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VwGH vom 01.04.2009, 2007/08/0299

VwGH vom 01.04.2009, 2007/08/0299

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des TO in W, vertreten durch Mag. Bettina Baar-Baarenfels, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Naglergasse 6, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/05661/2007-11406, betreffend Einstellung des Bezuges von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am beim Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle für Jugendliche (in der Folge: AMS für Jugendliche), einen Antrag auf Arbeitslosengeld.

Aus einem E-Mail des Bundesasylamtes an das AMS für Jugendliche vom geht hervor, dass sich das Asylverfahren des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt im Stadium der Berufung befand. Im Verwaltungsakt befindet sich ein Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom , mit welchem gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde. Aus der Begründung dieses Bescheides geht im Wesentlichen hervor, dass der Beschwerdeführer am in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist ist und beim Bundesasylamt einen Asylantrag gestellt hat.

Mit Bescheid des AMS für Jugendliche vom wurde der Bezug des Arbeitslosengelds für den Beschwerdeführer eingestellt. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer laut Auskunft der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, nicht berechtigt im Bundesgebiet aufhalte.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass ein Asylverfahren anhängig sei und er damit zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei. Er habe Berufung beim Unabhängigen Bundesasylsenat eingelegt, welche aufschiebende Wirkung habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot, welches gemäß § 125 Abs. 3 FPG 2005 als Rückkehrverbot im Sinne des § 62 FPG 2005 gelte, habe zur Folge, dass dem Beschwerdeführer das Aufenthaltsrecht als Asylwerber entzogen worden sei, ihm aber bis zur Beendigung des Asylverfahrens faktischer Abschiebeschutz zukomme. Das entzogene Aufenthaltsrecht werde auch durch die aufschiebende Wirkung der Berufung an den Unabhängigen Bundesasylsenat nicht wiederhergestellt. Da der Beschwerdeführer über keine ausreichende aufenthaltsrechtliche Position zur Aufnahme einer Beschäftigung verfüge, stehe er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Die gesetzlichen Bestimmungen des AlVG würden jedoch eine eindeutige Verknüpfung zwischen Berechtigung zum Aufenthalt mit dem Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung und der Leistungsverpflichtung nach dem AlVG vorsehen. Mangels Aufenthaltstitels erfülle der Beschwerdeführer daher nicht die Voraussetzungen der Verfügbarkeit gemäß § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 7 Abs. 3 AlVG idF BGBl. I Nr. 102/2005 lautet:

"(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,

1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,

2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben, und

3. die nicht den Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75, unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 4 FrG erfüllt."

Gemäß § 75 AsylG 2005 sind alle am anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 des AsylG 2005 sind auf diese Verfahren anzuwenden.

Gemäß dem somit maßgebenden § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002, geführt.

Gemäß § 19 AsylG 1997 besteht grundsätzlich eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung während eines Asylverfahrens.

Wurde aber - wie hier - gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot verhängt, so gilt dieses gemäß § 125 Abs. 3 zweiter Satz FPG 2005 als Rückkehrverbot.

Gemäß den letzten zwei Sätzen von § 62 Abs. 1 FPG 2005 gilt ein Rückkehrverbot als Entzug des Aufenthaltsrechtes und gilt § 13 AsylG 2005.

Gemäß § 64 Abs. 1 AVG haben rechtzeitig eingebrachte Berufungen aufschiebende Wirkung. Diese kann nach § 64 FPG 2005 (vgl. auch § 64 Abs. 2 AVG) durch behördliche Entscheidung ausgeschlossen werden.

Aus dem Verwaltungsakt und der Bescheidbegründung geht nicht hervor, dass das gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Aufenthaltsverbot rechtskräftig geworden ist. Daher kann nicht abschließend beurteilt werden, ob der Entzug des Aufenthaltsrechts auf Grund der diesbezüglichen Tatbestandswirkung des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Aufenthaltsverbotes im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides schon wirksam war oder wegen einer allenfalls dagegen erhobenen Berufung, welcher gemäß § 64 Abs. 1 AVG in der Regel aufschiebende Wirkung zukäme, noch keine Wirkungen zeitigte. Die belangte Behörde hat entsprechende Ermittlungen und Feststellungen unterlassen, weshalb sie ihren Bescheid mit einem Begründungsmangel belastete. Dieser Verfahrensmangel ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass dem Beschwerdeführer noch ein vorläufiges Aufenthaltsrecht im Sinne des § 19 AsylG 1997 zukam. Dies hätte aber zur Folge, dass dem Beschwerdeführer nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG (unter den weiteren im AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen) eine Beschäftigungsbewilligung hätte erteilt werden können und daher eine Verfügbarkeit des Beschwerdeführers für die Arbeitsvermittlung im Sinne des § 7 Abs. 3 AlVG gegeben gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/08/0208, mwN).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am

Fundstelle(n):
XAAAE-91994