VwGH vom 10.10.2016, Ro 2014/17/0028
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Dr. Leonhartsberger und Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der B Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Helmut Sommer, Mag. Felix Fuchs und Mag. Margot Moser, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Neuer Platz 5/II, gegen den Bescheid der Dienststelle für Landesabgaben beim Amt der Kärntner Landesregierung vom , LABG-FV-1010/1/13, betreffend Fremdenverkehrsabgabe für die Jahre 2005 und 2006, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte wird in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs 2 VwGG auf das hg Erkenntnis vom , 2011/17/0001, verwiesen. Demnach hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt mit Bescheiden vom und die Fremdenverkehrsabgabe der revisionswerbenden Partei mit EUR 1.537,70 (für das Jahr 2005) und mit EUR 2.516,40 (für das Jahr 2006) festgesetzt, wobei die Tätigkeit der revisionswerbenden Partei in die Abgabengruppe E "Immobilienhandel" eingestuft wurde.
2 Gegen diese Bescheide erhob die revisionswerbende Partei jeweils Berufung und führte hinsichtlich ihres Geschäftszweiges aus, dass sie vornehmlich für Beamte bzw Vertragsbedienstete der Gebietskörperschaften Wohnungen baue und vermiete, sodass ein Nutzen aus dem Fremdenverkehr ausgeschlossen sei.
3 Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Die (von der revisionswerbenden Partei behauptete) Tätigkeit eines "Bauträgers und Immobilienverwalters" sei mit jener des in der Abgabengruppe E aufgezählten "Realitätenvermittlers" vergleichbar (§ 9 Abs 2 K-FVAG). Die revisionswerbende Partei habe auch den mangelnden Fremdenverkehrsnutzen nicht glaubhaft machen können.
4 Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Bescheid mit Erkenntnis vom , 2011/17/0001, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf. Die belangte Behörde habe es ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht unterlassen, Feststellungen zu den von der revisionswerbenden Partei ausgeübten Tätigkeiten zu treffen. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen der revisionswerbenden Partei teilweise statt und setzte (unter Bezeichnung der Tätigkeit als "Immobilienhandel" und Einstufung in die Abgabengruppe G) die Fremdenverkehrsabgabe mit EUR 785,91 (2005) und mit EUR 1.276,95 (2006) neu fest. Selbst wenn die revisionswerbende Partei ausschließlich Wohnungen für Beamte und Vertragsbedienstete der Gebietskörperschaften bauen und vermieten würde, müsste sie glaubhaft machen, dass keiner ihrer Mieter (beispielsweise als Mitarbeiter in Informations- und Tourismusbüros, als Angestellte der See- oder Hallenbäder etc) einen Bezug zum Fremdenverkehr habe; wobei jedoch "offenkundig ist, dass bei den Gebietskörperschaften im Bundesland Kärnten hunderte wenn nicht tausende Stellen von Beamten und Vertragsbediensteten auf Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr zurückzuführen sind, und andererseits die Annahme, dass ausgerechnet diese Bediensteten nicht zu den Kunden der Berufungswerberin (revisionswerbenden Partei) zählen sollten, nicht haltbar oder gar nachweisbar wäre". Im Übrigen gehe aus § 2 des Gesellschaftsvertrages der revisionswerbenden Partei hervor, dass ihr Geschäftsfeld über die Errichtung und Vermietung von Wohnungen für Bedienstete der Gebietskörperschaften hinausgehe. Die revisionswerbende Partei selbst habe ihre Tätigkeit als "Bauträger und Immobilienverwalter" bezeichnet. Auf Grund dieser Tatsache sei es nachvollziehbar, dass die Abgabenbehörde es nicht für erforderlich erachtet habe, die revisionswerbende Partei zur Vorlage von geeigneten Bescheinigungsmitteln aufzufordern oder informierte Vertreter zu befragen. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Übrigen in seinem Vorerkenntnis vom , 2011/17/0001, "ausdrücklich festgestellt", dass die oben angeführte Beweiswürdigung hinsichtlich des Nutzens "schlüssig und daher nicht aufzugreifen" gewesen sei.
