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VwGH vom 10.09.2015, Ra 2014/20/0142

VwGH vom 10.09.2015, Ra 2014/20/0142

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie Hofrat Mag. Straßegger und Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ortner, über die Revision des U A in U, vertreten durch Mag. Claus-Peter Steflitsch, Rechtsanwalt in 7400 Oberwart, Hauptplatz 14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W218 1437954-1/11E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen damit begründete, dass die tschetschenische Polizei ihn aufgrund des Vorwurfes der Unterstützung von Widerstandskämpfern suche und es deshalb zu zwei näher dargelegten Vorfällen gekommen sei. So sei er im Jahr 2010, nachdem sich ein Kindheitsfreund von ihm den Widerstandskämpfern angeschlossen habe, von den "Kadirov-Leuten" mitgenommen, verhört und brutal zusammengeschlagen worden. Sie hätten ihn auch mit Strom "behandelt" und er habe durch die Gewaltanwendung einen Kieferbruch erlitten. Er sei gegen die Bezahlung eines fünfstelligen Betrages durch seinen Adoptivvater freigelassen worden. Im Dezember 2012 habe ihn sein Kindheitsfreund um Unterstützung bei der Besorgung von Medikamenten und Nahrungsmitteln gebeten. Im Zuge dessen sei es zu einer Schießerei mit der Polizei gekommen, er selbst sei nicht getroffen worden. Von seinem Adoptivvater habe er in weiterer Folge erfahren, dass die Polizei ihn kurz darauf zu Hause gesucht habe, sein Cousin - ein leiblicher Sohn seines Adoptivvaters - sei mitgenommen worden. Man werde diesen nicht freilassen, solange der Revisionswerber nicht auftauche. Aus Furcht um sein Leben habe er beschlossen, aus Tschetschenien zu flüchten.

Seine Eltern und weitere Geschwister seien bereits im Jahr 1999 erschossen worden. Sein Bruder sei im Jahr 2004 aufgrund seiner Widerstandstätigkeit gefangen genommen, zu fünf Jahren Haft verurteilt und inhaftiert worden. Man habe ihn im Gefängnis auch gefoltert und er sei infolge der Misshandlungen verstorben.

Im Rahmen einer Stellungnahme vom legte der Revisionswerber Unterlagen vor, welche unter anderem belegen würden, dass sein Bruder im Jahr 2004 aufgrund seiner Widerstandstätigkeit gefangen genommen worden sei. Auch gehe daraus hervor, dass bereits acht Mitglieder der Familie des Revisionswerbers umgebracht worden seien, was den Wahrheitsgehalt seines Vorbringens widerspiegle. Ferner führte der Revisionswerber zwei Internetlinks an, auf welchen die Widerstandsgruppe, welche er mit Medikamenten versorgt habe, zu sehen sei. Unter den vorgelegten Unterlagen befinden sich auch Bestätigungen über die psychotherapeutische Behandlung des Revisionswerbers.

In seiner der Übermittlung von Länderfeststellungen durch das Bundesasylamt folgenden Stellungnahme vom wandte sich der Revisionswerber - unter Vorlage einer Liste von Personen, welche 1999 im Zuge einer Attacke auf eine Flüchtlingskolonne getötet worden seien - gegen die Ergebnisse des seitens der Verwaltungsbehörde angestellten Ermittlungsverfahrens, wonach die Existenz seines Herkunftsortes in Frage gestellt werde und auch die Angaben des Revisionswerbers zu seinen Angehörigen in Zweifel gezogen würden, weil den Ermittlungen zufolge die Mutter des Revisionswerbers noch am Leben sein müsse.

Mit Schreiben vom übermittelte der Revisionswerber eine Bestätigung, wonach er an einer posttraumatischen Belastungsstörung, Spannungskopfschmerzen sowie tendenziell auch an einer Somatisierungsstörung leide.

Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab und wies in Spruchpunkt III. den Revisionswerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus. In Spruchpunkt IV. wurde einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 38 Abs. 1 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Verwaltungsbehörde führte begründend aus, das Vorbringen des Revisionswerbers sei offensichtlich tatsachenwidrig. Festgestellt wurde, dass der Revisionswerber legal per Flug am aus Moskau mittels eines österreichischen Touristenvisums nach Wien gereist sei. Der Revisionswerber habe keine systematische bzw. intensive Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer politischen Gesinnung glaubhaft gemacht. Dazu stützte sich die Verwaltungsbehörde in ihren beweiswürdigenden Erwägungen im Wesentlichen auf die Nichtvorlage von Identitätsdokumenten durch den Revisionswerber und Unstimmigkeiten in seinen Angaben betreffend die familiären Verhältnisse des Revisionswerbers sowie den Vorfall vom . Ferner führte die Verwaltungsbehörde ins Treffen, dass der Revisionswerber legal ausgereist sei und ihm bereits zum Bestehen der ersten Verfolgungsbehauptung im Jahr 2010 ein Auslandspass ausgestellt worden sei. Infolge der Unterlagen und Angaben im verschwiegenen Visumverfahren sei konkret und zweifelsfrei in Erfahrung gebracht worden, dass der Revisionswerber nie Probleme mit der Polizei gehabt haben könne und nie "Gegenstand" von polizeilichen Handlungen gewesen sei. Es sei dem Revisionswerber mitgeteilt worden, welche Beweismittel noch gebraucht würden und der Revisionswerber habe im Widerspruch zu einer zu erwartenden Handlungsweise keinen glaubhaften Beweis vorgelegt. Nach Erachten der Behörde müssten solche Beweismittel (etwa auch Behördenschriftstücke) im Fall des Revisionswerbers existieren, setze man die Behauptungen als wahr voraus. Der Antrag auf Durchführung einer Recherche vor Ort sei abzuweisen, weil aufgrund der bis dato vorgefundenen Fakten klar erwiesen wäre, wer der Revisionswerber sei, was er gearbeitet habe und dass die genannten Asylgründe tatsachenwidrig seien sowie vor allem auf welche Weise er - im Widerspruch zu seinen Angaben - nach Österreich gekommen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Asylgerichtshof, in der er u.a. auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte. In der Beschwerde monierte der Revisionswerber, dass das Bundesasylamt seiner amtswegigen Ermittlungspflicht nicht mit der notwendigen Sorgfalt nachgekommen sei und die eingebrachten Stellungnahmen, Beweismittel und Beweisanträge keine adäquate Berücksichtigung in der Beweiswürdigung finden würden. Ferner trat der Revisionswerber den beweiswürdigenden Erwägungen sowie den darauf beruhenden Feststellungen des Bundesasylamtes entgegen und versuchte, die ihm vorgeworfenen Widersprüche zu entkräften. So führte der Revisionswerber zur falschen Angabe zu seinem Fluchtweg zusammengefasst aus, er sei seitens des Schleppers dahingehend instruiert worden, dass er unmittelbar abgeschoben würde, wenn seine Einreise mittels Visum bekannt werden würde. Aus panischer Angst, dass eine Richtigstellung zu dieser Konsequenz führe, habe sich der Revisionswerber mit dieser Problematik niemandem anvertraut. Auch sei nicht richtig, dass er selbst die Hotelbuchungen in irgendeiner Weise genutzt habe. Der Schlepper habe Buchungen fingiert, um eine Einreise über ein Touristenvisum zu arrangieren und die tatsächlichen Einreisegründe, nämlich die Flucht des Revisionswerbers aus dem Heimatland, zu verschleiern. Auch versuchte der Revisionswerber die behaupteten Unstimmigkeiten betreffend die familiären Verhältnisse des Revisionswerbers zu entkräften. Mit Verweis auf die Stellungnahme vom , welche nach Ansicht des Revisionswerbers völlig ignoriert worden sei, wurde unter anderem releviert, dass es sich bei dem vom Bundesasylamt vorgelegten Bericht über die Beschießung eines Flüchtlingskonvois nicht um einen sachlich fundierten Tatsachenbericht sondern um ein Werk von emotionalem, literarischem Wert handle. Es sei unrealistisch, dass es sich dabei um die Eltern des Revisionswerbers handle.

Des Weiteren wurden mit der Beschwerde Medienberichte zum Nachweis dafür vorgelegt, dass die Bestrafungen für Hilfestellung an Rebellen in der Russischen Föderation strafrechtlich massiv verschärft worden sei. Demnach seien diese so ausgeweitet worden, dass bereits ein einfacher Rat oder die Essensversorgung eines Rebellen zu mehrjährigen Haftstrafen führen könnten. Ferner legte der Revisionswerber zum Beweis, dass er Misshandlungen ausgesetzt gewesen sei, ein Foto vor.

