 46 Abs. 3 VwGG gestellt, nachdem die Beschwerdeführerin durch die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes von der Versäumung der Beschwerdefrist Kenntnis erlangte. Ein leichte Fahrlässigkeit übersteigendes Verschulden kann der Beschwerdeführerin somit angesichts des gesamten, glaubhaft vorgebrachten Sachverhaltes im Ergebnis nicht zur Last gelegt werden.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte somit gemäß § 46 VwGG stattgegeben werden.

Über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, mit welcher sich die Beschwerdeführerin "in meinem Recht auf Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung infolge Untragbarkeit gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 4 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 i.d.g.F. verletzt" erachtet, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Stellungnahme durch die Mitbeteiligte erwogen:

Gemäß § 43 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 in der Fassung vor der Dienstrechts-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 147 (BDG 1979), ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (Abs. 2 dieser Bestimmung).

Gemäß § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt (das ist der 8. Abschnitt "Disziplinarrecht") zur Verantwortung zu ziehen.

Nach § 92 Abs. 1 BDG 1979 sind Disziplinarstrafen der Verweis (Z. 1), die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezugs unter Ausschluss der Kinderzulage (Z. 2), die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage (Z. 3) und die Entlassung (Z. 4).

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung BGBl. Nr. 333/1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinn nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist, wenn der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbstständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen hat und über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt wird, nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die Mitbeteiligte das Vertrauen der Kunden in die Seriosität des Unternehmens der Österreichischen Post AG dadurch, dass sie am einen Geldbetrag in der Höhe von EUR 500,-- aus der Kassa entnommen habe, ohne diesen ordnungsgemäß zu verrechnen, und zwar mit dem Vorsatz, dieses Geld für sich zu verwenden und damit eine Lieferung, die sie privat am selben Tag erwartet habe, zu bezahlen, gravierend zerstört habe. Die von der belangten Behörde angeführten Milderungsgründe überwögen jedenfalls nicht und es sei Untragbarkeit gegeben.

In seinem Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0012, hat der Verwaltungsgerichtshof zu den Strafbemessungsregeln der §§ 93 ff BDG 1979 in der Fassung vor Inkrafttreten der Dienstrechts-Novelle 2008 wie folgt ausgeführt:

"Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 2005/09/0115, wurde von dem in der früheren Judikatur entwickelten 'Untragbarkeitsgrundsatz' abgegangen und betont, dass § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 die Schwere der Dienstpflichtverletzung als 'Maß für die Höhe der Strafe' festlegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der 'Strafbemessungsschuld' des Strafrechtes. Für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR

14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der 'Unrechtsgehalt') wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0021). An dieser Auffassung hat sich auch durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 2005/09/0115, nichts Grundsätzliches geändert. Hinsichtlich des Grades des Verschuldens ist nach dem gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können.

Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist weiters zu prüfen, inwieweit eine Disziplinarstrafe erforderlich ist, um den Täter von der weiteren Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten; ferner sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer - insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat - so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten. Soweit es um eine Entlassung geht, ist die spezialpräventive Erforderlichkeit einer solchen (der disziplinarrechtlichen Tatschuld angemessenen) schweren Disziplinarstrafe nicht erst dann anzunehmen, wenn sich die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen - bei Beschränkung auf eine mildere Strafe - in einer vagen Hoffnung erschöpfen, und wird umgekehrt nicht nur bei besonderer Gewähr dafür zu verneinen sein. Abzustellen ist auf einen dazwischen liegenden Maßstab einer begründeten Wahrscheinlichkeit. Dabei ist freilich eine Entlassung schon nach der ersten schweren Dienstpflichtverletzung nicht ausgeschlossen, wenn auf Grund ihrer Eigenart und der Persönlichkeit des Täters die Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser im Falle einer geringeren Sanktion weitere Dienstpflichtverletzungen begehen werde.

Das gänzliche Außerachtlassen von Versetzungsmöglichkeiten (oder gar von schon erfolgten Versetzungen) entspricht nach den Gesetzesmaterialien (vgl. die ErläutRV 500 BlgNR 14. GP 83) nicht dem Willen des Gesetzgebers. Sind geeignete Versetzungsmöglichkeiten - bei deren Inanspruchnahme die Begehung gleichartiger Disziplinarvergehen durch den Beamten mit ausreichender Wahrscheinlichkeit verhindert werden kann - offenkundig oder werden sie vom Beamten im Disziplinarverfahren konkret ins Treffen geführt, so kann diese Frage in der Begründung dafür, warum er dessen ungeachtet zu entlassen sei, nicht zur Gänze ausgeklammert bleiben. Das bedeutet freilich keinen Anspruch des Betroffenen auf Versetzung statt Entlassung, sondern verpflichtet die Behörde lediglich dazu, sich in der Begründung ihrer Entscheidung mit einem diesbezüglichen im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten auseinander zu setzen.

