VwGH vom 24.04.2012, 2009/11/0179

VwGH vom 24.04.2012, 2009/11/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des R N in W, vertreten durch Dr. Johann Sommer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Mommsengasse 9/27, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport vom , Zl. GZ P858211/8-PersC/2009, betreffend Rückerstattung der Bereitstellungsprämien nach dem Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer zur Rückerstattung von Bereitstellungsprämien in der Höhe von EUR 3.058,57 aufgefordert. Begründend führte die belangte Behörde aus, die freiwillige Meldung (KIOP-KPE) des Beschwerdeführers, mit der er sich bereit erklärt habe, innerhalb von drei Jahren an Auslandseinsätzen von mindestens sechs Monaten teilzunehmen (Auslandseinsatzbereitschaft), sei mit Bescheid des Heerespersonalamts vom angenommen worden, sodass die Auslandseinsatzbereitschaft am begonnen habe. Von bis sei der Beschwerdeführer als Vertragsbediensteter des Bundes mit Sondervertrag iSd § 36 VBG ("Militär-VB") in einem Dienstverhältnis zum Bund gestanden.

Am sei von einem ärztlichen Sachverständigen des Heerespersonalamts festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht (wegen dringenden Verdachts auf eine chronisch destruktive Wirbelsäulenerkrankung) für mindestens zwölf Monate nicht geeignet sei, als Soldat in einer Organisationseinheit des Bundesheeres mit hohem Bereitschaftsgrad (KIOP-KPE) an Auslandseinsätzen teilzunehmen, weshalb eine Weiterverwendung im Rahmen von KIOP-KPE nicht empfohlen werde. Eine Dienstbeschädigung im Sinne des § 30 Abs. 4 des Wehrgesetzes 2001 liege der Gesundheitsschädigung nicht zugrunde. Von der ihm eingeräumten Möglichkeit einer Stellungnahme zu diesem Ermittlungsergebnis habe der Beschwerdeführer nicht Gebrauch gemacht.

Mit Bescheid des Heerespersonalamts vom sei daher die Nichteignung des Beschwerdeführers für die genannte Weiterverwendung und die vorzeitige Beendigung der Auslandseinsatzbereitschaft mit Ablauf des festgestellt worden. Dagegen habe der Beschwerdeführer keine Berufung erhoben, sodass der Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei.

Der Beschwerdeführer habe während seiner am begonnenen Auslandseinsatzbereitschaft, welche nach § 25 Abs. 4 Z 2 des Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetzes vorzeitig am geendet habe, keinen Auslandseinsatz geleistet. Deshalb habe er die für diesen Zeitraum bezogenen Bereitstellungsprämien in der Höhe von EUR 3.058,57 gemäß § 29 Abs. 1 Z 1 leg. cit. zurückzuerstatten. Daran ändere auch sein Berufungsvorbringen, ihn treffe am vorzeitigen Austritt kein Verschulden, nichts.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Die vorliegend einschlägigen Bestimmungen des Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetzes (AZHG) in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 53/2007 lauten (auszugsweise):

"AUSLANDSEINSATZBEREITSCHAFT

1. Abschnitt

Freiwillige Meldung zu Auslandseinsätzen

Verpflichtungszeitraum

§ 25. (1) Personen, die für eine Entsendung zu einem Einsatz gemäß § 1 Z 1 lit. a bis c KSE-BVG als Soldaten in Organisationseinheiten des Bundesheeres mit hohem Bereitschaftsgrad für die Entsendung zu Auslandseinsätzen (§ 101a GehG) in Betracht kommen, können durch eine freiwillige schriftliche Meldung ihre Bereitschaft erklären, innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren an Auslandseinsätzen in der Dauer von insgesamt mindestens sechs Monaten teilzunehmen (Auslandseinsatzbereitschaft).

(2) Die freiwillige Meldung darf nicht an Bedingungen und Vorbehalte gebunden werden. Sie bedarf der Annahme. Dabei sind auch die Eignung der Person zur Teilnahme an Auslandseinsätzen und der militärische Bedarf zu prüfen.

(3) Die Auslandseinsatzbereitschaft kann durch freiwillige schriftliche Meldung auf ein weiteres Jahr oder das Vielfache eines Jahres verlängert werden. Abs. 2 ist anzuwenden. Die Meldung der Weiterverpflichtung gilt als angenommen, wenn sie nicht binnen vier Wochen abgelehnt wird.

(4) Die Auslandseinsatzbereitschaft endet vorzeitig, wenn


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1.
2.
die mangelnde Eignung zur Teilnahme an Auslandseinsätzen festgestellt wird oder
3.

(5) Das vorzeitige Enden der Auslandseinsatzbereitschaft ist mit Bescheid festzustellen.

(6) …

Pflichten während der Auslandseinsatzbereitschaft

§ 26. …

2. Abschnitt

Bereitstellungsprämie

Höhe der Prämie

§ 27. …

Dauer des Anspruches

§ 28. (1) Der Anspruch auf die Bereitstellungsprämie beginnt

1. mit dem der Annahme der schriftlichen Meldung nachfolgenden Tag oder

2. im Fall der unmittelbaren Weiterverpflichtung mit Beginn des Weiterverpflichtungszeitraumes.