Das beim Asylgerichtshof anhängige Verfahren wurde ab gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 vom Bundesverwaltungsgericht weitergeführt.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde - ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen - hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet ab. Gleichzeitig verwies es das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück. Ferner erklärte das Bundesverwaltungsgericht die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass unter Zugrundelegung des Vorbringens des Revisionswerbers nicht festgestellt werden könne, dass dem Revisionswerber in der Russischen Föderation Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten drohen würde. Im gegenständlichen Fall seien nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem der in der GFK angeführten Gründe, nicht gegeben. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass dem Revisionswerber im Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen würde. Das Bundesverwaltungsgericht stellte darüber hinaus fest, dass der Beschwerdeführer an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide.

In der Beweiswürdigung hielt das Bundesverwaltungsgericht zunächst zu den in der Beschwerde zitierten Internetberichten einerseits fest, dass das Vorbringen des Revisionswerbers nicht glaubwürdig sei und eine asylrelevante Verfolgung wegen seines angeblich 2004 verstorbenen Bruders nicht glaubhaft gemacht worden sei. Andrerseits sei anzuführen, dass Länderberichte - wie die im Bescheid angeführten - als Substrat verschiedener Einzelberichte zu betrachten seien, die naturgemäß die Lage aus verschiedenen Blickwinkeln analysierten und daher einzeln betrachtet zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen könnten. Es sei daher auch denklogisch, dass eine zusammenfassende und ausgewogene Länderfeststellung zwar prima vista von singulär betrachteten Berichten abweiche, gleichzeitig jedoch einzelne der Länderfeststellung widersprechende bzw. abweichende Berichte die Länderfeststellung nicht in deren Aussage bzw. Ergebnis erschüttern könnten. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass das neue Vorbringen bzw. der Verweis auf einzelne Berichte zu einer inhaltlichen Änderung der Länderfeststellung beizutragen vermöge.

Zum Fluchtvorbringen des Revisionswerbers erwog das Bundesverwaltungsgericht beweiswürdigend sodann, dass - wie schon das Bundesasylamt richtig ausgeführt habe - der Revisionswerber mit seinen Ausführungen nicht in der Lage gewesen sei, eine asylrelevante Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat glaubhaft zu machen.

Im Einzelnen lastete das Bundesverwaltungsgericht dem Revisionswerber (hier auf das Wesentliche beschränkt) die legale Einreise mittels Touristenvisum sowie grundsätzlich die Visabeantragung und das gesamte Aus- und Einreiseverfahren an. Dies habe auch das Bundesasylamt bereits zu Recht festgehalten. Es handle sich dabei um einen wesentlichen Umstand, der gegen eine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat spreche. Es seien auch näher bezeichnete Ungereimtheiten im Vergleich der Visaunterlagen mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu erkennen, woraus nur der Schluss gezogen werden könne, dass der Vorfall Ende 2012/Anfang 2013 gar nicht stattgefunden habe.

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens, wonach die Verwaltungsbehörde dem Revisionswerber seine legale Einreise zu Unrecht nicht vorgehalten habe, sei die erkennende Richterin der gleichen Ansicht wie das Bundesasylamt und sehe keine Notwendigkeit darin, den Revisionswerber mit Fakten zu konfrontieren, von denen er sogar lange vor den österreichischen Asylbehörden Kenntnis gehabt habe.

Soweit sich der Revisionswerber in der Beschwerde auf Instruktionen seitens des Schleppers gestützt hatte, hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass diese Erklärung keineswegs überzeuge. Einerseits sei unklar, von welchem Schlepper der Revisionswerber spreche, zumal er ja eben nicht illegal mittels Schlepper aus der Russischen Föderation ausgereist sei. Andererseits spreche die legale Ausreise des Revisionswerbers gegen eine asylrelevante Verfolgung. Es sei auch nicht glaubwürdig, dass ein Schlepper oder sonstiger Fluchthelfer einer ausreisewilligen und tatsächlich asylrelevant verfolgten Person zu einem derartig riskanten Ausreiseweg rate.

