VwGH vom 09.09.2015, Ro 2014/16/0030

VwGH vom 09.09.2015, Ro 2014/16/0030

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des Mag. M K in W, vertreten durch die Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1998-W/10, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Eheleute Dr. K.-E. und Dr. F.K. waren u.a. je zur Hälfte Eigentümer von Mindestanteilen an einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum.

Am verstarb Dr. F.K.

In der in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Ablichtung der Niederschrift über die vom öffentlichen Notar Dr. S. als Gerichtskommissär am mit der Witwe Dr. K.-E. und mit dem Revisionswerber, dem Sohn des Verstorbenen, errichteten Todesfallaufnahme scheint der handschriftliche Vermerk "unbedingte EE" auf.

In der in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Ablichtung eines vom öffentlichen Notar Dr. S. als Gerichtskommissär, von der Witwe Dr. K.-E. und vom Revisionswerber gefertigten Protokolls vom ist festgehalten, dass weder ein formell gültiges Testament noch eine sonstige letztwillige Anordnung des Verstorbenen vorlägen. Daher trete die gesetzliche Erbfolge ein, wonach der Revisionswerber zu zwei Drittel und Dr. K.-E. zu einem Drittel des Nachlasses zu Erben berufen seien. Nach Rechtsbelehrung durch den Gerichtskommissär gäben der Revisionswerber und Dr. K.-E. jeweils die unbedingte Erbantrittserklärung ab.

In der in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Ablichtung eines vom öffentlichen Notar Dr. S. als Gerichtskommissär, von der Witwe Dr. K.-E. und vom Revisionswerber, gefertigten Protokolls vom ist festgehalten, dass die Witwe Dr. K.-E. und der Revisionswerber je eine unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben hätten und erklärten, es bestehe keine Vereinbarung iSd § 14 WEG, weshalb die näher angeführten Hälften an Mindestanteilen an EZ xxx im Grundbuch Y, verbunden mit Wohnungseigentum an W 31, 32 und 33, der Witwe Dr. K.-E. auf Grund des Gesetzes zuwachsen, und dass diese auf ihr Anwachsungsrecht nicht verzichte. Dr. K.-E. erkläre, dass ihr die Wohnung R. straße zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses diene. Da sowohl die Witwe Dr. K.-E. als auch der Sohn (Revisionswerber) abstrakt pflichtteilsberechtigt seien, sei von der übernehmenden Eigentümerpartnerin für die Wohnung in R. straße ein Übernahmspreis in Höhe von einem Viertel des Verkehrswertes des Mindestanteiles an die Verlassenschaft zu bezahlen. Der Verkehrswert des Mindestanteils werde mit 2,400.000 EUR von den Erben festgelegt, der Übernahmspreis betrage daher 600.000 EUR.

Mit Beschluss des BG Innere Stadt Wien vom wurde die Verlassenschaft dem Revisionswerber zu zwei Drittel Anteilen und der Dr. K.-E. zu einem Drittel Anteil des Nachlasses eingeantwortet.

Mit Bescheid vom setzte das (damalige) Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien gegenüber dem Revisionswerber Erbschaftssteuer in näher angeführter Höhe fest. Bei der Aufgliederung der Bemessungsgrundlage des steuerpflichtigen Erwerbs scheint eine Position "Geld ..... 400.000 EUR" auf.

Mit Schriftsatz vom berief der Revisionswerber gegen diesen Bescheid. Für den von seiner Mutter (Dr. K.-E.) infolge des Todes seines Vaters iSd § 14 Abs. 1 WEG übernommenen Hälfteanteil der von ihr und dem Verstorbenen bewohnten Eigentumswohnung sei gemäß § 14 Abs. 3 WEG ein Ablösebetrag zu leisten gewesen. Für die Besteuerung einer Entschädigungszahlung, die ihm seine Mutter aufgrund gesetzlicher Anordnung habe zukommen lassen, biete das ErbStG keine Rechtsgrundlage.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der unabhängige Finanzsenat die Berufung als unbegründet ab.

Zur rechtlichen Beurteilung führt der unabhängige Finanzsenat aus, dass der Tatbestand des Erwerbes durch Erbanfall durch die Annahme der Erbschaft, also durch die Abgabe der Erbantrittserklärung erfüllt sei. Der Zuwachs des halben Mindestanteils (der Eigentumswohnung) an den überlebenden Partner finde abseits von erbrechtlichen Anknüpfungspunkten statt. Damit der überlebende Partner nicht aus dem Vermögen des Erblassers bereichert werde, sei er aus § 14 WEG verpflichtet, einen Übernahmspreis für den halben Mindestanteil des Verstorbenen zu bezahlen. Der im Eigentum des Erblassers stehende halbe Mindestanteil falle bei der Anwachsung nach § 14 WEG wegen des unmittelbaren Eigentumsüberganges zwar nicht in die Verlassenschaftsmasse. Anstelle des halben Mindestanteiles trete jedoch die Forderung der Verlassenschaft auf Zahlung eines Übernahmspreises. Der ermittelte Übernahmspreis stelle das Surrogat für den Wohnungseigentumsanteil des Erblassers dar. Das Surrogat "Übernahmspreis" gehöre zur Verlassenschaft, sei in das Inventar aufzunehmen und unterliege bei den Erben der Erbschaftsbesteuerung. Da an die Stelle des Grundstückes ex lege die Forderung gegen den Anwachsungsberechtigten auf Zahlung des Übernahmspreises trete, sei bei der Berechnung der Erbschaftssteuer der Übernahmspreis anteilig einzubeziehen.

In der dagegen erhobenen Revision erachtet sich der Revisionswerber im Recht, "für den gemäß § 14 Abs. 3 WEG geleisteten Übernahmspreis keine Erbschaftssteuer entrichten zu müssen" verletzt.

Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getretene Bundesfinanzgericht legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher es die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 5 BFG iVm § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG gelten für die Behandlung der vorliegenden Revision die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß.

Der Revisionsfall gleicht hinsichtlich des rechtserheblichen Sachverhaltes und der zu beantwortenden Rechtsfrage jenem die Witwe des Verstorbenen betreffenden, soweit jener die Erbschaftssteuer umfasst, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2014/16/0031, entschieden hat.

Aus den Gründen jenes Erkenntnisses, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, war auch der vorliegende Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der im Revisionsfall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am