VwGH vom 03.03.2011, 2011/22/0010
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder und die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. Andreas Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schidlachstraße 7, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 319.865/2- III/4/10, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des aus dem ehemaligen Jugoslawien stammenden Beschwerdeführers gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 iVm § 11 Abs. 4 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer am einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehefrau gestellt habe. Er habe diese österreichische Staatsbürgerin am geheiratet und sei am nach Verhängung eines fünfjährigen Aufenthaltsverbots nach Belgrad abgeschoben worden. Diesem Aufenthaltsverbot sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer wegen näher dargestellter Nötigung durch gefährliche Drohung in zwei Fällen, gefährlicher Drohung sowie Diebstahls in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden sei.
Er sei während seines Aufenthaltes in Österreich erstmalig im Jahr 1997 straffällig geworden und habe auch mehrere Freiheitsstrafen verbüßt. Nach seiner Abschiebung nach Bosnien habe er am einer Person mit einem Messer einen Schlag in den Rücken und ins Gesicht versetzt. Er sei durch ein näher genanntes Bezirksgericht zu einer Haftstrafe von zehn Monaten verurteilt worden.
Bei Auslegung der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in § 11 Abs. 4 Z 1 NAG sei eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung geboten. Diese habe ergeben, dass der Beschwerdeführer durch sein Gesamtverhalten über ein sehr hohes Aggressionspotential verfüge und die Hemmschwelle in Bezug auf Verletzungen der österreichischen Rechtsordnung sehr niedrig liege. Die Prognose der Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit müsse auch für die Zukunft gelten. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer sein kriminelles Verhalten auch weiterhin setzen werde, woran die Bestätigung über den Alkoholentzug nichts ändere. Damit widerstreite sein Aufenthalt dem öffentlichen Interesse gemäß § 11 Abs. 4 Z 1 NAG und er erfülle nicht die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z 1 leg. cit. Gemäß § 11 Abs. 3 NAG könne ein Aufenthaltstitel trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK geboten sei. Die damit notwendige Interessenabwägung habe ergeben, dass der Beschwerdeführer zwar mit einer Österreicherin verheiratet sei und mit dieser vier, davon zwei minderjährige, Kinder habe. Jedoch müsse dem öffentlichen Interesse der Vorrang eingeräumt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG dürfen einem Fremden Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Gemäß § 11 Abs. 4 Z 1 leg. cit. widerstreitet der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Die belangte Behörde wies zutreffend darauf hin, dass in solchen Fällen eine auf das konkrete Fehlverhalten gestützte Gefährdungsprognose zu treffen ist (vgl. etwa Pkt. 4.2. des hg. Erkenntnisses vom , 2008/22/0711).
Für diese Prognose kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass gegen den Beschwerdeführer - von ihm nicht bestritten - im Jahr 2003 ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde, dem Nötigungen, gefährliche Drohung und Diebstähle zu Grunde lagen. Dass die damalige Gefährdungsprognose zu Recht getroffen wurde, beweist der Umstand, dass der Beschwerdeführer auch nachher (im Jahr 2007) in gewalttätiger Weise gegen eine andere Person vorgegangen ist und deswegen zu einer Haftstrafe von zehn Monaten verurteilt wurde.
Weiters ist gerichtskundig, dass gegen den Beschwerdeführer bereits am durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, dem Körperverletzung, Nötigung, gefährliche Drohung und entgeltliche Förderung fremder Unzucht sowie schwerwiegende Übertretungen der StVO zu Grunde lagen. Die Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde mit hg. Erkenntnis vom , 99/18/0036, als unbegründet abgewiesen.
Wenn die Beschwerde nun vorbringt, nach Ablauf des Aufenthaltsverbotes sei davon auszugehen, dass keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit mehr vorliege, negiert sie den Umstand, dass der Beschwerdeführer auch nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes straffällig geworden ist und die Gefährlichkeitsprognose somit zugetroffen hat. Der Beschwerdeführer hat sich trotz zweimaliger Aufenthaltsverbote nicht von einer weiteren strafbaren Handlung abhalten lassen, der wiederum ein aggressives Verhalten zu Grunde lag. Zu Recht hielt die belangte Behörde somit die Gefährdungsprognose gegen den Beschwerdeführer aufrecht.
Der behauptete Umstand, dass der Beschwerdeführer eine "erfolgreiche Alkoholtherapie" durchgeführt habe, bietet nach seiner bisherigen "kriminellen Karriere" keine Gewähr, dass er in Zukunft keine strafbaren Handlungen mehr begehen werde. Dazu ist der seit der letzten Straftat verstrichene Zeitraum noch zu kurz.
Es kann aber auch die behördliche Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK nicht als rechtswidrig gesehen werden. Das Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer "stets legal in Österreich aufhältig war", ist schon vom Ansatz her verfehlt, bestanden doch gegen ihn jeweils auf fünf Jahre befristete Aufenthaltsverbote aus den Jahren 1998 und 2003. Bei Erlassung dieser Aufenthaltsverbote wurde der damit verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers geprüft und für zulässig befunden. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, warum die belangte Behörde trotz der seitdem vergangenen Zeit nun zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen, haben sich doch die öffentlichen Interessen an der Verhinderung eines inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers dadurch verstärkt, dass er - wie bereits dargelegt - weiterhin straffällig geworden ist. Demgegenüber ist eine maßgebliche Stärkung seines persönlichen Interesses an einem inländischen Aufenthalt nicht feststellbar.
Die belangte Behörde wies somit zutreffend den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels im Blick auf die Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ab.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am
Fundstelle(n):
NAAAE-92067