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VwGH vom 18.10.2016, Ro 2014/16/0039

VwGH vom 18.10.2016, Ro 2014/16/0039

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision des Dr. C V in W, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Leoben vom , Zl. 1 Jv 2747/13m, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 In einer Verlassenschaftssache ersuchte der Revisionswerber als Gerichtskommissär das Landesgericht Leoben, welches in seinem Sprengel die Geschäfte des Notariatsarchivs besorgt, um Übersendung einer beglaubigten Abschrift einer dort verwahrten letztwilligen Verfügung.

2 Nach Übermittlung der gewünschten Urkunde erließ die Kostenbeamtin des Landesgerichtes Leoben am eine Zahlungsaufforderung über einen Betrag von EUR 10,80 an Gerichtsgebühr nach TP 11 lit c Z 4 GGG. Da sich der Revisionswerber weigerte, die genannte Gebühr zu zahlen, wurden ihm dieser Betrag sowie eine Einhebungsgebühr in der Höhe von EUR 8,- mit Zahlungsauftrag vom vorgeschrieben. In dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag brachte der Revisionswerber vor, die Tragung der Kosten durch die Verlassenschaft sei im Falle eines wertlosen Nachlasses faktisch unmöglich. Weiters sei nicht ersichtlich, weshalb die Übersendung von Papierurkunden kostenpflichtig sein solle, wenn § 9 Abs. 1 Gerichtskommissärsgesetz - GKG eine Gebührenbefreiung für die elektronische Einsicht in die Geschäftsregister der Verfahrensautomation Justiz vorsehe. Überdies seien Gerichte gemäß § 10 Abs. 3 Z 2 GGG von der Zahlung von Gerichtsgebühren befreit und gemäß § 9 Abs. 3 GKG gegenüber dem Gerichtskommissär, der im Verlassenschaftsverfahren ein gerichtliches Organ sei, zur Amtshilfe verpflichtet.

3 Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Berichtigungsantrag nicht Folge. Sie ging davon aus, die Anmerkung 3 zu TP 8 GGG, nach der neben der Pauschalgebühr keine weiteren Gerichtsgebühren zu zahlen seien, finde keine Anwendung, weil sie sich nur auf Verfahrensschritte und Amtshandlungen im Verlassenschaftsverfahren beziehe und es sich beim Ersuchen des Revisionswerbers lediglich um einen aus Anlass des Verlassenschaftsverfahrens in Anspruch genommenen gebührenpflichtigen Vorgang handle. Das zeige auch § 10 Abs. 1 Gerichtskommissionstarifgesetz - GKTG, wonach diese Gerichtsgebühren dem Gerichtskommissär zu ersetzen seien, und entspreche auch der Gebührenpflicht des Nachlasses gemäß § 111 Abs. 1 Notariatsordnung (NO), wenn der Notar als Urkundenverfasser tätig werde.

4 In der dagegen erhobenen Revision erachtet sich der Revisionswerber erkennbar in seinem Recht auf Nichtvorschreibung der Gerichtsgebühr nach TP 11 lit c Z 4 GGG und der Einhebungsgebühr verletzt.

5 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Gegen den am genehmigten, am zugestellten angefochtenen Bescheid konnte gemäß § 19a Abs. 12 Z 2 GEG in der Fassung des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes - Justiz (VAJu), BGBl. I Nr. 190/2013, innerhalb von sechs Wochen in sinngemäßer Anwendung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Für die Behandlung einer solchen Revision gelten in analoger Anwendung des § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß.

7 Soweit der Revisionswerber seine Pflicht zur Zahlung der Gerichtsgebühr nach TP 11 lit c Z 4 GGG für die Erteilung von Ausfertigungen aus den im Notariatsarchiv befindlichen Urkunden mit § 111 Abs. 1 NO und § 10 Abs. 1 GKTG zu entkräften versucht, ist ihm zu entgegnen, dass diese Bestimmungen lediglich regeln, von wem letztendlich die Kosten der Abschriftennahme zu tragen sind, und für die Zahlungspflicht des Antragstellers § 27 iVm § 7 Abs. 4 GGG maßgebend ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/16/0100).

8 Der Revisionswerber führt weiters ins Treffen, er habe bei der Anforderung der Urkunde die Amtshilfe des Gerichts gemäß § 9 Abs. 3 GKG in Anspruch genommen, er sei als Gerichtskommissär ein gerichtliches Organ und somit nach § 10 Abs. 2 Z 3 GGG von der Zahlung der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit.

9 Gemäß § 9 Abs. 1 Gerichtskommissärsgesetz - GKG kann der Notar als Gerichtskommissär im gesamten Bundesgebiet Erhebungen pflegen und alle Beweise selbst aufnehmen, Zustellungen selbst durch die Post oder die Gerichte vornehmen lassen und öffentliche Verlautbarungen veranlassen. Soweit der Gerichtskommissär mit der Wahrheitsermittlung und der Ausforschung von Tatsachen in Verlassenschaftssachen betraut ist, stehen ihm dieselben Auskunftsrechte und Einsichtsbefugnisse wie dem Verlassenschaftsgericht zu. Dies gilt insbesondere für die gebührenfreie Inanspruchnahme der elektronischen Einsicht in Geschäftsregister der Verfahrensautomation Justiz, mit Ausnahme der Register in Unterbringungssachen, der staatsanwaltschaftlichen Behörden und des Obersten Gerichtshofs. Nach Abs. 3 leg. cit. sind Gerichte, Verwaltungsbehörden und nach ihrer Verteilungsordnung zuständige Notare dem Gerichtskommissär gegenüber zur Amtshilfe verpflichtet.

§ 10 Abs. 1 Gerichtskommissionstarifgesetz - GKTG ordnet an, dass dem Gerichtskommissär u.a. die Gerichtsgebühren zu ersetzen sind.

Gemäß dem im Revisionsfall in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, noch anzuwendenden § 6a Abs. 1 GGG ist für die Inanspruchnahme automationsunterstützter Datenübermittlung bei einer Einsicht in die Geschäftsregister der Verfahrensautomation Justiz eine Justizverwaltungsgebühr von 20 Cent je abgefragtem Geschäftsfall zu entrichten.

Nach § 10 Abs. 2 Z 3 GGG sind die Gerichte und die Behörden der Justizverwaltung von der Zahlung der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit.

10 Dass der Gesetzgeber beim Gebührenbefreiungstatbestand des § 10 Abs. 2 Z 3 GGG die Gerichtskommissäre nicht den Gerichten gleichsetzen wollte, erhellt schon aus § 9 Abs. 1 GKG, womit der Gesetzgeber abweichend von § 6a Abs. 1 GGG regeln wollte, dass für die Abfragen der Gerichtskommissäre keine Gebühr zu entrichten sei (ErläutRV 303 BlgNR 23. GP 38). Diese Bestimmung wäre - unabhängig davon, dass sie mittlerweile durch die Regenschirmderogation des Art. 23 Z 24 lit a BGBl. I Nr. 111/2010 außer Kraft gesetzt wurde -

nicht erforderlich gewesen, wenn Gerichtskommissäre schon von der persönlichen Gebührenbefreiung des § 10 Abs. 2 Z 3 GGG erfasst wären. Darüber hinaus spricht auch der in § 10 Abs. 1 GKTG vorgesehene Ersatz der Gerichtsgebühren gegen eine persönliche Gebührenfreiheit des Gerichtskommissärs, weil diese Regelung ins Leere ginge, wenn die genannten Gebühren dem Ersatzberechtigten nicht entstanden wären.

11 Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

12 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am