Ist nach einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verurteilung ein Schuldspruch zu fällen, ist gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 zu prüfen, ob und inwieweit es - zusätzlich zu den vom Gericht oder der Verwaltungsbehörde verhängten Sanktionen - einer Disziplinarstrafe bedarf, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten (vgl. dazu im Einzelnen das schon erwähnte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 2005/09/0115, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Die Verhängung einer Disziplinarstrafe zusätzlich zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafe ist daher nur zulässig, wenn und soweit dies aus spezialpräventiven Gründen erforderlich ist, oder anders gewendet: Wenn und soweit die gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Strafe für sich alleine nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass der Beamte keine weiteren Dienstpflichtverletzungen begehen wird. Diese Überlegungen gelten insbesondere auch, soweit es um die schwerste Disziplinarstrafe der Entlassung geht: Liegt eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung vor, die sich auf denselben Sachverhalt bezieht, so ist auch für die Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 zu begründen, dass und aus welchen Gründen es ihrer Verhängung bedarf, um den Beamten - mit ausreichender Wahrscheinlichkeit - von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. An die nur teilweise - nämlich in Bezug auf weitere gerichtlich strafbare Handlungen - auf die gleiche Gefahr bezogene Prognose des Strafgerichts ist die Disziplinarbehörde dabei freilich, anders als hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen des Strafgerichts, nicht gebunden, geht es im Disziplinarverfahren doch um die Gefahr der Verletzung der spezifisch die öffentlichrechtlich Bediensteten treffenden aus dem Dienstrecht erfließenden Dienstpflichten." (Wörtlich gleichartige Formulierungen finden sich etwa in den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2006/09/0073, , Zl. 2007/09/0136, , Zl. 2006/09/0242, , Zl. 2006/09/0108, , Zl. 2008/09/0223, , Zl. 2008/09/0360, , Zlen. 2008/09/0004, 2008/09/0005, 2008/09/0332, 2009/09/0003, und im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0209)

Im vorliegenden Fall sind die Ausführungen der belangten Behörde, soweit sie darin auf die "Untragbarkeit" oder "Tragbarkeit" des Mitbeteiligten abstellt, zwar verfehlt, weil dies keinen maßgeblichen Strafzumessungsgrund darstellt (vgl. das zuvor genannte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 2005/09/0115). Der angefochtene Bescheid hält aber den Anforderungen zur Strafbemessung stand, zumal sich die belangte Behörde in ihrer ausführlichen Begründung erkennbar mit den Erschwernis- und Milderungsgründen auseinander gesetzt und nachvollziehbar und schlüssig begründet hat, warum trotz der objektiven Schwere der Tat von einer Entlassung Abstand genommen und mit einer Geldstrafe das Auslangen gefunden werden konnte. Ausgehend von der objektiven Schwere der Tat, die hinter der Schwere etwa der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0320, zu Grunde liegenden Tat zurückbleibt (mit welchem der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde des Disziplinaranwaltes stattgegeben hatte), kann der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, sie hätte das ihr hinsichtlich der Strafbemessung im Grunde des § 93 BDG 1979 eingeräumte Ermessen auf gesetzwidrige Weise geübt (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/09/0108, und vom , Zl. 2009/09/0003).

Angesichts dessen erweist sich die Strafbemessung der belangten Behörde als frei von Rechtsirrtum, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die Kosten der mitbeteiligten Partei waren gemäß § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG der Österreichischen Post AG aufzuerlegen, welcher Rechtspersönlichkeit die Beschwerdeerhebung im vorliegenden Fall zuzurechnen ist (vgl. § 17 Abs. 9 Z. 7 und die Verfassungsbestimmung des § 17a Abs. 2 des Poststrukturgesetzes (Strukturanpassungsgesetzes 1996), BGBl. Nr. 201, erstere Bestimmung idF BGBl. Nr. 86/2001).

Wien, am