(2) …

Rückerstattung und Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen

§ 29. (1) Personen, deren Auslandseinsatzbereitschaft aus Gründen des § 25 Abs. 4 Z 1 und 2 vorzeitig endet, haben, sofern während ihrer jeweiligen Auslandseinsatzbereitschaft

1. kein Auslandseinsatz geleistet wurde, die seit Beginn ihres jeweiligen Verpflichtungszeitraumes, oder

2. keine Auslandseinsätze in der Dauer von insgesamt mindestens sechs Monaten geleistet wurden, die seit Beendigung des letzten Auslandseinsatzes

bezogenen Bereitstellungsprämien rückzuerstatten.

(2) Zu Unrecht empfangene Beträge nach diesem Teil (Übergenüsse) sind, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen wurden, dem Bund zu ersetzen.

(3) Bei der Hereinbringung der rückzuerstattenden Bereitstellungsprämien sowie von Übergenüssen ist § 55 des Heeresgebührengesetzes 2001, BGBl. I Nr. 31, anzuwenden.

(4) Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die mangelnde Eignung gemäß § 25 Abs. 4 Z 2 auf Grund eines Dienstunfalls festgestellt wurde."

1.2. § 55 des Heeresgebührengesetzes 2001 (HGG) in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:

"Übergenuss

§ 55. (1) Zu Unrecht empfangene Beträge (Übergenüsse) sind, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen. Sie sind vom Heerespersonalamt hereinzubringen.

(2) Die rückforderbaren Übergenüsse sind durch Abzug von den nach diesem Bundesgesetz gebührenden Beträgen hereinzubringen. Hiebei können Raten festgesetzt werden. Bei der Festsetzung der Raten ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ersatzpflichtigen Rücksicht zu nehmen. …

(3) Aus berücksichtigungswürdigen Gründen kann die Rückzahlung gestundet werden. Von der Hereinbringung rückforderbarer Übergenüsse kann vom Bundesminister für Landesverteidigung Abstand genommen werden, wenn die Hereinbringung eine besondere Härte bedeuten würde oder wenn das Verfahren zur Hereinbringung mit Kosten und Weiterungen verbunden wäre, die in keinem Verhältnis zum Rückforderungsbetrag stehen würden.

(4) ..."

1.3. § 30 Abs. 4 des Wehrgesetzes 2001 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung lautet:

"§ 30. …

(4) Als Gesundheitsschädigungen im Sinne des Abs. 3 Z 1 gelten solche, die der Soldat erlitten hat

1. infolge des Wehrdienstes einschließlich einer allfälligen beruflichen Bildung oder


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2.
auf dem Weg zum Antritt des Wehrdienstes oder
3.
im Falle einer Dienstfreistellung auf dem Weg vom Ort der militärischen Dienstleistung zum Ort des bewilligten Aufenthaltes oder auf dem Rückweg oder
4.
bei einem Ausgang auf dem Hin- oder Rückweg zwischen der Wohnung und dem Ort der militärischen Dienstleistung oder
5.
auf dem Hin- oder Rückweg zwischen der Wohnung oder dem Ort der militärischen Dienstleistung und einem Geldinstitut zum Zweck der Behebung von Geldleistungen nach dem Heeresgebührengesetz 2001 (HGG 2001), BGBl. I Nr. 31, oder
6.
auf einem Weg nach Z 2 bis 5 im Rahmen einer Fahrtgemeinschaft.
Solche Gesundheitsschädigungen müssen zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Wehrdienstleistung eigentümlichen Verhältnisse zurückzuführen sein. Bei Gesundheitsschädigungen, die mit Hilflosigkeit oder Blindheit verbunden sind, genügt ein ursächlicher Anteil dieses Ereignisses oder dieser Verhältnisse. Sofern die Beschaffung von Urkunden oder amtlichen Beweismitteln auf Grund besonderer Umstände zum Nachweis der Ursächlichkeit ausgeschlossen ist, reicht die Glaubhaftmachung eines ursächlichen Zusammenhanges durch hiezu geeignete Beweismittel aus."

1.4. In den Materialien zur 2. Dienstrechts-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 130/2003, mit der die oben unter 1.1. zitierten Bestimmungen in das AZHG eingefügt wurden, wird zur Rückerstattung von Bereitstellungsprämien folgendes ausgeführt (siehe EB zur RV, 283 BlgNR, XXII. GP, 37 f.):

"Der Anspruch besteht bis zum Ende der Auslandseinsatzbereitschaft durch Zeitablauf oder infolge vorzeitiger Beendigung gem. § 25 Abs. 4.

