VwGH vom 18.10.2012, 2011/22/0052
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2011/22/0053
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde 1. der A und 2. des E, beide in F, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres je vom , Zl. 151.121/11-III/4/11 (ad 1., protokolliert zu 2011/22/0053), und Zl. 151.121/12-III/4/11 (ad 2., protokolliert zu 2011/22/0052), jeweils betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 57,40 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Anträge der beschwerdeführenden Parteien (der Zweitbeschwerdeführer ist der Sohn der Erstbeschwerdeführerin, beide philippinische Staatsangehörige) auf Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 47 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 9, § 21 Abs. 1 letzter Satz iVm § 21 Abs. 6 und § 11 Abs. 1 Z 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Zur Begründung führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen gleichlautend aus: Die Erstbeschwerdeführerin habe am in Manila einen österreichischen Staatsbürger geheiratet und am die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zum Zweck der Familienzusammenführung beantragt. In weiterer Folge, vermutlich am , sei sie mit einem bis gültigen Visum in Österreich eingereist, der Zweitbeschwerdeführer mit einem bis gültigen Visum. Mit Urteil des Bezirksgerichtes F vom sei die Ehe mit dem österreichischen Staatsbürger geschieden worden. Beide beschwerdeführenden Parteien hätten noch nie über einen Aufenthaltstitel für die Republik Österreich verfügt und seien nach Rechtskraft der Scheidung "auch formalrechtlich" nicht mehr Familienangehörige eines Zusammenführenden im Sinn des § 47 Abs. 1 NAG. Zudem seien die verfahrensgegenständlichen Erstanträge zwar schon vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde eingebracht worden, jedoch hätten die beschwerdeführenden Parteien entgegen § 21 Abs. 1 letzter Satz NAG die Entscheidung in unzulässiger Weise im Inland abgewartet. Somit erfüllten sie die Erfolgsvoraussetzung des § 21 Abs. 1 NAG nicht. Die beschwerdeführenden Parteien wären nur bis zum Ablauf des Visums am (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) bzw. am (betreffend den Zweitbeschwerdeführer) zum Abwarten der Entscheidung im Inland berechtigt gewesen.
Letztlich dürften gemäß § 11 Abs. 1 Z 5 NAG einem Fremden Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn eine Überschreitung der Dauer des erlaubten sichtvermerkspflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 NAG vorliege.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Blick auf den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide im Jänner 2011 ist im vorliegenden Fall die Rechtslage des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 maßgeblich. Nachfolgende Zitierungen beziehen sich auf diese Rechtslage.
Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten nicht, dass die Ehe der Erstbeschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger bereits geschieden wurde.
Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.
Der Verwaltungsgerichtshof sprach bereits aus, dass - im Geltungsbereich des NAG - der Fremde nach Scheidung der Ehe nicht mehr berechtigt ist, die Entscheidung über seinen Antrag im Inland abzuwarten (vgl. das Erkenntnis vom , 2008/21/0145, mit Hinweis auf jenes vom , 2007/18/0036). Da die beschwerdeführenden Parteien unstrittig entgegen § 21 Abs. 1 NAG nach Inkrafttreten des NAG und nach Beendigung des Angehörigenverhältnisses zum österreichischen Staatsbürger nicht ausgereist sind und die Entscheidung über die Anträge nicht im Ausland abgewartet hatten, durfte die belangte Behörde schon deswegen die gegenständlichen Anträge abweisen.
Gemäß § 21 Abs. 3 NAG kann zwar die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung u.a. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zulässig. Gemäß § 81 Abs. 8 NAG wären zwar im vorliegenden Fall Anträge gemäß § 21 Abs. 3 NAG auch im Berufungsverfahren zulässig gewesen, weil dieses bei Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 29/2009 bereits bei der Berufungsbehörde anhängig war. Eine solche Antragstellung ist jedoch aus den Verwaltungsakten nicht ersichtlich und wird von den beschwerdeführenden Parteien auch nicht behauptet. Schon deswegen erweist sich die Abweisung der gegenständlichen Anträge nicht als rechtswidrig.
Es kann sohin dahinstehen, ob die belangte Behörde die beschwerdeführenden Parteien hätte anleiten müssen, ihre Anträge dahin umzustellen, dass sie die Familiengemeinschaft mit der Mutter der Erstbeschwerdeführerin begehren. Ebenso braucht (in Ansehung des herangezogenen Versagungsgrundes des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG) auf die unterlassene Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG nicht eingegangen zu werden.
Bemerkt sei, dass den beschwerdeführenden Parteien aus dem behördlichen Zuwarten mit der Entscheidung bis nach der erfolgten Scheidung der Ehe der Erstbeschwerdeführerin kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Aufenthaltstitel erwachsen kann, hat doch die Behörde das im Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidung geltende Recht anzuwenden.
Da somit den angefochtenen Bescheiden die behauptete Rechtsverletzung nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am