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VwGH vom 28.06.2011, 2009/11/0210

VwGH vom 28.06.2011, 2009/11/0210

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Dr. A N in W, vertreten durch Schreiner Lackner Partner Rechtsanwälte in 7000 Eisenstadt, Esterhazyplatz 6a, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten durch Foidl Trappmaier Rechtsanwälte in 1030 Wien, Ungargasse 53) vom , Zl. B 266/08- 14/090715, Arzt Nr. 11965, betreffend Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom stellte der Beschwerdeführer beim Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien den Antrag, für die Jahre 1998 und 1999 die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen auszusprechen, in eventu die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen bis auf den zur Grundleistung einzuhebenden Teil des Fondsbeitrags sowie den für die Unterstützungsleistung nach § 107 des Ärztegesetzes (1998) einzuhebenden Teil des Fondsbeitrags auszusprechen.

Mit einer Erledigung vom wies der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds den "Antrag auf Befreiung vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien gemäß § 7 Abs. 1 lit. b) der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für den Zeitraum bis " ab.

Die dagegen erhobene Beschwerde (Berufung) wurde vom Beschwerdeausschuss des Wohlfahrtsfonds mit Bescheid vom abgewiesen und die erstbehördliche Erledigung bestätigt. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nicht den Nachweis geführt, dass er in einem unkündbaren Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft, vorliegendenfalls:

zur Gemeinde Wien, stand.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1.1. Die im Beschwerdefall maßgebende Vorschrift des § 112 des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998) in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 122/2006 lautet (auszugsweise):

"Befreiung von der Beitragspflicht

§ 112. (1) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuss auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, ist er auf Antrag nach Maßgabe des Antragsbegehrens und der folgenden Bestimmungen von der Verpflichtung nach § 109 zu befreien. Übt der Antragsteller keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 aus, kann die Satzung vorsehen, dass die Beitragspflicht zur Todesfallbeihilfe und zu den Unterstützungsleistungen bestehen bleibt. Übt der Antragsteller eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 aus, bleibt jedenfalls die Beitragspflicht zur Grundleistung bestehen. Die Satzung kann vorsehen, dass die Beitragspflicht darüber hinaus auch für die Ergänzungsleistungen, die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen bestehen bleibt.

...

(5) Für den Fall der Befreiung von der Beitragspflicht ist die Gewährung von Leistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung ganz oder teilweise ausgeschlossen.

..."

1.2. § 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (Satzung) lautet (auszugsweise):

"Befreiung von der Beitragspflicht

§ 7 (1) Erbringt ein Fondsmitglied den Nachweis darüber, daß ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe- (Versorgungs-)genuß auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, und übt es keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 des ÄG aus, bzw. hat er keinen Berufssitz im Sinne des § 10 ZÄKG,

a) ist es auf Antrag, ausgenommen den für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach § 107 ÄG einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages, von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen gänzlich zu befreien. Das gleiche gilt bei Erbringung des Nachweises, daß das Fondsmitglied auf Grund eines solchen Dienstverhältnisses einen Ruhe- (Versorgungs-)genuß bezieht. Wird einem solchen Antrag stattgegeben, finden die Bestimmungen des § 11 Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß Anwendung, daß jene Teile des Beitragsjahres, in denen keine Beitragspflicht bestand, aliquot einschließlich des darauf entfallenden Anteils für die Deckung der Altlast, zu berücksichtigen sind.

b) Übt der Antragsteller jedoch eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 ÄG aus, bzw. hat er einen Berufssitz im Sinne des § 10 ZÄKG, eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen nur bis auf den zur Grundleistung einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages sowie den für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach § 107 ÄG einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages zulässig. In diesem Fall hat die sinngemäße Anwendung des § 11 Abs. 3 mit der Maßgabe zu erfolgen, daß jene Teile des Beitragsjahres, in denen volle Beitragspflicht bestand, aliquot einschließlich des darauf entfallenden Anteils für die Deckung der Altlast, zu berücksichtigen und die erworbenen Anwartschaften bzw. Richtwerte für die Grundleistung zu ermitteln sind. Die vorstehenden Anträge zu lit. a) und b) werden mit dem auf das Einlangen des Antrages folgenden Monatsersten wirksam, frühestens jedoch mit dem Beginn des zugrundeliegenden Dienstverhältnisses.

...

(5) Für den Fall der Befreiung von der Beitragspflicht ist die Gewährung von Leistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung ganz oder teilweise ausgeschlossen.

(6) Eine nach Abs. 1 oder 2 ausgesprochene Befreiung ist unwiderruflich, solange die für die Befreiung maßgeblichen Umstände vorliegen.

(7) Eine Befreiung nach Abs. 1 erlischt, wenn ein für die ausgesprochene Befreiung maßgeblicher Umstand wegfällt. Ab dem dem Wegfall dieses Umstandes folgenden Monatsersten besteht die Verpflichtung zur Beitragsleistung gemäß § 109 ÄG bzw. Abschnitte I, II und VI der Beitragsordnung."

2. Die Beschwerde, die sich gegen die Abweisung des Befreiungsantrages nur hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. Jänner bis richtet, ist - im Ergebnis - begründet:

2.1. § 112 Abs. 1 ÄrzteG 1998, der eine Befreiung nur über Antrag vorsieht, überlässt es der Disposition des Kammerangehörigen, ob dieser bei Erfüllung der Voraussetzungen für die Befreiung von der Beitragspflicht einen Befreiungsantrag stellt und damit - im Fall der Befreiung - in Kauf nimmt, dass die Gewährung von Leistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung ausgeschlossen ist (§ 112 Abs. 5 Ärztegesetz 1998). Dementsprechend verlangt auch § 7 Abs. 1 der Satzung einen Antrag des beitragspflichtigen Kammerangehörigen, damit eine Befreiung ausgesprochen werden kann, die dann ab dem der Antragstellung folgenden Monatsersten wirksam wird.

Weder das ÄrzteG 1998 noch die Satzung noch die Beitragsordnung sehen eine Verpflichtung der Behörde vor, den Kammerangehörigen auf das allfällige Bestehen eines Befreiungstatbestands nach § 112 Abs. 1 Ärztegesetz 1998 und darauf, dass eine Befreiung antragsbedürftig ist, hinzuweisen.

Da der Befreiungsantrag des Beschwerdeführers vom gemäß § 7 Abs. 1 letzter Satz der Satzung erst mit dem auf das Einlangen des Antrags folgenden Monatsersten, somit mit , wirksam wurde, die vom Beschwerdeführer begehrte rückwirkende Befreiung aber gegen die Satzung verstieße (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/11/0134), wäre eine Abweisung des Befreiungsantrages nicht als rechtswidrig zu erkennen.

2.2. Dennoch erweist sich die Beschwerde als begründet. Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in Ansehung der Frage, ob die erstinstanzliche Erledigung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds als Bescheid zu qualifizieren ist, jenen, über welche bereits mit den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2006/11/0058, und Zl. 2006/11/0108, und - was den Hinweis auf § 230 Abs. 7 ÄrzteG 1998 in der Fassung der 14. Ärztegesetz-Novelle durch die belangte Behörde anlangt - jenen, welche mit den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2008/11/0054, sowie vom , Zl. 2008/11/0006, entschieden wurden. Es genügt daher, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf diese Erkenntnisse hinzuweisen.

Der angefochtene Bescheid war aus diesen Erwägungen, weil sich die Berufung des Beschwerdeführers gegen eine Erledigung richtete, die keinen Bescheid darstellt, und demnach unzulässig war, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-92054