Ferner führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass dem Revisionswerber auch vorzuhalten sei, dass er die erkennende Richterin nicht von der Glaubwürdigkeit seiner angeblichen Fluchtgründe habe überzeugen können, zumal sein Vorbringen teilweise vage sei, teilweise - das Bundesverwaltungsgericht verweist hier vor allem auf das Vorbringen betreffend den Bruder des Revisionswerbers - aber auch der zeitliche Konnex zu seiner Ausreise im Jahr 2013 fehle. Er habe zu keinem Zeitpunkt seines Verfahrens in irgendeiner Weise geltend gemacht, dass er wegen seines Bruders Probleme mit den heimatlichen Behörden gehabt habe. Es werde daher auch auf den gestellten Antrag, Nachforschungen über das Verwandtschaftsverhältnis anzustellen, nicht näher eingegangen.

Im Weiteren tätigte das Bundesverwaltungsgericht auch beweiswürdigende Erwägungen hinsichtlich der vorgebrachten Vorfälle betreffend die Unterstützung eines befreundeten Widerstandskämpfers und wertete die dahingehenden Angaben des Revisionswerbers zum Vorfall im Jahr 2010 als sehr vage und ohne erkennbaren zeitlichen Zusammenhang zur 2013 erfolgten Ausreise. Die vorgebrachten Ereignisse im Jahr 2013 (Dezember 2012) wertete das Bundesverwaltungsgericht insbesondere deshalb als nicht nachvollziehbar, weil der Revisionswerber schon hätte gewarnt sein müssen, dass ihm die Behörden "auf die Schliche" kommen könnten und die Folgen seiner Unterstützungshandlungen gravierender sein könnten als beim letzten Mal. Seiner Darstellung des Vorfalles sei auch nicht zu entnehmen, dass er selbst in den Fokus der Behörden geraten sei.

Eine Auseinandersetzung mit den familiären Verhältnissen des Revisionswerbers habe unterbleiben können, diese seien für die Frage einer asylrelevanten, gegenwärtigen Verfolgung im Herkunftsstaat nicht relevant.

Insgesamt komme die erkennende Richterin zum Schluss, dass das Vorbringen des Revisionswerbers nicht den Tatsachen entspreche, er im Herkunftsstaat keine asylrelevante Verfolgung zu befürchten gehabt habe oder zukünftig habe und der Revisionswerber lediglich aus wirtschaftlichen und somit asylfremden Gründen ausgereist sei. Auch der Beschwerde habe kein weiteres glaubwürdiges und asylrelevantes Vorbringen entnommen werden können.

Das Absehen von der mündlichen Verhandlung begründete das Bundesverwaltungsgericht unter Berufung auf zur Rechtslage vor dem ergangene Rechtsprechung damit, dass die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung nachgekommen sowie dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren inklusive Parteiengehör vorangegangen sei. Daher würden sich für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte ergeben, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe abgesehen werden können. Der Sachverhalt sei nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des Bundesasylamtes festgestellt worden. Der Beschwerde könne das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.

Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG hielt das Bundesverwaltungsgericht - unter Verweis auf in der Entscheidung zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - zusammengefasst fest, dass der gegenständliche Fall ausschließlich tatsachenlastig sei und keinerlei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfe; solche seien auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision nach Vorlage derselben sowie der Verfahrensakten durch das Bundesverwaltungsgericht und nach Einleitung des Vorverfahrens - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass nicht schon alleine der Umstand der Bewilligung der Verfahrenshilfe durch den Verwaltungsgerichtshof besagt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege und die Revision daher zulässig sei (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom , Ra 2014/18/0134). Auch bei bewilligter Verfahrenshilfe hat die Revision dem Erfordernis des § 28 Abs. 3 VwGG zu entsprechen, wonach die Revision gesondert die Gründe zu enthalten hat, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Wenn die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung - auch - auf die Bewilligung der Verfahrenshilfe abstellt, vermag dies daher nicht schon per se die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen.

Die Revision erblickt ihre Zulässigkeit darüber hinaus unter anderem darin, dass das Bundesverwaltungsgericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterlassen habe, obwohl das Bundesverwaltungsgericht keineswegs von einem geklärten Sachverhalt habe ausgehen dürfen.

Die Revision erweist sich hiermit als zulässig. Sie ist auch begründet.

