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VwGH vom 30.09.2011, 2009/11/0217

VwGH vom 30.09.2011, 2009/11/0217

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der H A in W, vertreten durch Dr. Eike Lindinger, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 26/5, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten durch Foidl Trappmaer Rechtsanwälte in 1030 Wien, Ungargasse 53) vom , Zl. B 129/06- 10/1106, Arzt Nr. 11311, betreffend Beitrag zum Wohlfahrtsfonds für 2005 (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom wurde der von der Beschwerdeführerin zu leistende Fondsbeitrag für das Jahr 2005 gemäß Abschnitt I der Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (Beitragsordnung) mit EUR 4.317,91 festgesetzt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Verwaltungsausschuss habe die Bemessungsgrundlage für den Fondsbeitrag nach folgender Formel berechnet:

Bemessungsgrundlage = Jahresbruttogrundgehalt - anteilige

Werbungskosten +

Gewinn + Beitragszahlungen 2002

Im Falle der Beschwerdeführerin ergebe sich folgende

Bemessungsgrundlage:

EUR 35.092,00 - EUR 7.804,46 + EUR 41,00 + EUR 0,00 = EUR 27.328,54

Ausgehend von dieser Bemessungsgrundlage habe der Verwaltungsausschuss zu Recht den Fondsbeitrag mit 15,8 % der Bemessungsgrundlage, nämlich EUR 4.317,91 festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 96/07-11, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof ab. Die Beschwerdeführerin ergänzte die Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. § 109 ÄrzteG 1998 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung lautete (auszugsweise):

"Beiträge zum Wohlfahrtsfonds

§ 109. (1) Die Kammerangehörigen sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer zu leisten, in deren Bereich sie zuerst den ärztlichen Beruf aufgenommen haben, solange diese Tätigkeit aufrecht ist. … .

(2) Bei der Festsetzung der Höhe der für den Wohlfahrtsfonds bestimmten Beiträge ist auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie auf die Art der Berufsausübung der beitragspflichtigen Kammerangehörigen Bedacht zu nehmen. … .

(3) Die Höhe der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds darf 18 vH der jährlichen Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit nicht übersteigen.

…"

1.2. Die Beitragsordnung in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung lautete (auszugsweise):

"I. Fondsbeitrag

(1) Der Fondsbeitrag beträgt, soweit in dieser Beitragsordnung nicht anders festgelegt, 15,8 v.H. der Bemessungsgrundlage.

(2) Bei Fondsmitgliedern, die den ärztlichen Beruf ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ausüben (einschließlich der Teilnehmer an zahnärztlichen Lehrgängen), besteht die Bemessungsgrundlage aus dem jährlichen Bruttogrundgehalt abzüglich der anteilig darauf entfallenden Werbungskosten. Hiezu kommen Einkünfte (Anteile) aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung. Ferner sind die jährlich entrichteten Fondsbeiträge, sowie die Beiträge für die Krankenunterstützung hinzuzurechnen.

(3) Bei allen übrigen Fondsmitgliedern ist Bemessungsgrundlage der Überschuß aus der selbständigen ärztlichen Tätigkeit, ermittelt nach den Bestimmungen des EStG 1988. Die Einkommen bzw. Lohnsteuer ist bei der Ermittlung des Überschusses nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Überschusses sind jedenfalls die Einnahmen und Ausgaben aus der selbständigen ärztlichen Tätigkeit sowie jene aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung zu berücksichtigen. Zum Überschuß gehören auch Gewinnanteile aus Gruppenpraxen und Gewinnanteile aus Gesellschaften, deren Geschäftszweck nur unter der verantwortlichen Leitung eines zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Arztes verwirklicht werden kann. Ferner sind die jährlich entrichteten Fondsbeiträge, die Beiträge für die Krankenunterstützung und die Beiträge für die Todesfallbeihilfe hinzuzurechnen.

(4) Wird der ärztliche Beruf gleichzeitig selbständig und unselbständig ausgeübt, sind die Bemessungsgrundlagen gemäß Abs. 2 und 3 zusammenzurechnen.

(5) Der Fondsbeitrag beträgt höchstens EUR 25.435,49 im Jahr. Auf die Bestimmung des § 109 Abs. 3 ÄG ist Bedacht zu nehmen.

(6) Ein Ausgleich mit dem Ergebnis aus anderen Einkunftsquellen und Einkunftsarten sowie ein Abzug oder anteiliger Abzug von Sonderausgaben oder wegen

außergewöhnlicher Belastung ist nicht

zulässig.