Bereits bezogene Bereitstellungsprämien sind gem. § 29 Abs. 1 zurückzuerstatten, wenn die Teilnahme an einem konkreten Auslandseinsatz verweigert wird oder festgestellt wird, dass die Eignung zur Teilnahme an Auslandseinsätzen nicht mehr gegeben ist und somit ein vorzeitiges Ende der Auslandseinsatzbereitschaft eintritt. Diese Rückzahlungspflicht ist keinesfalls als "Straf-" oder "Bußzahlung" anzusehen, sondern stellt vielmehr die Begleichung eines mangels Teilnahme am Auslandseinsatz obsolet gewordenen "Vorschusses" dar. Sie steht daher in keinem Spannungsverhältnis zur verfassungsrechtlich normierten absoluten Freiwilligkeit von Auslandseinsätzen (§ 4 Abs. 2 KSE-BVG). Ein vorzeitiges Ende der Auslandseinsatzbereitschaft auf Grund mangelnden militärischen Bedarfs gem. § 25 Abs. 4 Z 3 zieht keine Rückerstattungspflicht nach sich.

Endet die Auslandseinsatzbereitschaft aus den im § 25 Abs. 4 Z 1 und 2 genannten Gründen vorzeitig und hat die betreffende Person in ihrer Auslandseinsatzbereitschaft an keinem Auslandseinsatz teilgenommen, so sind alle seit Beginn der Auslandseinsatzbereitschaft bezogenen Bereitstellungsprämien zurückzuerstatten. …

Die Rückerstattungspflicht besteht zwar unabhängig vom Verschulden des Betroffenen am vorzeitigen Ende der Auslandseinsatzbereitschaft, jedoch ist die Rückerstattung gem. § 29 Abs. 3 wie ein Übergenuss nach dem Heeresgebührengesetz 2001 hereinzubringen. Dies ermöglicht unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Ersatzpflichtigen die Festsetzung von Ratenzahlungen und aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen die Stundung der Rückzahlung. Zur Vermeidung besonderer Härtefälle kann auch in spezifischen Einzelfällen von der Hereinbringung überhaupt Abstand genommen werden. Dies wird insbesondere im Falle eines während der laufenden Auslandseinsatzbereitschaft erlittenen Dienst- bzw. Arbeitsunfalls (§ 90 Abs. 1 B-KUVG bzw. § 175 ASVG) in Betracht kommen. "

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich unter Bezugnahme auf § 55 Abs. 1 HGG im Recht verletzt, "zu Unrecht empfangene Beträge, soweit sie im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund nicht zu ersetzen". Aufgrund der medizinischen Eignungsuntersuchungen im November und Dezember 2007 habe er sich darauf verlassen können, die körperliche Eignung für den Auslandseinsatz zu besitzen, weshalb er an der Rechtmäßigkeit der ihm ausgezahlten Leistung nicht habe zweifeln müssen.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass von ihm mit dem angefochtenen Bescheid nicht zu Unrecht empfangene Beträge (Übergenüsse) im Sinn des § 29 Abs. 2 AZHG, sondern rückzuerstattende Bereitstellungsprämien nach § 29 Abs. 3 leg. cit. eingefordert wurden.

Unbestritten wurde beim Beschwerdeführer eine mangelnde Eignung zur Teilnahme an Auslandseinsätzen nach § 25 Abs. 4 Z 2 AZHG und daher das vorzeitige Enden der Auslandseinsatzbereitschaft nach § 25 Abs. 5 leg. cit. mit Bescheid, der in Rechtskraft erwachsenen ist, festgestellt. Ebenfalls unbestritten hatte der Beschwerdeführer während seiner Auslandseinsatzbereitschaft keinen Auslandseinsatz geleistet. Allein daraus ergibt sich nach § 29 Abs. 1 Z 1 AZHG bereits die Verpflichtung zur Rückerstattung, ohne dass es dabei auf ein Verschulden ankäme. Wie auch den zitierten Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist, ist diese Rückzahlungspflicht "keinesfalls als 'Straf-' oder 'Bußzahlung' anzusehen, sondern stellt vielmehr die Begleichung eines mangels Teilnahme am Auslandseinsatz obsolet gewordenen 'Vorschusses' dar". Der Verweis auf § 55 Abs. 1 HGG in § 29 Abs. 3 AZHG bedeutet nicht, dass es sich bei den rückzuerstattenden Bereitstellungsprämien um zu Unrecht empfangene Übergenüsse handelt, sondern lediglich, dass diese Prämien auf dieselbe Art und Weise wie zu Unrecht empfangene Übergenüsse hereinzubringen sind (siehe auch dazu die zitierten Materialien).

2.2. Soweit der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 30 Abs. 4 des Wehrgesetzes 2001 vorbringt, die belangte Behörde habe nicht ausreichend ermittelt, ob es sich bei der "Verletzung der Wirbelsäule" um einen Dienstunfall gehandelt habe, fehlt diesem Vorbringen im Hinblick auf den bereits erwähnten rechtskräftigen Bescheid vom , nach dem eine Dienstbeschädigung im Sinne des § 30 Abs. 4 des Wehrgesetzes 2001 der Gesundheitsschädigung nicht zugrunde liegt, die Relevanz.

3. Vor diesem Hintergrund ist die - ziffernmäßig nicht in Beschwerde gezogene - Aufforderung zur Rückerstattung von Bereitstellungsprämien nicht zu beanstanden, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am