Fallbezogen kam für eine Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung nur der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltene erste Tatbestand, worauf auch das Bundesverwaltungsgericht sinngemäß abgestellt hat, in Betracht. Mit Erkenntnis vom , Ra 2014/20/0017 und 0018, auf dessen Entscheidungsgründe insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Absehen von der mündlichen Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht nach § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen des Tatbestandes des geklärten Sachverhalts nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig ist:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Diese in der hg. Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für das Absehen von einer mündlichen Verhandlung lagen im vorliegenden Fall nicht vor:

Der Revisionswerber hat die erstinstanzliche Beweiswürdigung insgesamt nicht bloß unsubstantiiert bestritten. Die Beschwerde brachte konkrete Argumente vor, um die vom Bundesasylamt vorgenommene Beweiswürdigung fallbezogen begründet in Zweifel zu ziehen und sah sich offenbar auch das Bundesverwaltungsgericht veranlasst zu diesen Aspekten eigene beweiswürdigende, replizierende Erwägungen zu treffen. So versuchte der Revisionswerber etwa den Vorwurf der legalen Einreise und damit einhergehender Erwägungen zu entkräften und erläutert das Bundesverwaltungsgericht hiezu im Folgenden, dass es "unklar" sei, von welchem Schlepper der Revisionswerber in der Beschwerde spreche. Außerdem hält das Bundesverwaltungsgericht zu den kontestierten Ermittlungsergebnissen hinsichtlich der Angehörigen des Revisionswerbers fest, dass diese familiären Verhältnisse für die Frage, ob der Revisionswerber gegenwärtig einer asylrelevanten Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt sei, nicht relevant seien.

Darüber hinaus erachtete es das Bundesverwaltungsgericht, welches sich grundsätzlich der Beurteilung der Verwaltungsbehörde, dass das Vorbringen des Revisionswerbers nicht glaubwürdig sei, anschloss, für geboten, weitere Argumente zur Untermauerung der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Revisionswerbers heranzuziehen. Im Wesentlichen betreffen die zusätzlich vom Bundesverwaltungsgericht angestellten Überlegungen die relevierten Vorfälle in den Jahren 2010 und 2013 (Dezember 2012) sowie das Vorbringen des Revisionswerbers zu seinem Bruder. Im Ergebnis resümiert das Bundesverwaltungsgericht, dass der Revisionswerber lediglich aus wirtschaftlichen und somit asylfremden Gründen ausgereist sei.

Bereits unter Bedachtnahme darauf, dass sich das Bundesasylamt durchwegs nur auf Umstände stützte, die nicht den Kern des Fluchtvorbringens des Revisionswerbers betreffen, gestalten sich die zusätzlich herangezogenen Überlegungen nicht als eine bloß unwesentliche oder untergeordnete Ergänzung der tragenden Erwägungen der Beweiswürdigung. Eine solche (ergänzende) Beweiswürdigung hat regelmäßig erst nach einer mündlichen Verhandlung, in der auch ein persönlicher Eindruck von der betroffenen Person gewonnen werden kann, zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/20/0174).

Vor diesem Hintergrund konnte nicht davon ausgegangen werden, dass ein "geklärter Sachverhalt" im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG vorgelegen ist und setzte die Entscheidung über die Beschwerde des Revisionswerbers eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht voraus, von der zu Unrecht Abstand genommen wurde. Bereits dieser Verfahrensmangel musste zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses führen.

Im Übrigen ist zur Frage der Beweiswürdigung auf die ständige hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach die Asylbehörden dabei den realen Hintergrund der vom Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in ihre Überlegungen einzubeziehen und die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen auch im Vergleich zur einschlägigen Berichtslage zu messen haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/18/0108, mwN). Dass die Asylbehörden diesen realen Hintergrund bei Würdigung der Angaben des Revisionswerbers im Auge hatten, lässt das angefochtene Erkenntnis nämlich nicht erkennen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht insofern beweiswürdigend festhält, dass die einzelnen vom Revisionswerber vorgelegten Berichte die Länderfeststellungen nicht in deren Aussage bzw. Ergebnis erschüttern können, ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung Feststellungen zur Sicherheitslage im Heimatland, insbesondere des tschetschenischen Widerstandes, ohnehin vermissen lässt. Unter dem Titel "allgemeinen Lage" werden im Wesentlichen lediglich Feststellungen zur Bewegungsfreiheit in der Russischen Föderation und zur Relokation von Personen aus dem Nordkaukasus nach Russland getroffen.

Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am