(7) Bei Fondsmitgliedern, bei denen die Summe aus Jahresbruttogrundgehalt, Einkünften (Anteilen) aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung sowie Umsatz aus selbständiger ärztlicher Tätigkeit EUR 15.988,02 nicht übersteigt, beträgt der Fondsbeitrag 12,3 v.H. der Bemessungsgrundlage. Die Ausnahmeregelung des Abs. 10 bleibt davon unberührt.

(9) Die Höhe des Fondsbeitrages für Fondsmitglieder, die gem. § 7 der Satzung bis auf den zur Grundleistung einzuhebenden Teil befreit sind, beträgt 15,8 % der Bemessungsgrundlage, jedoch maximal EUR 5.481,99.

…"

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.

2.1.1. Eingangs ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof, wie bereits der Verfassungsgerichtshof, vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles keine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen der Beitragsordnung hegt. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen der Beitragsordnung mit § 109 Abs. 2 ÄrzteG 1998 unvereinbar wären, wonach bei der Festsetzung der Höhe der für den Wohlfahrtsfonds bestimmten Beiträge auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der beitragspflichtigen Kammerangehörigen Bedacht zu nehmen ist.

Soweit die Beschwerde eine Bedachtnahme der belangten Behörde auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin vermisst, ist ihr zu entgegnen, dass eine von der Beitragsordnung abweichende individuelle Betrachtungsweise nicht vorgesehen ist.

2.1.2. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, inwiefern der mit dem angefochtenen Bescheid erfolgten Beitragsvorschreibung eine unklare Bemessung zugrunde liegen sollte.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Erklärung das Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit des Jahres 2002 zur Festsetzung des Fondsbeitrags für das Jahr 2005 selbst zur Berechnung der Werbungskosten ein Bruttojahresgrundgehalt in Höhe von EUR 35.092,92, ein Jahresgesamtgehalt von EUR 81.564,76, "Werbungskosten" in Höhe von EUR 8.399,94, "andere Werbungskosten" in Höhe von EUR 9.738,28 sowie einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von EUR 41,90 angegeben. Die belangte Behörde konnte auf der Grundlage dieser eigenen Angaben der Beschwerdeführerin nicht nur von einem Gewinn in der genannten Höhe ausgehen, im Ergebnis erweist sich vielmehr auch der Betrag für anteilige Werbungskosten in Höhe von EUR 7.804,46 als nachvollziehbar (das Bruttojahresgrundgehalt von EUR 35.092,92 entspricht einem (gerundeten) Prozentsatz von 43,02 % des Jahresgesamtgehalts von EUR 81.564,76, die der Bemessungsgrundlage zu Grunde gelegten EUR 7.804,46 entsprechen 43,02 % der geltend gemachten Gesamt werbungskosten von EUR 18.138,22; vgl. zur Vorgangsweise bei der Bestimmung der anteiligen Werbungskosten das ebenfalls die Beschwerdeführerin betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/11/0305).

Die von der belangten Behörde vorgenommene Festsetzung des Fondsbeitrags von EUR 4.317,91 ist demnach auf der Basis der unbedenklich ermittelten Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 27.328,54 im Ergebnis, ungeachtet der äußerst knappen Bescheidbegründung, noch nachvollziehbar (die zu Gunsten der Beschwerdeführerin erfolgte Heranziehung eines Gewinns von nur EUR 41,00 bewirkt jedenfalls keine Verletzung der Beschwerdeführerin in Rechten). Der festgesetzte Betrag überschreitet im Übrigen auch weder die in § 109 Abs. 3 ÄrzteG 1998 festgelegte Obergrenze von 18 % des Einkommens aus ärztlicher Tätigkeit noch die in Abschnitt I Abs. 5 und 9 der Beitragsordnung festgelegten Obergrenzen.

2.2. Ungeachtet dessen erweist sich die Beschwerde als begründet.

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in Ansehung der Frage, ob die erstinstanzliche Erledigung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds als Bescheid zu qualifizieren ist, jenen, über welche bereits mit den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2006/11/0058, und Zl. 2006/11/0108, und was den Hinweis auf § 230 Abs. 7 ÄrzteG 1998 in der Fassung der 14. Ärztegesetz Novelle durch die belangte Behörde anlangt jenen, welche mit den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2008/11/0054, sowie vom , Zl. 2008/11/0006, entschieden wurde. Es genügt daher, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf diese Erkenntnisse hinzuweisen.

2.3. Der angefochtene Bescheid war aus diesen Erwägungen, weil sich die Berufung des Beschwerdeführers gegen eine Erledigung richtete, die keinen Bescheid darstellt, und demnach unzulässig war, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

2.4. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG abgesehen werden.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
ZAAAE-92063