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VwGH vom 29.04.2015, Ra 2014/20/0151

VwGH vom 29.04.2015, Ra 2014/20/0151

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Mag. Eder und Mag. Straßegger, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ortner, über die Revision des M A in W, vertreten durch Dr.in Julia Ecker, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. L501 1416640-1/28E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt A.I. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger sabäischen (auch: mandäischen) Glaubens, reiste am in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen mit einer Verfolgung aufgrund seiner Religionszugehörigkeit zum sabäischen Glauben begründete.

Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt den Antrag I. auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) sowie II. auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab und sprach III. gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 die Ausweisung des Revisionswerbers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Irak aus.

Das Bundesasylamt (jetzt: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) führte begründend im Wesentlichen aus, eine asylrelevante Verfolgung im Irak bzw. in Syrien könne nicht festgestellt werden. Das Vorbringen des Revisionswerbers sei nicht glaubhaft und im Verfahren habe sich kein begründeter Hinweis auf eine Flüchtlingseigenschaft ergeben. Es sei klar ersichtlich gewesen, dass dem Revisionswerber Schutz seitens der Sicherheitsbehörden und Gerichte nicht verwehrt worden wäre. Hinsichtlich der im Verfahren festgestellten Gründe für den Antrag auf Zuerkennung der Asylberechtigung bedeute dies, dass mangels Vorbringen eines unter die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) subsumierbaren Fluchtgrundes die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen wäre.

Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass der Revisionswerber im Fall einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Irak einer Gefahr ausgesetzt wäre. Wenngleich die ökonomische Situation im Irak in einigen Bereichen nicht mit jener in europäischen Staaten vergleichbar sei, so folge daraus nicht, dass jeder der dort lebenden Menschen von Obdachlosigkeit und Hunger betroffen wäre, vor allem dann nicht, wenn es ein soziales Netz durch nahe Angehörige gäbe. Der Revisionswerber könne sein soziales Umfeld nutzen, um grundsätzlich eine elementare Lebensversorgung in Anspruch nehmen zu können, außerdem sei auch auf verschiedene Hilfsorganisationen und die dem Revisionswerber zu gewährende Rückkehrhilfe zu verweisen. Es sei dem Revisionswerber durchaus zumutbar wieder in seinen früheren Beruf als angelernter Goldschmied zurückzukehren, zumal es sich bei ihm um einen jungen, gesunden Mann im erwerbsfähigen Alter handle. Ebenso sei auf die Möglichkeit zur Rückkehr nach Syrien, wo sich der Revisionswerber annähernd vier Jahre nach seiner Ausreise aus dem Irak legal und ohne Probleme aufgehalten habe, hinzuweisen. Mangels Vorbringen einer glaubhaften konkreten Gefährdungssituation sei die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten somit ausgeschlossen.

Des Weiteren wurde der Revisionswerber nach Durchführung einer Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK aus dem Bundesgebiet in den Irak ausgewiesen.

Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Asylgerichtshof, in der er unter anderem geltend machte, dass die Sicherheitslage im Irak sowie die allgemeine Verfolgungssituation für Angehörige der religiösen Minderheit der Sabäer, der auch der Revisionswerber angehöre, in keiner Weise gewürdigt worden sei. Hätte das Bundesasylamt auf die Feststellungen zu seinem Heimatland bei der Entscheidung Bedacht genommen, so hätte es dem Revisionswerber Asyl, in eventu zumindest subsidiären Schutz gewähren müssen, unbeschadet der Frage, ob nun dem Vorbringen des Revisionswerbers zu den Gründen seiner Flucht und Ausreise aus dem Irak Glauben geschenkt werde. Auch seien Angaben bezüglich seiner Religionszugehörigkeit und seinem Fluchtgrund teilweise falsch protokolliert worden und es sei auch die Beweiswürdigung zu den Vorfällen in den Jahren 2004 und 2006 unrichtig. Ergänzend wurde zur allgemeinen Bedrohungssituation für Angehörige der religiösen Minderheit der Sabäer im Irak vorgebracht, für jedes Mitglied bestünde eine latente Verfolgungsgefahr, welche allein schon Grund für die Angst böte, Opfer einer derartigen Verfolgung zu werden, sodass es keines konkreten, individuellen Verfolgungsanlasses bedurft hätte.

Das beim Asylgerichtshof anhängige Verfahren wurde ab vom Bundesverwaltungsgericht weitergeführt (§ 75 Abs. 19 AsylG 2005).

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. gemäß §§ 3 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet ab; der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wurde stattgegeben und gemäß § 75 Abs. 19 und 20 AsylG 2005 festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei. Die Revision wurde vom Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zugelassen.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei Staatsangehöriger des Irak, arabischer Abstammung und sabäischen Glaubens. 2006 habe der Revisionswerber zusammen mit seinen Eltern, dem Bruder und zwei Schwestern den Irak in Richtung Syrien verlassen. Die Eltern und der Bruder lebten seit einem bzw. zwei Jahren mit Asylstatus in Schweden; die Schwestern seien verheiratet und lebten in den USA.

Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Revisionswerber im Irak einer individuellen Verfolgung aus den in der GFK genannten Gründen ausgesetzt gewesen sei oder er im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt wäre. Zur Lage im Herkunftsstaat wurde u.a. festgestellt, dass sich die Sicherheitssituation im Irak seit Anfang 2014 noch einmal dramatisch verschlechtert habe, der Staat den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen könne und auch religiös-ethnisch bedingte Verbrechen großteils ungesühnt blieben. Lediglich die Sicherheitssituation in der autonomen Region Kurdistan-Irak sei wesentlich besser als im Rest des Landes; hier seien Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt.

Der Revisionswerber habe nicht glaubhaft machen können, dass er von unter Umständen bestehenden allgemeinen Problemen für Sabäer in seiner Heimatstadt Bagdad in einer Form persönlich betroffen gewesen sei, dass daraus ein hinsichtlich seiner Intensität und Nachhaltigkeit asylrelevantes individuelles Bedrohungsszenario abzuleiten wäre. Unabhängig von der Frage der Glaubhaftmachung der behaupteten Verfolgungshandlungen sei im Hinblick auf das Vorbringen bezüglich der Zugehörigkeit zur sabäischen Religionsgemeinschaft auszuführen, dass aktuell von keiner disproportionalen Gefährdung der Sabäer im Vergleich zu anderen Gruppen oder Individuen auszugehen sei, sondern vielmehr unterschiedlichste Individuen oder Gruppen im Land in unbestimmtem Ausmaß mit einer aus der schlechten allgemeinen Sicherheitslage resultierenden Gefährdung zu rechnen hätten, deren Ursachen oftmals kaum voneinander zu differenzieren seien. Die bloße Zugehörigkeit zu einer nicht-moslemischen Minderheit biete damit keinen hinreichenden Anlass, von einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden landesweiten Verfolgungsgefahr in asylrelevanter Intensität auszugehen.

Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass der Revisionswerber bei einer Rückkehr in den Irak aus in seiner Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort der realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention geschützten Rechte oder ihm als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts drohen würde. Der Revisionswerber sei ein arbeitsfähiger, gesunder, junger Mann, der bereits vor seiner Ausreise aus dem Irak als Goldschmied tätig gewesen sei und der zudem in Österreich weitere Berufserfahrungen habe sammeln können.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative, die dem Revisionswerber zumutbar und wo es für ihn hinreichend sicher sei, finde sich auf dem Gebiet der autonomen kurdischen Region im Nordirak.

Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulementschutz sowie zu dem durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf Privat- und Familienleben bestehe und von dieser nicht abgegangen worden sei.

Gegen den die Beschwerde abweisenden Teil dieser Entscheidung, also betreffend die Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt.A.I des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes), richtet sich die gegenständliche außerordentliche Revision. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht und die zuständige Bundesministerin nahmen von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:

"Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht."

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK lautet (auszugsweise):

"Artikel 1

Definition des Ausdruckes 'Flüchtling'

A. Als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens ist anzusehen, wer (...)

2. (...) aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; (...)"

Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision u. a. geltend, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Gruppenverfolgung abgewichen. Die Zugehörigkeit des Revisionswerbers zur Volks- und Religionsgruppe der Sabäer/ Mandäer stehe außer Streit. Bereits aufgrund dieser Zugehörigkeit zu einer Minderheit drohe dem Revisionswerber Verfolgung im Irak, wie sich aus Länderberichten und der Rechtsprechungspraxis anderer Staaten entnehmen lasse. Das Bundesverwaltungsgericht sei in seiner Entscheidung darüber hinaus von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den von ihm aufgestellten Anforderungen an eine ordentliche Begründung und den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren abgewichen. Ein Vorbringen, welches eng mit politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen im Herkunftsstaat in Verbindung stehe, könne nur auf der Basis eines entsprechenden Fachwissens unter Heranziehung aktueller Berichte zur Ländersituation beurteilt werden. Solche Ermittlungen und Feststellungen habe das Bundesverwaltungsgericht aber unterlassen und habe lediglich Feststellungen zur Lage der Christen getroffen.

Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch begründet.

Vorauszuschicken ist, dass der Revisionswerber eine asylrelevante Gefährdung seiner Person aufgrund der Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Sabäer im Irak geltend macht. Dass der Revisionswerber dieser Glaubensgemeinschaft angehört, wird vom Bundesverwaltungsgericht auch festgestellt.

Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. das zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 ergangene, in seinen diesbezüglichen Erwägungen aber auch auf die aktuelle Rechtslage übertragbare hg. Erkenntnis vom , 2008/19/1031, mwN).

Das Bundesverwaltungsgericht hatte auf Grund des dahingehenden Beschwerdevorbringens unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Grundsätze zu beurteilen, ob die aktuelle Lage im Irak eine derartige Verfolgungsgefahr für den Revisionswerber begründet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist von den Asylbehörden zu erwarten, dass sie insoweit, als es um Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern geht, von den zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten Gebrauch machen und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einbeziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/23/0334, mwN). Das gilt auch für von einem Verwaltungsgericht geführte Asylverfahren. Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte daher seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2000/20/0355, und vom , Ra 2014/01/0006). Bei instabilen und sich rasch ändernden Verhältnissen im Herkunftsstaat können auch zeitlich nicht lange zurückliegende Berichte ihre Aktualität bereits verloren haben (vgl. in diesem Sinn auch die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , U 2612/2012, und vom , U 1919/2013 u.a.).

Das Bundesverwaltungsgericht stützte seine Einschätzung, dem Revisionswerber drohe bei einer Rückkehr in sein Heimatland keine asylrelevante Verfolgung aus Gründen der Zugehörigkeit zur Gruppe der Sabäer darauf, dass im Irak neben punktuellen Übergriffen auf Minderheitenangehörige in gleichem Maße solche auf Mitglieder anderer Bevölkerungsgruppen aufträten, sodass aktuell von keiner disproportionalen Gefährdung der Sabäer im Vergleich zu anderen Gruppen oder Individuen auszugehen sei.

Diese Überlegungen zum Nichtvorliegen einer Gruppenverfolgung der Sabäer im Irak können Feststellungen nicht ersetzen und gehen nicht auf konkrete Beweisergebnisse ein; sie finden auch in den vom Bundesverwaltungsgericht zitierten Länderberichten keine Deckung. Aus diesen ist ersichtlich, dass sich die Sicherheitssituation im Irak seit Anfang 2014 noch einmal dramatisch verschlechtert habe, der Staat den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen könne und auch religiös-ethnisch bedingte Verbrechen großteils ungesühnt blieben. Lediglich die Sicherheitssituation in der autonomen Region Kurdistan-Irak sei wesentlich besser als im Rest des Landes; hier seien Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt. Zur Situation der Sabäer im Irak finden sich keinerlei Ausführungen in den Feststellungen.

Ausgehend von der oben zitierten Judikatur in Bezug auf das Erfordernis der Einbeziehung aktueller und auf das Vorbringen des Asylwerbers bezogener Länderberichte, hätte sich das Bundesverwaltungsgericht nicht damit begnügen dürfen, seine Entscheidung tragend auf Länderberichte zu stützen, die lediglich in allgemeiner Form auf die Lage von Minderheiten im Herkunftsstaat eingehen und sich auf die Situation von Christen im Irak konzentrieren.

Darüber hinaus wird in der Revision auch gerügt, dass das Bundesverwaltungsgericht von in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren auch in Bezug auf die Ausführungen, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative für Sabäer auf dem Gebiet der autonomen kurdischen Region im Nordirak, abgewichen sei. Einerseits sei dies für die Gruppe der Sabäer (im Gegensatz zu den Christen) nicht belegt, andererseits habe das Gericht für die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative wesentliche Aspekte, wie etwa mögliche familiäre Anknüpfungspunkte und persönliche Hindernisse, überhaupt nicht erörtert.

Dazu ist zunächst auszuführen, dass § 11 Abs. 2 AsylG 2005 davon ausgeht, dass bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht führte in seiner Beweiswürdigung zur Annahme des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative, die faktisch verfügbar und zumutbar sowie hinreichend sicher sei, aus, aus den länderkundlichen Materialen gehe hinreichend deutlich hervor, dass diese Kriterien auf das Gebiet der autonomen kurdischen Region im Nordirak zuträfen.

Damit ist dem Bundesverwaltungsgericht aber u.a. anzulasten, dass es - über eine Verweisung auf bloß allgemeine Ausführungen zur autonomen kurdischen Region im Nordirak hinaus - nicht auf die Berichtslage zu den für die Entscheidung maßgeblichen Verhältnissen im Herkunftsstaat des Asylwerbers eingegangen ist. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid lassen zudem eine ausreichende Beschäftigung mit dem der innerstaatlichen Fluchtalternative u.a. innewohnenden Zumutbarkeitskalkül vermissen, welches nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Revisionswerbers in dem in Frage kommenden Gebiet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/01/0614, mwN) sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit (vgl. Art. 8 der Statusrichtlinie) für den Revisionswerber erfordert hätte.

Das angefochtene Erkenntnis war daher - im Umfang seiner Anfechtung - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 und Z 5 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am