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VwGH vom 02.07.2015, Ro 2014/16/0011

VwGH vom 02.07.2015, Ro 2014/16/0011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision der W GmbH in G, vertreten durch die Confida-Weitra Wirtschaftstreuhand-Gesellschaft m.b.H. in 3970 Weitra, Am Berg 391, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1981-W/11, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat der unabhängige Finanzsenat im Instanzenzug die Grunderwerbsteuer gegenüber der revisionswerbenden Gesellschaft mbH (Revisionswerberin) festgesetzt und dabei die Steuer vom Dreifachen des Einheitswertes des Grundstückes berechnet, weil der Verkaufspreis deutlich unter dem Wert des übertragenen Grundstückes gelegen sei.

Die Revisionswerberin habe mit Kaufvertrag vom 21./ eine näher bezeichnete Liegenschaft von einer I GmbH um 52.800 EUR gekauft. Mit Bescheid vom habe das Finanzamt den Einheitswert des Grundstückes zum (Wertfortschreibung) rechtskräftig mit 160.000 EUR festgestellt. Die Revisionswerberin habe ein Gutachten vorgelegt, worin der Bodenwert der Liegenschaft mit

219.100 EUR beziffert werde und worin von diesem Bodenwert anteilige Entsorgungskosten von 201.100 EUR abgezogen würden. Daraus ergäbe sich der im Gutachten geschätzte Verkehrswert der Liegenschaft von 18.000 EUR.

Der unabhängige Finanzsenat gehe nicht davon aus, dass die im Kaufvertrag vereinbarte Gegenleistung dem tatsächlichen Wert entspreche. Die Revisionswerberin habe keinen schlüssigen Nachweis dafür erbracht, dass der gemeine Wert des gegenständlichen Grundstückes geringer sei als das Dreifache des Einheitswertes. Ein Abbruch (des auf der Liegenschaft errichteten Gebäudes) sei "bis dato" nicht vorgenommen worden, womit diesbezüglich auch keine Kosten belegt werden könnten. Vielmehr werde das Gebäude offensichtlich benützt, zumal - wie von der Revisionswerberin ausgeführt worden sei - laufend Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten sowie im Jahr 2011 eine Dachsanierung durchgeführt worden seien.

Der unabhängige Finanzsenat hielt fest, dass mit der Novelle des § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG eine "Mindestbemessungsgrundlage in Höhe des Wertes des Grundstückes" eingeführt worden sei. Deshalb sei als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer der dreifache Einheitswert heranzuziehen.

Die Revisionswerberin erachtet sich in der dagegen erhobenen und mit am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten, undatierten Schriftsatz ergänzten Revision ersichtlich im Recht auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer vom Wert der Gegenleistung (§ 4 Abs. 1 GrEStG) verletzt.

Das gemäß § 28 Abs. 5 BFG iVm § 9 VwGbk-ÜG an die Stelle der belangten Behörde getretene Bundesfinanzgericht legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in der es die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 5 BFG iVm § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG gelten für die Behandlung der Revision die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung mit der Maßgabe, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann.

Der Grunderwerbsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG) ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet (Z 1), und der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist (Z 2), wenn sich der jeweilige Rechtsvorgang auf ein inländisches Grundstück bezieht.

Bis zur Änderung des GrEStG durch das Schenkungsmeldegesetz 2008 (SchenkMG 2008), BGBl. I Nr. 85, im Gefolge der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , G 54/06 ua, und vom , G 23/07 ua, womit § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) mit Wirkung vom aufgehoben worden waren, waren der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden iSd ErbStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich waren, waren nur insoweit ausgenommen, als der Wert des Grundstücks den Wert der Gegenleistung überstieg (§ 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG idF vor der Änderung durch das SchenkMG 2008).

