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VwGH vom 14.10.2009, 2007/08/0292

VwGH vom 14.10.2009, 2007/08/0292

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des Dr. TP in G, vertreten durch Dr. Manfred Angerer, Dr. Werner Stefan Hochfellner und Mag. Alexander Todor-Kostic, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Neuer Platz 5/III, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. 14-SV- 3015/2/07, betreffend Formalversicherung nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1031 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Hinsichtlich des Verwaltungsgeschehens ist zunächst auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/08/0325, zu verweisen.

Mit dem hier angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid hat der Landeshauptmann von Kärnten ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer vom bis nicht der Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern unterlegen ist (Spruchpunkt 1. - siehe dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom heutigen Tag) und dass vom bis Formalversicherung des Beschwerdeführers in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern bestanden hat (Spruchpunkt 2.).

Hinsichtlich des hier verfahrensgegenständlichen Spruchpunktes 2. wurde in der Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt habe den Beschwerdeführer in die Pflichtversicherung einbezogen, und zwar auf Grund des von ihm vorgelegten Anmeldebogens vom sowie des Pachtvertrages vom . Zu diesem Zeitpunkt habe die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt keinen Grund gehabt, die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht zur Kenntnis zu nehmen. Demnach seien auch die Beiträge ununterbrochen und unbeanstandet entgegen genommen worden. Auf Grund der späteren Ermittlungen und Feststellungen, dass der land(forst)wirtschaftliche Betrieb im gegenständlichen Zeitraum nicht auf Rechnung und Gefahr des Beschwerdeführers, sondern des E.P. geführt worden sei, sei für denselben Zeitraum für den Beschwerdeführer die Formalversicherung festzustellen gewesen.

Gegen Spruchpunkt 2. des genannten Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hat der Versicherungsträger bei einer nicht der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz unterliegenden Person auf Grund der bei ihm vorbehaltlos erstatteten, nicht vorsätzlich unrichtigen Anmeldung den Bestand der Pflichtversicherung als gegeben angesehen und für den vermeintlich Pflichtversicherten die Beiträge für zwei aufeinander folgende Vorschreibezeiträume unbeanstandet angenommen, so besteht gemäß § 12 Abs. 1 BSVG ab dem Kalendermonat, für den erstmals Beiträge entrichtet worden sind, eine Formalversicherung. Die Formalversicherung hat gemäß § 12 Abs. 5 BSVG die gleichen Rechtswirkungen wie die Pflichtversicherung.

Die Frage, ob eine Pflichtversicherung besteht, ist für die Entscheidung über die Formalversicherung eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0199, mwN).

Die belangte Behörde hat das Bestehen einer Pflichtversicherung in einer gleichzeitig ergangenen Hauptfragenentscheidung (Spruchpunkt 1.) verneint. Daran war sie bei der Entscheidung über die Formalversicherung ungeachtet dessen gebunden, dass der Rechtszug betreffend die Entscheidung über die Pflichtversicherung an den Bundesminister geht (vgl. wiederum das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom mwN.).

Auf die Frage, ob die Pflichtversicherung zu Recht verneint wurde, kann daher im hier gegenständlichen Verfahren nicht eingegangen werden. Sollte diese Frage im Berufungsverfahren (nach der Aufhebung des Berufungsbescheides mit dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/08/0325) gegenteilig entschieden werden, läge ein Fall für eine Wiederaufnahme des Verfahrens über die Formalversicherung gemäß § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG vor (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Die Entscheidung des Landeshauptmannes über die Formalversicherung ist daher in jedem Fall vor dem Hintergrund seiner Entscheidung über die Pflichtversicherung zu prüfen. Das Bestehen einer Pflichtversicherung hat der Landeshauptmann verneint. Damit ist das Tatbestandselement, dass der Beschwerdeführer eine nicht der Pflichtversicherung unterliegende Person ist, erfüllt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass das Bestehen einer Pflichtversicherung zu Unrecht verneint worden ist, geht im vorliegenden Verfahren ins Leere.

Der Beschwerdeführer rügt aber zu Recht einen Verfahrensmangel. Die belangte Behörde hat sich nämlich mit den Voraussetzungen für die Formalversicherung in der Begründung des angefochtenen Bescheides nur insoweit befasst, als die unbeanstandete Annahme der Beitragszahlungen durch die mitbeteiligte Versicherungsanstalt festgestellt wurde, nicht aber die übrigen Voraussetzungen. Insbesondere ist die belangte Behörde nicht darauf eingegangen, weshalb trotz des von ihr angenommenen Scheingeschäftes in Bezug auf den Pachtverträge des Beschwerdeführers (welcher Umstand im Spruchpunkt 1. ihres Bescheides zur Verneinung der Pflichtversicherung des Beschwerdeführers geführt hat, siehe dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/08/0325) keine vorsätzlich unrichtige Anmeldung zur Pflichtversicherung vorgelegen sein soll.

Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit (§ 44 BSVG) abzuweisen.

Wien, am