5 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision, in der die revisionswerbende Partei Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
6 Das gemäß Art 151 Abs 51 Z 9 B-VG iVm § 9 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) anstelle der Dienststelle für Landesabgaben beim Amt der Kärntner Landesregierung in das Verfahren eingetretene Landesverwaltungsgericht Kärnten legte die Akten vor und beantragte die Abweisung der Revision gegen Ersatz der Kosten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Der angefochtene Bescheid wurde der revisionswerbenden Partei am zugestellt. Sie war daher gemäß § 4 Abs 1 VwGbk-ÜG berechtigt, dagegen Revision zu erheben. Für die Behandlung solcher Revisionen gelten gemäß § 4 Abs 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß mit einer nur für Revisionen gegen Bescheide unabhängiger Behörden geltenden und daher hier nicht relevanten Maßgabe. Es war somit im vorliegenden Fall nicht zu prüfen, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
8 Hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage wird auf die Darstellung im hg Erkenntnis vom , 2011/17/0001, verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde die Verpflichtung überbunden, Feststellungen darüber zu treffen, welche Tätigkeiten von der revisionswerbenden Partei in den Abgabenjahren 2005 und 2006 im Bundesland Kärnten tatsächlich ausgeübt wurden.
9 Die belangte Behörde hat es aber auch im zweiten Rechtsgang unterlassen, Feststellungen zu treffen, die den Verwaltungsgerichtshof in die Lage versetzen würden, die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Einordnung der Tätigkeit der revisionswerbenden Partei in die Abgabengruppe G und die Nichtanwendung von Begünstigungsbestimmungen (etwa § 5 Abs 1 lit g K-FVAG) auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die bloße Bezeichnung der Tätigkeiten als "Immobilienhandel" im Spruch des angefochtenen Bescheides vermag solche Feststellungen nicht zu ersetzen, hat doch die revisionswerbende Partei im gesamten Abgabenverfahren stets deren Richtigkeit bestritten. Mit dem wiederholten Vorbringen der revisionswerbenden Partei, im Wesentlichen Wohnungen zu bauen, um diese zu vermieten bzw zu verwalten, hat sich die belangte Behörde nicht einmal ansatzweise auseinander gesetzt.
10 Der im angefochtenen Bescheid enthaltene Hinweis auf § 2 des Gesellschaftsvertrages der revisionswerbenden Partei ist in seiner Allgemeinheit auch nicht geeignet, die tatsächlichen Tätigkeiten der revisionswerbenden Partei, die bekanntermaßen österreichweit tätig ist, im Bundesland Kärnten zu benennen.
11 Auch die Einstufung in die als "Auffangbecken" konzipierte Abgabengruppe G (§ 9 Abs 3 K-FVAG), auf die der niedrigste Abgabensatz Anwendung findet, macht solche Feststellungen nicht entbehrlich, ist doch damit eine nachvollziehbare Beurteilung des Fremdenverkehrsnutzens noch nicht möglich. Gerade bei jenen Tätigkeiten, die nicht in der Anlage aufgezählt sind, und bei denen (möglicherweise) auch keine Ähnlichkeit zu den in der Anlage aufgezählten Tätigkeiten besteht, sind Feststellungen zum Vorliegen eines Fremdenverkehrsnutzens aber Voraussetzung für die Abgabenerhebung, da in diesen Fällen die Rechtsvermutung des § 4 Abs 1 K-FVAG nicht greift.
12 Auch der Verweis auf das diesbezügliche Vorbringen der revisionswerbenden Partei vermag Feststellungen über deren tatsächliche Tätigkeiten in Kärnten nicht zu ersetzen. Die belangte Behörde konnte sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf das Vorerkenntnis vom , 2011/17/0001, berufen, ergibt sich doch aus diesem lediglich, dass ein mittelbarer Nutzen aus dem Fremdenverkehr selbst dann gegeben sein könnte, wenn die potentiellen Kundenkreise der mitbeteiligten Partei ausschließlich aus Personen aus dem öffentlichen Dienst bestünden.
13 Ohne konkrete Feststellungen zu den tatsächlichen Tätigkeiten der revisionswerbenden Partei in Kärnten entzieht sich der angefochtene Bescheid auch der nachprüfenden Kontrolle, ob zu Recht die gesamten Umsätze der revisionswerbenden Partei in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurden oder ob nicht vielmehr zumindest Teile davon iSd § 5 Abs 1 K-FVAG außer Ansatz zu bleiben gehabt hätten.
14 Indem die belangte Behörde dies verkannte und trotz der Bindungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses vom , 2011/17/0001, entsprechende Feststellungen über die tatsächliche Tätigkeit der Revisionswerberin unterließ, belastete sie ihre Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
15 Bei diesem Ergebnis kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
16 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am
Fundstelle(n):
QAAAE-92173