Das Ziel des SchenkMG 2008 wird in den Materialien (EBRV 549 BlgNR, 23.GP) mit der "Nichtmehrerhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer ab " (gemeint offensichtlich:

Nichtmehrerhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer für Vorgänge ab ) angegeben. Die in § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG enthaltene Grunderwerbsteuerbefreiung von Grundstückserwerben von Todes wegen und von Grundstücksschenkungen entfiel mit dem SchenkMG 2008;§ 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG regelt seither einen Freibetrag bei sog. Betriebsübertragungen.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

§ 4 Abs. 2 Z 1 und 4 GrEStG, in der im Revisionsfall noch maßgebenden Fassung des SchenkMG 2008, lautet:

"(2) Die Steuer ist vom Wert des Grundstückes zu berechnen,

1. wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes,

.....

4. beim Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Abhandlungsverfahrens vereinbart wird."

§ 6 Abs. 1 lit b GrEStG, in der im Revisionsfall noch maßgebenden Fassung, des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, lautet:

"(1) Als Wert des Grundstückes ist

b) das Dreifache des Einheitswertes (lit. a) anzusetzen. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend."

Die Materialien zum SchenkMG 2008 lauten auszugsweise folgt:

"Zu Z 3 und 10 (§ 4 Abs. 2 Z 1 und § 18 Abs. 2 f GrEStG):

Bei Erwerben von Todes wegen stellt gemäß § 4 Abs. 2 Z 4, bei Schenkungen gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 das Dreifache des Einheitswertes die Bemessungsgrundlage dar. Bei teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Erwerben bildet, wenn die Gegenleistung geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, das Dreifache des Einheitswertes die Bemessungsgrundlage. Ist die Gegenleistung hingegen höher als das Dreifache des Einheitswertes, ist die Steuer gemäß § 4 Abs. 1 vom Wert der Gegenleistung zu berechnen."

Nach Ansicht der Revisionswerberin sei die Grunderwerbsteuer im Revisionsfall nach § 4 Abs. 1 GrEStG vom Wert der Gegenleistung und nicht vom Wert des Grundstückes nach § 4 Abs. 2 Z 1 leg. cit. zu bemessen, weil sich aus der Entstehungsgeschichte und den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung ergebe, dass § 4 Abs. 2 Z 1 letzter Fall GrEStG lediglich im Falle einer gemischten Schenkung zur Anwendung gelangen solle.

Diese Einschränkung auf gemischte Schenkungen ist dem klaren Wortlaut des § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG nicht zu entnehmen. Der Gesetzgeber hat für § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG idF des SchenkMG 2008 gerade nicht die Begriffe aus der früheren Befreiung des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG idF vor dem SchenkMG 2008 ("teils entgeltlich und teils unentgeltlich") übernommen, sondern legt als Voraussetzung lediglich fest, dass "die Gegenleistung geringer als der Wert des Grundstückes" ist. Die aus dem Begriff "teils unentgeltlich" zu entnehmende subjektive Voraussetzung der Schenkungsabsicht (einer gemischten Schenkung) enthält der auf ein objektives Verhältnis zwischen Gegenleistung und Wert des Grundstückes abstellende Tatbestand des § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG idF des SchenkMG 2008 nicht.

Die von der Revisionswerberin für sich in Anspruch genommenen Materialien erläutern die Anwendbarkeit der Bestimmung auf die früher unter das ErbStG fallenden Vorgänge. Dies erklärt sich aus der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Entstehungsgeschichte der Bestimmung. Dass aber lediglich und ausschließlich die früher unter das ErbStG fallenden Vorgänge einer gemischten Schenkung von § 4 Abs. 2 Z 1 letzter Fall GrEStG idF des SchenkMG 2008 erfasst werden sollten, ist den Materialien indes nicht zu entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlass für eine teleologische Reduktion (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/17/0063).

Wodurch die Revisionswerberin den gemäß § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG ihr obliegenden Nachweis erbracht hätte, dass der gemeine Wert des Grundstückes geringer als das Dreifache des Einheitswertes gewesen wäre, wird in der Revision mit dem allgemeinen Vorbringen, der tatsächlich erzielte Preis sei ein Indiz für den gemeinen Wert und der im zugrundeliegenden Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreis sei der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbare, und mit dem Hinweis, fremde Dritte pflegten einander nichts zu schenken, nicht dargelegt.

Der unabhängige Finanzsenat durfte demnach vom Dreifachen des Einheitswertes des in Rede stehenden Grundstückes als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ausgehen.

Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 4 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am