VwGH vom 26.01.2012, 2011/21/0266
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. Renate Napetschnig, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Sterneckstraße 3/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-1838/2/2011, betreffend aufschiebende Wirkung einer Berufung in einer Angelegenheit des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der in Deutschland aufgewachsene Beschwerdeführer ist italienischer Staatsangehöriger. Nachdem gegen ihn bereits im Jahr 2000 ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot ergangen war, verhängte die Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg (BH) mit Bescheid vom erneut ein - nunmehr auf acht Jahre befristetes -
Aufenthaltsverbot, wobei sie sich auf § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) stützte. Außerdem sprach die BH aus, dass einer allfälligen Berufung des nicht rechtmäßig in Österreich aufhältigen Beschwerdeführers gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt und dass gemäß § 70 Abs. 1 zweiter Satz FPG ein Durchsetzungsaufschub bis zum (Ende des Freiheitsentzuges) erteilt werde.
Gegen diesen Bescheid erhob der - unvertretene - Beschwerdeführer Berufung. In dieser wurde, ohne dann darauf in den folgenden Ausführungen Bezug zu nehmen, eingangs unter "Betrifft" auch angeführt: "Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung des Bescheides meiner Berufung".
Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom sprach der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten (die belangte Behörde) aus, dass dem Antrag des Beschwerdeführers, der Berufung gegen den genannten Bescheid der BH die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht stattgegeben werde. Dabei stützte sich die belangte Behörde auf § 64 Abs. 2 AVG. Der beantragten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - so die belangte Behörde - stünden zwingende öffentliche Interessen entgegen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:
Dem AVG ist ein Antrag, einer Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, fremd. Ein solcher, ohne gesetzliche Grundlage gestellter Antrag ist daher zurückzuweisen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2002/11/0038, VwSlg. 16.337A).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Aufenthaltsverbot zwar im Betreff von einem "Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung des Bescheides meiner Berufung" gesprochen. Die daran anschließenden Berufungsausführungen erwähnen einen derartigen "Antrag" jedoch nicht mehr und beziehen sich nur auf die erstinstanzliche Entscheidung. Von daher wäre aber im Zweifel - den Versuch, eine Klarstellung zu erwirken, hat die belangte Behörde nicht unternommen - davon auszugehen gewesen, dass kein - unzulässiger - Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt werde, sondern dass mit der gewählten Formulierung zum Ausdruck gebracht werden sollte, auch den erstinstanzlichen Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Berufung zu ziehen.
Bei diesem nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes gebotenen Verständnis bleibt für die vorliegende Antragsabweisung kein Platz. Der belangten Behörde wäre es unbenommen gewesen, die Berufung gegen den erstinstanzlichen Ausspruch nach § 64 Abs. 2 AVG vorweg einer Erledigung zu unterziehen (dazu sei allerdings der Vollständigkeit halber angemerkt, dass es einer eingehenderen Begründung bedurft hätte, warum die Voraussetzungen dieser Bestimmung vorliegen; vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0092). Die gegenständliche Abweisung eines in Wahrheit nicht gestellten Antrages war aber nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
CAAAE-91988